AW: turkish delight
Ja, von dieser fehlenden Dialogbereitschaft bin ich nach einigen ähnlicher Erfahrungen überzeugt; man denke nur an die Oper "Idomeneo", an die "Mohammed-Karikaturen" u.ä. - was in islamischen Ländern an Beleidigungen als "Karikatur" veröffentlicht wird ist um einiges widerlicher und menschenverachtender als die Harmlosigkeiten westlicher Kunstaktionen...
Zur Erinnerung: "Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit, als Lügen."
F. W. N i e t z s c h e
Und eine kleine Richtigstellung: Das Theater um die Oper "Idomeneo" war nicht von den Muslimen verursacht, sondern einzig und allein von westlichen Kultursenatoren bzw. von der Regisseurin, die alle zusammen in vorauslaufender Gefahrenwitterung gehandelt haben. Es gab keinerlei Drohungen oder Anschläge in Bezug auf diese Oper. Nach besagtem Theater ist sie ohne Probleme von Seiten der Muslime aufgeführt worden. So entstehen Gerüchte: mit unfairen Darstellungen dessen, was geschehen ist, die dann wieder der Seite angelastet werden, die man ablehnt.
Im Übrigen: Es gibt eine Minderheit von Muslimen, die gewaltbereit und nicht zum Dialog bereit sind, das stimmt. Aber es ist eine Minderheit und nicht das Gros der muslimischen Bevölkerung. Es ärgert mich immer wieder aufs Neue, wenn ich, egal in welche Foren lese, dass diese Minderheit mit der gesamten muslimischen Bevölkerung, die friedlich hier lebt, in einen Topf geworfen wird.
Dass es eine Dialogbereitschaft gibt, hat sich schon gezeigt in diversen Gesprächen am Runden Tisch mit Regierungsvertretern oder Würdenträgern anderer Religionen. Es gibt z. B. einen christlich-muslimischen Dialog, zumindest in Deutschland, offenbar ist das vielen nicht bekannt.
Wenn ich so undifferenzierte Beiträge lese, frage ich mich eher, ob es eine Dialogbereitschaft von uns gibt. Bzw.: Muss man sich wundern, wenn die Dialogbereitschaft der Muslime tatsächlich nur rudimentär vorhanden ist, wenn sie immer mehr ausgegrenzt werden? Ich habe auch mal im Ausland gelebt, dazu noch in einem mir bekannten Kulturkreis, mich aber vorwiegend an meine deutschen Landsleute gehalten, weil sie und die Sprache mir vertrauter waren. Umso mehr wundere ich mich nicht darüber, wenn Menschen aus einem anderen Kulturkreis sich zurückziehen auf ihre eigenen, ihnen vertrauten Werte und sogar zunehmend Gewaltbereitschaft entwickeln, wenn sie derart abgelehnt und ausgegrenzt werden, wie man es oft erleben kann. Das ist ein psychologischer Prozess. Wenn Menschen abgelehnt werden, tendieren sie zu Hass und Gewalt, das ist schon im Kindergarten und der Schule zu beobachten.
Zu Miriam: Barenboim hat es schon richtig verstanden: Nur mit dem Versuch der Verständigung auf beiden Seiten kann man etwas erreichen, nicht mit Ausgrenzung oder kolonialistischem Denken oder gar Apartheid, wie es in Israel der Fall ist, wo es in erster Linie nicht um religiöse, sondern um ungelöste politische Probleme geht.
Diese Problemkreise kann man ohnehin nicht miteinander vermengen, die Konflikte hier oder dort haben nichts miteinander zu tun.
Und dass du nichts gehört hast darüber von Berichten in der arabischen Presse, wundert mich nicht. Liest du denn arabische Zeitungen? Kannst du Arabisch? Vermutlich nicht. Und ob die westliche Presse so allgemein darüber berichten würde, ob in der arabischen darüber berichtet wurde, wage ich auch zu bezweifeln.
Ich finde das Engagement von Barenboim beachtlich und denke, dass wir gerade von ihm lernen können, weil er einer der wenigen ist, die eben nicht pauschalisieren und ausgrenzen, sondern differenzieren und auf die Dialogbereitschaft einer anderen Kultur setzen, die ihnen hier abgesprochen wird.