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Leben die meisten Menschen in stiller Verzweiflung?

Es handelt sich um eine Art Luxusproblem.

Du bezeichnest psychische Krankheiten wiederholt als Luxusproblem. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die unter diesen Krankheiten leiden. Vergiss nicht, dass alleine durch Depressionen jedes Jahr unzählige Menschen in den Suizid getrieben werden. Und niemand bringt sich einfach mal so wegen einem Luxusproblem um, da muss sehr, sehr viel Leid zusammen kommen, bis ein Mensch diesen Schritt macht. Vielleicht solltest du mal ehrenamtlich in einer Psychiatrie arbeiten für ein paar Wochen, ich garantiere dir, danach würdest du das nicht mehr als Luxusproblem bezeichnen. Oder: Du müsstest dann konsequent sein und auch andere Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Diabetes als Luxusproblem bezeichnen. Würdest du das tun?
 
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Du bezeichnest psychische Krankheiten wiederholt als Luxusproblem. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die unter diesen Krankheiten leiden. Vergiss nicht, dass alleine durch Depressionen jedes Jahr unzählige Menschen in den Suizid getrieben werden. Und niemand bringt sich einfach mal so wegen einem Luxusproblem um, da muss sehr, sehr viel Leid zusammen kommen, bis ein Mensch diesen Schritt macht. Vielleicht solltest du mal ehrenamtlich in einer Psychiatrie arbeiten für ein paar Wochen, ich garantiere dir, danach würdest du das nicht mehr als Luxusproblem bezeichnen. Oder: Du müsstest dann konsequent sein und auch andere Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Diabetes als Luxusproblem bezeichnen. Würdest du das tun?
Ich kann nicht bestätigen, dass er psychische Krankheiten als ein Luxusproblem bezeichnet. Er spricht viel eher von solchen, die unzufrieden sind mit ihrer Situation und ihr Problem nach außen projizieren.
Was allerdings ein echtes Problem ist, das sind die heutigen Möglichkeiten für Depressive, sich mit anderen in ihrer Situation zu vernetzen und sich gegenseitig in ihrer Sicht zu bestätigen, ja diese Sicht sogar dadurch zu verstärken, so dass sie gefährlich wird.
Ich habe gestern Abend eine Doku in der ARD ertragen müssen, die mir eine neue Welt eröffnet hat, eine schreckliche Welt, so dass das ZDF diese Doku nur mit Altersnachweis im Netz anbietet. In der ARD ist sie noch frei zu sehen:
 
Ich würde festhalten: Keinem Menschen ist Verzweiflung fremd.

Wie viel Raum sie in einem Lebensentwurf einnimmt, dürfte jedoch unterschiedlich sein.
 
The mass of men lead lives of quiet desperation

Henry David Thoreau

Denkt ihr, dass das stimmt? Leben wirklich die meisten Menschen in einer stillen Verzweiflung, die sie vor ihren Mitmenschen verbergen? Oder hat Thoreau hier vielleicht von sich selbst auf andere geschlossen?

Schöne Einstiegsgedanken -- jedoch halte ich sie in Bezug auf Thoreau verfehlt. Es geht bei ihm nicht um die "meisten Menschen" sondern um den "Massenmenschen" - zumindest wage ich das zu behaupten nachdem ich Walden gelesen habe und seine Tagebücher. Auffällig ist bei Thoreau, dass er sehr kritisch Menschen gegenüber war, die ihr Leben nicht selbst in die Hand nehmen wollten und all die ungünstigen Abhänigkeitsverhältnisse aufzuzeigen versuchte, die den Massenmenschen dazu antreiben, ein Leben aus "Kaufverträgen" abzuschließen um möglichst abgesichert zu sein, aber letztendlich sich alle Möglichkeiten zu verbauen, um wenigsten ein klein wenig Autarkie ins eigene Leben zu rufen.
Aus dem Grund, entschied er sich auch, 2 Jahre mit Hilfe von Emerson, möglichst selbständig zu leben und für sich zu sorgen.

Mit the mass of men ist also ein Massenmensch gemeint, der selbstverständlich irgendwann verzweifeln wird, weil er ein Leben lebt, welches seinem Selbst nicht entspricht. (kurzgefasst) ;)
 
ADHOC: Zweifel ist (m)ein Motor (der zu Lösungen führt) - bei Ver-Zweiflung gehört der Motor dringend zum Service. :dontknow: :trost:
 
Du bezeichnest psychische Krankheiten wiederholt als Luxusproblem.

Nicht psychische Krankenheiten als solche.
Vielmehr können wir es uns überhaupt leisten, psychische Krankheiten zu haben. Wer in einem Entwicklungs- oder Schwellenland täglich um sein eigenes Überleben und das seiner Familie kämpfen muss, der kann es sich nicht erlauben, psychisch krank zu sein. Das bedeutet nicht, es gäbe sie dort nicht. Arme Länder haben niedrige Quoten an psychischer Erkrankung, weil sie nicht erfasst werden, weil sie nicht behandelt werden, weil sie nicht unterstützt werden, weil die Menschen es sich nicht leisten können, psychisch krank zu sein.
Daraus aber den Schluss zu ziehen, Armut mache glücklich und Reichtum (die Begriffe jeweils im Vergleich Industrieländer vs. Entwicklungsländer gesehen) unglücklich, ist ein Trugschluss.

Vielleicht solltest du mal ehrenamtlich in einer Psychiatrie arbeiten für ein paar Wochen, ich garantiere dir, danach würdest du das nicht mehr als Luxusproblem bezeichnen. Oder: Du müsstest dann konsequent sein und auch andere Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Diabetes als Luxusproblem bezeichnen. Würdest du das tun?

Ich war schon selbst in der Psychiatrie, freiwillig, wenn auch nur kurz.
Der Aufenthalt hat auch etwas gebracht, viel sogar, ich kam "ausgewuchtet" und mit viel Zuversicht nach nur wenigen Tagen auf eigenen Wunsch wieder heraus.

Ich habe mich selbst lange Jahre in einem psychischen und sozialen Tief befunden und es hat lange gedauert, Jahre, und viel Energie gekostet, mich daraus zu befreien. Im Grunde bin ich erst jetzt einigermaßen diesem Tief entronnen und selbst jetzt arbeite ich noch an den letzten Hürden.
Es ist schwer, sich aus solchen Lebensphasen zu befreien und allein und ohne Anstoß hätte ich das mutmaßlich nicht geschafft.

Andererseits bin ich mir auch darüber klar geworden, dass Hilfe von Außen nur die eine Hälfte eines solchen Prozesses ist. Die andere (umso wichtigere) Hälfte besteht darin, den Kampf mit dem inneren Schweinehund auch anzutreten und aufzunehmen - anstatt immer nur zu jammern.
Jammern hat noch nie etwas verbessert, man redet sich vielmehr in einer Art Selbstsuggestion ein, es ginge einem so viel schlechter, als dies der Fall ist.
Des Weiteren muss man sich darüber im Klaren sein, dass die sozialen Helfer durchaus auch ihr eigenes Süppchen kochen. Sie helfen Dir nur bis zu einem gewissen Punkt, den es irgendwann zu überwinden gilt - und oft genug auch gegen deren eigene Interessen. Denn ganz können sie Dich nicht gesunden lassen, denn dann verlören sie ihren Klienten/Patienten.

Das Leben ist kein Ponyhof.
Es liegt mir fern, ein oberflächliches "Think Positive" schön zu reden. Das überlasse ich den Amerikanern, außerdem bin ich dafür ein zu kritischer Mensch. Jedoch bin ich auch ein Pragmatiker, jemand der Lösungen sucht und nicht Probleme. In meinem sozial durchaus komplizierten Arbeitsleben habe ich es jetzt schon öfter erlebt, dass ganz einfache Änderungen von Modi - von mir selbst veranlasst und keineswegs immer "angefragt, diskutiert" und "von oben abgesegnet" so manches zähe Problem einfach mal sang- und klanglos aufgelöst haben.
Manchmal sind es ganz kleine Reibestellen, an denen sich Menschen verbeissen, und wenn man an diesen nur ein kleines Kugellager einbaut, dann läuft es auf einmal wie geschmiert.

Interessant finde ich es dann, wenn solche kleinen Lösungen funktionieren, dabei aber neue Frage- und Problemstellungen aufwerfen. Es gibt im menschlichen Bereich eben keine Patentlösungen.
 
Tja, irgendwie müssen sich die Leute halt von ihrer stillen Verzweiflung ablenken. ;)

Ach, Unsinn, das ist nur Deine Interpretation, fußend auf Deinem aktuell psychosozialen Zustand.
Es handelt sich vielmehr um Konsum, wie die Menschen alles konsumieren, nunmehr also konsumieren sie die Kommunikation.
 
Andererseits bin ich mir auch darüber klar geworden, dass Hilfe von Außen nur die eine Hälfte eines solchen Prozesses ist. Die andere (umso wichtigere) Hälfte besteht darin, den Kampf mit dem inneren Schweinehund auch anzutreten und aufzunehmen - anstatt immer nur zu jammern.

Und genau dieser Kampf mit dem inneren Schweinehund ist es, der in der praktischen Spiritualität gekämpft wird. Das ist nämlich etwas, das bei dir komplett untergeht, dass nämlich die ernsthaften spirituellen Lehren sich alle darin einig sind, dass ein gewisser Aspekt des eigenen Selbst, oft Ego genannt, also das, was du den inneren Schweinehund nennst, überwunden werden muss oder je nach nach Radikalität der Lehre nicht nur überwunden, sondern sogar beseitigt werden muss. Du benutzt für diese Dinge einfach nur eine weltliche Sprache. Aber das machen viele Leute, ich frage mich nur, ob dir diese Parallelen überhaupt bewusst sind.
 
Und genau dieser Kampf mit dem inneren Schweinehund ist es, der in der praktischen Spiritualität gekämpft wird. Das ist nämlich etwas, das bei dir komplett untergeht, dass nämlich die ernsthaften spirituellen Lehren sich alle darin einig sind, dass ein gewisser Aspekt des eigenen Selbst, oft Ego genannt, also das, was du den inneren Schweinehund nennst, überwunden werden muss oder je nach nach Radikalität der Lehre nicht nur überwunden, sondern sogar beseitigt werden muss.
Ich kann Dir in vielen Punkten zustimmen, aber mich wundert, wieso Du das so auffallend stark betonst, wo Du doch selbst gar keiner spirituellen Praxis nachgehst. So bleibt es doch nur reiner Glaube und da hat eben jeder seinen, der an ewigen Fortschritt und Wohlstand ist ja auch letztlich einer.

Man müsste ohnehin näher beschreiben, was es bedeuten soll, sein Ich zu überwinden oder gar zu beseitigen. Was stellst Du Dir, oder was stellen sich die Lehrer, denen Du folgst denn darunter vor?
 
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Ich kann Dir in vielen Punkten zustimmen, aber mich wundert, wieso Du das so auffallend stark betonst, wo Du doch selbst gar keiner spirituellen Praxis nachgehst.

Ich gehe keiner formalen spirituellen Praxis nach, aber ich finde, dass das bewusste Beobachten des Lebens und auch das Nachdenken und Schreiben darüber für sich genommen schon eine spirituelle Praxis ist.
 
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