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geshlossene gesellschaft SARTRE

instanton

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4. Mai 2003
Beiträge
333
Die geschlossene Gesellschaft - das sind drei Tote, unentrinnbar für immer zusammengesperrt in einem scheußlichen Empirezimmer, wo das Licht ewig brennt und keine Sekunde Schlaf gegönnt wird. Garcin, ein Journalist, hat seine Frau in den Tod getrieben und als Politiker in entscheidender Situation feige versagt. Die lesbische und zugleich hochintellektuelle Ines hat eine junge Frau ihrem Mann entfremdet, bis diese zutiefst verzweifelt sich selbst und Ines mit Gas vergiftet hat. Die sinnlich verführerische Estelle hat ihr Kind ermordet und ihren Geliebten in den Tod getrieben. Die Hölle, in der diese drei Verdammten schmoren, bedarf keiner Bratroste und keines sengenden Feuers - sie sind einander selbst Hölle genug. Jeder ist verdammt dazu, die anderen beständig zu quälen und selbst von den anderen gequält zu werden. Die lesbische Ines verzehrt sich nach Estelle, die aber nichts von ihr wissen will und sich an Garcin heranmacht. Garcin wiederum lechtzt nach der intellektuellen Anerkennung von Ines. So dürstet jeder nach der Hilfe eines der beiden anderen, aber sich diesem nähernd, verletzt er zugleich zutiefst den anderen. Sie können weder voneinander lassen, noch voreinander fliehen, nicht einmal töten können sie sich - sie sind bereits tot! Und so gilt auf ewig: "Die Hölle, das sind die anderen".
http://www.odysseetheater.com/gesellschaft/gesellschaft.htm

SARTRE, ein theaterstück.


kennt dsa jemand schon? was hält ihr davon? "die hölle sind die anderen"?
 
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Hallo Instanton,

welch ein Zufall! Da Fortuna die berühmte Aussage die im Theaterstück enthalten ist "L'Enfer c'est les autres" - also die Hölle sind die anderen als Titel eines Limericks benutzte, dachte ich mir, dass das ein gutes Thema für das Forum wäre. Zwar nicht bei "Philosophen" - ich wollte es bei "Philosophie allgemein" einbringen, denn so würde es uns erlauben uns auch von Sartres Auffassung zu entfernen.

Nun bist du aber die Gastgeberin - und ich versuche einiges dazu zu sagen. In erster Linie, dass man Sartres Aussage "Die Hölle sind die anderen" missverstanden hat und bis heute oft falsch deutet.

Sartre selber weist darauf hin, dass man darunter fälschlich verstanden hätte, dass unsere Verhältnisse zu den Mitmenschen "vergiftet" wären, dass unsere Zwischenmänschliche Beziehungen "höllisch" wären (beides sind seine Ausdrücke).
Doch Sartre wollte damit etwas anderes ausdrücken: wenn unsere Verhältnisse zu den Mitmenschen verzerrt und belastet sind, dann schliessen wir daraus, dass der andere nur die Hölle sein kann. Warum? Weil eigentlich die anderen das sind, was in uns selber das Wichtigste ist, um uns selber zu begreifen. Wenn wir über uns nachdenken, wenn wir versuchen uns selber zu verstehen, nutzen wir das, was andere schon über uns wissen. Wir beurteilen uns mit den Mitteln über die die anderen verfügen und dessen sie sich bedienen. Mit welchen Mitteln wir auch versuchen über uns selber nachzudenken, das Urteil der anderen über uns wird es immer beeinflußen. Was wir über uns empfinden, wir nachempfinden dabei auch die Emfindungen der anderen.
Das bedeutet letztendlich für Sartre: wenn das Individuum ein schlechtes Verhältnis zu den anderen hat, wird es sich in diese Abhgängigkeit zwangsläufig begeben, und das bezeichnet er als "die Hölle".
So gesehn sagt Sartre, gibt es eine Menge Menschen die sich in der Hölle befinden, da sie von den anderen, von deren Urteil abhängig sind.

Für heute soviel, ich werde morgen noch einiges dazu schreiben.

Liebe Grüße

Miriam, die nie vergessen hat wie lieb du sie begrüßt hast als sie sich im Denkforum vorstellte...
 
Spät aber doch komme ich nochmals auf die Aussage von Jean-Paul Sartre zurück: "Die Hölle, das sind die anderen".

Sartre lässt die Aktion seines Theaterstückes nicht umsonst und nicht ohne dass es eine Bedeutung hätte, zwischen drei schon Verstorbenen sich abspielen. Er möchte dabei, so scheint es, einen deutlichen Unterschied machen zwischen der Unfähigkeit zu handeln und sich zu ändern der drei Protagonisten - und unseren Möglichkeiten diesbezüglich, denn wir sind Lebende, veränderbare Wesen.
Es ist eine subtile aber auch leicht begreifbare Art darauf hinzuweisen, dass wir, solange wir doch leben, die Möglichkeit haben alte Grenzen die uns einengen zu sprengen, uns neu zu positionieren, uns letztendlich zu fragen: stimmt es tatsächlich, dass die Hölle die anderen sind - oder ist es unsere Wahrnehmung die uns da täuscht?
Wir leben oft in Gewohnheiten über die wir nichtmehr reflektieren, fragen uns nicht ob diese äusseren Merkmale noch zu uns passen, oder ob wir uns dahingehend geändert haben, dass wir unsere Gewohnheiten, den äusseren Rahmen, auch umbedingt ändern müssten?
Manchmal muss auch unsere Selbstwahrnehmung sich ändern und die dadurch veränderten Bedürfnisse hinterfragt werden - und es kann auch sein, dass damit die anderen nichtmehr als Hölle wahrgenommen werden.

Wir nehmen uns eigentlich wahr durch das Wissen, das Bild das andere von uns haben. Doch Sartre weist auch auf die Verzerrung der Zwischenmenschlichen Beziehungen hin - und so erzeugen diese verzerrten Beziehungen zwangsläufig auch eine Verzerrung der Selbstwahrnehmung.

Weiter zeigt Sartre wie wichtig es sei Handlungen zu überdenken und zu ändern.
"Welcher auch der Höllenkreis sei in dem wir leben, ich denke, dass wir über die Freiheit verfügen ihn zu durchbrechen. Doch wenn die Menschen dies nicht tun, haben sie mit ihrer Freiheit entschieden in diesem Kreis zu verharren. Dann haben sie sich freiwillig für die Hölle entschieden."

Es stellt sich die Frage warum es so schwierig ist solche Kreise zu durchbrechen um sich zu befreien. Wir verfügen zwar über unsere Vitalität, aber genügt das? Was macht das Durchbrechen des Kreises so schwierig - ist es vielleicht die Angst in Bezug auf das Unbekannte das sich ausserhalb des vertrauten (Höllen)kreises befindet?
 
hallo miriam,
vielen dank, ja ich hoff du hast dich hier gut eingelebt:) ich hoff, es geht dir gut.

<<Wir nehmen uns eigentlich wahr durch das Wissen, das Bild das andere von uns haben. Doch Sartre weist auch auf die Verzerrung der Zwischenmenschlichen Beziehungen hin - und so erzeugen diese verzerrten Beziehungen zwangsläufig auch eine Verzerrung der Selbstwahrnehmung>>
und wir sehen in anderen, dinge die wir von uns kennen (die uns stören oder gefallen) v.a. ist der andere ein absolutes geheimnis, das uns nur durch uns selbst zugänglich wird. vieles begreifen wir ja nicht. aber man kann sich bemühen und dem anderen seinen eigenwert lassen, indem man sich viel zeit nimmt und ihn zu verstehen versucht. '(passt vielleicht nicht ganz zum thema)

naja,
<<Welcher auch der Höllenkreis sei in dem wir leben, ich denke, dass wir über die Freiheit verfügen ihn zu durchbrechen. Doch wenn die Menschen dies nicht tun, haben sie mit ihrer Freiheit entschieden in diesem Kreis zu verharren. Dann haben sie sich freiwillig für die Hölle entschieden.">> meint sartre. ja der mensch verfügt über diese freiheit, aber manchmal wird er von ihr auch verblendet, und kann nicht ausbrechen, weil er nicht sieht.

es ist glaub ich zu einfach zusagen, ja dann hat er sich selbst für die hölle entschieden. (es tut mir leid, heute schweife ich sehr ab:)) was wenn er sich selbst die hölle ist, weil er innerlicht vereinsamt und erkaltet ist,weil er in allem nur mehr abgründiges sieht und empfindet und sich selbst und folge daraus auch die außenwelt als hölle wahrnimmt? welche freiheit bleibt ihm dann noch? er steckt in der hölle, und kommt nicht heraus...

du schreibst über die angst. ja ich glaube angst ist ein großer faktor, aber man überlegt in der situation nicht so weit, dass man egtl nicht viel zu verlieren hat, wenn man die angst beiseite legt, Angst verschließt den blick noch viel mehr, es hat etwas psychotisches an sich.

liebe grüße insti
 
Hallo Insti,

freut mich, dass du hier wieder vorbei geschaut hast.

Instanton schrieb:
was wenn er sich selbst die hölle ist, weil er innerlicht vereinsamt und erkaltet ist,weil er in allem nur mehr abgründiges sieht und empfindet und sich selbst und folge daraus auch die außenwelt als hölle wahrnimmt? welche freiheit bleibt ihm dann noch? er steckt in der hölle, und kommt nicht heraus...

Im ersten Beitrag sagte ich, dass ich das Thema lieber bei Philosophie Allgemein eingesetzt gesehen hätte, da dies uns allen mehr Freiheit geben würde uns auch von Sartre zu entfernen. Nun, du hast es getan - was ja sehr sinnvoll erscheint. Und die Tatsache, dass die heute doch oft vorhandene Vereinsamung auch die Hölle sein kann, stimmt durchaus. Da ist das Fehlen der Resonanz, der Rückkoppelung, die eigentliche Hölle.

Du sprichst etwas weiter von den Ängsten, diese sind auch eine Begleiterscheinung unserer Zeit und natürlich potentieren sich Einsamkeit und Angst gegenseitig. Doch kann man diesen Kreis willentlich durchbrechen? Ich denke nicht. Und ganz sicher ist die Art, die Form unseres heutigen Lebens in der Gesellschaft, ein Faktor der Angst erzeugen kann.
Wobei ich betonen möchte: Angst kann auch Motor zum handeln sein, Angst bewahrt uns oft vor Unheil - aber so ganz sie zu steuern vermögen wir nicht.
Ich komme dabei zurück auf meinem Gedanken, dass Angst auch vorhanden sein kann wenn wir uns nicht zutrauen unsere Gewohnheiten zu ändern, den Kreis der uns eigentlich einengt, zu durchbrechen.

Liebe Grüße von Miriam
 
hallo miriam.

eine meiner mittlerweile besten freunde heißt Mirjam. das fällt mir immer ein, wenn ich dir schreibe. und ndtrlich schau ich oft hier rein, wenn auch nicht mehr so oft wie früher:)

<<angst, wenn wir uns nicht zutrauen unsere Gewohnheiten zu ändern, den Kreis der uns eigentlich einengt, zu durchbrechen.>> ja. da hast du vollkommen recht. ich glaub das kann man auch durch die eigene erfahrung nachvollziehen. angst vor dem unbekanntem, dem neuen... aber wenn man sich nicht traut, verliert man möglicherweise (od ganz sicher) die chance auf besserung der situation.

wie würdest du hölle definieren?
 
Liebe Insti,

über das Durchbrechen von solchen Kreisen und der Angst es zu tun nun folgende Bemerkung die auf kürzlich persönlich Erlebtem beruht. Ich war gezwungen einen solchen Kreis zu durchbrechen, ein wenig Hölle zu durchwandern, und hatte auch sehr Angst davor.

Dann folgte diese Strecke die ich zurücklegen musste, und ich stelle bei jedem Schritt fest, dass er in meiner Phantasie schlimmer war als das was ich in der Realität erfuhr. Weil auf dieser Strecke auch manch Schönes war, sehr menschliche Momente zum Beispiel.
So denke ich schon, dass unsere Angst manches noch viel schlimmer erscheinen lässt und uns zurückhält die Strecke überhaupt anzutreten. Ich aber hatte die Wahl diesmal nicht.

Liebe Grüße

Miriam
 
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liebe miriam,

ja beim schreiben an diesem thema, war ich auch sehr von eigenen erfahrungen geleitet,... ja, ich hatte auch nicht so was wie eine wahl mich der angst zu stellen oder nicht... es führte kein weg daran vorbei, mehr oder weniger, aber man geht gestärkt daraus hervor. und wenn ich sage, die phantasie macht alles schlimmer, naja, egtl nicht. aber durch den abgrund hindurch ist alle mal besser als immer noch im sumpf zu versickern.:)

naja, ich kenn dich ja noch gar nicht so gut, soll ich dir mal ne pn schicken?(so auf kennenlernen,"ich heiße... "...

liebe grüße insti
 
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