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Ort der Erinnerungen

Marianne schrieb:
So ähnlich, wenngleich ich diesen theoretischen Ansatz nicht verstehe.
Verstehen tue ich ihn schon, aber wo sind seine "morphoenergetischen Felder"? Die hat noch niemand registriert.
Aber mal abgesehen davon: Die Erinnerung ist im Gehirn gespeichert. Oder gibt es irgendeinen Neurobiologen, der das Gegenteil behauptet?

Gysi
 
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Muzmuz schrieb:
ja, mit der festplatte kann man ein gehirn nur bedingt vergleichen

Dem stimme ich zu.
Ich möchte gerne den Begriff des "Aktualisierens" von Erinnerung einführen. Im Gegensatz zum Computer, der Dateien unverändert aufrufen kann, ist das Aktualisieren von Erinnerung sehr stark von der Situation, der momentanen Fähigkeit, des emotionalen Zustands usw. abhängig. Und zwar so stark, dass man bald nicht mehr weiß, ob man sich an ein Ereignis erinnert, oder aber an die Erinnerung des Ereignisses. Diese Verselbständigung der Erinnerung führt dann zu solchen Widersprüchen wie in dem Experiment geschildert.
Ein weiterer Unterschied zm Computer: Dieser setzt immer einen Operateur voraus, der ihn bedient; der also frei entscheiden kann, welche Dateien und Programme er aufruft.
Dies ist beim Bewusstsein nicht der Fall. Es steuert sich selbst, muss sich selbst steuern.
Und gerade dadurch, dass es autonom ist, wird es unfrei, denn die Aktualisierung von Bewusstseinsvorgängen bindet immer unberechenbare, chaotische Vorgänge mit ein.

Desweiteren möchte ich auf die Funktion des Gedächtnisses hinweisen, zu vergessen. Das Gedächntis (bzw. das Bewusstsein) vergisst nicht einfach - es muss vergessen! Denn die Verknüpfung der Muster und Schemata im Gehirn funktioniert nur, wenn sie nicht überfrachtet werden. Es ist also Aufgabe des Gedächtnisses zu vergessen. Nur dann können wir den Alltag bewältigen, werden nicht bei jeder Situation mit einer Fülle von erinnerungen überflutet. Eine Funktionweise wie bei einer Festplatte, Informationen unterschiedslos aufzunehmen, wäre für das Bewusstsein tödlich.

Das Beispiel mit dem Riechen führt uns ebenfalls nochmals die Komplexität und Nichtsteuerbarkeit von Erinnerungsvorgehen zu Bewusstsein. Nicht nur beim Riechen versagt die Aktualisierung; auch bei Bildern, Musik usw. lasen sich nur grobe Vereinfachungen ins Bewusstsein rufen. Wer kann schon das Gesicht eines gut bekannten Menschen aus dem Gedächntis zeichnen?

Aus diesen Gründen, vor allem auch wegen der engen Verknüpfung von Emotionen (hormonelle u.a.) und Erinnerung, wird der Traum, ein Bewusstsein auf datenträger zu speichern, wohl ein Traum bleiben. Denn die Art, wie die ständige Reaktualisierung des Bewusstseins vonstatten geht, prägt auch unseren Charakter.
Und wie wollte man das nachbilden?
Und warum?
 
Es freut mich, Robin, dass wir im Großen und Ganzen eine sehr ähnliche Position vertreten, wie Du ja vielleicht gemerkt haben wirst.

Marianne
 
Man kann die Erinnerung mit einer Festplatte nur bedingt vergleichen, das ist natürlich richtig. Der Mensch ist ein etwas komplizierterer "Computer"... Er steuert sich teilweise selbst. Von Entscheidungsfreiheiten können wir aber nur reden, weil wir das ganze Netz der Determinanten dieser Entscheidungen von uns bei weitem nicht durchschaut werden kann. Wir erkennen unsere Abhängigkeiten nicht.
Die Charakterprägung sei nicht nachbildbar, sagst du. Wo ist sie denn aber, dass sie in der Lage ist, das Verhalten entsprechend seiner Art zu bestimmen? Wieso soll so Vieles in unser Hirn eingeprägt sein, der Charakter aber nicht?

Gysi
 
Gisbert Zalich schrieb:
Man kann die Erinnerung mit einer Festplatte nur bedingt vergleichen, das ist natürlich richtig. Der Mensch ist ein etwas komplizierterer "Computer"... Er steuert sich teilweise selbst. Von Entscheidungsfreiheiten können wir aber nur reden, weil wir das ganze Netz der Determinanten dieser Entscheidungen von uns bei weitem nicht durchschaut werden kann. Wir erkennen unsere Abhängigkeiten nicht.
Die Charakterprägung sei nicht nachbildbar, sagst du. Wo ist sie denn aber, dass sie in der Lage ist, das Verhalten entsprechend seiner Art zu bestimmen? Wieso soll so Vieles in unser Hirn eingeprägt sein, der Charakter aber nicht?

Gysi
:jump1: Wen interessiert es, wenn wir bestimmt sind? Letztendlich gibt es nur eine bedeutende Form der Determiniertheit: Die des Wesens - diese ist aber immer schon für uns. Sind wir nicht frei, weil es für uns überhaupt das Gute gibt? Wir können selbst über den Tod entscheiden - ganz nach unserer Moralität ---> diese ist jedoch unser Wissen vom für uns Richtigen.
Wir sind im höchsten Maße frei, wenn wir es nur wollen.
 
sibel schrieb:
Und wer steuert den Rest?Ist der Mensch also unfrei,am Gängelband irgendwelcher Mächte oder was auch immer?
So kannst du es sehen. Das Zeit-Raum-Geschehen ist durch und durch determiniert. Da können wir die ganze Palette unserer Wahrnehmung von FREIHEIT auffahren - es ändert nichts an der Determiniertheit unserer Entscheidungen. FRREIHEIT ist das Gefühl, mit dem du belohnt wirst, wenn du gemäß dem kosmischen Willen RICHTIG gehandelt hat. Hat nix mit "Gott" zu tun... :zauberer1

Gysi
 
kaismoessner schrieb:
Wir können selbst über den Tod entscheiden - ganz nach unserer Moralität ---> diese ist jedoch unser Wissen vom für uns Richtigen.
Wir sind im höchsten Maße frei, wenn wir es nur wollen.
Und das bist du, indem du an die "richtige" Religion glaubst? Ganz schön widersinnig. Ich glaube an die Wirklichkeit und die Wahrheit. Diese "Freiheit" gönne ich mir...

Gysi
 
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Gisbert Zalich schrieb:
Und das bist du, indem du an die "richtige" Religion glaubst? Ganz schön widersinnig. Ich glaube an die Wirklichkeit und die Wahrheit. Diese "Freiheit" gönne ich mir...

Gysi
Hehe, im Gegenteil. Deine reine Einsicht - Wirklichkeit und Wahrheit genannt - hat sich selbst entgegengesetzt gehandelt und bleibt stehen ---> dies ist Glaube.
Mein Glaube beschränkt sich auf eine Wahrscheinlichkeit, die aus einem Fortschritt der Einheit des mir Wahren und der Wirklichkeit erwächst.

Im Grunde folgt er also mehr dem Geist der Aufklärung, als die Einsicht, die sich selbst belügt. Der Glaube den ich habe ändert nichts an der absoluten Wesentlichkeit und Wirklichkeit des mir Wahren - er ist nur eine logische Konsequenz einer fortgeschrittenen Aufklärung, wahrer Wissenschaft.

Bleib Du bei Marx. :) Ich bleib bei Hegel. :)
 
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