Vom „Möglichen“
Daher vorab mittelbar die Frage nach der Möglichkeit gestellt wird, reizen die Worte die Reflexion, d.h. Spiegelung (als ein Verkehren und Sich-Zurückwenden verstanden) an diesem Thema.
Am Thema der Sprache und der ‚techné’, die für handwerkliches Tun steht und für die Kunst, für die sehnsüchtige Reproduktion des Ursprünglichen, des Originals.
Technik wird seit jeher als Mittel (zu Zwecken) und als ein Tun begriffen; als ein Zwecke setzen, das sich die zur kausalen Erreichung des Ziels notwendigen Mittel mitte(i)lbar, benutzbar machen muss.
Die Technik ist also ein Mittel – die Frau ebenfalls. Zur Technik gehört das Hervorbringen von Zeug, das zur Benützung erstellt werden musste.
‚Techné’ gehört zum Hervorbringen, zur ‚poíesis’, und ereignet sich, wenn Verborgenes ins Unverborgene kommt. Dieser Akt kann mit Heidegger als ‚Entbergung’ bezeichnet werden (Entbergung heisst auch ‚aletheia’, lateinisch ‚veritas’). In diesem Entbergen (der Bereich der Wahrheit wird mit diesem Wort markiert) gründet jedes Hervorbringen – was zu einer Verbindung des Wortes ‚techné’ mit dem Wort ‚episteme’ bis in die Zeit Platons führte.
Beide Worte kann man mit dem Wort ‚Erkennen’ in Verbindung bringen und dieses Wort dient in der deutschen Sprache dazu ein bestimmter Akt, der Akt der Kopulation, zu bezeichnen.
Heidegger schreibt in ‚Die Frage nach der Technik“: „Die Technik west in dem Bereich, wo Entbergen und Unverborgenheit, wo aletheia, wo Wahrheit geschieht.“
Ich möchte festhalten, dass in diesen Bereich natürlich auch der Bereich des Erkennens der Frau durch den Mann eingeschlossen werden muss, doch möchte ich festhalten, dass mit dem ‚Erkennen’ der Frau durch den Mann nicht ‚die’ Wahrheit erkannt wird, sondern höchstens eine leidlich bestimmte.
Natürlich darf in der Entbergung, die in der Technik waltet, nicht bloss ein Akt der Hervorbringung im Sinne einer schöpferischen ‚poíesis’ verstanden werden, in der ein Subjekt als ‚causa efficiens’ das Herzustellende aus Material-, Form- und Zweckgründen erwirkt. Nein, das Subjekt, dieses seltsame Subjekt namens Mann, wird zum Herausgeforderten, zum Gestellten (somit also auch zu einem Objekt). Der Mann ist herausgefordert, die Frau (die er diskursiv hervorbringt) in der Weise des Bestellens als Bestand (als auf der Stelle stehendes, sich vermeintlich anbietendes) zu entbergen. – Heidegger gebraucht eine ähnliche Formulierung in Bezug auf das Wesen der Technik, das sich für ihn in dem zeigt, was er ‚Ge-stell’ nennt. Dieses ‚Ge-stell’ ist für ihn „die Weise des Entbergens, die im Wesen der modernen Technik waltet und selber nichts Technisches ist“; – das Wesen der modernen Technik bringt den Menschen auf den Weg dieses Entbergens, wodurch das Wirkliche zum Bestand wird, d.h. also: das Wesen der Technik schickt den Menschen auf diesen Weg. Das versammelnde Schicken des Menschen nennt Heidegger das ‚Geschick’ und dieses ‚Geschick’ der Entbergung durchwaltet den Menschen; – so wird ER (der Mensch und Mann) zum Hörigen. Zum Sklaven seiner eigenen Überzeugungen, das Wirkliche – ich ersetze durch ‚Frau’ – als Bestand bestellen zu können. Dies ist die Gefahr seines ‚Geschicks’.
Das Befreiende, das der Mann anstrebt, die Erringung seiner Identität als Mann, die unverrückbar wäre, ist das Verborgene, das Geheimnis. Wieso sich der verzweifelte Akt der Kopulation immer reproduziert? Ganz einfach: In dem die Frau als Bezeichnetes des Mannes als Entborgenes und Bestand bestellt wird, lässt sich der Mensch oder Mann weniger auf das Wesen des Unverborgenen ein, um die Zugehörigkeit und Beziehung zum Entbergen selber als sein eigenes Wesen zu erfahren. So ist die Gefahr vorhanden, das die Frau als das „Unverborgene nicht einmal mehr als Gegenstand, sondern ausschliesslich als Bestand den Menschen [Mann] angeht und der Mensch [Mann] innerhalb des Gegenstandslosen nur noch der Besteller der Bestandes ist“, so „- geht der Mensch [natürlich für mich der Mann] im äussersten Rand des Absturzes, dorthin nämlich, wo er selber nur noch als Bestand genommen werden soll. Indessen spreizt sich gerade der so bedrohte Mensch [Mann!] in die Gestalt des Herrn der Erde auf.“
Indem der Mann denkt, die Frau (als sein Produkt, als Klischee, als Bezeichnetes, als Tauschobjekt, als Signifikant, der aufgefüllt ist mit all den Phantasien und Zwecken, die man(n) Frau zuschreibt) vollends als Instrument beherrschen zu können, den Sexismus auf die Spitze treibt und die Vermessenheit besitzt, den zwar simplen und metaphorischen (und dennoch gewaltsamen) Akt der Kopulation (der Penetration) sogar als Treiben zur Erlangung seiner Identität und also Vormachts- und Herrschaftsstellung auf der Welt zu setzen, so treibt er sich an der Rand eines Abgrunds oder ‚Absturzes’ (um mit Heidegger zu sprechen), indem er sich selbst zum absoluten Sklaven seines verhängnisvollen und niederen Gesetzes macht, dem nómos, welches er nur mittels der Rechtfertigung purer Gewalt (gegen alles Nicht-Männliche) zu zweifelhafter Souveränität erhebt.
Die Erhebung der Sexualität ist die versuchte Verknechtung und Instrumentalisierung der (vom Mann erschaffenen) Frau zur Erlangung der Herrschaft. Aber diese Erkenntnis, dieses Erkennen, das vom Mann durchgeführt wird, kaschiert das Verhältnis des Mannes zum Untechnischen, zu dem, das der Technik entzogen bleibt, der Wahrheit (oder dem Wesen der Technik). Und hier sind wir beim Bereich des Möglichen angelangt. Die Wahrheit wäre die Möglichkeit zur Emanzipation – des Mannes von seinem kleinen Gesetz, auf dass alle einmal jenseits dieser Oppositionen innerhalb der symbolischen Ordnung wirklich Menschen werden könnten.
Übrigens: Mann und Frau sind in meinem Text als Nicht-Positionen zu verstehen. Doch ich streite nicht ab, dass es in unserer Gesellschaft – was immer das auch sein mag – Tendenzen gibt, die eine wie auch die andere ‚Identität’ aufgrund eines ‚biologischen Geschlechts’ den Mitgliedern eben dieser Gemeinschaft vorschnell zuzuschreiben. Dies ist bis zum heutigen Tag Anlass zur gewohnten und stets aktualisierten Unterdrückung von Frauen und auch Fundament von Identitätskrisen, die die sich in solchen befindlichen – unter dem ‚spassigen’ Gesetz des Mannes – via Kopulation zu überwinden versuchen; das Problem: so schnell wird man(n) leider nicht zum Individuum (zum Unteilbaren).