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Deutschland - Land im Dämmerschein

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Tanja Krienen

Guest
Land im Dämmerschein – Auf der Sonnenseite: Aus dem „CAMPO Script“ der gerade neu erschienenen neuen Ausgabe des CAMPO -

*** Link entfernt, bitte Forumsregeln beachten ***


Hier der Text

Die Rede soll von einem mittelmäßig schönen, mittelmäßig großen und mittelmäßig warmen Land sein, welches in der Mitte Europas liegt. Es ist ein Land, dessen Angehörige, gefragt nach ihrer Herkunft, sich nicht selten schämen, wenn sie seinen Namen in anderen Ländern nennen, in denen sie gerade verweilen; auch singt man seine Erkennungsmelodie nicht gern und mancher sogar, versucht seine Verwandtschaft gänzlich zu verleugnen. Die Vergangenheit dieses Landes wirft seine Schatten auf die Gegenwart und aus der Zukunft strahlt: nichts von Bedeutung.

Wer es in diesem Land aushält, hält es kaum aus. Er bezahlt an der Zapfsäule die Rente der Alten, mit der Steuer die Verwahrstätten für die Jungen und mit der Steuer auf die Steuer, das langsame Sterben der beinahe Toten. Wer einen Doktor braucht, zahlt Eintritt; wer mit ihm sprach, zahlt einen Satz, wer sein Medikament kaufen möchte, zahlt eine Gebühr – die das Medikament selbst ist kein Geld mehr da: die Bestattungskosten zahlen viele gar nicht. Aus Trotz: sie lassen sich auf der grünen Wiese verstreuen.

Wer Dosen kauft, muss sie zurücktragen; wer Strom will, bekommt ein großes Getüm vor seiner Nase aufgestellt; wer keine Arbeit hat, bekommt auch keine - und wer seinesgleichen liebt, tanzt freiwillig drei-viertelnackt nach der Pressmusike. Der Berliner Bürgermeister mag das, der Hamburger ebenso, der FDP-Vorsitzende auch und der Hauptmann Röhm, mochte es besonders gern. Frau Schwarzer jagt Phallussymbolen hinterher, Musik kauft keiner mehr, Herr Scrobel guckt verkniffen und betroffen – mindestens jeder zehnte Junge müsste von Rechts wegen einen BH tragen. Warum auch nicht? Sie wandeln ja jetzt schon 7jährige um.

In diesem Land macht kaum etwas Sinn, denn es herrscht der Frohsinn; die Melancholiker lachen neuerdings aus Unsicherheit mit. Die Stasi ist rehabilitiert: hatte sie nicht Recht? Wer zweifelt daran, dass Erich Honecker heute im Triumphzug durch die Straßen Leipzigs getragen würde? Wer eine Israelfahne zeigt, dem wird mit Brand gedroht. Der zahnlose Furunkelmann lacht. Wie spät ist es Morgen um diese Zeit?

Wie ist es möglich, dass der Sturm ringsum wütet, die Wasser reißend sich bewegen, der Zeitstrom beinahe Einstein widerlegt, doch dort nur maximal 10 Bilder pro Minute durch den Projektor des Lebens zeitlupen. Wie sonst verstünden wir Nietzsches Worte wie von selbst:

"Deutschland, Deutschland über alles, ich fürchte, das war das Ende der deutschen Philosophie“ usw.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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Ich verstehe die Motivation solcher Beiträge und Äußerungen nicht, wirklich gar nicht:

-> der Erkenntnisgewinn ist gleich null, gequängelt wird überall
-> der Beitrag zur Selbsterkenntnis ist dementsprechend ebenso gering, die Selbsterniedrigung mancher Deutscher wird nur verfestigt.

Und überhaupt: Ist die Fraktion, die sich beklagt über zu hohe Kosten und zu wenig Arbeit nicht auch die, die sich wieder patriotisch stark machen will? Ich erinnere an das Echo auf die "Hohmann- Affäre": Die breite Bevölkerung war doch der Meinung, dass der Mann "völlig Recht" habe. Hat nicht eine EU- Kommission im letzten Jahr noch vor neuen antisemitischen Tendenzen - auch in Dtld. - gewarnt? Der gemeine Bildzeitungsleser (den ich hier nicht verunglimpfen will) ist doch gerne deutsch und versäumt keine Gelegenheit, dies Kokett jedem ins Gesicht zu gröhlen, der es (nicht) wissen will.

Was sollen die Klagen über zu hohe Kosten für Medikamente? Als ob Dtld. nicht immernoch in der Gesundheitsfürsorge sehr weit oben stünde..
Und die erfolgreichen Versuche Dtld. in Bereichen des Umweltschutzes und der erneuerbaren Energien ebenfalls auf die ersten Plätze der Welt zu bringen werden hier nur polemisch verzerrt.

Ich verstehe solche Beiträge nicht. Die Fragwürdigkeit der argumentativen Stringenz scheint der der Motivation in nichts nachzustehen. Wahrscheinlich meinen sich die Vertreter dieser Perspektive in einer besonders unverklärten und unvoreingenommenen Position, förmlich außerhalb der Gesellschaft. Doch eigentlich heult hier nur ein weiterer Wolf.

Eine Erklärung wäre nett, ich zweifel

cf
 
Wer diesen Beitrag nicht versteht, wird auch nicht verstehen, warum die nächsten Wahlen die Quittung für die angedeuteten Missstände werden. Genau das ist das Problem, die Regierenden verstehen das Volk nicht mehr und umgekehrt. Die Regierung kann man ändern, das Volk nicht.
Dass wir führend in Wind- und solarenergie sind, zeigt nur, dass die anderen Länder besser rechnen können und die Leute dort intelligentere Lösungen haben. Schoin vergessen ? Jeder Arbeitsplatz in der Solar- und windenergie wird mit 120.000 EUR subventioniert. Man kann Steuergelder auch sinnvoll ausgeben.
 
mavaho schrieb:
Wer diesen Beitrag nicht versteht, wird auch nicht verstehen, warum die nächsten Wahlen die Quittung für die angedeuteten Missstände werden. Genau das ist das Problem, die Regierenden verstehen das Volk nicht mehr und umgekehrt. Die Regierung kann man ändern, das Volk nicht.
Dass wir führend in Wind- und solarenergie sind, zeigt nur, dass die anderen Länder besser rechnen können und die Leute dort intelligentere Lösungen haben. Schoin vergessen ? Jeder Arbeitsplatz in der Solar- und windenergie wird mit 120.000 EUR subventioniert. Man kann Steuergelder auch sinnvoll ausgeben.

Man muss nicht regierend sein, um diesen Beitrag nicht zu verstehen.
Will sagen, wenn Tanja das Volk ist -- ich bin es auch!
Oder etwa umgekehrt :rolleyes: ?
 
mavaho schrieb:
Wer diesen Beitrag nicht versteht, wird auch nicht verstehen, warum die nächsten Wahlen die Quittung für die angedeuteten Missstände werden. Genau das ist das Problem, die Regierenden verstehen das Volk nicht mehr und umgekehrt. Die Regierung kann man ändern, das Volk nicht.

Das ist aber noch lange keine Stellungnahme zu einem politischen System "Alles ist schlecht, die Politik baut nur Unsinn".

Wir sind hier immernoch im "Denkforum". Anscheinend hat der Kollege mavaho meinen Beitrag nicht verstanden - für den Weltschmerz der selbsternannten Mittelschicht habe ich heute weder Lust noch Zeit.

cf
 
Widerspruch im Paradies

Widerspruch im Paradies

Eines schönen Tages, blau war er des großen Mittags und rötlich-violett in der Dämmerung, waren alle Montagsdemonstrationen, sämtlich Mittwochnachmittagspausen, sowie auch die bekannten Freizeit nach dem Freitagsgebet, durch eine ewige Ruhe, die nicht mit der vor dem Sturm vergleichbar wäre, sondern jene ist, die nach einer großen Anstrengung eintritt, abgelöst.

Nach dieser Ruhe kam der Frieden, nach dem Frieden die Stille, nach der Stille die Starre, nach der Starre setzt gewöhnlich der Tod ein, doch sie, die nun im Paradies der klassen - und ereignislosen Gesellschaft beieinander lagen - zwischen ihnen die Lämmer und die Wölfe – erfasste plötzlich, kurz nach der Starre, ein Hauch der Bewegung. War es der schräge Laut eines unbekannten Vogels, ein verstecktes Lachen irgendwo am Strand oder ein Rauschen gleich des Flügelschlags zweier Insekten – sie hoben ihre Köpfe und erschraken.

Sie erschraken nicht gleich; erst waren ihre Gesichter leer, dann schlich sich Verwunderung ein, zuletzt grimassierten sie, als hätten sie in das Antlitz des Todes gesehen. Als sie ihre Sprache wieder fanden, die sich beinahe aus dem Hirn geschlichen, sagten die Kleinen unter ihnen, sie wüssten nicht, warum ihre Hände so schmerzten, die Hellen verstanden niemanden mehr, die Breiten mochten die Luft nicht, die Großen hielten die Augen geschlossen und die Dunklen weinten ohne Unterlass. Während die Feigen unablässig mit dem Kopf schüttelten, die Dicken sich vereinzelt ins Meer stürzten, klatschten die Mutigen mit den Händen, wurden die Dünnen, die ins Leere starrten, völlig übersehen. Als dann aber einer der Dummen sagte, es sei weder Abend noch Morgen feststellbar, entgegneten die Klugen unisono, das alles läge am System.

Das System sei schuld. Man habe sie in diesen Zustand der Glückseligkeit versetzt, weil die Herrschaft das so wolle. Wer das sei, fragten die Schmalen, die von den Namenlosen immer spöttisch die Schalen gerufen wurden (vor dem Zustand der Glückseligkeit versteht sich, als noch Zwietracht zwischen den Herzen existierte), und die Klugen sagten, dies wisse man nicht, werde dies jedoch schnellstens, sie wiederholten: schnellstens! heraus finden. Die Langgeweilten stimmten begeistert zu.

Überall entstanden Kommissionen und Ausschüsse, wurden Flugblätter verfasst und Schriften erstellt, waren alle auf der Suche nach den Schuldigen ihrer Glückseligkeit, brennend vor Scham. Man kam zu dem Schluss, Kollaborateure der unbekannten Herrschaft seien vermutlich die Besseren, auch die Scheuen gerieten unter Verdacht. Einzelne verhaftete man schon im Morgengrauen, mehrere fand man am Vormittag erschlagen und als am Nachmittag die Kolonnen von überall her rings der großen Plätze auf die freien Felder in den Ebenen strömten, da war nur kurz das gellende Gebrüll zuhören, unmittelbar bevor alles im Kampfgeheul versank: Das Gebrüll der Lämmer, welche die Wölfe rissen.

Tanja Krienen
 
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