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Faire Schulnoten?

Joost

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Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
982
Ein interessanter Fall:

Eine Lehrerin wird bestraft - wegen ihrer fairen Schulnoten.

Was meint ihr dazu?

Der Notenschnitt ist im Lehrerkollegium das Maß der Dinge. Geht ein normal begabtes Kind mit ein paar Mathe-Überfliegern in eine Klasse, hat es schlechte Karten. Die Arbeit kippt eher in Richtung vier als hinauf zur drei. Sitzen aber in den Bänken links und rechts nur Rechen-Luschen, kann der selbe mittelprächtige Grundschüler schon mal mit einer Zwei glänzen. Es gilt: Der Schnitt muss stimmen. Gerecht ist das nicht, aber das System ist unerbittlich. Und wehe, jemand versucht auszuscheren.

http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,628411,00.html
 
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AW: Faire Schulnoten?

Zitat aus dem Spiegel-Artikel
(wie auch alle weiteren Zitate):
Die Lehrerin Sabine Czerny wurde von bayerischen Schulbehörden strafversetzt - wegen guter Noten und spannenden Unterrichts.

Kafka lässt grüßen.

Die junge Lehrerin weigerte sich indes, deshalb ihre Notenstufen zu verschieben, nur damit die Kinder neben den Vergleichsklassen nicht zu gut dastehen.

Und die Eltern der Parallelklassen waren sauer - weil die Kinder von nebenan so gute Noten kassierten.

Tja. Die gute Frau Czerny hat halt einfach den Sinn unseres Schulsystems nicht begriffen. Es kommt auf die Noten der Kinder an. Aber natürlich kann man die Noten nicht den Leistungen der Kinder entsprechend geben. Vielmehr muss man darauf achten, nicht zu gute Noten zu geben, wegen der Gerechtigkeit und so.

Manche Eltern sind einfach nur dumm und reagieren wie Furien, wenn ihre Kinder vermeintlich benachteiligt werden. "Wie? Mein Erwin hat nur eine 4 in Mathe, sein Freund Oswin eine 2? Nein, das geht nicht, Oswin wird hier ganz klar bevorzugt." In Wahrheit nimmt sich Oswins Mutter nur mehr Zeit, mit ihrem Sohn zusammen die Hausaufgaben zu machen. Oder Oswin ist schlicht und einfach besser in Mathe.

Als sie dieser Maxime folgend neun von zehn ihrer Viertklässler für tauglich befand, in Realschule oder Gymnasium aufzusteigen, zogen die Behörden die Notbremse.

Die Schulbehörden und Schulleiter lassen keinen Zweifel daran, dass die Lehrer nicht nur einen Bildungsauftrag haben - sie haben auch einen Sortierauftrag.

"Ich wehre mich dagegen, dass es dumme Kinder geben muss."

Natürlich muss es dumme Kinder geben, Frau Czerny.
Gerade sie als Bayerin müssen das doch wissen- da wird noch die gute alte Klassengesellschaft aufrecht erhalten (in Restdeutschland aber auch).
Der Mensch wird nach seinen Leistungen beurteilt, und was er zu leisten hat, das gibt die Obrigkeit (im Normalfall die CSU, der König oder andere Grottenolme) vor.
Wo kommen wir da hin, wenn demnächst jeder seine Fähigkeiten entdeckt?
Das wäre ja purer Sozialismus...

"Auch bei Ihnen muss es Fünfer und Sechser geben", wies sie ein Schulbeamter an.

Na los, Frau Czerny, die Obrigkeit hat die Quote vorgegeben. Suchen sie sich einen ein paar Schüler aus, die ab jetzt die Klassendeppen sind. (Vielleicht nehmen sie den Türken da vorne. Türken werden eh alle kriminell. Wenn gerade kein Türke da ist, nehmen sie einen anderen Kanacken, wenn keine Kanacken da sind, dann einen Franken, wenn kein Franke da ist, nehmen sie einfach den Sozialfall in der letzten Reihe, der muss ja dumm sein, sonst wär er kein Sozialfall.)

Den Schulbehörden gefiel das gar nicht. Sie ordneten eine amtsärztliche Untersuchung der Lehrerin an. Zweck: psychologische Begutachtung und eventuelle Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand - "aus Fürsorge".

Den Preis für Zivilcourage hätte Czerny übrigens formell gar nicht entgegen nehmen und dabei über ihre Motive sprechen dürfen. Die bayerischen Kultusbehörden verlangen nämlich, dass sie sich nicht öffentlich über Schulangelegenheiten äußern darf.

Doch wie SPIEGEL ONLINE vom zuständigen Schulrat erfuhr, ist die gute Beurteilung auf Weisung der Regierung von Oberbayern zurückgezogen worden. Ihr Schulleiter habe einen Formfehler begangen und nicht "alle Erkenntnisse über Frau Czerny aus den Schulen einbezogen, an denen sie vorher war", sagte Fürstenfeldbrucks Schulrat Joachim Linkert. Der Text müsse geändert werden. "Aber auch die Beurteilung, die sie jetzt bekommt, ist nicht schlecht."

Es ist interessant, was für Mafiosi in den Behörden sitzen, die mit für das Wohl und die Bildung junger Menschen zuständig sind. Denn das sind Mafia-Methoden.
Hier machen Behörden einen Menschen kaputt, weil er seinen Beruf (der zufällig darin besteht Kinder auszubilden und die Weichen für ihre Zukunft zu stellen) verantwortungsbewusst durchführt.

Zitat von Joost:
Was meint ihr dazu?

Auf den ersten Blick: Peinlich für Deutschland, besonders peinlich für Bayern.

Auf den zweiten Blick: Beschämend für unsere Gesellschaft.

Offensichtlich können wir uns nicht aus dem Kastendenken, das uns seit Jahrhunderten prägt, heraus denken. Wir brauchen sie, die Elite ganz oben und die Dummen ganz unten.

Und auch die Tatsache, dass unsere "Elite" zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus geistig degenerierten Vollpfosten mit Ellenbogenmentalität besteht, die nur auf den eigenen Profit aus sind und uns für ihn von Krieg zu Krieg, von Umweltkatastrophe zu Umweltkatastrophe und von Finanzkrise zu Finanzkrise stoßen, hat uns nicht aufgerüttelt.

Und bei reiflichem Nachdenken:
Ein typisches Symbol für unser Bildungssystem, in dem nicht der Mensch zählt sondern die Zahlen, die Noten und Quoten, das Geld, dass man einsparen kann.

MfG,
Sunnyboy
 
AW: Faire Schulnoten?

Ja, ich finde das auch mehr als bedauerlich; dazu muss man wissen, dass in den Aufsichtsbehörden meist die Leute sitzen, die in der Praxis auf ganzer Linie gescheitert sind - und jetzt exekutieren sie ein System, das hinten und vorne aus den Fugen gerät.

In meinem Bundesland hat man nun angefangen, die Zeugnisse mit einer Verbalbeurteilung zu versehen - grundsätzlich finde ich das gut, auch wenn es eine immense Mehrarbeit macht, die sich keiner der "hohen Damen und Herren" vorstellen kann. Aber die Noten sind nicht nur von den Aufsichtsbehörden gewollt, sondern auch von den Eltern. Sie gaukeln sich so eine Vergleichbarkeit vor, die es überhaupt nicht gibt - und die die Noten im Grunde auch gar nicht sein sollen.

Und noch ein Nachtrag zu Bayern: Die guten Werte, die dieses Bundesland in VERA-Studien u.ä. erzielt sind meist darauf zurückzuführen, dass dort die Inhalte - entgegen der Vorgaben - vorher geübt werden. Also auch mit solchen Studien lügt man sich etwas in die Tasche.
 
AW: Faire Schulnoten?

wow!
nicht zu glauben?
leider schon!

ich sagte doch schon mehrmals: die schule agiert so, als wolle sie die kinder aussortieren.......wie eier am fließband.
und dann kommt da ein mensch daher und behandelt kinder wie menschen!

wow!
und wir haben geglaubt, in einer sozial und ethisch hochstehenden gesellschaft zu leben.
dabei behandeln wir nicht mal unsere kinder menschenwürdig.
und die politiker machen aus ihnen nichts anderes als einen wirtschaftsfaktor oder ein politikum!

das ist wohl einer meiner größten irrtümer....dass ich glaubte in einer besseren welt zu leben als sie ist.
noch kiefle ich fast jeden tag daran.

aber die verleihung des preises und der umstand, dass diese tolle geschichte eingang in unsere medien gefunden hat, lässt mich schon noch hoffen.

und noch eines: danke liebe sabine czerny! :zauberer2
vielen, vielen dank!
 
AW: Faire Schulnoten?

:ironie: Als Schulnotenverteilenmüssender Lehrer sage ich ohne meine Anwälte zu diesem Thema - nichts ....:lachen::lachen::lachen:
 
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