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Karl Poppers Begriff vom umfassenden Rationalismus

Zaphod

New Member
Registriert
7. August 2005
Beiträge
3
Hallo liebes Forum,

ich bin eurem Forum soeben beigetreten um eine Frage loszuwerden und um mich im Weiteren an euren Diskussionen zu beteiligen.

Laut Karl Popper ist ein unkritischer oder umfassender Rationalist jemand, der nicht bereit ist eine Idee, eine Annahme, ein Konzept oder was auch immer zu akzeptieren, falls es sich nicht durch Argumente oder Erfahrung verteidigen lässt.

Karl Popper ist der Meinung, dass ein solcher umfassender Rationalist mit seiner Einstellung einem Paradoxon aufgesessen ist. Er argumentiert, dass das Konzept vom umfassenden Rationalisten weder durch Argumente noch durch Erfahrung zu rechtfertigen wäre und sich somit der umfassende Rationalismus selbst ins Bein schiesst.

Und genau das verstehe ich nicht. Ich kann doch schlechte Erfahrungen gemacht haben mit unbegründeten Einstellungen (sollte nicht allzu schwer sein) bevor ich zum umfassenden Rationalisten geworden bin?!

Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Sir Karl Popper so einfach widerlegen lässt. Hat jemand eine Ahnung wo mein Verständnisproblem liegt?

Gruß
Harald

(Nachzulesen ist das übrigens in Abschnitt 2 von Kapitel 24 aus "die offene Gesellschaft und ihre Feinde" oder auch im Abschnitt 1 des Textes 2 aus dem "Karl Popper Lesebuch")
 
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Hallo,

nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, sehe ich Poppers Kritik des umfassenden Rationalismus mit anderen Augen und glaube mein Verständnisproblem überwunden zu haben.

Mein Argument für den umfassenden Rationalismus (das Prinzip des umfassenden Rationalismus lautet: "jede Idee, Argument, Prinzip, etc muss durch Argumente oder Erfahrung begründet werden") bestand darin, ihn durch Erfahrung legitimieren zu wollen. Aber warum sollte ich der Erfahrung eine allgemeine Gültigkeit zumessen? Doch nur, weil ich bereits daran glaube dass man aus Erfahrung auf die Zukunft schliessen kann. Selbst wenn ich tausendmal die Erfahrung gemacht habe, dass meine Hand schmerzt nachdem ich sie auf die heisse Herdplatte gelegt habe, könnte es ja sein, dass dies beim tausend und erstem Mal nicht der Fall ist.

Poppers Ziel war es dann wohl aufzuzeigen, dass auch der Rationalismus eines Dogmas bedarf. Nämlich den, dass gleiche Ursachen gleiche Wirkungen nach sich ziehen (lernen aus Erfahrungen macht Sinn) und sich die Wirklichkeit logisch verhält (Argumente machen Sinn). Wobei ich das dumpfe Gefühl habe, dass beides (irgendwie) das gleiche ist. Oder?

Gruß
Harald
 
kritischer Rationalismus

Hallo zusammen,

Sir karl Popper ist für das dominierende wissenschaftstheoretische Paradigma des 20. jahrhunderts, den kritischen Rationalismus, verantowrtlich. Damit wollte er sich von den logischen positivisten des Wiener Kreises abgrenzen, die für die Erfahrungshaftigkeit alles Wissens plädierten. popper argumentiert gegen diedamals vorherrschenden induktive (also vom speziellen Fall allgemeine Gesetze ableiten) Herangehensweise, selbst wenn ich in Europa, Asien und Südamerika Schwäne beobachte, kann ich daraus nicht schliessen, dass alle Schwäne weiss sind, da es ja in Austrlaien schwarze Schwäne geben könnte. n Beobachtungen können niemals logisch auf n+1 Beobachtung und damit allgemeine Gesetze schliessen lassen. deshlab muss ich meine Theorie aufstellen und gegen die Realität testen (deduktiv, umgekehrt von induktiv) These"alle Schwäne sind weiss", Überprüfung bringt ds Ergebnis dass die Schwäne in Europa, Asien und Südamerika weiss sind, meine Hypothese kann also als teilweise bestätigt gelten, muss aber durch immer neue Tests weiter verfeinert & verbessert werden. = kritischer Rationalismus.

spannend zu lesen: Popper, Logik der Forschung
Gunnar Andersson, Kritik und Wissenschaftsgeschichte
 
POPPER wusste nicht, was eine ABDUKTION ist

seine DEDUKTION richtete sich gegen die INDUKTION
 
an die Obduktion habe ich bisher noch nicht gedacht

aber Induktion meint Carnap
Deduktion meint Popper

und Abduktion ist die Diagnose
 
Hallo Matze,

ich verstehe nicht warum sich Induktion und Deduktion unversöhnlich gegenüber stehen sollten.
Die Hypothese der Deduktion muss doch irgendwoher kommen und das wird die Erfahrung sein, die in der Weise der Induktion entstanden ist.
Und eine durch Induktion gewonnene Einsicht wird doch in dem Moment verworfen, in dem sie von einer Beobachtung widerlegt wird.
Ich sehe also nicht inwieweit man sich zwischen Induktion und Deduktion entscheiden müsste.

So wie ich den oben genannten Popper-Text verstehe, ist seine Aussage, dass auch Rationalisten Dogmatiker sind. Was dazu aufruft hinzugewonnene Erkenntnis kritisch zu hinterfragen, da das Fundament auf dem alles steht am wackeln ist.

Falls ich massiv auf dem Schlauch stehe, kannst Du mir das ruhig sagen. Ich habe mit philosophischen Weltbildern und Argumentationsweisen bisher nur wenig Erfahrung gesammelt.

Gruß
Harald
 
popper und kein Ende

Hallo Harald,

was du schreibst ist popper auch oft vorgeworfen worden, seiner Ansicht nach entstehen hypothesen quasi 'im luftleeren Raum' durch Intuition oder so (er drückt das etwas schöner aus). Realistisch betrachtet kann eine Hypothese natürlich nur durch ein gewisses Vorwissen entstehen ("so ich teste jetzt meine physikalisch-chemische Weltformel, mal sehen obs klappt" hätte wahrscheinlich wenig Chancen)
was sein primäres Anliegen war, war der formallogische Beweis, dass induktives Arbeiten niemals allgemeingültige Schlüsse hervorbringen kann - was aber bis Anfang/Mitte des 20. jhdts. eben gängig war. Pures deduktives Arbeiten wirst du in keiner wissenschaftlichen/philosophischen Disziplin finden. Und schliesslich muss man ja auch seine (wie auch immer gewonnene) Hypothese gegen die realität testen, von dahe auch wieder auf (fehlbares) Erfahrungswissen zurückgreifen. Popper wurde deshalb vorgeworfen dass er nur ein "Level-2-Induktivist" sei...
naja, ich finds immer noch faszinierend...
 
der thread hiess RUDI CARNAP

Carnap und Popper stehen sich gegenüber

für Carnap ist alles Induktion
für Popper alles Deduktion

der späte Popper sieht den Ausgang der Deduktion im angeborenen Apriori
(der junge Popper sieht den Ausgang der Deduktion in einer Hypothese, die sich aposteriori bewähren muss)
Carnap sieht den Ausgang der Induktion im gemessenen Aposteriori

beide haben unrecht,
denn
die menschliche Logik bedarf der Deduktion, der Induktion und der Abduktion
(letztere wird bei Popper (und Carnap?) gar nicht erwähnt)

kurz
Syllogismen begründen sich durch die Mengenlehre
die menschliche Logik begründet sich durch Definitionen
die formale Logik begründet sich durch Wahrheitswerte

wen es interessiert ... ...

Du schreibst so kompliziert
mein Beitrag dazu (siehe Link) ist einfacher

gibt es Deiner Meinung nach
an der Unterteilung
- menschliche Logik (via Definition)
- Syllogismen (via Mengenlehre)
- formale Logik (via Wahrheitswert)
was auszusetzen?
(wieso beschäftigst Du Dich überhaupt mit Carnap?)

also ich setze sehr viel an Carnap aus
deshalb habe ich gepostet

Carnap würde folgern:

Pr1: das eine Kind ist krank und hat rote Punkte

Pr2: das andere Kind ist krank und hat rote Punkte

CC: alle Kinder sind krank und haben rote Punkte

die Folgerung ist meiner Ansicht nach totaler Quatsch

richtig wäre:
Kinder, die rote Punkte haben, sind krank

die Definition wäre:
Kinder, die rote Punkte haben, sind krank, sie haben Röteln

aus Definitionen leitet der Arzt seine Diagnose ab

Deduktion
Induktion
Abduktion

die Definition lässt sich nun auf zweierlei Art verifizieren/falsifizieren
(na, wie machen das die Ärzte?)

wir können uns gerne auch noch über die Mengenlehre und über Wahrheitwerte unterhalten
(über Gottesbeweise auch,
das wird Dich aber überfordern,
da der obige Stoff zugleich der Einstieg in die Philosophie ist,
siehe meinen Link)
 
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Die Hypothese der Deduktion muss doch irgendwoher kommen und das wird die Erfahrung sein, die in der Weise der Induktion entstanden ist.

die Hypothese der Deduktion ist entweder angeboren
(Kindchenschema)

oder sie stammt von Gott
(Denken und SEIN ist dasselbe),
Grundlage der Diagnose bzw. Abduktion
 
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