Aber grundsätzlich weiß ich, was du meinst. Die eigene Bequemlichkeit hindert uns an echter Veränderung. Im August 2020 gab es die beiden Großdemos in Berlin, da dachte ich wirklich, dass dies die große Wandlung bringen könnte. Mittlerweile ist jede Hoffnung auf eine baldige Veränderung verflogen. Leider. Ich bin mir jetzt ganz sicher, dass es erst noch schlimmer werden muss, bevor es wieder besser wird.
Auf Großdemos waren wir alle schon, aus verschiedenen Anlässen. Am Ende sind Demos aber nicht mehr als eine Art nachdrücklicher Meinungsäußerung. Man mag angesichts der vielen Gleichgesinnten hoch fliegen, auch aufgrund des sozialen Friedens, den solche bürgerlichen Veranstaltungen ausstrahlen.
Es ändert aber nichts daran, dass ohne einen realen politischen Arm Demos allein nichts bewirken.
Im Grunde ist das auch richtig so. Was sind denn schon ein paar Zehntausend Teilnehmer, was sagt es denn aus? Möglicherweise haben sich da - zu welchem Thema auch immer - nur alle Spinner der Republik zusammen gefunden, in der heutigen Zeit der Kommunikationswege und Agitation überhaupt kein Problem, die zu organisieren.
Wenn man wirklich etwas bewegen will, dann muss man in einer parlamentarischen Demokratie andere Wege gehen. Man sollte nicht vergessen: Auch die Grünen entstanden zunächst aus einer Protestbewegung, auf der Straße: Kernkraft, Startbahn West, Friedensbewegung u.v.m.
Schließlich gründeten sie Parteien, die Grünen, aber auch die Alternative Liste (AL) in Berlin. Zeitweise war ich Mitglied der AL, im Berlin der 80er Jahre.
Mit Demos von außen erreichst Du auf Dauer gar nichts, damals nicht, heute nicht. Bleiben die Demos friedlich, dann werden sie nicht wahrgenommen. Werden sie gewalttätig, dann berichtet die Presse über die Gewalt. Wenn man etwas verändern will, dann musst Du entweder in eine Partei eintreten oder eine gründen. Das bedeutet im Anschluss kleinteilige Arbeit, Finanzierung, Gremien, Diskussionen und Personalien. Super langweilig und vor allem langwierig ... aber anders geht es nicht. Tatsächlich aber auch richtig, denn anderenfalls könnte ja jede Bewegung alles immerzu umwerfen, und morgen gibt es ein neues Thema.