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Ist Kirchhof doof?

R

Robin

Guest
Laut Spiegel sagte Paul Kirchhof, designierter Finanzminister der gescheiterten CDU/FDP:
Vom Wahlkampf zeigte sich der ehemalige Verfassungsrichter und Professor aber enttäuscht: "Es ist für mich eine wichtige Erfahrung, dass es nicht um die bessere Konzeption ging, sondern um die Macht."

Braucht ein 62-jähriger Wissenschaftler, Ex-Verfassungsrichter tatsächlich die praktische Erfahrung, um zu dieser umwerfenden Erkenntnis zu gelangen?
 
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bei einem gewissen vertrauen und glauben in die kompetenz diverser leute bzw. deren aufrichtigen willen deutschland zu helfen, ist es gut möglich das kirchhof im wahlkampf gemerkt hat: die, über die ich denke sie wollen für deutschland arbeiten, arbeiten für sich und ihre macht.
generell sollte der mann genug erfahrung mit macht missbrauch haben, ich denke er hatte in großes vertrauen in den willen wirklich was zu ändern, und wurde bitter enttäuscht.

ciao
 
Ouuups! What did I?

Danke für die Antwort, tosto.
Kann gar nichts weiter dazu sagen, weil nämlich: Ich wollte die Frage eigentlich als Umfrage stellen, fand es dann aber doch zu unwesentlich und dieser Beitrag ist dann aus Versehen hier noch reingerutscht.
Ich fand dieses Zitat realtiv kurios im spiegel online, aber Kirchhof und ich sind beide alte Heidelberger, da soll man nachsichtig sein und wir Heidelberger waren schon immer ein bisschen verträumt und weltfremd - ich z.B. stelle hier schon Beiträge aus Versehen rein :rolleyes:

:winken1:
 
Kirchhofs Steuerkonzept war so ziemlich das Beste und Konkreteste, was an Ideen in diesem vergangenen Wahlkampf aufgeboten wurde.

Aber egal - er wird sich nach diesem kurzen Ausflug wieder ganz der Wissenschaft widmen, während die Republik den Speichel leckt, der aus berufspolitischen Rednermündern tropft.

Der Bürger freilich geht davon ungehindert seinen Weg: wir sind tatsächlich so frei (und der Staat so stabil), daß wir auch mehr als ein halbes Jahr ohne Regierung auskämen.

"Doof" war im Wahlkampf nicht der machtpolitisch naive Kirchhof, sondern die CDU, die alle virtuosen Verleumdungs- und Lügenstrategien, die sie bisher so brillant vorgeführt hatte, ohne Gegenwehr den Sozialdemokraten überliess. "Doof" war die unkämpferische Naivetät der harmlos unkoordinierten "Ehrlichkeit" des CDU-Wahlkampfs.
 
Gaius schrieb:
"Doof" war im Wahlkampf nicht der machtpolitisch naive Kirchhof, sondern die CDU, die alle virtuosen Verleumdungs- und Lügenstrategien, die sie bisher so brillant vorgeführt hatte, ohne Gegenwehr den Sozialdemokraten überliess.
Das liegt daran, dass die Union bisher immer nur die
Politik der Regierung verrissen hat, selbst wenn sie
Entscheidungen mit getragen hat.

Dann hat Schröder sie gezwungen, mal selbst ein
Konzept vorzulegen statt immer nur zu blockieren.
Und dieses Konzept dann mal seinem Beschuss
auszusetzen.

Und er hat richtig eingeschätzt, dass Merkel dazu
total unfähig ist.

Camajan
 
Es ist seitens Kirchhof sicher gar nicht doof, seinen generellen Rückzug auch als Berater für eine potenzielle Regierung mit sagen wir "enttäuschtem Idealismus" zu begründen. Was soll er denn sonst sagen?

Die CDU war weniger dämlich, als vielmehr selbst nicht einig. Da haben viele der per se strukturkonservativen Mitglieder selbst die Hosen voll vor allzu viel Veränderung.

Und die Menschen schimpfen zwar gern auf die Kurzsichtigkeit der Politik, sind aber selbst nicht für mittel- oder gar langfristige Ziele (Visionen) zu begeistern.

Ich glaube übrigens nicht, dass Kirchhof Minister geworden wäre. Zudem ist er wohl doch zu wenig Generalist in Sachen Haushalt, Finanzausgleich, Konjunktur, Makroökonomie überhaupt...

Steuern allein sind nur ein Teil der "ganzen Wahrheit".
 
Zuletzt bearbeitet:
camajan schrieb:
Das liegt daran, dass die Union bisher immer nur die
Politik der Regierung verrissen hat, selbst wenn sie
Entscheidungen mit getragen hat.
Ja, dieser Aspekt gerät leicht in Vergessenheit. Vor allem in der ersten rot-grünen Legislaturperiode galt in der CDU die Parole, daß eine Opposition zwar kritisieren solle, aber selber keine Alternativen aufzeigen müsse. Seit der informellen Großen Koalition des Vermittlungsausschusses, der die Agenda 2010 ver- und behandeln musste, hat sich das jedoch deutlich geändert?

Sei's drum, Kirchhof ist Schnee von gestern (oder Tauwetter von übermorgen) - von Rückzug zu reden, trifft hier ja nicht: der wurde bloß vorgeführt, um vorzufühlen, ob eine flat tax von der Mehrheit der Wähler akzeptiert werden könnte. Blödsinnig unkämpferisch schien diese CDU - blödsinnig auch deswegen, weil sie viele ihrer strukturkonservativen Wähler ja gerade verprellt hat.

Oder geht es vielmehr darum, daß die CDU sich häuten muß, und darum den unbeweglichen, reaktionären Teil ihrer Wählerschaft abstößt - der läuft dann bestenfalls zur SPD über, nur so haben die Sozialdemokraten es auf 34 statt 27 Prozent gebracht *lol* - so wie Schröder es geschafft hat, die staatsgläubig-planwirtschaftliche Klientel der Altsozialdemokratie in die Arme der PDS zu treiben - und die Große Koalition macht dann von hinten durch die Brust ins Auge gemeinsame strukturkonservative Sache gegen Liberale wie auch gegen grüne oder dunkelrote Republikverbesserer. Alles ein abgekartetes Spiel, vielleicht.
 
Natürlich ist ein Paul Kirchof nicht "doof"

Man sträubt sich diesen Namen in einem Atemzug mit mit einem abwertenden Adjektiv auch nur zu lesen.
Das Problem für ihn war, dass er nicht erkannte, dass er das System gewechselt hat. Das System des Politischen - da geht es in der Tat primär um Macht, weil nur diese befähigt, das Gewünschte umzusetzen ist grundlegend verschieden vom System der Wissenschaft, die der Wahrheitsfindung zu dienen hat.
Wir hatten dies Problem schon einmal. Ich glaube es war 1983. da machte H. Kohl die renomierte Gerontologin - eigenartiger Weise wieder aus Heidelberg - Prof.Dr.Ursula Lehr (CDU) zur Ministerin für Famile, Senioren und Jugend.Ein paar Wochen später erklärte sie in aller Unschuld, dass die BRD auf dem Gebiet der Altenpolitik noch ein Entwicklungsland sei. Doch dafür trug die CDU jahzehntlang die Verantwortung. Die Gute hatte nicht beachtet, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, vom Katheder einer Universität etwas zu verkünden - ob richtig oder falsch, sei dahingestellt - oder als Repräsentant einer Partei für bestimmte Fragen, eingebunden in die Kabinettsdisziplin. - Etwa zur Mitte der Legislaturperiode durfte sich diese Ministerin beim Bundespräsidenten ihre Entlasungsurkunde abholen.
 
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Ziesemann schrieb:
Das Problem für ihn war, dass er nicht erkannte, dass er das System gewechselt hat. Das System des Politischen - da geht es in der Tat primär um Macht, weil nur diese befähigt, das Gewünschte umzusetzen ist grundlegend verschieden vom System der Wissenschaft, die der Wahrheitsfindung zu dienen hat.

Ein Aspekt über den ich nie nachgedacht habe, dass man sich da so zu sagen auf einem ganzen anderen Parkett plötzlich bewegt.

Aber erkennen wir da nicht auch einen gravierenden Fehler der Politik, die sich nicht genug in ihren Entscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen stützt, nicht zur genüge die Erungenschaften der Wissenschaften einfliessen lässt?

Und zu Ursula Lehr:

Ziesemann schrieb:
.... hatte nicht beachtet, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, vom Katheder einer Universität etwas zu verkünden - ob richtig oder falsch, sei dahingestellt - oder als Repräsentant einer Partei für bestimmte Fragen, eingebunden in die Kabinettsdisziplin.

Nun ja, eben das verblüfft mich. Ist da nicht doch ein grundsätzlicher Fehler der Politik zu erkennen und vielleicht auch die Ursache für das Scheitern so vieler Reformen?

Man kann vielleicht im Wahlkampf durch Themen die man anspricht, sogar durch geschickte Parolen, Stimmen für sich gewinnen. Aber wenn man zur Tagesordnung übergeht, wenn Reformen und Gesetze formuliert und verabschiedet werden, sollte sich das auf einer wissenschaftlichen Basis stützen.
 
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