Robin schrieb:
Ich versuche noch mal meinen theoretischen Ansatz auszuführen, auch wenn dann der Vorwurf, ich sei mehr an Theorie als am Tun beschäftigt, zutreffen mag:
Der Mensch glaubt nicht, dass er von der Umwelt getrennt ist, er ist es. Das ist genau das Wesentliche des Menschen, um es mit Gisbert auszudrücken. Zurecht wurde hier gesagt, dass ein Baum sich auch im Mittelpunkt sähe, wenn er es könnte. Er kann aber nicht, der Mensch kann. Das ist das Erkennungsmerkmal des Bewusstseins. Ein Baum hat kein Bewusstsein (nehme ich an).
Es ist egal, ob der Baum ein Bewusstsein hat, aber er besteht aus dem gleichen "Rohstoff" wie der Mensch.
Es ist mir dann aber zu ungenau a) von Entfremdung zu sprechen und b) von Trennung zur Natur: Denn das Bewusstsein ist im Prinzip von allem getrennt. Genau diese Fähigkeit braucht es, um zu erkennen. Wäre das Bewusstsein nicht von der Umwelt getrennt, hätte es keine Probleme - aber auch keine Erkenntnis.
Das einzige, das ihn wirklich vom Rest der Natur unterscheidet, ist das Bewusstsein, wie du es auch ausgeführt hast. Aber seine biologische Zugehörigkeit zur "Natur" wird dadurch ja nicht aufgehoben, nur weil er sich selbst erkennt und sich damit geistig vom "anderen" unterscheidet.
Denn das Bewusstsein ist fähig (um es in der Fachsprache auszudrücken) zwischen Selbst- und Fremdreferenz zu unterscheiden. Und selbst, wenn sich das Bewusstsein in einem Akt des Denkens als Teil von etwas sieht - von mir aus der Natur - so bleibt es doch als Bewusstsein, als Wahrnehmungsorgan stets davon getrennt.
Eine interessante Erkenntnis. Denn mMn ist das Bewusstsein auch das, woher die kreativen, die "schöpferischen" Impulse kommen. Wenn wir genau beobachten, können wir das auch erkennen. Wir denken über etwas nach, und können nur aus dem Fundus unserer Erinnerungen schöpfen. Doch plötzlich - ein KICK - und es kommt etwas ins Spiel, das vorher noch nicht da war.
Die "Entfremdung" die Gisbert kontatiert, bezieht sich - wenn schon denn schon - auf alles. Ein Sich-eins-fühlen beruht auf Täuschung und auf Ein-sich-einlassen auf sehr große strukturelle Ähnlichkeiten. Der Mensch ist genauso der Technik fremd wie der Natur. Er ist genauso Gott fremd wie dem nächsten Liebenden. Die Existenzialisten haben dies betont und künstlerisch verarbeitet. Man muss es aber nicht so dramatisch sehen. Man kann es auch als die Selbstverständlichkeit sehen, die uns das Erkennen ermöglicht. Und auf die wollen wir doch nicht verzichten, oder?
Das Bewusstsein ist damit die Schnittstelle zwischen Natur und "Gott" (ich bevorzuge den Ausdruck "SEIN" dafür).
Die Technik ist für den Menschen nichts anderes als das Wespennest für die Wespe. Etwas verfeinerter, aber sonst das gleiche. Das Bewusstsein empfängt Impulse, dadurch wird Neues geschaffen. (Ist nachprüfbar, wenn du konsequent hinterfragst, wo Ideen herkommen!)
Dass unser Tun unsere Wirklichkeit bestimmt, ist nicht abzustreiten. Denn auch Kommunizieren ist letzendlich Handeln. Theoretisieren ist auch Handeln. Wie man aber durch einen Appell zu handeln Probleme lösen soll, ist mir immer noch nicht klar.
Kommunikation, in welcher Form auch immer, ist Handeln, da bin ich deiner Meinung.
Jedoch ein Appell kann nur einen Impuls geben, der dann wieder von jemandem aufgenommen wird und dadurch weiter wirkt, so lange, bis durch das Bewusstsein der Zündfunke für eine neue Idee kommt. Die Intuition wird auch aus dieser "göttlichen" Quelle gespeist, sie ist die direkteste Verbindung dorthin.
Theoretisieren geht nur mit den Erfahrungen, die früher schon gemacht wurden. Da ist der Verstand, der "datenverarbeitende" Teil unserer Natur ist, zuständig. Das Erkennen von Zusammenhängen funktioniert nur im Nachhinein. Die GEfühle, die hier noch gar nicht ins Spiel gekommen sind, sind die Wegweiser des Individuums zu den für uns wichtigen Themen, aus denen wir Erkenntnisse gewinnen können.
P.S: Falls man mir Widerspruch unterstellt, weil ich einerseits die Trennung von Mensch und Natur negiere und dann doch eine allgemeine Trennung propagiere: Als Kathegorie gehört der Mensch zur Natur; und sein Verhalten, seine Entwicklung bettet sich (im Sinne von Evolution usw.) in natürliche Prinzipien ein. Der Mensch als Individuum ist isoliert. Sein Denken ist für die Umwelt unzugänglich, Kommunikation kein vollwertiger Ersatz. So sagt es die Theorie und wenn man ehrlich ist, auch oft die Praxis.
Weil sich der Mensch als Individuum wahrnimmt, sieht er sich getrennt. So sind wir wieder da, wo wir zu Beginn ausgegangen sind. Hier schließt sich der Kreis. Doch die Erkenntnis ist, dass der Mensch nicht entweder getrennt oder nicht getrennt ist, er ist sowohl getrennt als auch verbunden, so wie er gut und böse ist, so wie er hilflos und mächtig ist.
Durch seine Fähigkeit der Erkenntnis und durch die Verbindung seines Bewusstseins mit dem SEIN, kann er alles in sich integrieren. Er IST das alles, aber er muss es als Trennung wahrnehmen, um es erkennen zu können. In vielen Diskussionen, auch in diesem Forum, kommt diese Erkenntnis zur Sprache, die einzelnen Teil-Erkenntnisse müssen nur wieder zusammengeführt werden, dann wird es klar.
Ziemlich kompliziert zu erklären, ich hoffe es kommt rüber, was ich meine.
herzlich
lilith