Hallo kontur,
schön zu sehen, dass jmd. Literatur und auch einzelnen Begriffen ebenso "liebevoll" gegenübersteht, wie ich es von mir behaupten würde
Gegen den Begriff "Held" kann man sicher berechtigte Einwände haben, in der Literaturwissenschaft scheint es mir aber der gängigste Begriff für den "Hauptprotagonisten" zu sein.
Ich zähle hier einfach 'mal einige Werke auf, in denen der "Held" in meinen Augen ebenfalls diesen "Kriterien" gerecht wird und sich "krisenhaft" entwickelt:
1) Max Frisch: HomoFaber -> Sicher ein Standardwerk, auch wenn die krisenhafte Entwicklung (und das Problem überhaupt) hier nicht intellektuell gelagert sind, sondern viel mehr die Kontraste des menschlichen (homo) gegenüber dem technisch / rationalen (Faber = Handwerker) herausgearbeitet werden.
Der Aufhänger - soviel sei veraten - ist eine "Verbotene Liebe"
2) Hesse: Steppenwolf -> Eine sehr extreme Zeichnung des intellektuellen und zum Leben geradezu unfähigen Helden. Besonders an diesem Werk sind m.E. die wechselhaften Hass- Liebe Gefühle zum "Kleinbürgertum" und die unerwartete Wende, die sich fast schon als "Lösung" des Steppenwolf- Problemes verstehen lässt.
3) Camus: Der Fremde -> Gerade erst gelesen
Ein Werk, dass m.E. oft pauschal als "nihilistisch" missverstanden wird, aber gerade in einer historisch- kritischen (*neue Lieblingsmethode hat*) Betrachtung viele Aspekte offenbart, die mich persönlich sehr ansprachen.
Groooooooob zusammengefasst tötet der "Held" (nach dem Tod seiner Mutter) ohne wirklichen Grund einen Araber (?). Im darauffolgenden Prozess zeigt er sich wenig bewegt und wird anschließend zum Tode verurteilt.
Beeindruckend an "Der Fremde" fand ich die weitestgehend konsequente Umsetzung dieses Charakters, die bis heute viele Leser glauben macht, es handele sich hierbei um einen Nihilisten, der dem Tod seiner Mutter mit ebensoviel Gleichgültigkeit begegnet, wie später seinem eigenen.
Ich dahingegen glaube, dass Camus den "Fremden" sehr facettenreich gezeichnet hat und bisweilen geradezu "kafkaeske" Situationen (das Gericht?) beschwört.
4) Kafka: Der Prozess -> Auch wenn der "Herr K." nicht so eindeutig intellektuell gezeichnet ist, wie Satres Ich- Erzähler, gibt es m.E. doch viele Parallelen, besonders dieses stetige Umherwandern auf der Suche nach dem Grund für eine (scheinbar) völlig grundlose Verhaftung erinnert stark an Satres "Ekel", übrigens aber auch an Hesses Steppenwolf.
Besonders beeindruckend ist dieses Werk auf Grund der typisch kafkaesken Schreibweise und den teilweise sehr pointiert gestalteten Dialoge und vor allem der Türhüterparabel!
5) Thomas Mann: Tonio Kröger -> Auch wenn ich es persönlich nicht gerne gelesen habe, könnte die extreme Polarisierung zw. Künstler- und Bürgertum dich sicher begeistern...
^^^ Das sind die Werke, die m.E. am offensichtlichsten Parallelen zu Satres Ekel aufweisen. Es gibt in dieser Richtung sicher noch einige mehr, zudem sind oben genannte Beispiele natürlich wild gemischt und auf Seite der Autoren bisweilen aus völlig anderen Kontexten entstanden!
achja, Dostojewskijs "Idiot" oder Schneiders "Schlafes Bruder" seien hier auch 'mal so in den Raum geworfen *g*
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Hi maja- bine,
Aufhänger ist sicher das existenzialistische Werk Satres, wie das Buch erahnen lässt, "ekelt" den "Hauptprotagonisten" das ganze "Existieren" förmlich an. Eigentlich versucht er ein historisches Buch zu verfassen, in der andauernden Auseinandersetzung mit dem "plumpen" da- sein kommt er in dieser Arbeit jedoch kaum voran und irrt oft völlig ziellos durch die Stadt und fühlt sich dabei in dem schnöden Da- sein auch noch bestätigt, z.B. bei der Beobachtung v. Passanten, die von ihrem kleinbürgerlichen Leben gänzlich ausgefüllt zu sein scheinen.
Besonders interessant ist die tagebuchähnliche "Niederbringung" dieses Werkes, die an einigen Stellen geradezu erschütternd wirkt. Weiterhin interessant fand ich die Auseinandersetzung mit dem Humanismus, die hier sehr "zynisch" anhand eines humanistisch geprägten "Autodidakten" abgehandelt wird, zudem die "Beziehung" des "Helden", die ihn ständig mit Selbstzweifeln konfrontiert und zum Ende noch interessante Wendungen mit sich bringt (oder eben nicht *lol*).
Allgemein ist dieses Buch vollgestopft mit aphorismenähnlichen Aussagen, die erschütternd authentisch und reflektiert wirken...
Vll. fällt dazu KONTUR noch etwas ein, bei mir ist es schon etwas länger her....
tschö ihr beiden,
cf