Hallo Binchen, irgendwie bist du mit den Ergebnissen nicht ganz zufrieden. So will ich auch noch was dazu schreiben, vielleicht hilft es ja etwas weiter.
Ich denke, daß wir zum einen den Begriff Egoismus sehr negativ belegen und zum anderen nicht klar genug abgrenzen. So steht der Egoismus auch in direkter Konkurrenz mit: Selbstbewußtsein, Selbstwertgefühl, Egozentrik und auf der Gegenseite oft mit Schwäche, Neid und eigenem Unvermögen.
Ein Mensch handelt und unter normalen Umständen hat er dafür auch eine Motivation oder wie das Gesetz es nennt: eine Absicht. Daß man nur so "aus dem Bauch heraus" etwas tut, halte ich nicht für wahrscheinlich, da unsere Handlungen (wiederum in der Regel) sehr stark an unser Denken anknüpfen und genau wie das gesprochene Wort selten "nur so" herauskommen. Schon Freud hat hierzu erwähnt: "Die Wahrheit drängt an die Lippen." Und, auch an ihren Handlungen werdet ihr sie erkennen.
Doch auch wenn jemand der Oma über die Straße hilft ist das natürlich nie das gleiche. Wenn man Karriere machen will, dann gilt die Regel: "Tue Gutes und rede darüber". Manche Menschen schaffen es in der Tat etwas nur der Sache wegen zu tun, doch meistens ist das Ego beteiligt, denn um ehrlich zu sein, es fühlt sich doch immer wieder gut an, etwas Gutes getan zu haben. Und dann gibt es wiederum Menschen, die Gutes nur tun, um ein persönliches Ziel zu erreichen. Und dann gibt es Menschen, die würden alles tun, um ihre Ziele zu erreichen.
Zunächst sollten wir der Gerechtigkeit halber nicht gerade denen ans Bein pinkeln, die Gutes tun, was auch immer ihre Motivation, denn das Gute hilft der Oma in jedem Falle. Vielleicht sollten wir eher die Grenzen dort ziehen, wo der Egoismus nur dem eigenen Vorteil folgt und Menschen auch "über Leichen" gehen. Diese Abgrenzung mag ergiebiger sein und liefert dennoch viele Konfliktsituationen, denn "den Vorteil" zu definieren verursacht bereits Probleme.
Wenn jemand sich für seine Kinder, seine Familie oder Freunde einsetzt: ist das dann gut? Ist das der Anfang für "das Schlechte" aus der Sicht derer, die nicht zu dieser geschützen Gruppe gehören? Ist das der Anfang der Korruption, wenn sich Menschen "um ihre Freunde kümmern"?
Was also ist mit "eigener Vorteil" gemeint? Wo ziehen wir die Grenzen, wenn der Vorteil nicht der meine ist, sondern der meiner Kinder? Gleiches gilt für die Gegenseite: "der Nachteil".
Und, ich hatte es schon erwähnt, nicht zuletzt müssen wir uns dann fragen, ob wir manche Menschen nicht als Egoisten bezeichnen, schlicht aus dem Grunde heraus, daß sie erreicht haben, was wir nicht erreichen.
Und dann wäre noch die Frage, wie schädlich der Egoismus aus der Sicht der gesamten Gesellschaft zu sehen ist. In dem Film "Wallstreet" versucht der Investor Gordon Gekko die Aktionäre damit zu überzeugen, daß "Gier gut ist" und damit implizit auch der Egoismus.
Dies bringt die Frage auf: was wären wir ohne diese Menschen, die sich in die Führungsetagen hocharbeiten, was wären wir ohne die Menschen, die aus Egoismus oder Egozentrik sich in ihre Arbeit stürzen und dann zB in der Wissenschaft oder Technik bahnbrechende Entdeckungen und Erfindungen machen, und was wären wir ohne all die anderen von denen wir Vorteile haben und deren Lohn die Scheinwerfer sind?
Und zuletzt: den absolut perfekten Menschen gibt es (noch) nicht und wenn, dann wäre er/sie endlos langweilig.