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requiescere

F

Fidelitas

Guest
ein Thread für Senioren und solche, die es werden müssen

Letzthin las ich in einem dieser niedlichen Apotheken-Blättchen: man möge irgendwo ein Plätzchen haben, zu dem man geht, wenn man ruhen („requiescere“) möchte. Ruhe im Sinne von abschalten, ablenken, regenerieren, Mut fassen, umdenken, neu beginnen oder anders handeln.

Es erinnerte mich an meine Zeit in Bonn: wenn ich traurig war, unruhig, überreizt, klima-geschädigt kreislauflabil oder eben einfach „durcheinander“ -, dann ging ich zur Rheinbrücke, setzte mich am Ufer auf eine Bank und blickte von dort oder auch übers Brückengeländer auf das ‚wandernde’ Wasser: stark strömend an dieser Stelle und als wenn es die dunklen Emotionen einfach so mitnehmen könne.

Lange hatte ich diese Art des persönlichen Ruhens vergessen.
Aber jetzt habe ich mich auf die Suche gemacht, mir in meiner Stadt ein solches Plätzchen
einzurichten.

Ich denke, manchmal braucht man dieses ‚requiescere’ ..., irgendwo.
 
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AW: requiescere

Ein sehr schönes Thema, Fidelitas, und hoffentlich eines welches sich langsam, weit weg von der Eile mit der wir andere Aktivitäten angehen, entwickelt.

Mich erinnerte es an die Ruhe die ich des öfteren in der Negev-Wüste empfunden habe, die so plötzlich da war, ohne dass ich es erwartet hätte.

Wir brauchen sie, diese Oasen der Ruhe, in denen wir eigentlich so zu sagen zu uns finden.

Dazu habe ich nun ein Haiku geschrieben - und hoffe, dass noch andere folgen.

Das Nichts empfinden
Mitten im lauten Geschehen
Oase der Stille


"Oase der Stille" ist auch der Titel eines schönen Bildbandes von Beat Presser. Es enthält nicht nur Fotos, sondern auch Aufzeichnungen die sich hauptsächlich mit dem Buddhismus befassen.

Hier ein Foto aus dem Buch - ich denke es passt zu deinem schönen Thread.


http://www.beatpresser.com/books/oase_der_stille/images/05.jpg

Liebe Grüße

Miriam
 
AW: requiescere

Liebe Fidelitas und liebe Miriam!

Ein solcher Ort der Stille ist mir schon seit langer Zeit sehr wichtig. Ich habe von meiner Mutter gelernt, dass Stille heilsam sein kann.

In der Umgebung meines Wohnortes gibt es einige schöne ruhige Plätze, aber mein Lieblingsplatz ist eine Bank auf einem Berg, zu der ich auch mit dem Auto hinfahren kann, wenn ich schnell da sein will.

Dort zu sitzen und den Berg zu betrachten, der von diesem Platz aus so schön zu sehen ist, das lässt mich innerlich zur Ruhe kommen.

Ich habe das voriges Jahr im Herbst sogar in eine kleine Geschichte gefasst.

:blume1:
herzlich
lilith
 
AW: requiescere

atemlos wartend stehn
Wellen rauschen zu Tal
flüstern die Stimmen


[sorry, mein allererster Versuch,
entsprechend auch noch nicht das richtige Haiku: 5 - 7 - 5]
 
AW: requiescere

Liebe Fidelitas,

einfach versuchen - die Idee ist ja schon so schön - und das Versmaß darf auch mal nicht ganz dem Haiku entsprechen.
Wenn ich dir aber einen kleinen Tipp geben darf: die Haikus setze ich nie ins Zentrum - sondern lasse sie linksbündig. So erfasst man auch optisch dieses:

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Inzwischen habe ich ein wenig nachgedacht über die Art wie die virtuelle Kommunikation auch manchmal der Ruhe die man anstrebt entsprechen kann. Vielleicht ein kleines Gedicht dazu, das ich vor ca zwei Jahren geschrieben habe - also kurz nachdem ich diese Art des Gedankenaustausches für mich entdeckt hatte:

Frühe Stunde

Der leichte Schritt durch die Wohnung am Morgen,
Leise Begrüßung dessen was mir lieb -
Auch die Worte der Freunde erreichen mich lautlos.
Alles trifft zusammen,
Vereint in einer seltsamen Melodie,
Die, ohne Klang, nur eines vernehmen lässt:
Den ruhigen Schlag meines Herzens...

Miriam (12.2004)

Liebe Lilith,

ein sehr stimmiger Text der m.E. wunderbar der Absicht von Fidelitas entspricht. Irgendwie hat mich die Ruhe deiner kleinen Geschichte sehr glücklich gemacht. Danke dir :blume1:

Liebe Grüße

Miriam
 
AW: requiescere

Liebe Lilith,

ein sehr stimmiger Text der m.E. wunderbar der Absicht von Fidelitas entspricht. Irgendwie hat mich die Ruhe deiner kleinen Geschichte sehr glücklich gemacht. Danke dir :blume1:

Liebe Grüße

Miriam

Danke Miriam, das freut mich.
Dein Gedicht gefällt mir sehr gut!
So gehts mir morgens auch!

:kuss1:
 
AW: requiescere

Wenn ich dir aber einen kleinen Tipp geben darf: die Haikus setze ich nie ins Zentrum - sondern lasse sie linksbündig. So erfasst man auch optisch dieses:

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zaghafter zweiter, noch kleiner Versuch : 2 - 3 - 2

guter Rat
Miriam weiß besser
lebendige Erfahrung
 
AW: requiescere

Ruhe im Sinne von abschalten, ablenken, regenerieren, Mut fassen, umdenken, neu beginnen oder anders handeln.

Für mich (HSP) ist "Ruhe/alleine" sein lebenswichtig, ich brauche einfach diesen Rückzug um die ganzen intensive Wahrnehmungen zu verarbeiten. Ansonsten reagiere ich mit Burnout, Depressionen, bzw. werden alte Suchtverhalten wieder angeregt.
 
AW: requiescere

Hallo liebe Foris, :)

durch Miriams Tipp habe ich mal in diesen Thread geschaut.

Ich habe heute eine schöne Radiosendung gehört zum Thema "Wertschätzung".
Anfangs konnte ich mit dem Begriff wenig anfangen, er erschloss sich mir erst im Laufe der Sendung.

Es ging zunächst darum, dass vor allem in den industriellen Ländern, ein massiver Werteverlust zu verzeichnen ist. Die Menschen rennen durch ihren Tag hindurch dem Geld hinterher, und wer keins hat ist nix wert. Fühlt sich auch "unwert". Beim rennen und arbeiten vergeht die Zeit immer schneller, niemand hat mehr Zeit für Muße, für einen Gemüsegarten, für positive Gedanken und Tätigkeiten.
Wo es aber im Großen keine Wertschätzung und Achtung gibt für andere Menschen, für Dinge, für die Natur, für sich selbst, rächt sich das. Zwischen Menschen herrscht Feindschaft und Krieg, Dinge werden nicht geachtet, sondern mutwillig zersört, die Erde mit ihrem Ökosystem wird zerstört und der Einzelne fühlt sich zerissen und depressiv.

Aber im Kleinen kann man gegensteuern.

"Wertschätzung" beginnt in einem selbst. Es bedeutet zunächst einmal, sich selbst gegenüber achtsam und behutsam zu sein. Seine eigenen Gefühle wahrzunehmen, anzunehmen und zu achten. Sich gut zu ernähren und sich dem Stress der Zeit immer wieder zu entziehen. Die Stille zu suchen - in sich. - requiescere, Fidelitas!*lach*

Wertschätzung anderen gegenüber bedeutet, ehrlich zu sein, zuhören zu können und das Positive im Gegenüber zu suchen. Wertschätzung der Natur gegenüber hieße z.B. für den Einzelnen, im Naturkreislauf zu wirtschaften....

Naja, und soweiter und sofort, was wir alle wissen...

Was mich aber auch so faszinierte an der Sendung, war, das die Frau - sie hat darüber ein Buch geschrieben - sagte: "Ich bin eine Juwelensammlerin.
Ich sammle sie überall und ständig, den ganzen Tag hindurch. Ich sammle sie, was meine Blicke in die Natur betrifft, ich sammle sie im Zugehen auf andere Menschen, die ich, selbst wenn sie noch so sehr rennen und sich verbiegen, als jeden Einzelnen wertschätze. Und indem sich ihnen meine Wertschätzung mitteilt, blühen sie auf. - Da, wieder ein Juwel!

Ich sammle die Juwelen in meinen inneren Gedanken. Indem ich mich weiterentwickle, und seinen es nur winzigkleine Schritte, lobe ich mich ungeheuer. Denn diese Entwicklung ist unbezahlbar: man kann sie nirgends kaufen. Nur ich allein kann sie machen.
So finde ich täglich so viele Juwelen, und das baut mich auf.
Denn jemand der täglich Juwelen findet, ist reich."

Ein anderer sagte: "Und wenn mich meinetwegen ein Vetreter an der Tür mit seiner Umständlichkeit unendlich nervt und ich zornig werde, weiß ich, dass nicht der Vertreter mich zornig macht. Es ist ja "mein" Gefühl. Das Gefühl steckt in mir drin, ein dritter würde vielleicht ganz anderes bei diesem Menschen reagieren. Der Mensch/ der Vetreter, der mich zornig macht, ist ja nur der Spiegel für meine Gefühle, die ich damit loswerde, indem ich sie als Grund diesem anderen Menschen aufhalse. - Deshalb gibt es im Grunde keinen Grund, ihm zornig zu sein. Ich sollte mein Gefühl anschauen und mich fragen: Warum werde ICH so zornig?
Und wenn ich dabei entdecke, dass ich ihn eigentlich verachte, weil er so langsam und umständlich ist und in meinen Augen nur ein Verteter, der mir meine kostbare Zeit stielt - tja, damit muss ich dann leben.
Mit dem Wissen, dass ich manchmal ganz schön überheblich bin."

"Wieder ein Juwel im eigenen Bewusstsein mehr," sagte die Frau. "Und es ist wichtig, diese eigenen Gefühle und Erkenntnisse positiv anzunehmen, denn nur dadurch, durch innere Liebe zu uns selbst, wird sich unsere Einstellung ändern. Es reicht nicht zu sagen: Jetzt will ich mich aber ändern! - Ändern geht erst, wenn die Einstellung die man hat, zuerst angenommen ist. 'Ich bin überheblich. Tja, so ist das mit mir.'
Oder: 'Ich bin fürchterlich eilig immer, weil ich so sehr hinter Konventionen hinterherlaufe, dass ich immer alles perfekt erledigen muss.' Dann kommt die Änderung von selbst. Man muss sich gar nicht mehr drum bemühen."

Na, ich fand jedenfalls, es war eine sehr schöne Sendung, in der für mich noch viel mehr drinsteckte, als ich jetzt geschrieben habe.
Gut, vieles kenne ich schon aus Büchern wie Louis L.Hay, oder Fromm habe ich immer gerne gelesen.
Aber so ein kleiner Auffrischungskurs tut doch immer gut.

Liebe Grüße,

und dass wir alle, unsere Stille und Wertschätzung an den unseren Orten finden mögen. Und in uns selbst.
Viele Juwelen!

Anjoli :blume2:

Einen kurzen Text zur Radiosendung - leider sehr unergiebig und sachlich - die Sendung war viiiiel besser, findet Ihr unter: www.wdr5.de
Zeitplan Dienstagnachmittag, heute, 15-16 Uhr.

Allerdings ein sehr schönes Literaturverzeichnis!
 
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AW: requiescere

Liebe Anjoli,

es hat mich so zu sagen gerade Elke Heidenreich aus ihrer Sendung "Lesen!" entlassen - und auch diese steckte voller Juwelen. Dann lese ich deinen Beitrag - du erzählst über all die Juwelen - und der Ton in dem du erzählst, erinnert mich in seiner Frische und Direktheit an dem von Elke Heidenreich. Also auch ein weiterer Juwel - deine Schilderung

Und jetzt gehe ich schlafen, beschmückt mit all den Juwelen - und sage dir noch schnell Danke und gute Nacht.

:kuss1: von Miriam
 
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