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Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Marianne

Member
Registriert
9. September 2007
Beiträge
790
Liebe Forenfreunde ....

eilig zu sein --- immer schnell alles tun .... ohne Rast und ohne Ruh


Solch Vorzeigehandeln können wir immer wieder beobachten - an uns selbst, an anderen.


Einerseits ist dieses "Schnell- und- gründlich- Arbeiten" ( Arbeit ganz weit als zielgerichtetes Tun definiert) als bürgerliche "Tugend" vielen von uns noch "kinderstubenmäßig" mitgegeben worden -,
andrerseits - so geht es mir - macht es mich irgendwie sauer, immer auf Trab zu sein - so zu tun, als ob.

Mir ist folgender Text "in den Sinn gefallen" - als ich ( augenblicklich gar nicht einmal zum Gehen fähig ) darüber nachdachte, ob das zielgerichtete Eilen wirklich immer Sinn macht.


Ei, ei - Eile

Es eilt die Ei
le dem Ziele zu...

Dort angekommen: in Ruh -
Fragt sie sich, wo sie sei ?
 
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AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Na --- scheint ja nicht besonders anregend zu sein - dieses Thema ..

Sei`s drum..

Nun schaue ich doch glatt einmal, was andere großen Geister und der Volksmund dazu zu sagen hat :geist:- holt mich hier raus, ich bin ein solcher :reden: :ironie:


"Geduld ist ebenso schmachvoll wie Eile: Beide sind Furcht." - Walther Rathenau, Auf dem Fechtboden des Geistes. Aphorismen aus seinen Notizbüchern


"Nicht zu geschwind - die Eile macht blind." - Redensart


http://de.wikiquote.org/wiki/Eile
 
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Die Eile hat nur ihre Berechtigung, so sie auch nötig (von Not) ist. Sonst ist die Eile eine schädliche Obsession, weil sie andere - und besonders unsere Nachkommen - auch zur Eile verpflichtet.

Gut Ding braucht Weile
Bös Ding braucht Eile

Anders sehe ich es, wenn ich mich beeile es anderen bequem zu machen, das zähle ich zu den höchsten Tugenden überhaupt, die ich gerne als globalen Infekt haben würde.
 
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Na --- scheint ja nicht besonders anregend zu sein - dieses Thema ..

Sei`s drum..


Doch, doch, angeregt hat mich das Thema schon, wollte nur einfach in Ruhe darüber nachdenken und mich mit der Antwort nicht beeilen. ;)

Für mich hat die Eile eigentlich fast nur negative Eigenschaften.
Und Eile und Gründlichkeit sind für mich ein unlösbarer Widerspruch.

Gründlich kann ich nur sein, wenn ich das Ziel, also zum Beispiel die Arbeit zu beenden, ganz ausser Acht lasse, wenn es mir gelingt, mich an diesen Moment, da ich mich mit etwas beschäftige, voll und ganz hinzugeben.

Natürlich ist das nicht immer möglich, denn schliesslich ist Zeit in unserer Gesellschaft ja bekannlich gleichgesetzt mit Geld und das verdient sich nur, wenn man die Dinge eben in "nützlicher Frist" fertig bekommt.

Aber ich versuche, dies auf das unbedingt Notwendige zu beschränken und mir darüber hinaus für alles die Zeit zu lassen, die es eben braucht.
 
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Ich versuche mich an die Eile in aller Ruhe heranzutasten. :)

Eile hat irgendwas mit dem Einhalten von Terminen zu tun. Das wiederum hängt mit einer Zeitplanung zusammen. Wenn ich mir im Vorhinein überlege(n muss), was ich alles tun will/soll/muss und wie ich das in einem bestimmten Zeitraum bewältigen könnte, dann will ich diesen Plan wahrscheinlich erfüllen. Und dann es geschehen, dass ich so manche Tätigkeit nicht richtig eingeschätzt habe und daher mehr Zeit brauche als vorhergesehen. Ja, dann bin ich in Eile, damit ich mein Soll erfülle.

Ich muss mich da so hintasten, weil ich meine Zeit glücklicherweise nicht mehr so einteilen muss. Ich denke nicht in erster Linie daran, wann etwas fertig sein soll, sondern, wie ich etwas machen möchte. Und das dauert dann eben seine Zeit.

Vielleicht hab ich das auch von meinen Enkelkindern gelernt. Babies und Kleinkinder leben so, als ob es keine Zeit gäbe. Und dadurch haben sie alle Zeit der Welt, wenn sie etwas erforschen oder einfach nur genießen. Irgendwann ist jede Tätigkeit zu Ende, fertig. Ganz ohne Eile.

Ich glaube, das Vorausplanen legt den Focus darauf, wie lang etwas dauern darf, und nicht auf die Tätigkeit an sich.
Wie Ela schon sagte: Eile und Gründlichkeit sind ein Widerspruch. Wenn ich mich beeilen muss, damit ich meinen Plan einhalten kann, dann leidet das Werk.

Hmmmm. Sehr spannend, denn ich habs wirklich ganz selten eilig. Danke Marianne. Das fiel mir erst auf, als ich darüber nachdachte, was mir zur Eile einfallen könnte. :geist:

:blume1:
 
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

In Gegensatz zu dir Lilith, sitzt mir noch immer die Eile im Nacken, jetzt, wo ich schon seit einigen Jahren eine nicht nervige Rentnerin bin.

Ja, wiedermal die Gelegenheit über eines meiner lieb gewonnenen Themen nachzudenken: über die Beschleunigung in der jetzigen Welt. Dass wir von dieser auch abhängig sind, dass wir uns diesem Phänomen auch anpassen, scheint mir eine Tatsache zu sein.

Nicht nur, dass wir dies fast alle so empfinden, es gibt auch konkrete Daten die uns zeigen, dass die Welt so zu sagen schneller wird. Nur einige Fakten:

- die Transportgeschwindigkeit hat sich im vorigen Jahrhundert um den Faktor 102 beschleunigt,
- die Kommunikationsgeschwindigkeit um den Faktor 107. Wir beobachten doch alle, dass sogar soziale Beziehungen sich sehr viel schneller wandeln als früher, man klagt generell über Zeitnot, über Stress hat man früher gar nicht gesprochen - und dies alles lässt auch uns nicht ganz unverändert.

Leistung und Fortschritt (der oft m.E. gar keiner ist) bestimmen unser Leben, dabei hätten wir in solch unruhigen und sich wandelnden Zeiten das Bedürfnis mal inne zu halten, aber irgendwie reißt uns die schnelle Wandlung der gesellschaftlichen Gegebenheiten mit in diese Spirale, die auf mich manchmal so wirkt wie ein Strudel - nicht der mit Äpfeln, sondern jener der uns droht im Wasser nach unten zu ziehen.

Das mit nach unten ziehen passt genau zu meinem Empfinden. Denn keine Zeit haben um zu vertiefen, um über manches nachzudenken, bedeutet für mich dass die Gefahr besteht mich auf einmal am Abgrund wieder zu finden. Das Rasen ohne dass mal die Zeit uns den Eindruck vermittelt still zu stehen - dem sind wir nicht gewachsen. Auch wenn dafür immer präzisere Messmethoden bestehen - heute spricht man ja hauptsächlich im Sport über Tausendstel Sekunden.

Es scheinen sich aber verdammt wenige darüber Gedanken zu machen was das bei uns Menschen, die anders angelegt oder programmiert sind, was das bei uns bewirkt, wenn die Zeit praktisch nie still steht.

Liebe, nicht eilige Grüße

Miriam


 
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Nun: es wird Zeit , dass ich mich für Eure wunderbaren Worte bedanke... es wird ja doch aus allen klar, dass die Empfindung von Eile uns allen nicht unbekannt ist. Und das - hier in unserem Forum mich immer wieder Beglückende ist, dass wir auch keine Scheu haben, uns zu Privatestem zu bekennen.
Für mich hat die Eile eigentlich fast nur negative Eigenschaften.
Und Eile und Gründlichkeit sind für mich ein unlösbarer Widerspruch.
Ela 67

Ja, Du hast im praktischen Leben sicher Recht. Da ich aber ein absoluter Schussel bin ( mental und "tätlich") fällt mir dieser Widerspruch gar selten auf.
Im Gegenteil: jetzt ( Prellungen im rechten Beckenbereich/ der rechten Rippen), wo ich nahezu unbeweglich sein muss, um halbwegs schmerzfrei zu sein, peinigt mich am meisten die mir auferzwungene Ruhe und Gemächlichkeit.

Eile hat irgendwas mit dem Einhalten von Terminen zu tun. Das wiederum hängt mit einer Zeitplanung zusammen. Wenn ich mir im Vorhinein überlege(n muss), was ich alles tun will/soll/muss und wie ich das in einem bestimmten Zeitraum bewältigen könnte, dann will ich diesen Plan wahrscheinlich erfüllen. Und dann es geschehen, dass ich so manche Tätigkeit nicht richtig eingeschätzt habe und daher mehr Zeit brauche als vorhergesehen. Ja, dann bin ich in Eile, damit ich mein Soll erfülle.
lilith51

Das kenne ich vor allem aus meinem Berufsleben: mitunter stress pur! Und genau das meinte ich mit den von mir angesprochenen bürgerlichen Tugenden ( ohne Ironie), denn , wie Du dann noch sagst, alles braucht seine Zeit - gilt ganz besonders in komplexen Abläufen, in die wir eben "zwanghaft" eingebunden sind.
Mich nervt(e) immer besonders, wenn Unpünktlichkeit ( als Gegenteil von Eile erlebt), Abläufe störte.
Und so komme ich ganz "ungezwungen und ohne Eile" zu Deinen, Miriams, Worten.

Das mit nach unten ziehen passt genau zu meinem Empfinden. Denn keine Zeit haben um zu vertiefen, um über manches nachzudenken, bedeutet für mich dass die Gefahr besteht mich auf einmal am Abgrund wieder zu finden. Das Rasen ohne dass mal die Zeit uns den Eindruck vermittelt still zu stehen - dem sind wir nicht gewachsen. Auch wenn dafür immer präzisere Messmethoden bestehen - heute spricht man ja hauptsächlich im Sport über Tausendstel Sekunden.
Miriam

Hier endlich kann ich gestehen, dass mir das Thema ( mein Gedichterl) im Zusammenhang mit der Beschäftigung mit Epikur erwuchs.


"Wir sind nur einmal geboren.
Zweimal geboren zu werden ist nicht möglich,
und eine Ewigkeit dürfen wir nicht mehr sein.
Du aber, der du nicht Herr über den morgigen Tag bist,
schiebst die Freude auf.
Das Leben verrinnt, während wir zaudern,
und jeder Einzelne von uns stirbt
mitten aus rastloser Tätigkeit heraus."
EPIKUR


Auch dieser große Philosoph sieht die Zweipoligkeit unseres Lebens in der endlichen Zeit: Zaudern - Rastlosigkeit .

Und wenn wir dann noch bedenken, dass Epikur ja als Hedonist " gehandelt" wird, als ein Denker, der den Genuss in den Vordergrund seiner Lehre stellt,wird diese Problematik immer spannender für mich.
Als " a Junge" ließ ich " keinen Genuss" aus ..., der mir Lebensfreude verhieß ... erst als ich anfing, die Lehre Epikurs "nachzudenken", wurde mir bewusst, dass er letztendlich mit dem höchsten Genuss die Fähigkeit zu absoluter Bedürfnislosigkeit meint.

BUMM .... und da bekam für mich " das Bedenken des Endes" , das wir in aller geschäftiger Eile bewirken wollen, einen neuen Sinn.

neue Fragen:


Kann diese Idee der absoluten Bedürfnislosigkeit an sich gesellschaftlich etwas bewirken außer, den UNTERTANEN ruhig zu stellen?

Ist es für uns sinnvoll, immer an das Ende - wie immer auch - zu denken?
 
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Hallo !

Die Hudlerei ist wahrscheinlich die Krankheit unserer Zeit. Sie geht einher mit dem Turbokapitalismus, der einem natürlich sagt, je schneller eine Arbeit erledigt wird, desto weniger Lohnkosten verursacht sie und desto mehr bleibt im Geldbörsel. Auch die Computer haben - trotz ihrer vielen Vorteile - wahrscheinlich dazu beigetragen, dass uns bereits alles zu langsam geht.

Allzu leicht wird dabei vergessen, dass die Schnelligkeit oft auf Kosten der Genauigkeit geht. Also ich möchte nach wie vor, dass
Ärzte,
Richter,
Architekten und
Konstrukteure von Fahrzeugen
(habe ich welche vergessen ? sicher)​
die Genauigkeit über die Schnelligkeit stellen.

Etwas genießen in Eile ? Praktisch unmöglich.

Liebe Grüße

Zeili
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Go with the flow - ist für mich eine Möglichkeit. Versuchen, sich dem jeweils von der Situation geforderten Rhythmus hinzugeben.
 
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AW: Betrachtungen über die Eile .... an und für sich und an sich

Go with the flow - ist für mich eine Möglichkeit. Versuchen, sich dem jeweils von der Situation geforderten Rhythmus hinzugeben.

Na ja ... damit wirst Du ja genau so richtig ( für Dich) liegen wie Zeili mit folgender Aussage:
Etwas genießen in Eile ? Praktisch unmöglich.

Aber: woher weiß denn das Individuum, welchen Rhythmus die jeweilige Situation fordert?

Ich bin da meistens überfordert ... reagiere oft "uneilig, wo ich eilig sein sollte ---und umgekehrt.
Für mich ist doch der gemächliche Weg Epikurs anwendbarer: Das Ziel bedenken.... als mögliche Eudaimonia.... ( mögliches Glück).
 
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