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Grundsicherung - Debatte

M

Marianne

Guest
11.10.2006
Bedarfsorientierte Grundsicherung
"Die bedarfsorientierte Grundsicherung ist ein Vorschlag der Grünen und unterscheidet sich wesentlich von der Grundsicherung der katholischen Sozialakademie. Das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe", reagiert die grüne Nationalratsabgeordnete Sabine Mandak auf die Aussagen aus Politik und Wirtschaft zu diesem Thema. "Ich wehre mich dagegen, dass unsere Grundsicherung im rot-schwarzen Poker um die Regierungsbildung verheizt wird. Das hat diese ausgezeichnete Idee nicht verdient."
"Die Grundsicherung springt ein, wann immer ein Mensch seine Grundversorgung nicht abzudecken vermag", fasst Mandak die Intention des grünen Vorschlags zusammen. "Im Unterschied dazu macht sich die katholische Sozialakademie seit Jahren für ein Grundeinkommen für alle stark. Das ist nicht unser Modell. Wenn die Sozialdemokraten nun unsere Grundsicherung aufgreifen, sollten sie auch genau sagen, was sie darunter verstehen. Ebenso sollten ÖVP-Wirtschaftsbündler nicht wahllos gegen etwas polemisieren, was sie sich nicht angeschaut haben."
"Tatsächlich muss all jenen, die kein Einkommen haben, das Überleben gesichert werden", ist die Grün-Politkerin überzeugt. "Und zwar nicht im Sinne eines Almosens, sondern als Grundanspruch. Ein solche Unterstützung käme letztendlich auch der Wirtschaft zugute, denn dieses Geld wird 1:1 wieder in Anschaffungen investiert. Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik sind für uns gleichrangig. Der Slogan 'Geht's der Wirtschaft gut, gehts uns allen gut' hat umgekehrt wenigstens ebenso viel Berechtigung: 'Gehts uns allen gut, geht's auch der Wirtschaft gut'. Dazu könnte eine bedarfsorientierte Grundsicherung wesentlich beitragen".
"Ich wehre mich auch gegen den Pauschalverdacht der Arbeitsunwilligkeit", so Mandak. "5% der in Österreich unselbstständig Erwerbstätigen bekommen für 40 Stunden Arbeit weniger als €966 monatlich oder €7 in der Stunde. Ein Einkommen, das bei üblichen Mietpreisen nur die allernötigsten Bedürfnisse decken kann. „
http://vorarlberg.gruene.at/soziales/artikel/lesen/10247/


Wir haben hier in Österreich noch nicht Hartz IV --- wir haben aber genau die gleichen Probleme mit Arbeitslosigkeit - krassen sozialen Unterschieden , Menschen, die unverschuldet in Not geraten usw.
Gestern Abend fand in "offen gesagt" ( eine Politdiskussion) eine mit Fachfrauen/männern besetzte Debatte über die Grundsicherung statt.

Ich möchte hier klar stellen:
Auch für mich ist es eine unmögliche Vorstellung, dass alle - auch die in Arbeit stehenden StaatsbürgerInnen - eine staatlich gesicherte Grundversorgung bekommen ( ca 800€)

Doch das, was ich Euch hier eingestellt habe, ist für mich überlegenwert.



auf auf zum fairen Für und Wider ...


Marianne
 
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AW: Grundsicherung - Debatte

Liebe Marianne!
Für mich ist eine Grundsicherung, wie sie die Grünen wollen, ganz und gar nicht unvorstellbar. Mein Bruder hat maßgebliche Vorarbeit für dieses Modell geleistet, ich habe auch immer wieder mit ihm darüber diskutiert, und meine, dass das die vernünftigste und ökonomischste Lösung wäre.

Der administrative Aufwand für die vielen verschiedenen Töpfe, aus denen jetzt Unterstützungen geleistet werden, ist riesig und oft sind die Zuständigkeiten unklar.

Ich hab leider jetzt zu wenig Zeit, muss gleich weg. Kann mich daher noch nicht ausführlich damit beschäftigen.

:blume1:
lilith
 
AW: Grundsicherung - Debatte

Ich habe mich mehr oder weniger stark mit dem Thema befasst, nachdem die Grünen in Deutschland dieses in die politische Debatte gebracht haben.
Inzwischen bin ich von der Grundidee nicht nur überzeugt, sondern wirklich begeistert. Wie es genau umgesetzt wird, ist sicher eine detaillierte Diskussion für nötig.
Der große Vorteil einer Grundsicherung ist für mich, das es ein zukunftsfähiges System ist und kaum "harte" Reibungsverluste bei der Einführung verursacht.

Das aktuelle Gesellschafts- und Wertesystem hat sich meiner Meinung nach erledigt. Jeder, der etwas Mathematik beherrscht, kann sich anhand von Zinseszinseffekten, Demographiefaktoren, usw. ausrechnen, das wir langsam aber sicher an gewisse Grenzen stossen. Der Raum zu weiteren Entfaltung, im Bezug auf 3.Welt Länder darf man gerne das Wort Ausbeutung nutzen, ist nicht mehr im ausreichenden Maße gegeben, sodaß die ganze Wucht der Struktur seit einem viertel Jahrhundert nach innen schlägt.
Und der Weltraum ist leider noch nicht soweit erobert worden, das es die Probleme der Welt verdecken kann.
Sicher mag es noch die eine oder andere Option geben die enorme Effektivitätssteigerungen beinhaltet und vieles wurden in den letzten 15 Jahren durch die Kapitalzuströme aufgefangen. Praktisch jedes Jahr wurde durch enorme Kapitalzuströme auf dem Markt und dem guten Handeln der Verantwortlichen eine große Wirtschaftskrise vermieden oder der Auswirkungen reduziert.
Kurz gesagt, die Symptome für ein großes Problem sind da und es wird nicht besser, eher im Gegenteil.

Entsprechend muss die Frage erlaubt sein, wenn z.B. aufgrund der Effektivitätsteigerung der letzten 250 Jahre z.B. 1% der Bevölkerung mehr als 99% ernähren können, ob dieses überhaupt rein über das Geld / Einkommen geregelt werden kann und sollte.
Und hier sollte in meinen Augen das Grundeinkommen / Grundsicherung o.ä. ansetzen. Dieses soll und muss den Menschen ermöglichen:
- Ernährung
- Wohnen
- Bildung (Grund-)
- Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (Grund-)
Als Gegenleistung muss man, bzw. wer es kann, natürlich gemeinnützige Arbeit leisten.

Wenn man mehr möchte muss man sich dieses zusätzliche Arbeiten verdienen. Dabei sollten unbeliebte Arbeiten naturgemäß besser bezahlt werden.

Natürlich gibt es viele Hacken bei der Grundidee, z.B. wie besetzt man vakante Positionen (z.B. im Sicherheits- und/oder Entscheidungsbereich), aber ich bin recht überzeugt davon, das man dafür auch Lösungen finden kann.

Gruss,

Coki
 
AW: Grundsicherung - Debatte

vielleicht sollte man umgekehrt formulieren:

es gibt mehr (gemeinnützige) Arbeit als Menschen (DAS IST DIE THESE)

da also jeder Mensch Arbeit haben kann (DAS IST DIE FOLGERUNG)
und da jede dieser Arbeiten gleich wertvoll ist (DAS IST DIE SETZUNG)

macht eine einheitliche Entlohnung für diese Arbeit Sinn (DAS IST DIE GRUNDSICHERUNG)
 
AW: Grundsicherung - Debatte

Ohne auf die Details der Problematik eingehen zu wollen, seien vier Anmerkungen gestattet:
1. Eine solche Grundsicherung gibt es - auch wenn sie nicht so heißt - faktisch längst: Es ist die Sozialhilfe, die in D mit ALGII zusammengelegt wurde. Jeder - egal ob selbstverschuldet oder nicht - erhält ein Mindesteinkommen. Ich denke, das ist in A genauso.
2. Was immer der Staat aus noch so anerkennenswerten Gründen Menschen schenkt, und um ein Transfergeschenk handelt es sich, muß zuvor anderen, die dies erarbeitet haben, zwangsweise weggenommen werden.
3. Ist es nicht problematisch, einem Neugeborenen quasi die Zusage in die Wiege zu legen: Egal, ob Du je etwas lernst, jemals auch nur einen Handschlag arbeitest, Dein Grundeinkommen ist gesichert.
4. Wer diese Grundsicherung allzusehr dynamisiert, darf sich nicht wundern, wenn nicht mehr viel Dynamik bei jenen übrig bleibt, die diese verdienen müssen.
Gruß - Ziesemann
 
AW: Grundsicherung - Debatte

vielleicht sollte man umgekehrt formulieren:

es gibt mehr (gemeinnützige) Arbeit als Menschen (DAS IST DIE THESE)

da also jeder Mensch Arbeit haben kann (DAS IST DIE FOLGERUNG)
und da jede dieser Arbeiten gleich wertvoll ist (DAS IST DIE SETZUNG)

macht eine einheitliche Entlohnung für diese Arbeit Sinn (DAS IST DIE GRUNDSICHERUNG)

Lieber scilla,

Das, was Du schreibst, gefällt mir . Nur: die Setzung ist eine sehr idealistische und nur als Fernziel vorstellbar ( mir). Vorher wird es wohl so sein, dass eine Menge Überzeugungsarbeit von Erziehungswesen, Kultur, Medien und letztendlich Moralphilosophie geleistet werden müssen( egal, ob aus metaphysisch/ idealistischer Ecke oder aus der Ecke des Historischen Materialismus/Empirismus )
Es wird noch lange Zeit brauchen, bis wirklich alle begreifen, dass " der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt, dass wir streng zwischen Erwerbstätigkeit ( Arbeit) und anders Lebenssinn erzeugender Tätigkeit ( durchaus auch im Sinne von Arbeit = Mühe und Plage) unterscheiden müssen.

Deine erste These
es gibt mehr (gemeinnützige) Arbeit als Menschen
sehe ich dabei nur als einen Schritt in die Richtung , die wir beide in dem Endziel Grundversorgung sehen.


Marianne
 
@ Markus Kerlin

Danke für Ihre Ausführungen.Sie sind wohlüberlegt und entheben uns - so sehe ich das jedenfalls - viel eigenen Nachdenkens.
Ihre Worte halfen mir, mir über Vieles klarer zu werden.

Nur, in einem wage ich es, Ihnen zu widersprechen.


Der Mensch muss immer im Fokus des Menschen bleiben -- der Auftrag gilt auch weiterhin für mich. Und deshalb sehe ich in der Grundsicherung vor allem eine moralische Verpflichtung, zumal Ihnen ja der Begriff 2/3. Gesellschaft nicht unbekannt sein dürfte.

Und: wie soll das keine Arbeit mehr vorfindbare Drittel seine Menschenwürde bewahren - als Bittsteller, Almosenempfänger gar ???
hochachtungsvoll
Marianne
 
AW: Grundsicherung - Debatte

Zum besseren Verständnis, was mit bedarfsorientierten Grundsicherung gemeint ist, hier der link zum Wortlaut des grünen Modells.
 
AW: Grundsicherung - Debatte

Zum besseren Verständnis, was mit bedarfsorientierten Grundsicherung gemeint ist, hier der link zum Wortlaut des grünen Modells.

Liebe Lilith,

das war für mich klar - so steht es ja auch im ersten Posting, den "Reiztext".

Marianne

Aber, es wird auch von eher versierten Politdiskutierern Grundsicherung/versorgung mit bedarfsorientierter Grundsicherheit verwechselt.


Ich sehe allerdings - je mehr ich nachdenke - sogar etliche Vorteile in der generelllen Grundsicherung ( so a la Scilla).
 
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yeah, diese richtung einer grundsicherung ist für mich stimmig und anstrebenswert.

über bedarfsorientierung oder allgemeine zusicherung werden sich noch lange die geister streiten.
was dann wie in der praxis machbar ist, würde sich mMn erst in der praxis wirklich zeigen.
dieses problem ist bei solchen dingen immer da, dass man erstmal einen sprung ins kalte wasser wagen muss...

die frage für mich ist also: will unsere gesellschaft(=wir) eigentlich, dass es für jeden seiner mitglieder die generelle zusicherung zur bestreitung der lebenshaltung gibt - ohne dass derjenige vorher dafür als bittsteller oder verantwortungsloser loser dasteht?

ich würde mich freuen, wenn ja. :)
 
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