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Der österreichische Finanzminister

Walter

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3. Oktober 2002
Beiträge
5.013
Nicht genug dass der österreichische Finanzminister immer wieder völlige Inkompetenz bewiesen hat, ist es auch um sein Verständnis von Integrität als Staatsdiener schlecht bestellt. Mancher mag da eher an Bedienung denken...

Die letzte Meldung vom 14.1.2004 war, dass der von Karl-Heinz Grasser seit Sommer 2003 als "in Gründung" bezeichnete Sozialfonds nun endlich Realtität wurde.

Zur Erinnerung:

Die Fonds-Vorgeschichte reicht tief ins Vorjahr, als Grasser wegen nicht bezahlter Steuern mehrfach ins Gerede geraten war. Der ORF-"Report" hatte berichtet, Grasser verlange für seine rege Vortragstätigkeit quer durch Österreich Honorare, die er nicht versteuere

Und weiter:

Stimmt nicht, entgegnete Grasser: Er verlange keine Honorare, sondern rege lediglich an, dass die Institutionen, die er mit seiner Vortragstätigkeit beehre, Spenden an sozial Bedürftige abführen.

Die Sache hatte einen Schönheitsfehler: Normalbürger, die ihre Honorare nicht selbst einstecken, sondern ebenfalls spenden, sind keineswegs von der Steuerpflicht entbunden. In die heiße Steuerdebatte, die daraufhin entstand, fiel die Ankündigung Grassers, für seine wohltätigen Aktionen einen Sozialfonds einzurichten.

Bei der Präsentation dieses Fonds am Dienstag ging es nicht ohne Widersprüche ab. Zunächst betonte Grasser, dass sich das Fondsvermögen ausschließlich aus Spenden zusammensetze - "es gibt keinen Zusammenhang mit meinen Vorträgen". Doch wenige Minuten später sagte, dass eine der Zahlungen der Gegenwert für einen Vortrag für die Bank Austria in Kitzbühel gewesen sei. Sie ist offensichtlich nicht versteuert worden.

Auch sagte Grasser gestern, dass der Fonds "seit Herbst 2003" "in Gründung" gewesen sei. Dieselbe Formulierung hatte er aber bereits am 8. Juli des Vorjahres verwendet.



Grasser benutzt den Staatssekretär Finz um sich rein zu waschen:
175.000 Euro-Spende der Industriellenvereinigung an einen Grasser-nahen Verein. Der Verein finanzierte damit die Homepage des Finanzministers. Laut Finz muss Grasser dafür keine Schenkungssteuer zahlen, da es sich um eine dienstliche Homepage handle. Grasser selbst gab im Rechnungshofausschuss an, die Homepage privat zu nutzen.

(Alle Zitate von den Salzburger Nachrichten)
 
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Aus dem Standard vom 11.2.:
Unsäglich politisch
Wenn es aber kein politisches Sponsoring war, was war es dann? Vielleicht ästhetisches Sponsoring? - Kolumne von Günter Traxler


Also wirklich – diese "unsägliche politische Diskussion"! Man versteht schon, dass der Generalsekretär einer eher patriarchalischen Organisation wie der Industriellenvereinigung, die das politische Geschäft tendenziell als ein garstiges betrachtet, verärgert auf die demokratische Zumutung reagierte, ein Minister habe so etwas wie eine Verantwortung vor dem Parlament und müsse sich ihr auch stellen. Wo doch die großzügige Dotierung eines Vereines, von dem der Finanzminister eher zufällig erfahren hat, zwecks Gestaltung einer Homepage des Finanzministers, mit deren Organisation der Finanzminister so gut wie nichts zu tun hat, schon aus diesen Gründen mit Politik nichts zu tun haben konnte. "Das war ja kein politisches Sponsoring", teilte Lorenz Fritz entschieden mit.

Klingt glaubwürdig. Politisches Sponsoring würde voraussetzen, dass es sich beim Finanzminister um einen Politiker handelt, und dafür gibt es bis heute keinen Beweis. Er bestreitet es auch, unter Hinweis auf sein über den Parteien stehendes Wesen, und nur deshalb hat ihn ja Wolfgang Schüssel als Aufputz seiner Partei geholt. Und sein Reden von der Regierungsbank des Nationalrates macht sicher, dass ihm politische Gepflogenheiten fremd bleiben werden.

Wenn es aber kein politisches Sponsoring war, was war es dann? Vielleicht ästhetisches Sponsoring? Waren die 283.000 Euro einfach ein Tribut der Industrie an die Schönheit? Man glaubt nur zu leicht, so ein Industrieller hätte nichts anders im Sinn als seinen Betrieb und dessen Rentabilität. Aber auch in der Seele eines Thomas Prinzhorn glüht ein Fünkchen Sehnsucht nach dem Schönen, dessen Erblühen auf einer Homepage dem Edlen einige Euros wert sind. Das ist eben der Unterschied zwischen ästhetischem Mäzenatentum und politischem Sponsoring: Volkspartei und Freiheitliche sollen von der IV jährlich nur 350.000 Euro erhalten – gemeinsam. In deren Reihen ist es mit der Schönheit aber auch nicht weit her.

Für Karl-Heinz Grassers Homepage wollten die Industriellen sogar viel mehr zahlen, und sollte sich die "unsägliche politische Diskussion" wieder legen, seien weitere Spenden nicht auszuschließen, verspricht Herr Fritz. Grassers Homepage an sich kann die Höhe ihrer Gestehungskosten nicht erklären. Für die Homepages ihrer eigenen Unternehmen legen die Spender des Grasservereins nur Bruchteile der Summe aus, die sie ihm als Industriellenverein zusteckten. Alles für die Schönheit, auch dann noch, als längst hätte klar sein müssen, dass man einer Illusion opferte.

Die Hoffnung, New Economy endlich von einer schönen Seite zeigen zu können, wenn sie sich nur in Karl-Heinz Grasser personifiziere, hat offenbar jenen nüchternen Sachverstand getrübt, in dessen Besitz sich die Industriellenvereinigung wähnt. Anders lässt es sich nicht erklären, warum jemand ernstlich glauben sollte, Grasser hätte das Zeug, "der Moderator eines Kreises von Vordenkern, Querdenkern, Realisten und Idealisten für Österreich" zu werden. "Für Österreich"? Nicht einmal für die Industriellenvereinigung, wie die "unsägliche politische Diskussion" beweist, in die er seine Mäzene hineingeritten hat.

Geblieben ist der Verdacht, dass ein Minister es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, dass sein Verein Spendengelder ohne Gegenleistung verplempert hat, was der Sparsamkeit, die er dem Staat auf Kosten seiner Bürger vorschreiben will, Hohn spricht. Wenn nicht Ärgeres vorliegt, nämlich dass der Verein, wie es die Salzburger Nachrichten formulierten, "ein wahrer Goldesel für Freunde und Bekannte Grassers war". Insoferne könnte die Industriellenvereinigung zufrieden sein: Die "Positionierung von KHG als ersten New Economy Minister Österreichs" ist voll gelungen.
 
Ich sehe hier verschiedene Farben: orange, blau, verschiedene Grau-Töne, etc.
Warum?
 
Administrator! alias Walter,

irgendjemand macht im News- Forum Werbung für das denkforum.
Jetzt bin ich hier und schon mein zweiter Beitrag wird kommentarlos gelöscht.
Was habe ich gefragt, was ich lieber nicht hätte fragen sollen?


Lg
Dein
Watzmann



:confused:
 
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An alle bisherigen Diskutanten

Bei unserem Finanzminister bestätigt sich meine - von Theodor Fontane - übernommene Meinung: Gute und wertvolle Menschen denken mit dem Herz oder fühlen mit dem Geist.
Mit seinem letzten Auftritt, in dem er - bei dieser Beschäftigungslage - eine Arbeitszeitverlängerung UND Abschaffung von ein bis zwei Feiertagen fordert, hat er wieder bewiesen, dass er zwar eloquent und intelligent (gleichzeitig aalglatt) ist, aber nicht einen Funken Moral und Mitgefühl besitzt.

Ich hoffe, das Denkforum bleibt ewig bunt.
 
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