Rhona schrieb:
An was oder wen richten Atheisten ihre innigsten und verzweifelsten Wünsche? Wenn ihnen, oder Menschen, die ihnen nahe stehen, nach menschlichem Ermessen nicht mehr zu helfen ist, sie sich aber mit dieser Tatsache nicht abfinden können/wollen, wer ist dann für die Atheisten die letzte Instanz, die sie um Hilfe bitten???
Hi Rhona!
Du triffst mit deiner Frage wieder einmal mitten in ein Thema, das mir auch erst vor kurzem wieder untergekommen ist. Wenn ich mit meinem Fragen und immer weiter fragen bei der Antwort gelandet bin, dass ich eben mit meinem menschlichen Verstand nicht erkennen kann, welche Kraft oder Energie die Ursache für unsere Existenz ist, dann bleibe ich emotional im Regen stehen, wenn ich einsam und allein den Härten des Lebens ausgesetzt bin.
Die Rettung aus diesem Dilemma ist für mich, dass ich mich als Teil des Universums begreife, als zugehörig zum großen Ganzen, und mich daher nicht scheue, meine lebenden Mitmenschen um Trost zu bitten.
Ich muss nicht einen Sinn in "Gottes Plan" finden, wenn es mir schlecht geht, und schon gar nicht, wenn jemand stirbt, denn das ist nun wirklich ein Teil des natürlichen Werdens und Vergehens.
Das Leben hält Freude und Schmerz bereit, wir erkennen die großen Zusammenhänge nicht und zimmern uns daher überschaubare Einheiten von Moral und Schuld und Sühne, die einer philosophischen Gottessuche kaum standhalten können. Aber für uns "kurzsichtige" Menschen ist es eben leichter zu glauben, dass eine übergeordnete Instanz über uns wacht und uns belohnt und bestraft wie Kinder, die schlimm oder brav sind. Und nur diese Instanz können wir auch bitten, uns zu helfen.
Ok, ich glaube nicht an eine oberste Instanz, aber ich glaube an etwas, das man auch als Idee des Universums bezeichnen könnte, was anderswo auch als "Heiliger Atem Gottes" o.ä. bezeichnet wird.
Zu dem bete ich nicht, aber es tröstet mich, dass das was ich erlebe in einem größeren Zusammenhang auch für mich wichtig und sinnvoll ist. Und daher hadere ich nicht mit meinem Schicksal und erspare mir damit einen ziemlich großen Haufen Schmerz und Leid. Ich erlebe schmerzhafte Situationen, ich leide und weine, aber ich klage niemanden, auch nicht "Gott" an. Nach einer gewissen Zeit klingt der Schmerz von selbst ab. Er wird ja nicht kleiner, auch wenn ich mir vormache, dass irgendwer Schuld daran hat daran.
Tja, das wollte ich aus meiner Sicht dazu beitragen. Aus meiner katholischen Vergangenheit ist mir auch die Liebe zu vielen geistlichen Liedern und Kirchengesängen geblieben. "Wohin soll ich mich wenden" war auch eines meiner Lieblingslieder. Die Musik ist für mich seit meiner Kindheit wichtig, weil sie meine Emotionen stark beeinflussen kann. Das erhebende und verbindende Gefühl bei manchen starken Kirchenliedern ist in meinem emotionalen Speicher verankert. Auch wenn sich mein Gottesbegriff sehr verändert hat.
herzlich
lilith