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Was (er)schafft Religion?

Tailor

New Member
Registriert
7. Juli 2009
Beiträge
161
Lässt man das Jenseits, eine einzige lange Legende, außen vor- was (er)schafft Religion im Diesseits?
Kriege? Intoleranz? Antiquierte "Gebote"?

Dürfen Kirchen überhaupt "reich" sein und wenn ja, darf dieses Geld in normale Immobilien investiert werden? Ist das Streben nach Geld und Macht nicht paradox?

Zu welchem Anwalt kann man gehen, an welches Gericht kann man sich wenden, wenn ungerechtfertigt exkommuniziert wird, wie in Südamerika- wo der langjährige Vergewaltiger noch immer Mitglied der Kirche ist, während das Opfer einschließlich Mutter wegen der Abtreibung des daraus entstandenen Kindes exkommuniziert wurden? Legt die Exkommunikation an sich nicht Zeugnis ab über die Unfähigkeit zur Toleranz oder "Bekehrung"?

Wenn Religionen Werte statt Werken erschaffen, sollten diese dann nicht vorgelebt werden, zeitgemäß sein? Und wenn sie Werke erschaffen, verstößt nicht jeder Krieg "im Namen Gottes" gegen jedes Gebot?


Tailor
 
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AW: Was (er)schafft Religion?

was (er)schafft Religion im Diesseits?

die Umwelt erschafft die Religion

genauer gesagt das Schicksal
was muss ich tun, damit Fortuna mir gnädig ist?

in der dummen Variante opfere ich irgendetwas, um den Gott gütig zu stimmen

in der intelligenten Variante versuche ich die Umwelt zu ergründen,
um mit göttlicher Hilfe selber abwägen zu können,
was ich besser tun und was lassen soll

Dürfen Kirchen überhaupt "reich" sein und wenn ja, darf dieses Geld in normale Immobilien investiert werden? Ist das Streben nach Geld und Macht nicht paradox?

reich als Statussymbol ist sicher verwerflich
reich im Sinne von 'gesammelte' und 'aufbewahrte' Schätze ist OK

Zu welchem Anwalt kann man gehen, an welches Gericht kann man sich wenden, wenn ungerechtfertigt exkommuniziert wird,

zur Kirche

Wenn Religionen Werte statt Werken erschaffen, sollten diese dann nicht vorgelebt werden, zeitgemäß sein?

was ist zeitgemäß?
die Tugenden haben sich nicht geändert

verstößt nicht jeder Krieg "im Namen Gottes" gegen jedes Gebot?

nein,
denn wenn Krieg die Folge von Fühlen, Denken, Handeln (in dieser Reihenfolge) ist,
dann ist der Krieg gottgewollt
 
AW: Was (er)schafft Religion?

reich als Statussymbol ist sicher verwerflich
reich im Sinne von 'gesammelte' und 'aufbewahrte' Schätze ist OK

Sehe ich auch so, aber wie viel Geld darf dann eine Kirche, dürfen die Roben kosten... Statussymbole?

die exkommuniziert hat..

was ist zeitgemäß?
die Tugenden haben sich nicht geändert

In Bezug auf Homosexualität, Abtreibung (insbesondere bei o.g. Beispiel), Kondome gegen Aids verteilen... das Problem liegt wohl gerade darin, dass sie sich nicht ändern

nein,
denn wenn Krieg die Folge von Fühlen, Denken, Handeln (in dieser Reihenfolge) ist,
dann ist der Krieg gottgewollt

"Du darfst nicht töten"

Tailor
 
AW: Was (er)schafft Religion?

1) christlich-orthodoxe Kirchen sind teurer als römisch-katholische

römisch-katholische sind teuerer als evangelische

(daß man die Frauenkirche in Dresden aufgebaut hat, verstehe ich nicht)


als Architekturliebhaber schätze ich kirchliche Bauwerke als Bereicherung
(nur die reinen Betonklötze mißfallen mir)

2) die Kirche macht sich die Exkommunikation nicht leicht
wenn sich der Bedrohte wehrt und seine Anliegen vorbringt,
wird man eine Lösung finden
(im Falle von Schwangerschaft durch Vergewaltigung bspw. die Adoption)

3)
In Bezug auf Homosexualität, Abtreibung (insbesondere bei o.g. Beispiel), Kondome gegen Aids verteilen... das Problem liegt wohl gerade darin, dass sie sich nicht ändern

die kirchlichen Moralvorstellungen ändern sich langsam,
aber sie ändern sich

Du darfst nicht töten

die zehn Gebote sind AT
die Kardinalstugenden (Glaube, Liebe, Hoffnung) sind NT bzw. aus der entspechenden Zeit

die Evangelen richten sich nach dem NT
 
AW: Was (er)schafft Religion?

Unter Religion versteht man nicht ausschliesslich die monotheistischen Religionen. Für eine Religion braucht man auch keine übernatürlichen Wesen und schon gar nicht eine Organisation. Letzteres ist vor allem eine Spezialität der katholischen Kirche. Diese straffe Organisation ist wohl eine Erfindung von Ignatius von Antiochia. Orthodoxe und Evangelische lehnen sie ab.

Der heutige Katholizismus symbolisiert wohl eine Art Konservatismus, der Altes vor allem zu bewahren und Neuem hauptsächlich zu verdrängen versucht. So antimodernistisch heutiger Katholizismus erscheint, im Umformen der eigenen Morallehre erwies er sich – über die Jahrhunderte betrachtet – als erstaunlich zeitgeistig.

Dabei ist grundsätzlich festzuhalten, dass seit jeher etwa Besitz- und Gewaltverzicht zu den wichtigsten, auf der Bergpredigt beruhenden Werten der katholischen Morallehre gehören. Genau diese Tugenden sind es, die von der katholischen Amtskirche am markantesten verletzt werden: es ist nicht zu leugnen, dass der Vatikan zu den reichsten Institutionen der Welt gehört, und dabei im Verhältnis zu seiner Liquidität relativ wenig gegen die weltweite Armut tut.
Es ist geradezu eine Perversität, dass diejenige, welche per Selbstverständnis am wenigsten haben und am meisten geben sollten, am meisten besitzen und relativ wenig zu geben bereit sind.
Dabei sind mit päpstlichem Einverständnis geführte Raubzüge, Plünderung und Versklavungen ganzer Erdteile nicht einmal eingerechnet. Die Liste der kirchlichen Ausbeutungen und Gewaltdelikte ist lang und absurd, man denke etwa an den mittelalterlichen Ablasshandel, der dem katholischen Selbstverständnis absolut widerspricht. Oder an die Foltermethoden der "heiligen Inquisition". Mit Gewalt- oder Besitzverzicht, jenen ursprünglichen Tugenden katholischer Moral hat dies jedenfalls nichts zu tun. Ein Dilemma, das leider teilweise noch heute besteht.

Es gibt also einen grossen Unterschied zwischen der durch die "heiligen Schriften" gelehrten Moral und der von der "heiligen Kirche" praktizierten Moral. Die katholische Kirche repräsentiert also eher eine Raubrittermentalität und hat mit der christlichen Lehre eigentlich gar nichts zu tun.
 
AW: Was (er)schafft Religion?

als Architekturliebhaber schätze ich kirchliche Bauwerke als Bereicherung
(nur die reinen Betonklötze mißfallen mir)

Keine Frage, dass pompöse kirchliche Bauwerke beeindruckend sind, aber sind sie angebracht? Richten sich die Kirchen selbst nach ihren Geboten, Bsp. NT

Die sieben Todsünden:

Superbia: Hochmut (Übermut, Hoffart, Eitelkeit, Stolz)


2) die Kirche macht sich die Exkommunikation nicht leicht
wenn sich der Bedrohte wehrt und seine Anliegen vorbringt,
wird man eine Lösung finden
(im Falle von Schwangerschaft durch Vergewaltigung bspw. die Adoption)

Dann dürfte dieser Fall im Grunde gar nicht auftreten, denn Exkommunikationen werden wohl kaum (oder in den seltensten Fällen) im Einverständnis mit den "Bedrohten" vorgenommen. Das Aufgeben dieser "schwarzen Schafe" an sich spricht auch nicht unbedingt für Glauben, Hoffnung und Liebe...

3)
die kirchlichen Moralvorstellungen ändern sich langsam,
aber sie ändern sich

Hast du dafür ein Beispiel?

Da stellt sich die Frage, ob eine Veränderung überhaupt möglich ist, wenn sich an Schriften orientiert wird, deren Tugendbilder und Moralvorstellungen denen längst vergangener Zeiten entsprechen..

Tailor
 
AW: Was (er)schafft Religion?

Dabei ist grundsätzlich festzuhalten, dass seit jeher etwa Besitz- und Gewaltverzicht zu den wichtigsten, auf der Bergpredigt beruhenden Werten der katholischen Morallehre gehören. Genau diese Tugenden sind es, die von der katholischen Amtskirche am markantesten verletzt werden: es ist nicht zu leugnen, dass der Vatikan zu den reichsten Institutionen der Welt gehört, und dabei im Verhältnis zu seiner Liquidität relativ wenig gegen die weltweite Armut tut.
Es ist geradezu eine Perversität, dass diejenige, welche per Selbstverständnis am wenigsten haben und am meisten geben sollten, am meisten besitzen und relativ wenig zu geben bereit sind.
Dabei sind mit päpstlichem Einverständnis geführte Raubzüge, Plünderung und Versklavungen ganzer Erdteile nicht einmal eingerechnet. Die Liste der kirchlichen Ausbeutungen und Gewaltdelikte ist lang und absurd, man denke etwa an den mittelalterlichen Ablasshandel, der dem katholischen Selbstverständnis absolut widerspricht. Oder an die Foltermethoden der "heiligen Inquisition". Mit Gewalt- oder Besitzverzicht, jenen ursprünglichen Tugenden katholischer Moral hat dies jedenfalls nichts zu tun. Ein Dilemma, das leider teilweise noch heute besteht.

"Schaffenslisten" im Diesseits... das ist es eben, was ich meinte

Tailor
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Was (er)schafft Religion?

"Du darfst nicht töten"

"Du sollst nicht morden."
Ist ein feiner Unterschied.

Wenn man die Bibel liest, muss man davon ausgehen, dass es für Gläubige gerechtfertigte Kriege gibt. Genauso (oder sogar noch deutlicher) in Judentum und Islam.

Die Frage "Was erschafft Religion?" ist ja grade im Christentum sehr interessant, weil die Bibel ja mehr oder weniger willkürlich aus Evangelien zusammengestellt wurde, dann aber (für viele Christen, nicht für alle) die ultimative Gebrauchsanweisung darstellt. Mich persönlich macht es stutzig, wenn ich mir beispielsweise die Offenbarung des Johannes ansehe, die selbiger angeblich als Einsiedler in irgendeiner Höhle und im Drogenrausch geschrieben hat und sie mit dem Marienevangelium vergleiche, dass man wie viele Andere aus zweifelhaften Gründen beiseite gelassen hat. (Apokryphen)

Es stellt sich auch die Frage nach der Gewichtung der Inhalte, wie wörtlich ich das alles nehme, da lässt sich manchmal schon eine gewisse Scheinheiligkeit erkennen. Weil du Homosexualität angesprochen hast: Soweit ich das in Erinnerung habe, wird die am deutlichsten an einer Stelle kritisiert, wo auch steht, man sollte auch keine Schalentiere essen, und Ähnliches. Allerdings wird diese Diskussion schnell langweilig, wenn Bibelkritiker dauernd mit derartigen Inhalten argumentieren. Soll ja auch vorkommen...
 
AW: Was (er)schafft Religion?

Lässt man das Jenseits, eine einzige lange Legende, außen vor- was (er)schafft Religion im Diesseits?
Kriege? Intoleranz? Antiquierte "Gebote"?

Dürfen Kirchen überhaupt "reich" sein und wenn ja, darf dieses Geld in normale Immobilien investiert werden? Ist das Streben nach Geld und Macht nicht paradox?

Zu welchem Anwalt kann man gehen, an welches Gericht kann man sich wenden, wenn ungerechtfertigt exkommuniziert wird, wie in Südamerika- wo der langjährige Vergewaltiger noch immer Mitglied der Kirche ist, während das Opfer einschließlich Mutter wegen der Abtreibung des daraus entstandenen Kindes exkommuniziert wurden? Legt die Exkommunikation an sich nicht Zeugnis ab über die Unfähigkeit zur Toleranz oder "Bekehrung"?

Wenn Religionen Werte statt Werken erschaffen, sollten diese dann nicht vorgelebt werden, zeitgemäß sein? Und wenn sie Werke erschaffen, verstößt nicht jeder Krieg "im Namen Gottes" gegen jedes Gebot?
Eine Menge Fragen, die Du da auf einmal stellst Tailor; falls Du nur 30 user dafür begeistern kannst, müsste der thread eigentlich hunderte Beiträge bekommen.

Ich will mich einmal auf die Kernfrage "Was schafft bzw. erschafft Religion" konzentrieren. Anders formuliert könnte die Frage mMn auch lauten: "Welche Situationen bzw. emotionellen Zustände bringen Menschen dazu, sich nach einem höheren Wesen zu sehnen ?" (Falls ich hier falsch liege, korrigiere mich bitte so schnell wie möglich).

Ich vermute einmal, dass die ersten Lebewesen, die wir als Menschen bezeichnen können, zuerst (nur) einmal die lebensnotwendigen Dinge erkannten (z.b. die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zur Erlegung größerer Tiere), das meiste, was um sie herum passierte aber für sie völlig unverständlich war. Die (lebensnotwendige) Neugier, alle Zusammenhänge zu erkennen, war aber schon hier. Aus der Sehnsucht heraus, diese Zusammenhänge und Ursachen zu erkennen bildeten sie als geistige Vorstellung eben dieses Wesen, dass dies alles wusste.

Ein zweiter Grund für die Entstehung von Religion (die ja ohne Gottesvorstellung nicht existieren kann) war mE die Sehnsucht der damals Schwächsten, dass es jemanden gibt, der auch die Starken besiegen kann, ein übermächtiges Wesen eben, das den Schwachen die Angst vor den Starken nimmt.

Wir werden aber - auch heute noch - generell religiös, wenn wir in Situationen sind, mit denen wir auch mit Hilfe unserer Freunde nicht fertig werden.

So, das sind im wesentlichen meine Vermutungen zur Entstehung von Religionen, für die jeder nur in sich eine Bestätigung finden kann.

Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Was (er)schafft Religion?

Hallo und willkommen,

"Du sollst nicht morden."
Ist ein feiner Unterschied.

Ich sehe da keinen Unterschied..

Die Frage "Was erschafft Religion?" ist ja grade im Christentum sehr interessant, weil die Bibel ja mehr oder weniger willkürlich aus Evangelien zusammengestellt wurde, dann aber (für viele Christen, nicht für alle) die ultimative Gebrauchsanweisung darstellt. Mich persönlich macht es stutzig, wenn ich mir beispielsweise die Offenbarung des Johannes ansehe, die selbiger angeblich als Einsiedler in irgendeiner Höhle und im Drogenrausch geschrieben hat und sie mit dem Marienevangelium vergleiche, dass man wie viele Andere aus zweifelhaften Gründen beiseite gelassen hat. (Apokryphen)

Als "ultimative Gebrauchsanweisung" müsste sie auch eindeutig sein, aber allein die vielen Interpretationsmöglichkeiten, Auslassungen und möglichen Gewichtungen liefern genügend Zündstoff, um Splittergruppen zu erschaffen, die dann jeweils meinen, die anderen überzeugen zu müssen.

Was mich wundert ist, dass mit Religion im Zusammenhang des "Erschaffens" (auch meinerseits) kaum positive Dinge verbunden werden oder als Gegengewicht einfließen (Stifte, Krankenhäuser, Sozialstationen...)- woran das liegt, an der Scheinheiligkeit, den jüngsten (terroristischen) Ereignissen, dem "moderneren" Denken..

@ Zeilinger

Hallo,

das "erschaffen" ist zweideutig, ich habe es in Bezug darauf gebraucht, was durch Religion erschaffen wird, an konkret fassbaren Dingen, also jenseits des "Jenseits".

In deiner Fassung stimme ich dir natürlich zu, es ist wohl ein ur-menschliches Verlangen, bzw. eine Sehnsucht nach einem "höheren Wesen", das es gleichsam ermöglicht, dem Leben einen Sinn zu geben, verbunden mit einem Ziel (der Anerkennung?), das eben nicht endlich ist

Grüße
Tailor
 
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