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Würde antasten

wirrlicht schrieb:
Während immer neue Fälle bekannt werden, wonach irakische Gefangene und - neuerdings - auch Kinder durch amerikanische Soldaten geschlagen, gefoltert und gedemütigt wurden, wundert mich in diesem Zusammenhang vor allem das: WARUM wundert und empört sich die Öffentlichkeit?

Hallo Wirrlicht! Diese Frage beschäftigte mich auch, denn ich war sozusagen überrascht darüber, wie wenig mich die Folternachrichten überrascht haben - und dies widerum irritierte mich; es schien nur allzu logisch zu sein, dass dies passieren würde, nachdem die Amerikaner durch Guantamo und ihre "Spezialgefängnisse" die Voraussetzungen für diese Ausartugen geschaffen hatten.
Ich fragte mich nun: Kann man sich mit dieser Logik zufrieden geben? Wenn man die Voraussetzungen schafft, dann vergisst der Mensch die seinige und des Anderen Würde?

Ich glaube aber nicht, dass sich diese Soldatinnen und Soldaten erst bewusst machen müssen, dass die anderen nichts wert sind - schon der Hierarchieunterschied löst den Sadismus aus, wie dieses bekannte, ich glaube "Stanford-Experiment" genannte Beispiel gezeigt hat, das im Gegfängnis aus normalen Menschen in kürzester Zeit fiese Sadisten machte.
Die Wissenschaft gesteht ein, dass dazu fast jeder Mensch fähig ist und dass die Hemmschwelle erschreckend niedrig ist - umso mehr zeigt sich, dass wir auf die demokratischen Grundstrukturen, die uns vor diesen - ich sage jetzt mal provokativ "animalischen" - Zügen schützen, den höchsten Wert legen müssen. Weder die eigene Würde noch die des Anderen schützt uns vorm Rückfall in archaische Grausamkeit, sondern nur die fuktionierende humanistischen Strukturen.

Ich behaupte: WÜRDE ist das Bewußtsein, etwas WERT zu sein - das mag sich in Zuneigung, in Respekt, in der Anerkennung dessen, was man leistet, zeigen. Die Würde des einzelnen Menschen - das, was angetastet werden kann - ist in jedem einzelnen Menschen tief verwurzelt. In dem Moment, wo der Mensch dazu gebracht wird, dieses Empfinden des eigenen Wertes in Frage zu stellen oder sogar zu verlieren, ist seine Würde angetastet.

LG, wirrlicht

EIne der vielen Definitionen, der ich zustimmen würde. SIe beinhaltet allerdings das Problem, dass hier die Psychologie dazwischen funken kann: Menschen mit geringem Selbstbewusstsein empfinden sich leicht als wertlos - ohne dass man ihnen das explizit gesagt hat. Vielleicht empfangen sie diese Botschaft indirekt durch die Gesellschaft, durch deren Werte. Aber kann man die Gesellschaft immer dafür verantwortlich machen? Hier liegt ein Kernproblem: DIe Gesellschaft kann die Unantastbarkeit der Würde zwar postulieren, wie sie sie aber erhalten, schützen kann, diese Antwort kann nicht umfassend gegeben werden.
 
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Ok

Dann nochmal etwas Neurologie (Gehirnkunde).

Unser Nervensystem speziell das Gehirn, durchlief mehrere Epochen.

Die erste trat vor drei Milliarden Jahren ein. Ein simpler Überlebensschalt-
kreis war er. Entweder das Tierchen erkannte das es etwas zu futtern gab,
also drauf und zerkauen oder wenn es ein übermächtiger Gegner war, Flucht!
So simpel wie ein Computerprogramm.

Der zweite trat vor 500 Millionen Jahren auf, als sich komplexer Organismen
auch auf das Land vorwagen wollten: Er heißt emotional-territorialer
Schaltkreis. Er regelt die Rangordnung in sozialen Systemen, also Rudeln.
Das tut er auch heute noch, und für die meisten Menschen ist es die
dominierende Schaltkreis auch heute noch.

Der dritte trat vor 100.000 Tausend Jahren auf, zu einem Zeitpunkt an
dem wir annehmen das es die ersten menschenähnlichen Wesen gab.
Er bracht uns den semantischen Schaltkreis, den wir umgangsprachlich
Geist oder Verstand nennen. ABER VORSICHT! Die meisten Verwechseln
den Geist mit dem Entscheidungszentrum oder sich selbst. Ich bin der
Meinung das ist ein grober Fehler, welcher erst zu der Zersplitterung
der Menschheit in Stämme und Megastämme (Nationen) geführt hat.
Der Geist, unser Denken, funktioniert in diesem semantischen Bereich
nur verbale. Das heißt wir müssen mit Worten denken und das eins
nach dem anderen. Der Verstand hat nur die Aufgabe die Realität
schematisch und symbolisch aufzulösen (siehe auch Thread "Bedeutung
der Worte"). Der Geist legt eine einfach "Landkarte" über die Realität.
Wir sehen so kein hochkomplexes technisches Gerät, mit tausenden
Einzelteilen sondern nur ein Auto. Wir sehen kein Wunderwerk aus
Milliarden Zellen oder einen evolutionären symbiotischen Verbund von
Büschen, sondern nur einen Baum. Im Volksmund nennt man das
Abstrahieren oder Theoretisieren. Unser ganzen Denken ist davon
bestimmt. Wie sehen nicht die Welt in unseren Köpfen, sondern
ein billiges Abbild bestehend aus imaginären Platzhaltern für die
wirklichen Dinge, genannt Worte. Die Evolution bediente sich wahr-
scheinlich eiligerweise dieses Nervenschaltkreises, weil sie ein sich
selbst organisierendes System während der Morgendämmerung der
Menschheit benötigte - für komplexe soziale Systeme. Die Anfälligkeit des semantischen Systems ist auch seine Stärke: Er lässt sich leicht
durch Manipulation, "Gehirnwäsche" oder simple Erziehung dahin
umlenken, das das Individuum perfekt ins soziale System passt.
Und so produzieren wir Tagein Tagaus neue Katholiken, Buddhisten,
Evangelen, Juden, Moslems, Kapitalisten, Kommunisten, Anarchisten,
Indianer, Kannibalen, Hippies, dumpfe Konsumenten, Revolutionäre usw....
Diese Dinge sind nicht Gottgegeben. Die Menschen machen sie. Und
wenn ein Kind den Mutterbauch verlässt hat es keine Wahl. Ab diesen
Punkt wird es auf sein soziales System abgerichtet, wichtig für das
Überleben.

Der vierte Schaltkreis ist der Sexuelle, welcher sich in der Pubertät
aktiviert. Mit ihm entwickelt sich nicht nur der Bedarf an sexueller
Aktivität mit dem gleichen oder anderen Geschlecht sondern auch
ein tieferes Bewußtsein für die Verantwortlichkeiten in der Eltern-
schaft. Für die meisten, selbst modernen Menschen ist hier das
Ende ihrer Entwicklung erreicht. Aber die Evolution geht weiter.
Für ihre Kinder auf jeden Fall.

Den seit ca. 4000 Jahren taucht ein fünfter Schaltkreis auf:
Der ganzheitliche neurosomatische Schaltkreis

Wenn diesen jemand besitzt, ändert sich plötzlich einiges in seinem Leben.
Er wird erst durch bestimmte Prägungen und Erfahrungen aktiviert
und ermöglicht eine hochwirksame Kontrolle durch Willen über den Körper.
Durch Neuroemitter (Bodensubstanzen für unsere Bewußtseinszustände,
ganz recht, hier fühlt sich synthetisch an) können Drüsen, ja selbst Organe
in ihrer Funktion verändert werden. Selbst alltägliche Empfindungen
werden fast ekstatisch, die Hemmschwelle gegenüber Bedrohungen materieller
und geistiger Natur sehr hoch. Deswegen erleben wir den klischeehaften
Meister aus Asien immer als sehr sehr sehr ruhigen sehr gelassenen Menschen.
LOL. Er hat seine Wünsche, Ängste und körperlichen Bedürfnisse unter
Kontrolle.

Deneben ändert sich die Wahrnehmung und das Denken von einer linear
sequentiell zur einer, sagen wir, bildhaften. Ich würde es als kreisen
meines inneren Auges durch Haufen von Informationen beschreiben.
Das ermöglicht Augenblickliche Entscheidungen auch bei hochkomplexen
Systemen und hat mich NIE im Stich gelassen.

Von diesem Schaltkreis profitieren Fakire und "Wunderheiler". Der Trick der
Wunderheiler ist es, bei den Kranken die sonst nur auf eben 1,2,3 oder 4
verharren, den fünften Schaltkreis zu aktivieren indem sie sie glauben
lassen er würde ihren Körper heilen könne. Ohne es zu wissen, glauben
sie aber an sich selbst in einem fast übermenschlichen Maße, was zur
Ausschüttung der Neurotransmitter führt usw. Diese Transmitter haben
sogar Zugriff zur tiefen Erbinformation, werden Kopien durch RNS-Moleküle
zur Vervielfältigung in die Zellkerne abtransportiert, kann so selbst Krebs
geheilt werden. Viele der Wunderheiler beharren natürlich auf "Gotteskraft"
und erzählen niemanden das bei entsprechenden Training viele Leute diese
Kräfte hätten. Aber wer ein kluger Koch oder Geschäftsmann ist: Rezepte
behält man vor sich.

Diesen fünften Schaltkreis voll zur Blüte zu bringen, darauf verstehen sich
die ZEN-Mönche sehr gut. Ich habe schon die Sache mit den Hörnern
beschrieben, aber hier noch eine Anekdote.

Ein Meister wurde einmal gefragt, wie es wohl ist erleuchtet zu sein.
Er antwortete nur: "Es ist wie im normalen Alltag, nur das du 30 Zentimeter
über dem Boden schwebst."

PS: Kürzlich habe ich ein Buch gefunden welche mich in meinen Erfahrungen
bekräftigte; ich glaube in einem Jahrzehnt wird es schon ein Klassiker
sein, aber das hängt von der Evolution der Menschheit ab LOL ;0)

Das Buch heißt: "Der neue Prometheus" von Wilson

Es ist sehr lehrreich und humorvoll. Die Kurzbeschreibung auf der
Rücksseite ist nicht gut. Orientiert euch nicht daran. Ich glaube
die Verlage sind da immer sehr konservativ um den "Zufallsleser"
nicht zu verschrecken.
 
Eine Frage, lieber Muzmuz, definiert sich nicht durch die Erwartungshaltung des Fragestellers sondern durch ihre implizite Begrifflichkeit.

Wenn die von Dir gestellte Frage nicht rhetorisch gemeint ist, erschöpft sie sich in ihrer Redundanz. Sie setzt voraus, dass der Angefragte eben nicht herausgelesen hat, was der Fragesteller wirklich meinte. Wenn nun aber die wirkliche Meinung des Fragestellers dem Angefragten nicht bekannt ist, ist es auch sinnlos, ihn danach zu befragen. Die einzige Lösung des Problems ist, dass der Fragesteller selbst bekannt gibt, was er wirklich meint.
 
Lol...

..jetzt hab ich einen Knoten im Sehnerv und was so noch so
für das Lesen deiner Erörterung von Nöten war :0)
 
Ob nun rhetorisch oder nicht, es kommt letztendlich darauf an, ob man kommunizieren möchte oder nicht. Wenn man sich schon bald als Virtuosin des fünften Schaltkreises sieht, niemals im Stich gelassen von der Kraft, die die Fakire antreibt, ist es natürlich schwierig, sich mit uns noch normal komlexität-reduzierenden niederstufigen Wesen auseinanderzusetzen.
Trotzdem hätte es mich gefreut, wenn man sich herabgelassen hätte und auf irgendetwas eingegangen wäre, das das Thema "Würde" betrifft oder Argumente der Vorredner.
So besteht nur wenig Hoffnung, denn die Evolution wird uns als schnöden Zwischenschritt wohl bald vergessen haben :doof: :bwaah:
 
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Streichel, Streichel...

...sorry, manchmal gehen Worte an die falsche Gesprächsadresse.

Es war nicht meine Absicht jemanden zu verletzen. Und wenn es
euch verletzt hat, forscht nach warum. Denn eigentlich sind Worte
doch nur Worte, oder?

Wenn ihr etwas verbales erfahren wollt, dann müßt ihr es direkt
einfordern.

Was ist denn am Wort "Würde" noch nicht erschlossen?
Und außerdem: Definitionen führen meistens in die Unendlichkeit
von flutschigen Fischkörpern: Kaum hat man sie, sind sie durch
die Zeit entschlüpft oder haben sich als Illusion entpuppt.
Und wir hatten verdammt Glück, das das mit dem Auftrieb und
Flugzeugtragflächen funktioniert!!!

Also: Was fehlt euch noch zum Verständnis des Wortes Würde?

Was?
Was?
Was?

Bitte melden!!! :0) Auch wenn euch die Fragen peinlich sind,
mir ist nichts peinlich LOL
 
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