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Anschluss

Thorsten

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26. März 2007
Beiträge
1.114
Am 12. März vor siebzig Jahren kam Österreich "heim ins Reich" - mit Begeisterung, wie die gestern von Klaus Kleber im "heute-journal" hervorragend kommentierten Original-Kameraaufnahmen eines wohl unabhängigen Zeitzeugen zeigten. Überrascht war ich von der aufgeräumten Sauberkeit der Straßen und Plätze, in die die Hitlerflut sich ergießen konnte, und von der Masse der NS-Fahnen und-Wimpel - um mich sogleich zu fragen, ob dafür nicht ein erheblicher logistischer Aufwand im Vorfeld des paradierenden Einmarsches vonnöten war, und ob die NSDAP diesen Aufwand denn ausschließlich aus eigener Kraft betreiben konnte.

Wahrscheinlich war diese farbenfrohe Begeisterung aber ganz echt, und alle inszenierten Nachkriegsdarstellungen malen das Dritte Reich demnach grauer, als es war.
 
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AW: Anschluss

soweit ich mich erinnern kann (*lach*), war dieser beginn ganz echt.
zumindest hat mir das mein vater so erzählt...er hat diese zeit bei vollem bewusstsein miterlebt...da er sozialist war, hat er sehr darunter gelitten, dass die große mehrheit sehr FÜR einen anschluß unter hitler war.

vor allem unter den arbeitern hatte diese bewegung großen auftrieb. und für sie ist zu anfang auch vieles geschehen, das ihnen verbesserungen ihrer tristen lebenssituation gebracht hat.
es hat jahre gebraucht, bis mancher kleine mann auch das sehen und verarbeiten konnte, was im hintergrund dieser verbesserungen auch noch ablief.
 
AW: Anschluss

soweit ich mich erinnern kann (*lach*), war dieser beginn ganz echt.
zumindest hat mir das mein vater so erzählt...er hat diese zeit bei vollem bewusstsein miterlebt...da er sozialist war, hat er sehr darunter gelitten, dass die große mehrheit sehr FÜR einen anschluß unter hitler war.

vor allem unter den arbeitern hatte diese bewegung großen auftrieb. und für sie ist zu anfang auch vieles geschehen, das ihnen verbesserungen ihrer tristen lebenssituation gebracht hat.
es hat jahre gebraucht, bis mancher kleine mann auch das sehen und verarbeiten konnte, was im hintergrund dieser verbesserungen auch noch ablief.

ja stimmt, die meisten begrüßten sie anfangs :
sie hofften auf ein besseres Leben, Arbeit, Essen usw.
Einfach, dass die Grundbedürfnisse abgedeckt werden würden.

Die meisten Greueltaten wurden bis Kriegsende bzw. kurz davor den meisten nicht bewusst, bzw. sie hatten keinen Zugang zur objektiven Information.
Wie auch heute noch - die meisten Österreicher können keine zweite Sprache, was zur damaligen Zeit noch wesentlich ausgeprägter war.
Erst gegen Kriegsende und danach durch die Besatzung wurde mehr und mehr bekannt, welche Greueltaten es da gegeben hatte.

Aber auch meine Generation lernte in der Schule von dieser Zeit und deren Greueltaten so gut wie gar nichts.

Und meine Eltern und ältere Verwandte erfuhren erst viel, viel später was wirklich alles geschehen war.
Sie hatten großteils überhaupt keine Ahnung.

Die Widerstandskämpfer waren wohl in erster Linie solche Menschen, die wesentlich sensibler auf ihre Umwelt reagieren und vielleicht auch zu mehr Information Zugang hatten.


sartchi
 
AW: Anschluss

wenn wir über die reaktion der österreicher beim anschluss diskutieren, sollten wir reden, wie es eigentlich dazu kam und wie die politische situation im lande 1938 gewesen ist. nach dem bürgerkrieg im jahre 1934 wollten die sozialisten alles nur keinen ständestaat und haben mit dem anschluss an deutschland sympathisiert, ernst rüdiger graf von starhemberg wollte mit hilfe mussolinis eine diktatur unter seiner führung, die kirche wollte wie immer auf der seite des stärkeren stehen und schuschnig und konsorten wollten wollten ihren ständestaat weiterführen. was dasvolk wollte, interessiert niemanden. die menschen hofften auf arbeit und darauf, dass es wieder etwas zu essen und zu heizen gab. wenn wir die biographien der grossen sozialistischen politiker lesen, von dr.renner über f.olah bis bruno kreisky, dann sagen sie alle, alles war damals besser, wie diese diktatur.
heute darüber zu urteilen finde ich für unfair, wir sollten uns aber auch die durch dr.k.renner mit denn russen ausgehandelte opferrolle abschminken.
 
AW: Anschluss

Thorsten schrieb:
Am 12. März vor siebzig Jahren kam Österreich "heim ins Reich" - mit Begeisterung, wie die gestern von Klaus Kleber im "heute-journal" hervorragend kommentierten Original-Kameraaufnahmen eines wohl unabhängigen Zeitzeugen zeigten.

Wer diesen Beitrag aus dem Heute-Journal im nachhinein noch sehen möchte, hier der Link der zur Mediathek führt.

http://heutejournal.zdf.de/ZDFde/inhalt/0/0,1872,1021120_idDispatch:7463334,00.html

Danach auf der Seite des ZDF die sich öffnet, etwas weiter unten rechts auf den Hinweis dieses Beitrags aus dem Heute-Journal klicken:

Video Der Anschluss Österreichs vor 70 Jahren

Wer aber die vollständige Dokumentation aus der dieser Beitrag entnommen ist sehen möchte, der erste Teil läuft heute Abend um 20:15 auf dem ZDF. Titel: "Hitlers Österreich".
Der zweite Teil folgt am nächsten Dienstag.
 
AW: Anschluss

Die Erklärungen einiger Vorschreiber, dass sich die Arbeiter, viele Arbeitslose, durch den Anschluß eine Verbesserung der Lebenssituation, mit Arbeit und Brot erhofft haben, ist nur ein Teil der Wahrheit.

Das österreichische Beamtentum ist schon seit josephinischer Zeit (Joseph II. Österreichischer Kaiser ab 1780) zum vorauseilenden Gehorsam erzogen worden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Vorauskommandos der SS und der Gestapo noch vor dem Einmarsch bereits ausgefertigte Listen, wer Jude, Halbjude etc., wer Aktiver Sozialdemokrat oder Kommunist war, vorgelegt bekamen.

Gestern in einer Kultursendung des ORF wurde gezeigt, dass auch in der Wiener Staatsoper schon alles für die Eliminierung "undeutschen Blutes" aus dem Ensemble des Staatsoper und bei den Philharmonikern vorbereitet war.

Das hat niemand gemacht, der um seine Grundbedürfnisse kämpfen mußte. Das waren Mitläufer und kriminelle, die sich Karrieresprünge erwarteten, die sich durch "Arisierungen" fremdes Wirtschaftsgut unter den Nagel gerissen haben etc. Also es waren genug Mittäter unter den Östereichern des Jahres 1938.

Um so unverständlicher war gestern der Auftritt des Dr. Otto Habsburg, der im Parlament bei einer Gedenksitzung zur Besetzung Österreichs durch Deutschland davon gesprochen hat, dass Österreich wie kein anderes Land Opfer von Nazi-Deutschland war, aber niemals Mittäter. (Ich frage mich, wer den eingeladen hat)

Gut, dass der Verteidigungsminister Darabos dieser Peinlichkeit deutlich widersprochen hat.

- der Oldtimer
 
AW: Anschluss

Die Erklärungen einiger Vorschreiber, dass sich die Arbeiter, viele Arbeitslose, durch den Anschluß eine Verbesserung der Lebenssituation, mit Arbeit und Brot erhofft haben, ist nur ein Teil der Wahrheit.

Das österreichische Beamtentum ist schon seit josephinischer Zeit (Joseph II. Österreichischer Kaiser ab 1780) zum vorauseilenden Gehorsam erzogen worden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Vorauskommandos der SS und der Gestapo noch vor dem Einmarsch bereits ausgefertigte Listen, wer Jude, Halbjude etc., wer Aktiver Sozialdemokrat oder Kommunist war, vorgelegt bekamen.

Gestern in einer Kultursendung des ORF wurde gezeigt, dass auch in der Wiener Staatsoper schon alles für die Eliminierung "undeutschen Blutes" aus dem Ensemble des Staatsoper und bei den Philharmonikern vorbereitet war.

Das hat niemand gemacht, der um seine Grundbedürfnisse kämpfen mußte. Das waren Mitläufer und kriminelle, die sich Karrieresprünge erwarteten, die sich durch "Arisierungen" fremdes Wirtschaftsgut unter den Nagel gerissen haben etc. Also es waren genug Mittäter unter den Östereichern des Jahres 1938.

Um so unverständlicher war gestern der Auftritt des Dr. Otto Habsburg, der im Parlament bei einer Gedenksitzung zur Besetzung Österreichs durch Deutschland davon gesprochen hat, dass Österreich wie kein anderes Land Opfer von Nazi-Deutschland war, aber niemals Mittäter. (Ich frage mich, wer den eingeladen hat)

Gut, dass der Verteidigungsminister Darabos dieser Peinlichkeit deutlich widersprochen hat.

- der Oldtimer

Oldtimer,
nun, wenn wir da die Teile zusammensetzen kommen wir wahrscheinlich der Wahrheit näher.
Dass sich der Österreicher eher immer passiv verhält - tut er auch heute noch - ist an sich gar nichts neues. Er war und ist zum Teil noch Untertan, auch wenn das niemand gerne hört. Aber die Passivität ist in jedem Fall vorhanden.

Sicherlich hast du da einen Aspekt angeschnitten, der wahrer gar nicht sein könnte. Ist auch vollkommen logisch, in sich schlüssig.
Wenn irgendwo heute ein Unglück passiert wie z.B. zur Zeit in Norddeutschland wg. des Wetters, so finde ich es einen sehr weisen Entschluss die Gegend abzuriegeln, wie gesagt wurde, damit den Dieben nicht Vorschub geleistet wird, bzw. sie zu hindern.

Damals war halt niemand da, der sie hinderte. Und ja, sie erhofften sich sicherlich viel und wollten so "dienlich wie nur irgend möglich" sein, davon gehe ich auch aus. Aber als Prozentsatz des Volkes würde ich es eher mit maximal 25 % ansetzen. Und eventuell noch 5 % Kriminelle.

Der Rest des normalen Volkes, vor allem in den Städten, dachte anders.
Das weiß ich aus sehr vielen Erzählungen.
Mein Großvater war jedenfalls sehr froh nicht einrücken zu müssen, da er Familie hatte und seine Frau verstorben war. Aber auf dem Land sah es sowieso anders aus als in der Stadt auch bezgl. der Nazis.
Und wenn ich mich recht erinnere hielt ja Schuschnig eine Ansprache im Radio, in der er sagte, dass es jetzt praktisch so kommen müsse - mein Großvater erzählte mir jedenfalls, dass er da weinte und es ihn erschütterte.
Er wollte kein "besetztes" Österreich, wie er es mir damals versuchte zu erklären.
Mein Großvater verstarb 97-jährig im Jahre 1971. Er erlebte auch die Kaiserzeiten.

sartchi
 
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AW: Anschluss

Wahrscheinlich war es damals so ähnlich wie heute. Diejenigen mit etwas mehr Lebenserfahrung, die vielleicht schon den Ersten Weltkrieg miterlebt hatten und dadurch auch schon ein bisschen mehr auf Zwischentöne hören konnten, die ließen sich nicht so leicht von Propagandareden täuschen.

Ich weiß aus Erzählungen meiner Großmutter, dass ihre beiden Söhne, die damals so um 17/18 Jahre alt waren, jubelten, als Österreich an Deutschland angeschlossen wurde. Sie hatten keine Arbeit und auch sonst keinerlei Zukunftsperspektive, deshalb wollten sie daran glauben, dass alles besser werden würde.

Dass ihre Zukunft nach ein paar Jahren schlagartig in einem Schützengraben zu Ende sein würde, das konnten sie damals noch nicht wissen. Für sie hieß der Anschluss - endlich wieder Hoffnung.
 
AW: Anschluss

Hallo Leute!

Der Anschluss war teils politischer Gewaltakt teils Hingabe weiter Teile der österr. Bevölkerung in einem Begeisterungssturm sondergleichen, doch von Schuld wollte man nach 1945 nichts wissen, denn man sah sich ja in der Opferrolle.

Der Anschluss war meisterlich vorbereitet (wie schon erwähnt wurde, die fertigen Gegnerlisten, das Zusammenspiel mit der örtlichen Polizei...), doch dilettantisch durchgeführt, zumindest was das Vorwärtskommen der motorisierten Verbände anlangte.
Hitler-Deutschland war nicht kriegsreif, die Rüstung lief noch nicht auf Hochtouren, doch wurde sie mit den geraubten Goldreserven der Österr. Nationalbank kräftig vorangetrieben.

Die jubelnden Massen beim Einmarsch und bei den Hitler-Reden waren Tatsache, aber es gab mindestens so viele Menschen, die mit ihm nicht einverstanden waren und die still in ihren Wohnungen litten.

Von diesen sympathisierten jedoch später viele mit dem Nationalsozialismus
oder wurden Opportunisten, das sei hinzugefügt.
Meine Rolle damals wäre sicher keine glorreiche gewesen, hätte ich in jener Zeit gelebt ... dessen bin ich mir sicher, ich hätte aus Angst geschwiegen.

Die Verbrechen begannen am ersten Tag mit Massenverhaftungen, die eine Selbstmordwelle auslösten, Gewalttaten an jüdischen Mitbürgern, Raub, Mord und Totschlag.

Die Österreicher, damals Ostmärker genannt, stürmten in Folge in hellen Scharen die Parteistellen der NSDAP um Mitglied zu werden, was ihnen erstaunlicherweise jedoch nicht unumschränkt gewährt wurde.
Nach 600 oder 700 000 neuen Parteimitgliedern (erst nach ein paar Jahren, so glaube ich allerdings) war Aufnahmestopp, da haben die heutigen Parteien Österreichs wohl mehr Mitglieder ... und keinen Aufnahmestopp ...

Und dann kamen der Krieg und das Massenmorden ...
und danach das Verdrängen, und sehr viel später erst das Aufarbeiten.

Wir sind noch immer dabei.

Mit freundlichen Grüßen
Raphael
 
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AW: Anschluss

Naja, bin ich sehr gewandert, wenn es um Österreich geht. :clown2:

Heute aber mal kurs nach ZDF geschaltet. Nach dem Anschluss Österreich ans Reich, wurde ne Wahl zur Legitimation dessen veranstaltet. Offizierl haben 99,7 % oder so, dafür gestimmt. Ob es da Manipulation gab???? :zunge3:

Geschätzt wird, dass zwei Drittel sich dafür ausgesprochen haben. Wahlkampfunterstützung erhielten die Nazis durch die katholische Obrigkeit, die sich erhoffte, damit im dritten Reich ne bessere Position oder wenigstens die alte zu behalten.

So hieß es dort jedenfalls. Hab danach wieder umgeschaltet, denn das ewige Gerede um den 2. Weltkrieg macht einen ziemlich satt für solche Dinge.
 
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