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Soja und Krebs

Sunnyboy

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Registriert
10. März 2005
Beiträge
542
Hilfe, ich bin verwirrt.

Ich mache momentan ein Praktikum bei einer Zeitung und soll jetzt Informationen über den Zusammenhang von Soja und Krebs herausfinden.

Grund dafür ist ein Artikel in der "Süddeutschen Zeitung", der Mitte November erschien. ( www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/476/142166 ).

Recherchiert man im Internet, so trifft man auf die widersprüchlichsten Aussagen. Diese varieren aber munter, je nach den Interessen der Seitenbetreiber. Mal heißt es, Soja helfe gegen Krebs, dann wieder, Soja könne unter bestimmten Umständen sogar krebsfördernd wirken.

Deswegen meine Frage an euch:
Wisst ihr etwas über das Thema? Und habt ihr nützliche (und am besten aktuelle) Informationen? (Studienergebnisse, seriöse Artikel, Adressen von seriösen Informationsstellen etc. etc.).

Vielen dank für eure Hilfe schon einmal im Vorraus.

Mfg,
Sunnyboy
 
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AW: Soja und Krebs

Hallo Sunnyboy,

zum konkreten Thema "Sojabohne" kann ich leider nichts beitragen. Mich interessieren aber generell die sog. "seriösen Studien", mit denen Menschen heutzutage oft genug verängstigt oder - wie in deinem Fall – zumindest verwirrt werden.

Es beginnt bereits bei der Wortwahl. Da wird oft von einem "Zusammenhang" gesprochen. Der normale Mensch meint dann, dass es sich um einen kausalen Zusammenhang handelt, also um eine Ursache – Wirkungs – Beziehung, z. B. "Soja fördert Krebs" oder "In der Umgebung von KKW erkranken Kinder häufiger an Krebs". Aber gerade das ist oft nicht der Fall. In der Regel handelt es sich nämlich um eine sog. Korrelation, also eine Beziehung zwischen zwei oder mehr statistischen Variablen.

Wenn eine Korrelation zwischen zwei oder mehr Grössen besteht, dann bedeutet das noch nicht, dass ein ursächlicher (kausaler) Zusammenhang zwischen diesen Grössen besteht. Wikipedia gibt dafür zwei recht eindrucksvolle Beispiele:

"So kann es durchaus eine Korrelation zwischen dem Rückgang der Störche im Burgenland und einem Rückgang der Anzahl Neugeborener geben, diese Ereignisse haben aber nichts miteinander zu tun – weder bringen Störche Kinder noch umgekehrt. Das heisst, sie haben kausal allenfalls über eine dritte Grösse etwas miteinander zu tun, etwa über die Verstädterung, die sowohl die Nistplätze vernichet als auch Kleinstfamilien fördert."

"So darf man aus der Tatsache, dass man Feuerwehren oft bei Bränden findet, nicht folgern, dass Feuerwehren die Ursachen für Brände seien."


Anstelle des Themas Sojabohne möchte ich auf einen brandaktuellen Artikel aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 9.12.2007 verweisen: "Krebsrisiko-Studie entfacht Atomstreit neu". Die Art und Weise, wie man der Öffentlichkeit diese Studie nahe bringt, ist ein Paradebeispiel dafür, was Studien bewirken bzw. wie man mit diesen Studien die Öffentlichkeit manipulieren kann.
Die Studie besagt im Kern, dass die Häufigkeit von Krebserkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren rein statistisch zunimmt, je näher sie an einem Reaktor wohnen. Die Autoren der Studie haben jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass "nach dem heutigem Wissensstand Strahlung, die von KKW im Normalbetrieb ausgeht, als Ursache für die beobachtete Risikoerhöhung" nicht in Betracht kommt.

Wie aber sieht die Reaktion in der politischen Öffentlichkeit aus?

"Wir Grüne fordern die beschleunigte Abschaltung gerade der ältesten Atomkraftwerke." (Grünen-Vorsitzender R. Bütikofer)

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW verweist auf frühere ähnliche Studienergebnisse und fordert das Umweltministerium auf, die Grenzwerte für radioaktive Emissionen aus Atomkraftwerken zu überprüfen und deutlich zu senken.

Es gibt aber unter den Politikern erstaunlicherweise noch Leute, die klar denken können. So äussert sich Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche (CDU) verwundert darüber, dass die Erkrankungsrate in der Nähe der AKW hoch sei, dies jedoch nicht auf Strahlenwirkungen zurückzuführen sei. Und sie sagt:

"So sehr ich mir Aufklärung über diese Zusammenhänge von der Wissenschaft erhoffe, so sehr kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Studie die Antipathien gegen die Kernkraft schüren soll."

Was kann ich dir nun empfehlen, Sunnyboy? Sei gegenüber jeder Studie äusserst kritisch. Lehne jede zunächst rundweg ab, frage dich dann, wem sie nützen könnte und versuche schliesslich herauszufinden, welche Argumente substanziell zutreffen und welche nicht.

Generell empfehle ich dir, während deines Praktikums bei einer Zeitung sehr aufmerksam zu sein, unter welchen Aspekten/Kriterien Studien bewertet werden.

Gruss
Hartmut
 
AW: Soja und Krebs

Hallo Sunnyboy
Mein erster Gedanke war daß Soja auch verwendet wird von Vegetariern. Und die nehmen viel Getreide zu sich. Getreide und Krebs, da gibt es einen Zusammenhang und auch Studien.
Zu einer gesunden Ernährung, zu einem gesunden Leben gehören auch Fisch und Fleisch, genug Bewegung, viel Obst und Gemüse, nicht zuviel Alkohol und am besten keine Zigaretten und kein Übergewicht. Das ist schon die beste Vorbeugung vor Krebs.
Ich weiß jetzt nicht ob es typisch deutsch ist EIN EINZELNES Lebensmittel herauszupicken und den Menschen Panik zu machen weil es Krebserregend sein könnte. So nach dem Motto, wenn das und das gemieden wird werdet ihr uralt (ironie).
Gruß Muckel
 
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AW: Soja und Krebs

Hi an alle, vielen Dank an Hartnut und Muckel für eure Antworten.

Ich habe im Internet die Quelle, auf die sich die SZ bezieht, gefunden. Hier ist der fertige und redaktionell überarbeitete Artikel von mir, für die, die es interessiert (sorry, ich kann keine Zitate Markieren.)

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Aus dem "Rheinischen Merkur" (2/2008, 10.01.2008)



" Gesund, krebsvorbeugend: Das sind die häufigsten Attribute, die Soja zugewiesen werden und ihre Produkte auch hierzulande zum beliebten Nahrungsmittel machen. Die Hülsenfrucht, in Asien ein wichtiges Grundnahrungsmittel, ist reich an hochwertigem Eiweiß, an Mineral- und sekundären Pflanzenstoffen. Tofu, Miso, Sojasauce, Sojamilch – der Absatz an Sojaprodukten steigt weltweit, allein bei Sojamilch seit 2005 um rund 30 Prozent. Sojaeiweiß wird in der Säuglingsernährung verwendet, das kalorienarme und cholesterinfreie Tofu ersetzt immer häufiger Fleisch- und Wurstprodukte; Präparate auf Sojabasis sollen Beschwerden der Wechseljahre lindern. In der Tat leiden Frauen in asiatischen Ländern während der Menopause seltener unter Hitzewallungen und Osteoporose als europäische Frauen; Wissenschaftler führen das auf die sojahaltige Ernährung zurück.


Doch seit einigen Jahren wachsen die Bedenken gegen die Superbohne. Bisher fehlen belastbare Beweise, dass Sojapräparate gegen Hitzewallungen helfen oder das Leben verlängern. Es scheint, dass sie mehr Beschwerden verursachen als die bisher vor allem bekannte Soja-Allergie, an der etwa rund ein Prozent der deutschen Bevölkerung leidet. Immer mehr Ärzte bezweifeln, dass Soja tatsächlich so ungefährlich ist wie bislang angenommen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat vor kurzem eine Warnung herausgegeben: Die in der Sojapflanze enthaltenen Isoflavone können unter bestimmten Umständen krebserregend sein.


Isoflavone gehören zu der Gruppe der Flavonoide, zählen also zu den sekundären Pflanzenstoffen, das heißt, sie haben keinen Nährwert (im Gegensatz zu Fetten, Eiweißen oder Kohlenhydraten). Sie ähneln in Aufbau und Wirkung dem weiblichen Hormon Östrogen. Deswegen bezeichnet man sie auch als Phytoöstrogene. Bei den im Soja enthaltenen Phytoöstrogenen handelt es sich vor allem um die Isoflavone Daidzein, Genistein und Glycitein. Man kann sie über die Nahrung oder isoliert, beispielsweise über Präparate, aufnehmen. Die Bedenken der Wissenschaft richten sich gegen die isolierten Isoflavone. So haben Placebo-kontrollierte Studien keine hinreichenden Erkenntnisse erbracht, dass isolierte Isoflavone eine hilfreiche Wirkung bei Beschwerden in der Menopause haben.


Wissenschaftler konnten auch nicht bestätigen, dass Soja vorbeugend gegen Brust-, Darm- und Prostatakrebs wirkt. Zwar erkranken asiatische Frauen seltener an Brustkrebs als Frauen in Europa; aber das kann auch daran liegen, dass sie seltener rauchen, weniger Körpergewicht haben und über Seefisch und Seetang mehr Jod zu sich nehmen.


Bei isolierten Isoflavonen, wie sie in Sojapräparaten vorkommen, besteht neuerdings sogar der Verdacht, dass sie Krebs fördern können. Hoch dosiert können sie – jedenfalls bei Neugeborenen – die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen, zu Fruchtbarkeitsstörungen führen und das Brustdrüsengewebe verändern. Aktuelle Tierversuche zeigten, dass Sojahormone Krebszellen schneller wachsen ließen. Dazu reichten bereits Konzentrationen, wie sie in Soja-Extrakten üblich sind. Dies ist sehr bedenklich, denn ein Großteil der Frauen hat nach den Wechseljahren Mini-Tumore in der Brust, die sich aber unter normalen Umständen nur selten zu großen Tumoren auswachsen. Solange keine Langzeitstudien die Sicherheit von isoflavonhaltigen Präparaten bestätigen, rät das BfR Frauen in und nach der Menopause oder mit Brust- oder Gebärmutterhalskrebs, keine Sojapräparate einzunehmen.


Für die Säuglingsernährung schließt sich das Bundesinstitut für Risikobewertung der Empfehlung der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) an, dass Sojamilch kein Ersatz für Kuhmilchprodukte ist. „Da im kindlichen Blut nur geringe Mengen an Geschlechtshormonen zirkulieren, könnte das Gleichgewicht aus dem Lot kommen“, warnt der DGKJ-Vorsitzende Berthold Koletzko. Hinzu kommt, dass sich in Soja neben den Isoflavonen größere Mengen des Pflanzeninhaltsstoffes Phytat befinden, der die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen beeinflussen kann.


Eltern sollten ihr Kind grundsätzlich nur nach ärztlicher Beratung mit Sojaprodukten ernähren – beispielsweise bei angeborenen Stoffwechselstörungen wie Milchzuckerunverträglichkeit oder Galaktosämie."



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