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Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Allfred

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15. Januar 2012
Beiträge
3.949
Im Kreis einer Bekannten, 3 Generationen in einem Haus wohnend, gab es im Laufe der aktuellen Woche folgendes :

Das eher unerwartete Ableben der Großmutter (meiner früheren [wir telefonieren trotzdem noch oft miteinander] Partnerin).
Dann Beerdigungszeremonie (auf der ich nicht anwesend war). Alle werden noch mehr "heruntergezogen", weil lauter Weinende gesehen und gespürt werden. Für zusätzliche Dramatik sorgt die durchgängige Schwarzbekleidung.

Ich hatte bereits vorher abgeraten, überhaupt die Beerdigung im üblichen Ausmaß sich anzutun. Separates (auch spirituelles) Abschiednehmen, ohne Kleiderordnung, halte ich selbst für schonender. Der beerdigten Person ist es doch sowieso wurscht bzw. alles recht.

Beerdigungstag wurde also unter starker Belastung für alle absolviert. Besonders mitgenommen, aber erst nach der BEERDIGUNG (und nicht etwa nach dem TOD) war der Ehemann [über 80]. Die geballte Niedergedrücktheit auf dem Friedhof war "zu" viel für ihn. Folge: Er kam nachts zu einem Schlaganfall. Sturz. Mit Kopf am Waschbecken aufgeschlagen. Liegt nun in Klinik. Die Familie dreht am Rad.:(
Und an mir selbst geht das auch nicht einfach vorbei.

Die Fragen, die sich mir eröffnen, sind u. a.:

Bringt eine Teilnahme an offizieller Beerdigungszeremonie dieser Beiwohnenden wirklich was positives, bzw. überhaupt etwas?

Wer oder was wird dabei betrauert, wo der Verstorbene es doch längst hinter sich hat?

Warum wird es (allgemein) als schändlich abgetan, einer SOLCHEN Beerdigung nichts abgewinnen zu können? Das heißt, es wird/würde zumeist verurteilt, wenn ein "Angehöriger" für sich selbst gerne einen anderen Weg des Abschiednehmens vom Verstorbenen geht.

Wie seht Ihr es bezüglich Teilnahmen an Beerdigungen, wie handhabt Ihr es nach Ableben von Bekannten?

Und was sind Eure Gedanken zum Ereignis einer Beerdigungszeremonie als solches, unter Berücksichtigung der Belastungssituation der an der Beerdigung Teilnehmenden?
 
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AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Bei uns kann man inzwischen die Trauerzeremonie selbst gestalten - oder wenigstens mitgestalten. (Sogar wenn es eine christliche Beerdigung ist!)
Meine Schwester und ich haben das getan, als unser Vater vor 2 Jahren starb und die Beerdigung wurde zu einem unvergesslichen und berührenden Erlebnis, was auch für andere Teilnehmer galt, die uns später Rückmeldung gaben.
Mehrere Verwandte fragten, wer denn die Frau sei, die die Zeremonie gehalten hatte - es war eine gute Bekannte von mir - und wollten sie gleich für ihre eigene Beerdigung vorbestellen! :D
Und bei der anschließenden Feier wurden Erfahrungen über andere Beerdigungen ausgetauscht, was auch sehr interessant war und vielen Anwesenden etwas gab.

Abschied ist wichtig - für die Zurückbleibenden!
Und Trauer kann man nicht vermeiden, wenn einem etwas an einem Menschen lag, wird man ihn vermissen, wenn er weg ist!
So zu tun als ob, wenn man ihn aber nicht vermisst, halte ich allerdings für so überflüssig wie einen Kropf!

Es gibt insgesamt keine richtige Trauerkultur mehr bei uns, sie entwickelt sich aber grade wieder neu!
 
AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Inzwischen gibt es ja unterschiedliche Möglichkeiten, eine Beerdigung zu veranstalten. Hier in der Nähe gibt es einen Wald, dort kann man sich, noch als Lebender, wenn man möchte, einen Baum aussuchen, unter dem dann die Urne bestattet wird. Auch haben Angehörige und Freunde die Möglichkeit, von ihren Verstorbenen Abschied zu nehmen, nachdem diese bereits tot sind. Dafür gibt es dann extra Räume, in denen der Tote liegt und Familie und Freunde können dort verweilen und auch diesen Raum nutzen und gestalten.

Traditionelle Beerdigungen ertrage ich, mehr nicht. Je individueller, desto besser, weil persönlicher. Ich denke aber, es kommt auch auf die eigene Einstellung zum Tod an. Schwarze Kleidung empfinde ich als überflüssig. Anderswo trägt man weiß und der Tod wird gefeiert.

Früher war es ja üblich, Verstorbene für einige Tage zuhause aufzubahren und jeder der wollte, konnte sich verabschieden. Heute wird das doch nur noch selten praktiziert? Warum? Macht der Tod mehr Angst als früher?

Ach ich weiß es nicht. Vielleicht wird das alles zu hoch gehängt. Ein Mensch ist gestorben, ein Leben vorbei. In dieser komischen Welt scheint nicht anzukommen, dass der Mensch sterblich ist. Obwohl einem der Tod täglich begegnet, wird er kaum wahrgenommen. Mag daran liegen, dass der eigene Tod unvorstellbar ist.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Hallo Allfred!

Wenn der Partner oder eine andere nahestehende Person unerwartet stirbt, dann ist das erstmal ein Schock, d.h. der Mensch schaltet auf "Automatik" um. Er muss sich ja um alles mögliche kümmern und seine Pflichten erfüllen.

Wenn die verstorbene Person auch noch zu einem Teil an der Erfüllung der alltäglichen Lebensnotwendigkeiten beigetragen hat, dann kommt die Ungewissheit dazu, wie man das alles nun allein bewältigen soll. Und das alles kommt noch zur Traurigkeit über das allein Zurückgeblieben-Sein dazu.

Bis zurBeerdigung ist man mit Arbeit eingedeckt, man kann etwas tun um die Traurigkeit zuzudecken. Aber sobald der Verstorbene begraben ist und die Trauergäste verabschiedet sind, bricht die Gewissheit, dass dieser Mensch nie wieder hier sein wird, voll über einem zusammen. Und das ist manchmal nur sehr schwer auszuhalten, so mancher will das dann gar nicht aushalten bzw. weiß er nicht, wie das gehen soll. Schließlich ist das eine Situation, mit der man nicht alle Tage konfrontiert ist.

Ich meine, dass die offizielle Beerdigung, wie auch immer sie gestaltet wird, eine legitime Möglichkeit ist, seine Trauer zu zeigen. Je nach Temperament und Persönlichkeit kann hier geweint und geschluchzt werden, allerdings sieht sich auch manchmal jemand mit seiner eigenen Unfähigkeit zu trauern konfrontiert und zieht sich mit seinem Schmerz in eine Art Versteinerung zurück.

Ich glaube, man tut sich eher etwas an, wenn man die Gelegenheit, seine Trauer auszudrücken, nicht wahrnimmt. Es tut langfristig betrachtet, gut, leidvolle Erlebnisse wie den Tod eines nahestehenden Menschen auch wirklich zu erleben und zu erfahren, mit Tränen und Verzweiflung, Hilflosigkeit und Angst und allem, was sonst noch dabei an Gefühlen auftauchen kann. Damit man nicht selbst gefühlskalt und innerlich wie tot wird.
 
AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Clint Eastwood als Trauerredner engagieren und schon kommt wieder positive Stimmung auf...
 
AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

mein vater starb am neujahr gegen mittag und am tag danach hatte ich abends die urne schon bei mir im haus stehen........

kein theater - keine verwandschaft - kein aufhebens......

er wollte es so.......mir war es recht......

traurigkeit war da - aber nicht lange......er hatte sein leben gelebt......

Und an mir selbst geht das auch nicht einfach vorbei

was belastet dich denn mehr ???
der tod und die beerdigung der alten frau oder der schlaganfall des alten mannes ???
 
AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Früher war es ja üblich, Verstorbene für einige Tage zuhause aufzubahren und jeder der wollte, konnte sich verabschieden. Heute wird das doch nur noch selten praktiziert? Warum?



Wenn ich zu Vaters Lebzeiten stürbe, etwa durch Krebs oder allgemeiner Auszehrung, käme eine Aufbahrung in unserem Haus nicht zustande, weil mein Vater meint, er braucht allen Platz für seine Sachen.

Nicht, daß jetzt jemand den Witz versucht, ich könnte ebenso in der Garage ausgestellt werden - auch dort ist alles zugestellt, kein Platz für einen Sohnleichnam.
 
AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Wenn ich zu Vaters Lebzeiten stürbe, etwa durch Krebs oder allgemeiner Auszehrung, käme eine Aufbahrung in unserem Haus nicht zustande, weil mein Vater meint, er braucht allen Platz für seine Sachen.

Nicht, daß jetzt jemand den Witz versucht, ich könnte ebenso in der Garage ausgestellt werden - auch dort ist alles zugestellt, kein Platz für einen Sohnleichnam.

Sie sollten versuchen, in drei Dimensionen zu denken... wenn Sie schon daran denken, ihr bisher überwiegend horizontal verlaufendes Leben an den Nagel zu hängen...
 
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AW: Von dynamisch sich zusammenbrauender belastender Situation auf Beerdigungen

Sie sollten versuchen, in drei Dimensionen zu denken... wenn Sie schon daran denken, ihr bisher überwiegend horizontal verlaufendes Leben an den Nagel zu hängen...

:ironie: Das werde ich sofort dem Mathematiker MINKOWSKI und dem Theoretischen Physiker Albert EINSTEIN mitteilen, die immerhin schon im 20. Jahrhundert in 4 Dimensionen dachten ....:schnl:
 
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