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Joachim Ringelnatz

wort-schatz

Well-Known Member
Registriert
19. Mai 2005
Beiträge
10.053
Hans Bötticher 07.08.1883 bis 17.11.1934
Deutscher Schriftsteller, Maler und Kabarettautor

Passt hier eigentlich gar nicht Möchte ich trotzdem bringen. Vielleicht habt ihr auch Lieblingsgeschichten -gedichte von Ringelnatz?! Hier 2 Gedichtchen über den Tod.

Eines seiner ganz frühen Gedichte:

Jung sterben – in besten, noch hoffenden Jahren –
Wie schön muss das sein!
Du hättest nur Gutes, nur Frohes erfahren.
Blieb alles dein.

Und es blieb an der Stätte, wo du begraben,
nur Liebe zurück.
So gar nichts Trübes gekostet zu haben –
Wärs nicht ein Glück?

Ein sehr spätes Gedicht:

Wenn ich tot bin, darfst du gar nicht trauern.
Meine Liebe wird mich überdauern
und in fremden Kleidern dir begegnen
und dich segnen.
Lebe, lache gut,
mache deine Sache gut.
 
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Finde ich eine gute Idee, und Ringelnatz freut sich ob der guten Gesellschaft...

Folgendes Gedicht könnte auch von...na, ich sage nicht, von wem es noch sein könnte...

Die Schnupftabaksdose

Es war eine Schnupftabaksdose
Die hatte Friedrich der Große
Sich selbst geschnitzt aus Nußbaumholz
Und darauf war sie natürlich stolz.

Da kam ein Holzwurm gekrochen
Der hatte Nußbaum gerochen
Die Dose erzählte ihm lang und breit
Vom Friedrich dem Großen und seiner Zeit

Sie nannte den alten Fritz generös
Da aber wurde der Holzwurm nervös
Und sagte, indem er zu bohren begann:
"Was geht mich Friedrich der Große an!"​
 
von Ringelnatz ins Forum geschrieben ...

Ich werde nicht enden zu sagen:
"Meine Gedichte sind schlecht".
Ich werde Gedanken tragen
als Knecht.
Ich werde sie niemals meistern
und doch nicht ruhn.
Soll mich der Wunsch begeistern:
es besser zu tun.​
 
Heimatlose



Ich bin fast
Gestorben vor Schreck:
In dem Haus, wo ich zu Gast
War, im Versteck,
Bewegte sich,
Regte sich
Plötzlich hinter einem Brett
In einem Kasten neben dem Klosett,
Ohne Beinchen,
Stumm, fremd und nett
Ein Meerschweinchen.
Sah mich bange an,
Sah mich lange an,
Sann wohl hin und sann her,
Wagte sich
Dann heran
Und fragte mich:
"Wo ist das Meer?"

:hamster:
 
"Ein Dichter des Lachens und des Leids" (Helga Bemmann)


Morgenwonne

Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.

Ein schmuckes Lacken macht einen Knicks
Und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
Betiteln mich "Euer Gnaden".

Aus meiner tiefsten Seele zieht
Mit Nasenflügelbeben
Ein ungeheurer Appetit
Nach Frühstück und nach Leben.


Und auf einmal steht es neben dir

Und auf einmal merkst du äußerlich:
Wieviel Kummer zu dir kam,
Wieviel Freundschaft leise von dir wich,
Alles Lachen von dir nahm.

Fragst verwundert in die Tage.
Doch die Tage hallen leer.
Dann verkümmert deine Klage...
Du fragst niemanden mehr.

Lernst es endlich, dich zu fügen,
Von den Sorgen gezähmt.
Willst dich selber nicht belügen
Und erstickst es, was dich grämt.

Sinnlos, arm erscheint das Leben dir,
Längst zu lang ausgedehnt.--
Und auf einmal -- : Steht es neben dir,
An dich angelehnt --
Was?
Das, was du so lang ersehnt.
 
Ich habe dich so lieb


Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.

Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
Leuchtet der Ginster so gut.

Vorbei - verjährt -
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt,
Ist leise.

Die Zeit entstellt
Alle Lebewesen.
Ein Hund bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.

Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache
An einem Sieb.

Ich habe dich so lieb.
 
Meine absoluten Lieblinge!

Kindergebetchen

Erstes

Lieber Gott, ich liege
Im Bett. Ich weiß, ich wiege
Seit gestern fünfunddreißig Pfund.
Halte Pa und Ma gesund.

Ich bin ein armes Zwiebelchen,
Nimm mir das nicht übelchen.

Zweites

Lieber Gott, recht gute Nacht,
Ich hab noch schnell Pipi gemacht,
Damit ich von dir träume.
Ich stelle mir den Himmel vor
Wie hinterm Brandenburger Tor
Die Lindenbäume.

Nimm meine Worte freundlich hin,
Weil ich schon so erwachsen bin.

Drittes

Lieber Gott mit Christussohn,
Ach schenk mir doch ein Grammophon.
Ich bin ein ungezognes Kind,
Weil meine Eltern Säufer sind.
Verzeih mir, daß ich gähne.
Beschütze mich in der Not,

Mach meine Eltern noch nicht tot
Und schenk der Oma Zähne.
 
Klapotetz schrieb:
Ich habe dich so lieb


Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.

Aufgrund dieses Gedichtes, das Ringelnatz für seine Frau schrieb,
wurden diese Ofenkacheln zu seinem 100. Geburtstag in einer
geringen Auflage gebrannt.
Eine dieser Kacheln hängt bei mir im Wohnzimmer an der Wand.
 
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wort-schatz schrieb:
Aufgrund dieses Gedichtes, das Ringelnatz für seine Frau schrieb,
wurden diese Ofenkacheln zu seinem 100. Geburtstag in einer
geringen Auflage gebrannt.
Eine dieser Kacheln hängt bei mir im Wohnzimmer an der Wand.

Der Poet und die Kachel

Jetzt wird mir einiges erst klar -
Bis jetzt ich überzeugt nur war,
Dass unter uns weilt ein begabter Mann,
Der glänzend seine Verse schreiben kann...

Doch ist dies nur die halbe Wahrheit,
Bevor er schreibt, um zu gewinnen Klarheit
Stets zu ner Kachel an der Wand er schaut,
Die zwinkert ihm dann zu, so ganz vertraut...

Sie kennen sich, Poet und Kachel, mitlerweile,
Und miteinander haben sie nie Langeweile...
Ihre charmanten Zwiegespräche teilen sie uns mit -
Und wir? Wir arme, halten kaum noch mit...

Und wenn sie beide herzlich lachen wollen,
Dann meine Verse aus dem Forum holen:
Wort-Schatz der Kachel vorliest laut,
Die Kachel lacht - und auf die Schenkel haut...

:lachen: :lachen: :lachen:
 
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