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verkaufte Haut

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Ela67

Guest
150'000 Euro zahlte ein Sammler, um über das Gemälde des belgischen Konzeptkünstler Wim Delvoye auf dem Rücken des 31-jährigen Tim Steiner verfügen zu dürfen.

Mehr dazu gibts hier zu lesen

Wim Delvoye tätowiert auch gerne Schweine, wobei er mit den Gegensätzen des Motivs und des Untergrundes spielt und somit auch eine Art von Parodie auf den Kulturkommerz gibt.

Hier findet ihr ein paar Bilder dazu

Am bekanntesten aber dürfte wohl seine Cloaqua-Maschine sein, die auf der einen Seite gefüttert wird und dann den gesamten Verdauungsvorgang sichtbar ausführt um am Schluss Scheisse zu produzieren, welche fein säuberlich in Plastik verpackt gekauft werden kann.

Wer auch darüber noch was mehr wissen möchte klickt hier

Nun kann man ja von dieser Art Konzeptkunst halten, was man will.
Ich persönlich muss zugeben, dass ich mich gleichermassen davon abgestossen fühle, wie ich sie auch faszinierend finde, oder besser gesagt finde ich weniger die Werke, die da entstehen als solche faszinierend, sondern die Tatsache, dass sie etwas parodieren, wovon sie selber Bestandteil sind.

Da sagt ein Künstler: "Ich produziere Scheisse und stehe ganz offen dazu und ich verkaufe sie euch für viel Geld und ihr werdet sie mir abkaufen."
Und aus für mich nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen funktioniert das und alle sind zufrieden. Irgendwie ist das schon genial, oder nicht?

Zu dieser verkauften Haut habe ich aber doch eine Frage.

Ich finde nämlich, 150000€ sind eigentlich ein bisschen zu wenig.
Wenn man bedenkt, das die tätowierten Schweinehäute inzwischen zu ähnlichen Preisen gehandelt werden, ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass Tim Steiner sich damit zufrieden gibt.

Na ja, man muss ja schliesslich nicht alles verstehen, oder?
 
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AW: verkaufte Haut

Da sagt ein Künstler: "Ich produziere Scheisse und stehe ganz offen dazu und ich verkaufe sie euch für viel Geld und ihr werdet sie mir abkaufen."

So ist es und nicht anders.
Ich war einmal auf einer "Künstler" Party und ich muss sagen das sind
sehr eigenartige Menschen.

Und mMn gibt es auf 100 Maler/Grafiker (oder wie die auch heissen) sowieso nur 2-3 gute Künstler.
Der Rest fezt irgendwas dahin, interpretiert die Welt hinein und behauptet das
sei Kunst.
 
AW: verkaufte Haut

Und mMn gibt es auf 100 Maler/Grafiker (oder wie die auch heissen) sowieso nur 2-3 gute Künstler.
Der Rest fezt irgendwas dahin, interpretiert die Welt hinein und behauptet das
sei Kunst.

Hallo insomnia,

jetzt bist du aber seeehr streng mit den Künstlern. ;)

Ist es nicht gerade die Aufgabe des Künstlers, die Welt zu interpretieren und sie dadurch auf eine etwas andere Art sichtbar werden zu lassen, andere Perspektiven und Fragen zu formulieren?

Es wird wohl tatsächlich Künstler geben, die einfach etwas "dahinfetzen" und nachher ein grosses Tamtam darum machen, aber ich denke jetzt eher nicht, dass das die Mehrheit ist. Ich meine, die Mehrheit derer, die sich mit Kunst beschäftigen, stehen in einem inneren Prozess der Auseinandersetzung mit der Welt, den sie versuchen sichtbar werden zu lassen. Was wir als Betrachter des Produktes dieses Prozesses dann davon haben, ob es uns anregt oder bloss aufregt ;), ist immer ganz von uns selber abhängig.

Ich habe für mich persönlich jedenfalls gemerkt, dass gerade Werke, die sich mir nicht gleich erschliessen, weil sie zB nicht meinem Sinn für Schönheit entsprechen, manchmal doch ganz spannende neue Perspektiven offenbaren, sofern ich die Geduld habe, mich etwas länger mit ihnen auseinanderzusetzen.

Aber ganz unabhängig davon finde ich es reizvoll, die Gegenwartskunstszene ein wenig zu beobachten.
Manchmal habe ich das Gefühl, sie sei mehr und mehr ein Kosmos für sich, abgekoppelt vom Rest der Welt, mit ganz eigenen Mechanismen und Gesetzen.
Dann wiederum glaube ich zu ahnen, dass sie doch auch immer noch sehr viel mit unserer Gesellschaft, mit uns "normalen" Leuten zu tun hat.

Weisst du, bei dieser Geschichte, dass ein Künstler auf einem Menschen ein Bild malt, dieser Mensch dann seine Haut verkauft und es tatsächlich jemanden gibt, der sie kauft, gibt es ja mindestens drei Akteure.
Nur einer von ihnen ist Künstler. Und seinen Part in diesem Spiel kann ich noch am besten nachvollziehen.
Die anderen beiden - so wage ich jetzt mal zu behaupten - haben sehr viel mit uns zu tun und damit, wie die Gesellschaft funktioniert.

Liebe Grüsse
 
AW: verkaufte Haut

liebe ela,
danke für dieses interessante detail der menschlichen handlungen.
ich finde diese geschichte über den verkauften rücken eines jungen mannes faszinierend. welcher handel! welche geschäftliche verbindung zwischen 3 menschen!
skurril, äußerst ungewöhnlich - doch ebenso faszinierend.

ja, und ebenso stimme ich dir dabei zu:
eine facette der kunst ist es, den betrachter( oder anders ausgedrückt, den BEOBACHTER) ein stück weit aus seinem normalen, vorgegebenen tagesgeschehen hinaus zu heben...zu entrücken, sozusagen.
...und damit seinem beschränkten horizont eine weitere biegung hinzu zu fügen.
und zwar auf eine art, dass es keinem anderen weh tut.
(dewegen ist es ja kunst und nicht gewalt.)

genial!
finde ich auch.

allerdings die rolle der schweine vermag mir nicht zu gefallen.
da bin ich wohl ein bisschen engstirnig. (aber das ist für mich bei tieren überhaupt eine eigene geschichte.)

liebe grüße
:) kathi
 
AW: verkaufte Haut

Ob Cloaca oder seine tätowierten Schweine, Wim Delvoye nimmt eigentlich die zeitgenössische Kunstszene aufs Korn, den so genannten Markt, in dessen Rahmen alles verkauft werden kann, wenn es sich Kunst nennt.

Wie du es schon sagtest Ela: "Ich produziere Scheiße und stehe ganz offen dazu und ich verkaufe sie euch für viel Geld und ihr werdet sie mir abkaufen."
Und dies funktioniert leider, hauptsächlich die Neureichen (Milliardären) aus Russland oder auch aus China, möchten sich mit zeitgenössischer Kunst schmücken.
Das gehört in ihrem Verständnis zum Reichsein dazu.

Persönlich bleibe ich bei der zeitgenössischen Kunst, die sich nicht selber zur Persiflage macht, sondern tatsächlich neue Wege sucht und auch findet.

Natürlich interessieren mich auch solche Erscheinungen wie Wim Delvoye - und hauptssächlich die Art wie das vermeintliche Publikum drauf reagiert.

Liebe Grüße

Miriam

 
AW: verkaufte Haut

Auch in der Basler Zeitung fand ich heute Morgen den Bericht über den "verkauften Rücken". Ich staunte nicht schlecht.

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Mir kam dabei noch ein ganz anderer Aspekt in den Sinn, ein ganz "un-künstlicher", weil es mir im Pflegeberuf schon begegnet ist.
Der Mann ist jetzt 31 Jahre alt - schöne Haut, muskulöser Rücken. Aber stellt Euch einmal vor, er würde 90-jährig, wäre vielleicht krank und "mager". Wie sieht DANN das nette Bild auf seinem Rücken aus?
Ich habe tatsächlich schon ..."staunen" müssen, als ich auf einem betagten Körper das Bild einer halbnakten Frau gewaschen habe, - die sich im Laufe der Jahre nun eben ziemlich in Falten gelegt hatte!

Zugegeben, diese Gedanken haben wohl weniger mit Kunst als mit "Déformation professionelle" zu tun! Aber sie sind dabei nicht weniger Realität.

Liebe Grüsse
Zwirbel
 
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