• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Handel mit undemokratischen Ländern?

Handel mit undemokratischen Ländern?

  • Ja

    Stimmen: 1 20,0%
  • Nein

    Stimmen: 0 0,0%
  • Unter Umständen

    Stimmen: 4 80,0%
  • Habe mich noch nicht entschieden

    Stimmen: 0 0,0%

  • Umfrageteilnehmer
    5

Walter

Administrator
Teammitglied
Registriert
3. Oktober 2002
Beiträge
5.013
Original geschrieben von mavaho
Wenn man von grossen Allgemeinformulierungen weg und hin zum kleinen Detail geht, erkennt man die Schwierigkeit. VW, Audi und in Zukunft auch BMW baut Autos in China, dem grössten Zukunftsland weltweit. Ist man dort heute nicht vertreten, verliert man morgen diesen Markt. Soll man sich aus moralischen Gründen dort zurückziehen ? Täte man es, würden sofort andere wie z.B. Japan die Lücke füllen. Allerdings, dass jetzt unsere Regierung für die Aufhebung des Waffenembargos gegen China bei der UNO eintritt, und das unter einem Aussenminister Fischer, geht entschieden zu weit. Seine moralische Glaubwürdigkeit hat er damit verloren.
 
Werbung:
Sollte man Handel treiben mit Ländern die völlig undemokratisch sind und/oder ihre eigene Bevölkerung unterdrücken?
Lässt sich Moral und Wirtschaftlichkeit kombinieren?
Was wiegt mehr, der eigene moralische Standard oder die ev. entstehenden oder erhaltenen Arbeitsplätze?
Oder ist es so, dass der Handel und die immer stärkere Verschränkung der Wirtschaft demokratische Prozesse in diesen Ländern fördert?
 
jede Regierung muss für sich entscheiden,
mit welchen anderen Regierungen sie verkehren will oder nicht
(und wie sie das tun möchte)

das ist beim zwischenmenschlichen Umgang genauso
'undemokratische' Länder wären demnach der Außenseiter
 
Die Frage, die dort zur Abstimmung steht, ist zu allgemein. Handel meint alles, doch es ist ein Unterschied, ob man Autos oder wie jetzt nach China vorgesehen, eine Plutoniumfabrik liefert.
 
Ursprünglich geht Ihr ja- so interpretiere ich dieses Thema von Joint- Venture-Geschäften
aus.
Ob diese an sich schon unter moralischen Aspekten beurteilbar sind, vermag ich nicht zu sagen.
Wenn VW in China Autos baut, ist das für den deutschen Konzern die Aktieninhaber) sicher von Vorteil.
Chinas Wirtschaft profitiert in diesem Fall sowohl vom technischen Know- how, als auch aus
beschäftigungspolitischer Sicht.

Aber mir scheint, das ist nicht der Knackpunkt, auf den Du, Walter, hinaus willst.

Es geht Dir – so glaube ich – um die österreichischen/deutschen Arbeiter, denen als Folge des Exports unserer Waren eine gewisse Arbeitsplatzsicherung zuteil wird.

Und hier muss ich mich Mavahos Meinung anschließen.

Es kommt auf die Waren an, die exportiert werden. Es kommt auch auf die Art der Kompensationsgeschäfte an.
Wenn z. B. wir in den Iran Landmaschinen liefern und dafür aber bei uns nicht verkaufbare Warenpakete entgegennehmen müssen, wird das Ganze schon fragwürdig. Und noch nicht vom Moralstandpunkt.

Anders sieht es mit Waffen aus. Hier hat uns ja Kreisky die Quadratur des Kreises vorgeführt.
In der Zeit, als es allen politischen Beobachtern schon klar war, dass es ernstliche Verstimmungen zwischen Iran und Irak gibt, gab es hier Waffenlieferungen an den Irak. Unsere VÖST machte gute Geschäfte, es gab keine Arbeitslosen.
Wir haben damals heftig über diesen Deal diskutiert. Die sozialistische Jugend demonstrierte vor der VÖEST, und es wurde noch zu Kreiskys Kanzlerschaft ein Gesetz verabschiedet, das den Waffenexport in kriegführende Länder verbot.

So weit, so moralisch. Was aber die Realität war, dass diese Geschäfte nun als Umweggeschäfte und häufig über Waffenschieber abgewickelt wurden. Land A und B befinden sich in Kriegszustand. Land C (In diesem Falle Österreich ) liefert also Waffen an Land D, das politisch nicht bedenklich ist ( also halbwegs demokratisch und nicht in den aktuellen Konflikt involviert).
So weit – so unmoralisch.

Ich denke, die Anwendung des Sprichworts: Erst kommt das Essen und dann die Moral ist auch hier zu beobachten.

Aber ich kann es doch nicht gut heißen. Wenn Menschen voraussehbar getötet werden, darf kein wirklich demokratisches Land Waffen und alles, was dazu gehört ( Plutoniumaufbereitungsanlage, so Mavaho) exportieren. Und zwar in kein Land der Welt! Und wenn es nicht unlogisch wäre, möchte ich sagen, erst recht nicht in Diktaturen.
Und wenn es nicht politisch völlig irreal wäre, möchte ich sagen, dass alles, was Menschen töten kann, zu erzeugen verboten werden müsste.

Majanna
 
Werbung:
Güterabwegung...

Die angesprochene Problematik lässt sich meines Erachtens folgend zusammenfassen:

1) Wie ist das jeweilige Verhältnis zwischen den betroffenen Staaten und ihren Bevölkerungen? (In wie weit sind beide Akteure identisch?)

2) Mit welchen Waren sollte man prinzipiell nicht handeln.

Zu 1): Man kann nach meinen Vorstellungen der Menschlichkeit nicht gegen undemokratische Staaten ein Handelsembargo verhängen, wenn z.B. offensichtlich die jeweiligen Volkswirtschaften hierdurch so geschädigt werden, dass man das, ohnehin unterdrückte Volk auch noch zusätzlich leiden lässt. Andererseits kann gegen diesen Standpunkt das Argument vorgebracht werden, dass eine Verschlechterung der Lebensbedingungen zu einer innerstaatlichen Oppositionsbewegungen führt und von daher temporär vertretbar sei. Dieser Argumentationsansatz setzt jedoch das Recht auf eine indirekte Intervention in einen souveränen Staat voraus, was es aus kantianischen Gründen für mich nicht gibt - Der Staat ist keine Sache (und darf nicht zu solcher gemacht werden) sondern eine "moralische Person"...

Diese skizzierte Problematik finden wir modifiziert u.a. bei der Diskussion Kinderarbeit wieder, denn man kann nicht von heute auf morgen auf Kinderarbeit verzichten, wenn den betroffenen Kinder ihre tägliche Nahrung dadurch wegfällt.

Fazit: Viele Faktoren sind bei individuell immer wieder zu stellenden Frage notwendig damit man zu einem hinreichend begründeten Standpunkt gelangt - Eine allgemeine Position lässt sich nur bei dem Verlust eines differenzierten Blicks auf die Welt und ihre Zusammenhänge vertreten...
 
Zurück
Oben