Rhona, zum Thema Patriotismus gibt es vielleicht keine qualifizierte Meinung. Selbst meine allem Anschein nach als sehr qualifiziert einzuschätzenden Vorschreiber wissen nicht recht, auf was sie stolz sein sollen oder was sie zu patriotischen Anstrenungen verführen soll.
Dass andere Länder es anders handhaben, ist erklärlich, gibt aber keinen objektiven Fürhalt für Partriotismus ab. Patriotismus ist - ähnlich wie Glaube - paradox. Er stiftet eine scheinbare Einheit in einer Sache, die inWahrheit jeder verschieden empfindet. Ich kann aber in dieser Einheit keinen Nutzen sehen, zumal in Zeiten, wo man mit "alle mal anpacken"-Parolen m.E. nichts ereicht.
Ich habe in den letzten 25 Jahren schon eine Veränderung patriotischen Verhaltens in Deutschland bemerkt. In meiner frühesten Jugend waren jegliche Deutschlandfahnen nahazu tabu (es sei denn für die ganz offiziellen Anlässe). Selbst bei Sportveranstaltungen kamen sie selten zum Einsatz. Das änderte sich vor allem nach der deutschen Einheit spürbar. Heute sind man schon deutlich mehr deutsche Fahnen und patriotische Bezeugungen als in den 70/80ern. Aber die, die deutsche Fahnen schwenken, sind ja nicht die, die auf Goethe besonders stolz sind, die sich im Bewusstsein einer besonders glorreichen philosophisch/künstlerischen Vergangenheit sehen.
Wie dem auch sei, in ihren besten Jahren kam die Bundesrepublik auch ohne großen Patriotismus aus, wir haben uns in der Tat eine Zurückhaltung anerzogen, auf die wir sogar paradoxerweise stolz sein könnten
Wenn mir jemand erklärt, was wir mit Patriotismus gewinnen, denke ich gerne noch mal drüber nach. Ich war oft in den USA und dieses Beispiel hat mich sehr erschreckt, denn dort ist der Patriotismus wirklich total hirnlos. Und der Nachbar, der im Garten nebenan Deutschlandfahne und Michael-Schuhmacher-Flagge hisste, war nun mal der bescheuertste von allen.
Bis dahin sehe ich den Patriotismus so, wie in meine Vorredner beschrieben: Als eine unlautere Instrumentalisierung mit zweifelhaften Zielen.