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Wozu Krieg?

psbvbn1

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1. Oktober 2006
Beiträge
1.237
hallo, forianer!

ich habe mich in letzter zeit oft mit kriegen und menschlichen zivilisationsdepressionen beschäftigt. dabei stieß ich immer wieder auf den krieg. meine themafrage steht, mein erster beitrag soll mal in poetischer form erfolgen:

Wozu Krieg?

Licht erstrahlt das unschuldige, was leis vom Himmel geht.
Licht verbreitet ein silbernes Schweigen des Mondes.
Licht wird, wenn der Mensch in seinen Gedanken aufhellt.
Licht, wozu brauchen wir diese komischen Teilchenwellen?

Sanft geht alles hier in Deutschland seinen Gang.
Sanft freut sich ein jeder Bürger über sein Meckern.
Sanft ist der Philister, wenn er wieder Tote in ARD sieht.
Sanftheit, wozu diese ereignislose Gefühlsregung?

Durchdringende Schwärze zeichnet den Himmel.
Durchdringende Schreie zerstören meine Seele.
Durchdringend wie Pfeile den Pfuhl der Selbstgerechtigkeit.
Durchdringend muss ich doch nur aufs Klo?

Der Mensch sät, was er lebt und gibt.
Der Mensch möchte so viel und kann so wenig.
Der Mensch sieht von fern und freut sich der Nähe.
Der Mensch ist immer präsent, wozu bringt ihn das?

Der Krieg ist ihm ins Auge haften geblieben.
Der Krieg dort, dann dort, dann wieder am andern Weltenende.
Der Krieg beschäftigt die Stammrunden neben dem Fußball.
Der Krieg tötet, wozu Krieg?
 
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AW: Wozu Krieg?

Hättest Du gefragt "Warum Krieg?" hätte ich Dir geantwortet "Schau Dir einfach an wie die Menschen manchmal in Foren miteinander umgehen und Du weisst auch, warum es Gewalt gibt".
Nachdem Du aber gefragt hast "Wozu Krieg?", also eine Absicht unterstellst bzw. fragst wozu er dient, muss ich passen...
 
AW: Wozu Krieg?

Vielleicht um die Interessen der abgegrenzten Teilmenge, die man glaubt zu sein oder mit der man sich identifiziert, auf Gebieten, die man dieser Teilmenge in irgend einer Weise zuordnet, gegen den Widerstand einer ebensolchen nebenstehenden Identifikation (Nachbarnation, Nachbarreligion) durchzusetzen.

EINE Identifikation scheint gegen die ANDERE vorzugehen. Dabei ist scheinbar das Problem, dass es beide nicht als etwas tatsächliches gibt. Mithin wäre eine Auseinandersetzung eigentlich unmöglich. Wie sollten sich „zweimal heiße Luft“ bekämpfen. Mein Land, meine Rasse, meine Religion, meine Wahrheit, meine Demokratie, meine Atemluft gegen deine?

Es ist doch schon deine, wenn du denn willst. Ob der Krieg deshalb eine Art gewaltsame Loslösung von Identifikationen ist? Der wahnsinnige Versuch Denker und Zudenkendes mit Gewalt (aktiv) zu trennen? Statt passiv?

Denn in sich selbst führt der Mensch in seinem Ringen um die Differenz von Ist und Sollzustand ja auch einen Krieg, der meist zum Tode des Lebendigen zu führen scheint. Der Denker scheint sich beinahe nicht vom Zudenkenden lösen zu können, es sei denn durch Gewalt. (oder durch Kontrollieren des Denkens, wie Yoga, positives Denken oder andere Gewalt)

Interessanter Weise fällt mir hier der Masochist ein.
Der Masochist scheint entspannen zu wollen, indem er sich dem Schmerz überlässt. Absurd? Er könnte den Muskelpanzer einfach loslassen...das geht aber nicht, er sucht daher eine Art gewaltsame Methode, um ZWANGSLÄUFIG kapitulieren zu müssen. Aktivität um Passivität zu erreichen? Er sucht Friede, also hier muskuläre Entspannung oder im geistigen „Zusammenbruch der Widerstände“ durch Gewalt? Durch gewaltsame Grenzverletzung? *grübelnd in mein Marmeladenbrötchen beiß *

Scheinbar ist der Krieg eine Art Versuch zu entspannen, Friede zu finden. „Dieser Krieg muss geführt werden, um alle Kriege zu beenden“ heißt es doch vor jedem Krieg.

Vielleicht ist Krieg ein aktives Mittel zum durchsetzen, der Entspannung (Lustgewinn), während Hingabe/Vertrauen/Liebe ein passives ist. Beide scheinen Grenzen (gezeugt aus eurem absurden „notwendigen Grenzsetzen“) zu überwinden, z.B. im Liebesakt oder mit Bombern. Aber wozu wäre Krieg also da...um Grenzen zu sprengen, Widerstände aufzuheben, Identifikationen zu sprengen, also Teilmengen zurück zu holen? Aktiv?

Vielleicht ist Krieg das andere Ende ein und der selben Möglichkeit, mein Land, mein Auto, meine Frau, mein Gott...fallen zu lassen. Am anderen Ende scheint eine Art Vertrauen zu stehn, Passivität...die ich nicht gut erklären kann, die ihr jedoch vielleicht auch erahnt.

Bernd
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Wozu Krieg?

Damit das vernichtet wird, was einem im Weg steht.

lg Frankie
das, was im weg steht, ist das, was zu große SPANNUNGEN auslöst.

der mensch glaubt, er könne die spannungen vernichten...*hahahaha* - indem er sie vernichtet, drückt er erst offen aus, was vorher verdeckt war.
der öffentliche ausdruck ist gleichzeitig die LÖSUNG.

die heilung wäre, spannungen als gegeben anzuerkennen und mit ihnen schon im vorfeld offen und ehrlich umzugehen...sich den spannungen zu stellen...sie nicht erst aufschaukeln zu lassen, in dem man sich selbst als den "besseren" menschen hinstellt...sondern die meinungen anderer ebenso anzuerkennen und da sein zu lassen. wenn nicht im außen, dann aber im eigenen inneren...

wozu also krieg?
- um spannungen, die zwischen personen oder personengruppen bestehen, abzubauen.
 
AW: Wozu Krieg?

Hallo Kathi!

Bin völlig deiner Meinung!
Aber bitte nicht alle Spannungen abbauen, sonst wird´s fad...

Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln (Clausewitz??).

Manchmal scheint Krieg nötig zu sein (siehe auch Beschwichtigungs-Thread) um einen Aggressor in die Schranken zu weisen, allerdings habe ich mich früher oft gefragt, was denn gewesen wäre, wenn man Hitler z.B. nicht mit Waffen entgegengetreten wäre und sich überhaupt nicht gewehrt hätte.
Völliger Pazifismus, wie hätte sich der ausgewirkt?

Stößt der Aggressor dann nicht ins Leere?
Seine Schandtaten wird er trotzdem begehen, doch wie intensiv und vor allem wie lange?
Hätte der Nazi-Staat den Holokaust ohne Krieg mit derselben unmenschlichen Brutalität und Konsequenz durchgeführt oder wären Möglichkeiten der Rettung von Millionen offengeblieben?!
Ich weiß es nicht und bin auch froh, keine Antwort darauf geben zu müssen.

Bitte versteht meine Gedanken nicht falsch!
Das, was geschehen ist, ist unveränderbar, doch was geschieht, darauf haben wir Einfluss.

Unlängst wieder habe ich mir gedacht, welche Auswirkungen der unmenschliche Befehl, auf einen durch Partisanen erschossenen Wehrmachtsoldaten im Zweiten Weltkrieg auf dem Balkan 100 Zivilisten zu erschießen, auf die Bevölkerung gehabt hat.


Hitler z.B. hätte vielleicht bis Ende der 60er gelebt, möglicherweise hätte sich das System unter seinem Nachfolger gewandelt, vielleicht auf die Art, wie in Spanien der 70er nach Franco.

Ich weiß nicht, wie es ist, wenn man seinen Mördern die Tür ohne Widerstand öffnet und ich sage nicht, ich würde das wollen.
Es waren bloß Gedankenspiele eines jungen Mannes vor fast vier Jahrzehnten.

Mit nachdenklichen Grüßen
Raphael
 
AW: Wozu Krieg?

[...]

Interessanter Weise fällt mir hier der Masochist ein.
Der Masochist scheint entspannen zu wollen, indem er sich dem Schmerz überlässt. Absurd? Er könnte den Muskelpanzer einfach loslassen...das geht aber nicht, er sucht daher eine Art gewaltsame Methode, um ZWANGSLÄUFIG kapitulieren zu müssen. Aktivität um Passivität zu erreichen? Er sucht Friede, also hier muskuläre Entspannung oder im geistigen „Zusammenbruch der Widerstände“ durch Gewalt? Durch gewaltsame Grenzverletzung? *grübelnd in mein Marmeladenbrötchen beiß *

Interessanter Ansatz. Hmmmm... Da werden Grenzen gewaltsam durchbrochen, damit man sich nicht selbst beschränken muss? Hast du das so gemeint?
Und der, dessen Grenze man verletzt hat, der weist einen dann in die Schranken, indem er zurückschießt.
Die Sapnnungen sind somit abgebaut.

Scheinbar ist der Krieg eine Art Versuch zu entspannen, Friede zu finden. „Dieser Krieg muss geführt werden, um alle Kriege zu beenden“ heißt es doch vor jedem Krieg.
Eine Endlosschleife, weil jeder Krieg mit einem Sieger und einem Besiegten endet. Dabei werden neue Grenzen gezogen, was neue Spannungen erzeugt.

Vielleicht ist Krieg ein aktives Mittel zum durchsetzen, der Entspannung (Lustgewinn), während Hingabe/Vertrauen/Liebe ein passives ist.
Ein passives Mittel setzt nicht durch sondern IST.
Hingabe/Vertrauen/Liebe - das IST Frieden.
Krieg will Frieden erzwingen. Als letzte Konsequenz einer Reihe von Versuchen, die Bedingungen für einen möglichen Frieden einseitig festzulegen (was ja eigentlich schon Krieg im weitesten Sinn ist!)


Beide scheinen Grenzen (gezeugt aus eurem absurden „notwendigen Grenzsetzen“) zu überwinden, z.B. im Liebesakt oder mit Bombern. Aber wozu wäre Krieg also da...um Grenzen zu sprengen, Widerstände aufzuheben, Identifikationen zu sprengen, also Teilmengen zurück zu holen? Aktiv?

Krieg überwindet gewaltsam Grenzen, die nicht freiwillig aufgegeben werden. Liebe gibt Grenzenfreiwillig auf, es muss also nichts überwunden werden.

Das ist mE auch ein sehr wichtiger Aspekt. Die Absicht, Frieden (oder Demokratie, oder menschliche Lebensbedingungen, ....) haben zu wollen, ist ja eine gute Absicht. Was leider nie dabei berücksichtigt wird, ist die Einseitigkeit. Wenn "der Andere" das nicht will, dann kann ich mein Ziel durch Zwang auch nicht erreichen.
Der Zweck heiligt die Mittel nicht! Das Ergebnis hängt immer unmittelbar mit der Methode, wie man dorthin gelangt, zusammen.

Wenn also Krieg genauso wie Liebe, Grenzen überwinden will, Identifikationen sprengen usw. so scheitert diese Absicht daran, dass sofort neue Grenzen, neue Identifikationen und neue "Zusammenschlüsse von Teilmengen" entstehen. Weil ohne Freiwilligkeit keine Verschmelzung des vorher Getrennten stattfinden kann. Es wird nur alles neu gemischt.

:blume1:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Wozu Krieg?

Zwei Aspekte:

Zum einen spricht die Konfliktforschung von grundsätzlich nur wenigen Möglichkeiten, wie man sich im Konfliktfall verhalten kann. Dabei wird Konflikt als das "Zusammenprallen" (=lat. confligere) verstanden, das sich immer wieder ereignet, wenn sich etwas bewegt (und Bewegung ist nun einmal Bestandteil des Lebens).

Solche Möglichkeiten sind z.B. Flucht, Ignorieren, Unterwerfung, Kompromiss, Konsens oder eben auch Vernichtung.

Krieg dient der Vernichtung. Das ist die ganz banale Absicht dahinter. Da ist nichts kompliziert.


Zum anderen ist Krieg ein "Fraktal" (es geht also vom Kleinsten ins Größte). Natürlich können meine roten Blutkörperchen untereinander behaupten, dass sie gar nicht zu mir gehören. Dass meine Identität nur eine Einbildung ("heiße Luft") sei. Aber spätestens, wenn ich gegen einen anderen Menschen auf Leben und Tod kämpfe, dann werden meine roten Blutkörperchen mich doch als real ansehen müssen, während sie vergossen an der frischen Luft vertrocknen.

Die Absicht, einen anderen zu vernichten, kann daher ein Mensch in die Tat umsetzen, aber das kann auch ein Gebilde aus Menschen, eben ein Staat.

Im kleinen nennen wir es Mord, im großen Krieg. Im noch kleineren kann es sein, dass wir einen anderen nur mundtot machen wollen oder dass wir Rufmord an ihm begehen oder ihn als "gestorben" betrachten, im großen können Staaten ein Handelsembargo beschließen oder auch Kompromisse und Konsens finden.

Aber wenn zwei Staaten aufeinander prallen, also in einen Konflikt geraten, dann kann auch einer den Entschluss fassen, den anderen durch Vernichtung aus dem Weg zu räumen.

Das schnellste und wirksamste Mittel dafür ist Krieg. Dazu dient Krieg.

lg Frankie
 
AW: Wozu Krieg?

Hallo miteinander!

Ich will ihn trotzdem nicht.
Wenn ich ihm (dem Krieg) im Kleinen begegne, versuche ich zu flüchten.
Und zwar schnell.

Raphael
 
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AW: Wozu Krieg?

Krieg dient der Vernichtung. Das ist die ganz banale Absicht dahinter. Da ist nichts kompliziert.

Da muss ich dir widersprechen, frankie.

Kriege können auch der Befreiung von Völkern von Unterdrückung und Versklavung dienen. Dass auch bei solchen Kriegen Menschenleben und Sachwerte vernichtet werden, ist eine fast unvermeidliche Begleiterscheinung. Ich wehre mich aber vehement dagegen, Angreifer und Angegriffene auf eine Stufe zu stellen.

Wie kompliziert es sein kann, einen Krieg zu bewerten, zeigt das Beispiel der Haltung der deutschen Sozialdemokratie im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Den Aggressor Napoleon III. abzuwehren - dafür stand die deutsche Sozialdemokratie. Doch den weiteren Verlauf des Krieges, in dem die deutschen Truppen Frankreich, namentlich Paris besetzten, unterstützten die "Sozis" nicht mehr.

Gruss
Hartmut
 
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