• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

"Was uns nicht umbringt, macht uns hart"

R

Rhona

Guest
Wie steht ihr zu Nietzsches Spruch?

Wobei ich "hart" nicht als "hartherzig" interpretiere, sondern als "hart im Nehmen".

Was, oder wieviel kann/muss ein Mensch ertragen, um diesen Grad der Härte zu erreichen?

Ist es relativ, weil das Ertragen von Schicksalsschlägen, Ereignissen und Erfahrungen jeden Menschen anders berührt oder mitnimmt; oder ist es ein Zeichen von Schwäche, alles hinzunehmen und zu akzeptieren, um es gleichzeitig als normale Erfahrung zu verbuchen?

Ist man ein Weichei, wenn man sagt, es reicht, es war zuviel, es geht nichts mehr rein? Oder ist es ein Muss, weiterzumachen, so nach dem Motto "the show must go on?

Gibt es eine Zeitspanne, die uns sagt, ab wann wir wieder normal zu sein haben? Und wie lange dauert die an?

Ist nur eine einfache Frage von mir, da ich mir vorstellen kann, dass sich einige User diese Fragen ebenfalls schon stellten. (Und falls nicht, dann ignoriert meine Frage einfach.)

Rhona
 
Werbung:
Hallo!

Ich hatte schon mal überlegt, eine ähnliche Frage zu stellen; sie ging mehr in die Richtung: Sind all die bitteren Erfahrungen, die man erlebt, unverzichtbar? Um z.B. Abgeklärtkeit, Klugheit, vielleicht auch: Härte zu entwickeln?
Oder ginge es auch ohne dies, könnte man ganz sanft aufwachsen, ohne traumatische Erfahrungen und Unglück über indirekte Erfahrungen verstehen lernen?
Der Grund, warum ich die Frage nicht gestellt habe ist: dass ich keine Antwort weiß und ich stelle nicht gern Fragen, auf die ich die Antwort nicht zumindest parziell weiß...

Solche Fragen stellen sich auch bei der Erziehung: eine Art Eltern hält ihre Kinder von allem fern, andere konfrontieren sie früh mit Wahrheiten und "Härten". Macht es einen großen Unterschied?
Fest steht, dass wenn man nur behütet ist, sich eine Gegenreaktion herausbilden kann. Das ständige Gefühl von Watte schmerzt irgendwann; man will etwas spüren, gegen etwas Hartes stoßen...

Ich fürchte fast, der Dualismus des Lebens, also das Gute nur am Bösen zu erkennen und Glück nur über den Umweg des Unglücks zu finden, ist im Wesen, gar im Körper des Menschen bereits angelegt. Die Überbetonung nur der einen Seite, fügt dem Menschen irgendwann Schaden zu.

Ich kann nur eines mit Sicherheit sagen: Es geht selbst nach den quälensten Zeiten irgendwie weiter und man vergisst selbst die tiefsten Schmerzen und Demütigungen; wird der Bogen überspannt, wird etwas zurüchbleiben. Das kann alles mögliche sein, eine beschädigte Seele, manchmal aber auch besondere Fähigkeiten eventuelle sogar eine Dankbarkeit für kommendes Glück...

Ja, wie gesagt, bei dem Thema fische ich im Trüben, aber ein leichte Verwandschaft zum Thread "Braucht der Mensch Probleme?" scheint mir gegeben.
 
Ich denke schon, dass es einen Unterschied macht, ob Kinder von frühester Jugend an mit der Realität konfrontiert werden, und sie, wenn auch nur unbewusst, wahrnehmen, als wenn die als Heranwachsene auf brutalste Art mir ihr konfontiert werden.
Das Sandmännchen, die "Maus" aus der entprechenden Sendung, sowie Pan Tau und Michel aus Lönneberga, gehören sicher weiterhin zu den positiven Kindheitserinnerungen, müssen aber, ab einem gewissen Alter, der Realität weichen, und es bleibt das Erkennen, das Astrid Lindgren nur ein Buch geschrieben hat, dass sich mit der Thematik der älter werdenden Kinder und deren Fragen befasst;nämlich mit der Frage, wo gehen wir hin und was isr/war der Sinn unseres irdischen Lebens. Und dazu fällt mir nur "die Brüder Löwenherz" ein, ein Buch, das es schafft, sogar noch dem Tod etwas Abenteuerliches und Positives abzugewinnen.

Leider fällt mir auch nichts Besseres zum Thema Aushalten, Ertragen und Weitermachen ein.

Rhona
 
Was mich nicht umbringt, bringt mich weiter.
Das ist meine Alternative.
Schicksalsschläge können hart machen, müssen aber nicht. Es gibt auch die Möglichkeit hinzuschauen, zu spüren, was mit mir geschieht.

Härte ist eine Schutzfunktion, um von außen nicht noch mehr Input zu erhalten, weil man mit dem, was da ist, schon genug zu tun hat. Härte, die alles abprallen und abwehren lässt. Auch die Sprache wird hart und abweisend. Es heißt ja nichts anderes als "Lasst mich in Ruhe!" Damit ich das Chaos in meinem Inneren neu ordnen kann, damit ich mich wieder neu orientieren kann.

Kants Ausspruch hat einen etwas makaberen Nebengeschmack. Dreh den Spruch um, "Was mich nicht (rechtzeitig) hart macht, bringt mich um." Als ob man sich das aussuchen könnte.
So manchen hat etwas umgebracht, was einen anderen hart gemacht hat. Wieder andere haben sich an dem orientiert, was ihnen ihre innere Stimme geraten hat. Denn es gibt keine Richtlinien, wie lange es dauert, bis man einen Schlag verarbeitet hat.

Umbringen und hart werden sind die Möglichkeiten derer, die sich nach Forderungen von außen richten. Entweder ich schaffe es, den Forderungen nachzukommen, dann muss ich möglicherweise hart werden, oder ich schaffe es nicht, dann bringe ich mich um.
Wenn ich mich nach mir selbst und meinem Gefühl orientiere, dann brauche ich weder hart zu werden noch mich umzubringen / umbringen zu lassen.

Kant, du armer Hund, diese Möglichkeit hattest du vergessen.

herzlich
lilith, :winken1: die weiß wovon sie spricht, da sie gerade wieder aus dem schwarzen Loch gekrabbelt ist und sich standhaft weigert, hart zu werden.
 
Der arme Kant

Hallo Lilith, Kant würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er noch leben würde und mitbekäme, dass du ihm Nietzsches Ausspruch unterjubeln willst.:D

Nur hatte ich ich gestern nicht ganz nach dem Original zitiert, denn es muss richtig heißen: Was mich nicht umbringt, macht mich härter, was aber am Sinn nichts ändert.

Aber schön, dass du aus dem Loch raus bist.:umarm:

Rhona
 
Rhona schrieb:
Hallo Lilith, Kant würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er noch leben würde und mitbekäme, dass du ihm Nietzsches Ausspruch unterjubeln willst.:D

Nur hatte ich ich gestern nicht ganz nach dem Original zitiert, denn es muss richtig heißen: Was mich nicht umbringt, macht mich härter, was aber am Sinn nichts ändert.

Aber schön, dass du aus dem Loch raus bist.:umarm:

Rhona
Hallo Rhona!
Tja, da hab ich gestern wohl doch einen Barack zuviel getrunken. :schleck:
Aber von mir aus können Kant und Nietzsche gemeinsam im kühlen Grab herumkugeln. :rollen:
Ich hoffe, es geht ihnen so gut dabei, wie es mir heute geht.
:umarm:

lilith
 
Rhona schrieb:
"Was uns nicht umbringt, macht uns hart"

Ich meine: was uns leben lässt macht uns weich - ist das Weiche!

Nitzsche hin oder her: er beschrieb die Seelenlosigkeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts und das ist absolut wahr.
Aber das folgende hat die Seele vernichtet!

Es wird Zeit das in diesem Jahrhundert/JAhrtausend die Seele wieder leben kann - zu leben beginnt. Oder zumindest wieder atmet.

lg v kW
 
Zuletzt bearbeitet:
Ob nun „hart“ oder „härter“ (im Nehmen)... Bei mir persönlich ist es so: nach einigen Schicksalsschläge hängt meine Schwelle der Toleranz und „des Aus-/Durchhalte können,“ höher als früher. Vieles im Leben hat sich relativiert, ich denke anders, sehe das Leben mit anderen Augen, meine Wahrnehmung hat sich verändert. Manches möchte ich nicht mal als „Problemchen“ bezeichnen. „Härter im Nehmen“ bin ich sicher schon geworden, aber vielleicht in dem Sinne, dass ich innerlich „stärker“ geworden bin – oder es hat mich „weitergebracht“. Jedenfalls denke ich nicht, dass ich „hart“ geworden bin.

Wer wann was schwer trifft ist, denke ich, relativ – das hängt von bisherigen Erfahrungen und Schicksalsschlägen ab, und deshalb sind Menschen auch unterschiedlich berührt oder mitgenommen davon. Dennoch kommt jeder Mensch, egal wie viel er schon mal zu verkraften hatte, immer wieder an Punkte wo das Gefühl hoch kommt: „ich kann nicht mehr, es reicht“. Man hat das Gefühl, absolut nichts mehr ertragen und aushalten zu können – oft wundert man sich dann im Nachhinein, dass es doch noch irgendwie weiterging. Ich denke mal, der Überlebenstrieb in uns bringt uns dazu, weiterzumachen, die Hoffnung auf bessere Zeiten. Dabei denke ich nicht an Forderungen von außen, sondern an Schicksalsschläge, die man nicht verhindern kann, aber das innere Gerüst total ins Wackeln bringen.

Rhona, dieser Beitrag war bestimmt keine befriedigende Antwort auf deine Fragen. Aber jede/r kann nur für sich sprechen – je nach eigenen Erfahrungen. Ich fürchte, es gibt einfach keine allgemein gültige Regel, die besagt wie Mensch auf Schicksalsschläge reagieren "sollte, auch nicht was „normal“ ist – weder was Erfahrungen noch Zeitspannen der Verarbeitung betrifft. Auch das ist individuell und relativ – auch da muss jede/r den eigenen Weg finden. Wenn man dabei begleitet wird/werden kann von guten Freunden, so fühlt man sich dennoch immer wieder mal allein auf dem Weg – weil Niemand einem den Schmerz abnehmen kann.
 
Britt schrieb:
Aber jede/r kann nur für sich sprechen – je nach eigenen Erfahrungen. Ich fürchte, es gibt einfach keine allgemein gültige Regel, die besagt wie Mensch auf Schicksalsschläge reagieren "sollte, auch nicht was „normal“ ist

Liebe Britt du hast soeben eine recht brauchbare definition des "normalen" geschrieben...danke!

lg vkW
 
Werbung:
Keine persönliche Erfahrung - aber eine künstlerische "Ermutigung", wenns mir mal dreckig geht, nicht zu verbittern, hart zu werden ....

Wolf Biermann
(Peter Huchel gewidmet)

Du, lass dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind brechen,
die allzu spitz sind stechen
und brechen ab sogleich.

Du. lass dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern -
sitzt du erst hinter Gittern -
doch nicht vor deinem Leid.

Du, lass dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wollen sie bezwecken,
dass wir die Waffen strecken
schon vor dem großen Streit.

Du, lass dich nicht verbrauchen,
gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen,
du brauchst uns und wir brauchen
grad deine Heiterkeit.

Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigenszeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen,
wir wolln das allen zeigen,
dann wissen sie Bescheid.

Also, Rhona, wenn Du so willst, ebenfalls eine Aufforderung, immer weiter zu machen in dem, was wir für richtig halten.
Jeder Rückschlag kann zweierlei bewirken: nachgeben, aufgeben o d e r weitermachen, mit besseren Mitteln, da die alten ja uns "auf den Kopf gefallen" sind.
Ich gehöre zu den Weitermachern - Du auch, wenn ich Deine Worte richtig lese.
 
Zurück
Oben