Mongi
Active Member
- Registriert
- 22. Januar 2010
- Beiträge
- 2.176
Johann Gottfried Herder "Über den Charakter der Menschheit
1. Vollkommenheit einer Sache kann nichts sein, als daß das Ding sei, was es sein soll
und kann.
2. Vollkommenheit eines einzelnen Menschen ist also, daß er im Kontinuum seiner
Existenz er selbst sei und werde, daß er die Kräfte brauche, die die Natur ihm als
Stammgut gegeben hat, daß er damit für sich und andre wuchere.
3. Erhaltung, Leben und Gesundheit ist der Grund dieser Kräfte; was diesen Grund
schwächet oder wegnimmt, was Menschen hinopfert oder verstümmelt, es habe
Namen, wie es wolle, ist unmenschlich.
......
18. Der Mensch ist zwar das erste, aber nicht das einzige Geschöpf der Erde; er
beherrscht die Welt, ist aber nicht das Universum. Also stehen ihm oft die Elemente der
Natur entgegen, daher er mit ihnen kämpfet. Das Feuer zerstört seine Werke;
Überschwemmungen bedecken sein Land; Stürme zertrümmern seine Schiffe, und
Krankheiten morden sein Geschlecht. Alles dies ist ihm in den Weg gelegt, damit er's
überwinde.
19. Er hat dazu die Waffen in sich. Seine Klugheit hat Tiere bezwungen und gebraucht
sie zu seiner Absicht; seine Vorsicht setzt dem Feuer Grenzen und zwingt den Sturm,
ihm zu dienen. Den Fluten setzt er Wälle entgegen und geht auf ihren Wogen daher;
den Krankheiten und dem verheerenden Tode selbst sucht und weiß er zu steuren. Zu
seinen besten Gütern ist der Mensch durch Unfälle gelangt, und tausend Entdeckungen
wären ihm verborgen geblieben, hätte sie die Not nicht erfunden. Sie ist das Gewicht an
der Uhr, das alle Räder derselben treibet.
26. Je unwilliger, hartnäckiger, träger das Menschengeschlecht ist, desto mehr tut es
sich selbst Schaden; diesen Schaden muß es tragen, büßen und entgelten; desto später
kommt's zum Ziele.
Kein Übel, das
der Menschheit begegnet, kann und soll ihr anders als ersprießlich werden. Es läge ja
selbst an ihr, wenn es ihr nicht ersprießlich würde; denn auch Laster, Fehler und
Schwachheiten der Menschen stehen als Naturbegebenheiten unter Regeln und sind
oder sie können berechnet werden. Das ist mein Credo, Seremus atque agamus [lat.:
Laßt uns hoffen und handeln]."
digitalisiert von Robert Matthees, 20. Juli 2004, Dresden
http://www
Johann Gottfried Herders 36 Paragraphen
zum Humanitätsideal der menschlichen Gesellschaft
entnommen aus den „Briefen zu Beförderung der Humanität“
von Johann Gottfried Herder, Zweite Sammlung, 25. Brief, 1792/93
http://www.johann-gottfried-herder.de/we...raphen.pdf
Sehr aktuell meine ich.
Gruß
Mongi
1. Vollkommenheit einer Sache kann nichts sein, als daß das Ding sei, was es sein soll
und kann.
2. Vollkommenheit eines einzelnen Menschen ist also, daß er im Kontinuum seiner
Existenz er selbst sei und werde, daß er die Kräfte brauche, die die Natur ihm als
Stammgut gegeben hat, daß er damit für sich und andre wuchere.
3. Erhaltung, Leben und Gesundheit ist der Grund dieser Kräfte; was diesen Grund
schwächet oder wegnimmt, was Menschen hinopfert oder verstümmelt, es habe
Namen, wie es wolle, ist unmenschlich.
......
18. Der Mensch ist zwar das erste, aber nicht das einzige Geschöpf der Erde; er
beherrscht die Welt, ist aber nicht das Universum. Also stehen ihm oft die Elemente der
Natur entgegen, daher er mit ihnen kämpfet. Das Feuer zerstört seine Werke;
Überschwemmungen bedecken sein Land; Stürme zertrümmern seine Schiffe, und
Krankheiten morden sein Geschlecht. Alles dies ist ihm in den Weg gelegt, damit er's
überwinde.
19. Er hat dazu die Waffen in sich. Seine Klugheit hat Tiere bezwungen und gebraucht
sie zu seiner Absicht; seine Vorsicht setzt dem Feuer Grenzen und zwingt den Sturm,
ihm zu dienen. Den Fluten setzt er Wälle entgegen und geht auf ihren Wogen daher;
den Krankheiten und dem verheerenden Tode selbst sucht und weiß er zu steuren. Zu
seinen besten Gütern ist der Mensch durch Unfälle gelangt, und tausend Entdeckungen
wären ihm verborgen geblieben, hätte sie die Not nicht erfunden. Sie ist das Gewicht an
der Uhr, das alle Räder derselben treibet.
26. Je unwilliger, hartnäckiger, träger das Menschengeschlecht ist, desto mehr tut es
sich selbst Schaden; diesen Schaden muß es tragen, büßen und entgelten; desto später
kommt's zum Ziele.
Kein Übel, das
der Menschheit begegnet, kann und soll ihr anders als ersprießlich werden. Es läge ja
selbst an ihr, wenn es ihr nicht ersprießlich würde; denn auch Laster, Fehler und
Schwachheiten der Menschen stehen als Naturbegebenheiten unter Regeln und sind
oder sie können berechnet werden. Das ist mein Credo, Seremus atque agamus [lat.:
Laßt uns hoffen und handeln]."
digitalisiert von Robert Matthees, 20. Juli 2004, Dresden
http://www
Johann Gottfried Herders 36 Paragraphen
zum Humanitätsideal der menschlichen Gesellschaft
entnommen aus den „Briefen zu Beförderung der Humanität“
von Johann Gottfried Herder, Zweite Sammlung, 25. Brief, 1792/93
http://www.johann-gottfried-herder.de/we...raphen.pdf
Sehr aktuell meine ich.
Gruß
Mongi
Zuletzt bearbeitet:

Mit Liebe herrschen?