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Konsensmusik

Thorsten

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26. März 2007
Beiträge
1.114
Möchte ein in der "Diskursethik" angesprochenes Thema an dieser Stelle etwas vertiefen:

Robin schrieb:
...aber sag Du mir doch mal, warum es in der Kunst immer noch als besonders avantgardistisch gilt zu provozieren (auch wenn das seinen Sinn verloren haben mag) oder wenigstens, warum es in der zeitgen. Musik doch wohl eher verpöhnt ist Konsensmusik zu machen.
War das nicht sogar der Vorwurf Adornos an Strawinsky?

"Konsensmusik" ist ja zunächst mal ein ganz fürchterliches Wort... ob dieser Ausdruck bei Adorno tatsächlich gebraucht wird?

Aus der "Philosophie der neuen Musik", stw 239, S. 145:
Bei Strawinsky gibt es weder Angstbereitschaft noch widerstehendes Ich, sondern es wird hingenommen, daß die Schocks sich nicht zueignen lassen. Das musikalische Subjekt verzichtet darauf, sich durchzuhalten, und begnügt sich damit, die Stöße in Reflexen mitzumachen. Es benimmt sich buchstäblich so wie ein Schwerverwundeter, dem ein Unfall widerfuhr, den er nicht absorbieren kann und den er darum in der hoffnungslosen Anstrengung von Träumen wiederholt. (...) Die Vernichtung des Subjekts durch den Schock wird in der ästhetischen Komplexion als Sieg des Subjekts und zugleich als dessen Überwindung durch das an sich Seiende verklärt.
Das ist zunächst einmal ästhetische Kritik und als solche durch den Vorwurf, Adorno hätte Strawinsky etwas vorgeworfen, nicht zu erledigen. (Schönbergs Musik kommt ja übrigens am Ende anders, aber nicht besser weg.) Das "an sich Seiende" ist hier - wie auch sonst - die falsche, nämlich unfreie Gesellschaft; an der Reihentechnik Schönbergs zeigt Adorno übrigens, wie diese Unfreiheit durch die Verabsolutierung der melodisch/harmonischen Ordnung sich als ästhetischer Gehalt reproduziert.

Verhandlungsort ist der Konzertsaal - wie aber sollte es da drinnen anders zugehen als in der totalitären Gesellschaft draußen? Daß die damalige neue Musik auf den Einspruch gegen die objektiv herrschende Totalität verzichte, ist der triftige Kern von Adornos Analyse.

Und die von Dir zu Recht beklagte Insistenz auf permanente "Provokation" in der Kunst, Robin, ist ja letztlich auch nur der Ausdruck von Hilflosigkeit der Künstler, die sich dann rechthaberisch aufsässig benehmen wie rowdyhafte Jugendliche. Jetzt klinge ich bestimmt ganz reaktionär *grins* - aber für mich sind diese "Provokateure" einfach nur ziemlich unkultiviert :D

Aber wie klänge sie denn nun, eine "Konsensmusik"? Worin zeigte - im ästhetischen Ausdruck - sich denn etwas, das man als Konsens bezeichnen könnte?

Grüße, Thorsten
 
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AW: Konsensmusik

Aber wie klänge sie denn nun, eine "Konsensmusik"? Worin zeigte - im ästhetischen Ausdruck - sich denn etwas, das man als Konsens bezeichnen könnte?
Wenn ick dat wüsste, wer ick reich...

Gut, ichweiß nicht, ob ich Adorno hier etwas angedichtet habe. Woher habe ich nur diesen Ausdruck "Konsensmusik"...?

Aber es wird doch nichts anderes übrig bleiben, als dass man Musik diese bleiernen Ansprüche - nämlich Falsches oder Richtiges zu re-produzieren oder zu produzieren - von ihren Schultern nimmt. Und eben einsehen muss, dass Musik temporär Konsens erzeugt, damit auch die Funktion des Auschließens aller Anderen, denen das gerade nicht gefällt, erfüllt, aber dann auch wieder abgelöst wird. Man muss jeden musikalischen Ausdruck momenthaft beobachten und kann dies eben auch auf Konsens/Dissenz hin tun. Man könnte der Musikkritik vielleicht vorwerfen, dass sie diese Beoachtungsart zuwenig anwendet und sich lieber auf ein (modisch verbrähmtes, gerne ironisiertes) Richtig-Falsch-Schema verlässt. Oder andere, ähnlich instabile Schemata anwendet.
Ich glaube, ich habe den AUsdruck "Konsensmusik" in einer dieser Pop-Kritiken gelesen, die ich ab und zu mit hochgezogenen Augenbrauen studiere. Gemeint ist z.B. so angepunkte Musik, die ein bisschen subversiv ist, aber auf eine Art subversiv, dass sich alle schon wieder drauf einigen können. Wird also postmodern paradox eingesetzt.
SIcher ebenso unbefriedigend, wie dieser hier recht hastig hingetippte Beitrag...
 
AW: Konsensmusik

Also, noch mal nachgefragt:

Daß die damalige neue Musik auf den Einspruch gegen die objektiv herrschende Totalität verzichte, ist der triftige Kern von Adornos Analyse.

Könntest du dir vorstellen, mit deiner Musik gegen irgendetwas Einspruch zu erheben?
Andernorts hatte ich schon die Meinung vertreten, dass mit Adornos Anspruch natürlich jede "Seelentrösterfunktion" von Musik (und Kunst) diskreditiert wird. (könnte man nicht wenigstens einen Konsens darüber finden, dass Kunst das dürfen darf...?)
Was würde (oder hat) Strawinsky denn Adorno antworten (geantwortet)?
Was wäre, wenn er sagt: Was du da redest, das geht mich gar nichts an? Das ist weder in meiner Musik, noch nicht in meiner Musik?

Die Haltung eines zeitgenössischen Künstlers ist doch tendenziell, sich viel zu verunsichert zu zeigen, um Einspruch zu erheben.
Immerhin ein Kunstkonsens dahingehend, dass man sich einig ist, Unsicherheit kommunizieren zu wollen...
 
AW: Konsensmusik

Robin schrieb:
Könntest du dir vorstellen, mit deiner Musik gegen irgendetwas Einspruch zu erheben?
Ja. Ich habe es sogar mindestens einmal versucht: das war eine Auftragskomposition des Norddeutschen Rundfunks, aufgeführt ein halbes Jahr nach 9/11, und das Stück ist vielleicht sogar nicht von allen anwesenden Hörern mißverstanden worden. Es war eine Free-Jazz-Komposition für Sängerin und Band (sax dr vc pno) über das Gedicht "Strange Meeting" von Wilfred Owen, eine Höllenszene, die die Begegnung von zwei Menschen darstellt, die einander im Krieg getötet haben. Mein Einspruch galt (und gilt, wie Du weißt) der allgegenwärtigen pazifistischen Ideologie, die nicht mehr verstehen will, daß es Krieg nun einmal gibt und daß man mit bloßem außenstehendem Mitleid, Empörung oder bloßer Angst nicht weiter kommt. Der Auftraggeber hat mir diese Arbeit sehr übelgenommen.

Robin schrieb:
Andernorts hatte ich schon die Meinung vertreten, dass mit Adornos Anspruch natürlich jede "Seelentrösterfunktion" von Musik (und Kunst) diskreditiert wird. (könnte man nicht wenigstens einen Konsens darüber finden, dass Kunst das dürfen darf...?)
Ja schau, Robin, jetzt können wir in der "Einleitung in die Musiksoziologie" blättern, und da finden wir sowas ähnliches wie den "Gefühlshörer". Adorno nennt das, was da passiert, anders. Und dann lesen wir seine Ausfälle gegen den Jazz-Fan. Und erinnern uns endlich an jenes wundervolle Fernseh-Interview, wo er bekennt (sic!), der ganze Jazz wäre ihm doch egal; er höre nur lieber ungarische Tanzkapellen. So ganz gefühlsmäßig.

Sei gerecht: Nimm es dem Philosophen der negativen Utopie, dem verhinderten Komponisten, nicht übel, daß seine Seele durch die Musik von Alban Berg sich trösten ließ, wo es ihm schon nicht vergönnt war, die Musik zu schreiben, die er sich wünschte.

Der Pessimismus, nein, die absolute Schwärze der "Ästhetischen Theorie" ist diskussionswürdig; eine Musikkritik, die mit einfachem richtig/falsch hantiert jedoch kann mit Adorno nichts zu tun haben, so sehr sich die Adepten auch auf ihn berufen mögen.

Robin schrieb:
Was würde (oder hat) Strawinsky denn Adorno antworten (geantwortet)?
Schönberg war jedenfalls angepißt, weil sich jemand, noch dazu ein Schüler, vorlaut erdreistete, überhaupt ein kritisches Wort sich zu erlauben. Das war aber eine einseitige Haßliebe: für Schönberg war Adorno nicht mehr als ein bißchen Dreck am Schuh.

Mit Strawinsky war das anders: nachzulesen in "Strawinsky. Ein dialektisches Bild", Adorno, Gesammelte Schriften Band 16. Die beiden sind sich nie wirklich begegnet, und wenn, wird Strawinsky nicht gewußt haben, wer dieser Adorno war, der ihm kritisch so sehr gerecht wurde. Adorno, der nicht zu derselben kosmopolitischen Spitze von Künstlern gehörte, hebt an Strawinsky selbstverständlich die Noblesse und Freiheit im Verhalten hervor - am Ende erblickt er noch die Humanität, die durch Strawinskys Figuren des Inhumanen sich ausspricht. Dieser Aufsatz war gemeint als Revision der Behauptungen der "Philosophie der neuen Musik" und ist für mich vielleicht die schönste Respektbezeugung, die ein Denker einem Musiker erweisen kann.

Robin schrieb:
Die Haltung eines zeitgenössischen Künstlers ist doch tendenziell, sich viel zu verunsichert zu zeigen, um Einspruch zu erheben. Immerhin ein Kunstkonsens dahingehend, dass man sich einig ist, Unsicherheit kommunizieren zu wollen...
Ja, wenn die so reden, ist das eben deren Papperlapp. Sicher muß man sich schon sein, wenn man sich präsentiert. Unsicher tun ist die letzte Anbiederung; dann lassen wir doch lieber das Lieschen auftreten, die weiß, was sie kann oder nicht kann. Oder auch nicht. Vielleicht ist DsdS oder AreUhot ja auch Kunst. Ich für mein Teil trete nur auf, wenn
ich mir sicher über mein Können und meine mögliche Wirkung bin. Aber vielleicht gehe ich da viel zu sportlich heran?

;) Thorsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Irgendwie ist das alles bitter...

Die arme Joan Baez.
Da kann "einer wie Adorno" es sich vor seiner Bücherwand natürlich leicht machen. Abgrenzung von konsumengeilen Hippievolk par excellence. Und immer alles auf den Kapitalismus schieben...

Da überläuft es einen doch kalt
Aber das nennst du "Erkenntnis" im Gegensatz zu dem was Luhmann macht?! Adorno wirft hier doch einfach alles durcheinander, opfert alle Genauigkeit für Erkenntnis. Anthropologie wird mit Psychologie vermischt, dann ist wieder die "Monade" an sich kalt und indiffernet, dann ist es wieder die Reproduktion durch die gesellschaftliche "Ordnung". Und zum Schluss noch ein paar halbgare Erziehungstipps.

Reproduziert Adorno nicht einfach nur seine eigene Kälte in Text?

Na ja, was in einem denkforum eben nicht zu leisten ist: EInen Text Stück für Stück durchzugehen, selbst für so einen kurzen wäre man da schon einen fetten Thread lang beschäftigt. Das Problem bei jedem Diskurs liegt nicht in seiner Ethik, sondern in seiner Komplexität und in den nicht-objektivierbaren Positionen der Teilnehmer.
Na ja, im Real life könnten wir vielleicht schon einen ertragreichen Diskurs über solche Themen führen und ich müsste dann nicht mit solchen zeimlich enttäuschenden Metaphern von Handball und Schach abgespeist werden ;)

Schöne Grüße
 
AW: Konsensmusik

Sei gerecht: Nimm es dem Philosophen der negativen Utopie, dem verhinderten Komponisten, nicht übel, daß seine Seele durch die Musik von Alban Berg sich trösten ließ, wo es ihm schon nicht vergönnt war, die Musik zu schreiben, die er sich wünschte.
Hahaha...
Meinst du das ernst? Wie springst du denn mit mir hier um? Erst der große dialektische Schachspieler und dann verniedlicht auf einen verhinderten Komponisten?
Und überhaupt: Wer kann schon die Musik schreiben, die man sich wünscht? Niemand. Oder höchstens jemand, dem es gelingt, das, was man schreibt, z.B. auf Gott du zu projizieren. Die anderen dürfen nur ihr Unzufriedenheit reproduzieren und den Rest der Energie können sie dann darauf verwenden, die Zufriedenen zu diffamieren, ihnen Unfreiheit, Konsumgeilheit und Schlimmeres zu unterstellen.
Ich habe einfach noch nie etwas von Adorno gelesen, wo er sich von seinen persönlichen Idiosynkrasien befreien kann. Es ist bei ihm sogar extrem aufdringlich. Und du applaudierst ihm, weil es dir halt irgendwie liegt. Mir sträubt's die Haare. Ich mag Joan Baez auch nicht hören, aber der Vietnamprotest war ein Protest, das kann man auch nicht relativieren, indem man alles auf die Konsumhaltung schiebt. Da kann man ja die Studenten verstehen, die ihm die Bude einrannten. Ob Joan Baez oder Superstar Kunst sind, ist doch überhaupt keine Interessante Frage. Es ist die Frage, welchen Gegenbegriff man zum Konsum aufstellen kann. Was, was nicht Wille zur Bereicherung ist, kann denn mit Sicherheit vom Konsum ausgegrenzt werden? Welche Menschheit kann denn konsumfrei oder sonstwie frei werden - und warum sollte sie das probieren?
Man kann immer nur re-produzieren. Entweder Konsum oder eine sich davon abgrenzende, elitäre Haltung der scheinbaren geistigen Freiheit. Aber der scheinbar freie Geist überführt sich ständig selbst der Unfreiheit. Das ist aber nicht Erkenntnis des Geistes, sondern eines Beobachters desselben, der diese Beobachtung nur treffen kann, weil er eine Theorie nicht von Freiheit, sondern nur von Freiheitsgraden benutzt, eingebettet in eine "vernünftige" Terminonolgie, wo nicht Menschengruppen oder - heiten Gefühle haben können, wo nicht jede Differenz moralisch besetzt wird, wo nicht von "Wilden" gefaselt wird, wo man weiß, woher der Begriff Barbarei stammt und wie er einzuordnen ist, wo nicht jede Paradoxie sinnlos in die nächste überführt, sondern wo man mal halt macht und der Sache (z.B. der Position des Beobachters) auf den Grund geht.

Was deinen Einspruch betrifft: Respekt davor, aber nachvollziehen kann ich es nicht. Wie fast alles scheinst du auch das mit ironisch angzogener Handbremse gemacht zu haben. "Haben vielleicht nicht alle missverstanden". Dann bist du vielleicht überzeugt von deiner Haltung, aber wohl nicht von deinen Mitteln. Bist du dir wirklich sicher, dass Kunst für den Einspruch taugt? So ganz kann ich dir deine SIcherheit leider nicht abnehmen, sie wäre gar zu "unmenschlich"
Missverstanden zu werden ist scheiße, aber man muss aufpassen. nicht ins Fahrwasser Nietzsches zu geraten, der meinte, schlimmer noch für das Genie, als missverstanden zu werden, sei das höhnische Gelächter, das es begleitet. Das Problem ist, dass das Ohr so extrem überempfindlich für Hohn wird. Das wahr jetzt mehr so für mich gesprochen. Aber mich erinnert es ein bisschen an den "allgegenwärtigen Pazifismus". Denn das Gegenteil ist ebenso allgegenwärtig. Für einen ist immer allgegenwärtig das, was einen verhöhnt. Und so manchen scheint das Leben selbst zu verhöhnen, da hilft dann nur noch Masochismus.
 
Differenz contra Nichtidentität

Lieber Robin, das sind so viele Gedanken, die aus Dir herausbrechen - wo soll ich mit der Antwort beginnen? Ja klar, an Adorno liebe ich seine Widersprüchlichkeit, seine idiosynkratische Parteinahme und seinen Versuch, sich selber all das widerstrebende in ihm selbst zu erklären. Vor allem liebe ich seinen vergeblichen Versuch, das hegelsche "Subjekt" zu retten. Du kennst Adorno vielleicht nicht gut genug, um zu ermessen, wie sehr dieses selbstbewußte Scheitern Luhmann am Ende recht gibt; ich kenne Luhmann jedoch gut genug, um zu ermessen, wie ironisch der wiederum mit dem Begriff des Systems umgeht, mit dem Adorno keinen Spaß verstand. Am Ende ist es aber doch das Einzelne, Nichtidentische, das überhaupt sprach- und aussagefähig ist. Und nicht das bloß "Differierende".

Codes, Codes... Adornos Code? Luhmanns Code?

Unsere Debatte, Robin, Luhmann contra Adorno, ist völlig unsinnig; erstens deswegen, weil die besten Erkenntnisse Luhmanns spätestens in der "Negativen Dialektik" diskutiert wurden (dort in den Kant-, Hegel-, Husserl- und Heidegger-Kritiken) und zweitens deswegen, weil Adorno und Luhmann sich hierin ziemlich einig gewesen sein dürften. Kann es sein, daß Adornos Philosophie mit eine Grundlage von Luhmanns Denken war, und er gerade deswegen auf die Kritik der Philosophie Adornos verzichtete?
 
AW: Konsensmusik

Robin schrieb:
Die arme Joan Baez.
Da kann "einer wie Adorno" es sich vor seiner Bücherwand natürlich leicht machen. Abgrenzung von konsumengeilen Hippievolk par excellence. Und immer alles auf den Kapitalismus schieben...
Die "arme" Joan Baez wird aus ihren Anti-Kriegs-Liedern mehr Kapital geschlagen haben als der Kulturbürger Adorno mit seiner frankfurter Professur. Neid ist Adorno kaum zu unterstellen, wenn er das benennt; völlig neu ist mir allerdings - und das ist wichtig, Robin - daß Adorno irgendetwas auf den "Kapitalismus" geschoben hätte. Adorno war kein Antikapitalist - er spricht auch hier nur von "Warencharakter", "Amusement" (als Gegensatz zum Genuß), "Konsum" -

- auch bei der "zwischenmenschlichen Kälte" gibts Du dem Boten, seiner "eigenen Kälte" schuld, obwohl es noch schlimmer kam, als Adorno es als Horror beschreiben kann.

Du gibts Adorno aber auch gar keine Chance: was erwartest Du von ihm? Daß er als Mensch spricht, das tat er, Irrtum, Revision, Weiterdenken eingeschlossen. Jedes Wort, jeder Text Adornos ist eine Äußerung eines menschlichen Bewußtseins am aktuellen Zeitpunkt seiner Behauptung; und soweit mir bekannt, hat bisher kein anderer Philosoph die Entwicklung seines Denkens so anschaulich dokumentiert wie Adorno.

Das wird ihm bestenfalls als Selbstbezogenheit vorgeworfen? Freilich: Luhmanns denkerische Distanz wäre eine Alternative, aber selbst die Empfehlung dieses Abstand ist bereits in den Minima Moralia nachzulesen. Wie auch dessen asoziale Folgen.

Robin schrieb:
Na ja, was in einem denkforum eben nicht zu leisten ist: EInen Text Stück für Stück durchzugehen, selbst für so einen kurzen wäre man da schon einen fetten Thread lang beschäftigt. Das Problem bei jedem Diskurs liegt nicht in seiner Ethik, sondern in seiner Komplexität und in den nicht-objektivierbaren Positionen der Teilnehmer.
Ist richtig.

Außer, daß die Positionen der Teilnehmer eben doch objektivierbar sind und von allen anderen Teilnehmern auch so gelesen werden. Womit sich die Frage nach den ethischen Voraussetzungen, die jeder Teilnehmer objektiv mitbringt, neu stellt. Und im weiteren, ob es sich überhaupt um einen "Diskurs" handelt. Oder ob wir nur locker plaudern - gegenseitiges Wohlwollen diskursiv-objektiv vorausgesetzt.

Also, nach Sloterdijk und Habermas der dritte Versuch von Textdiskussion, mit der klaren Vornahme, einen Text "Stück für Stück" durchzugehen - fängst Du an und bietest einen Text an?
 
AW: Konsensmusik

Und das hier, lieber Robin, ist Adorno pur:

Robin schrieb:
Aber der scheinbar freie Geist überführt sich ständig selbst der Unfreiheit. Das ist aber nicht Erkenntnis des Geistes, sondern eines Beobachters desselben, der diese Beobachtung nur treffen kann, weil er eine Theorie nicht von Freiheit, sondern nur von Freiheitsgraden benutzt, eingebettet in eine "vernünftige" Terminonolgie, wo nicht Menschengruppen oder - heiten Gefühle haben können, wo nicht jede Differenz moralisch besetzt wird, wo nicht von "Wilden" gefaselt wird, wo man weiß, woher der Begriff Barbarei stammt und wie er einzuordnen ist, wo nicht jede Paradoxie sinnlos in die nächste überführt, sondern wo man mal halt macht und der Sache (z.B. der Position des Beobachters) auf den Grund geht.

Teddie hätte geschliffener formuliert und stärker polemisiert, aber ich kann nicht mehr erkennen, was Du gegen ihn hast? Das frage ich jetzt einfach mal so, ohne falsche Einigkeit behaupten zu wollen.
 
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Handgebremste Ironie

Robin schrieb:
Was deinen Einspruch betrifft: Respekt davor, aber nachvollziehen kann ich es nicht. Wie fast alles scheinst du auch das mit ironisch angzogener Handbremse gemacht zu haben. "Haben vielleicht nicht alle missverstanden". Dann bist du vielleicht überzeugt von deiner Haltung, aber wohl nicht von deinen Mitteln. Bist du dir wirklich sicher, dass Kunst für den Einspruch taugt? So ganz kann ich dir deine Sicherheit leider nicht abnehmen, sie wäre gar zu "unmenschlich"
Was ist "unmenschlich" daran, sich sicher zu sein? Ironisch war höchstens der oben geäußerte Satz, es hätten "vielleicht nicht alle mißverstanden". Der so erfolgreich-ideologische wie verlogen-pazifistische Schröder-Wiederwahlkampf war erst im nächsten Jahr, und wer hat wen am Ende betrogen? Ich kann mir mit meinem "Einspruch" höchstens zugute halten, bereits vorher eindeutig persönlich Stellung genommen zu haben, und ich nehme keinen Ton meiner Arbeit aus dem Herbst 2001 zurück. Ist doch auch mal was.

Robin schrieb:
Missverstanden zu werden ist scheiße, aber man muss aufpassen. nicht ins Fahrwasser Nietzsches zu geraten, der meinte, schlimmer noch für das Genie, als missverstanden zu werden, sei das höhnische Gelächter, das es begleitet. Das Problem ist, dass das Ohr so extrem überempfindlich für Hohn wird. Das wahr jetzt mehr so für mich gesprochen. Aber mich erinnert es ein bisschen an den "allgegenwärtigen Pazifismus". Denn das Gegenteil ist ebenso allgegenwärtig. Für einen ist immer allgegenwärtig das, was einen verhöhnt. Und so manchen scheint das Leben selbst zu verhöhnen, da hilft dann nur noch Masochismus.
Ich habe das nie erlebt, wegen meiner Arbeit wirklich verhöhnt zu werden. Klar gab es mal dumme Sprüche: da wurden geistliche Arbeiten als "Thälmann-Kantaten" bezeichnet.

Ich bin ansonsten nur ein kleiner Floh im unteren Mittelfeld - da höhnt man nicht, da bleibt man fair und der Rest ist Ehrgeiz, Wettbewerb, Kontakte und Glück; Diffamierung sollen die betreiben, die es nötig haben. Vielleicht habe ich aber auch genug begriffen, was ich kann und was ich nicht kann, um Hohn einfach zu überhören?

Nietzsche? Was hat der hier zu suchen... Was ist das Gegenteil von "allgegenwärtigen Pazifismus"? Wehrbereitschaft? Angriff?

Und, wen denn verhöhnt das Leben selbst, so daß nur noch...

... ich nach vielen Worten antimasochistisch grüßen kann? Und der für heute letzte Beitrag gehört den "Sternen" -

:umarm: Thorsten
 
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