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Fatale Unruhen in Frankreich!

tosto schrieb:
Es würde mich wirklich stark interessieren, besonders weil das Thema ja zu einhundert Prozent mit den Krawallen zu tun hat: es sind die selben Menschen die im Stich gelassen wurden, die selben Menschen um die man sich erst kümmert, wenn das Kind im Brunnen liegt, die selben Menschen die ausgeschlossen sind aus der Gesellschaft (das Wort Parallelgesellschaft passt hier perfekt, aber teilweise in anderem Sinne wie es derzeit oft in Bezug auf Muslimische Einwanderer gebraucht wird: in Frankreich hat man sich sicher nicht freiwillig ausgeschlossen...)

Hallo tosto.
Was macht dich da so sicher?
Das Wort "Prallelgesellschaft" impliziert ja, dass die Einwanderer in den banliues (ich werde sie der Kürze halber in Zukunft "Beurs" nennen, ich hoffe, dass ist keine Beleidigung) eine eigene Kultur entwickelt haben müssen, eigene Gesellschaftsstrukturen entwickelt haben müssen.
Sicher, sie wollen Teilhabe. Aber wollen sie auch Integration? Dass ein Teilhabenwollen am Wohlstand und eine gleichzeitige Ablehnung der Werte kein Widerspruch sind, ist doch nun wirklich oft genug bewiesen worden.

In dem Problem wird von einer falschen Hierarchie ausgegangen: Nämlich auf der einen Seite sei die große Gesellschaft Frankreich, die allein über Inklusion/Exklusion zu entscheiden habe. Und darunter die kleine Gesellschaft der EInwanderer, die sich der Entscheidung, ob sie ausgegrenzt wird oder nicht, ausgeliefert sieht.
Aber es ist doch glasklar, dass die beurs eigene Mechanismen der Desintegration besitzen können. Und die finden sicher Anwendung im täglichen Leben.

Du sprichst völlig korrekt von Anerkennung. Ich will noch einmal das Beispiel Asiaten/USA anbringen, nicht wegen einer historischen Vergleichbarkeit, sondern weil man dort sieht, dass Anerkennung und Integration nichts miteinander zu tun haben müssen. Die Asiaten dort haben sich auf ihre ureigensten Stärken besonnen. Sie finden Anerkennung dadurch, dass sie sich selbst helfen, keine Belastung darstellen und werden geschätzt für bestimmte Dienstleistungen und Produkte. Nur ein recht geringer Prozentsatz geht wirklich im american way of life auf.
Der UNterschied ist, dass hier Parallelgesellschaft als Risiko angesehen wird und dort nicht. Warum?

Offensichtlich ist es eine neuere Form moderner Gesellschaften, dass eine neue Art der Segmentierung stattfindet. Eine Segmentierung anhand ethnisch-kultureller Grenzen. DIese scheinen hierarchisch zu sein - das müssten sie aber nicht.
Selbstbewusstsein durch Anerkennung. Das ist aber eine paradoxe Angelgenheit. Denn wenn man jemandem das Gefühl gibt, auf Selbstbewusstseinsförderung angewiesen zu sein, könnte sich das negativ auf sein Selbstbewusstsein auswirken...

Vielleicht ist der Kern asiatischer Kultur eine innere Stärke - selbst wenn diese darauf beruht, auf keinen Fall das Innenleben preiszugeben und das Gesicht zu verlieren, lieber zugrunde zu gehen, als sich helfen zu lassen.

Der Kern islamischer Kultur könnte eher in einer Schwäche liegen, die darin liegt, vom Westen, dem man sich Jahrhunderte lang überlegen geglaubt hatte, überholt worden zu sein - und dies nicht wahrhaben zu wollen. Daher muss man dann umso mehr auf die Aufrechterhaltung interner, repressiver Strukturen beharren. Und daher ist man dann als Einwanderer im fremden Land noch konservativer als im Herkunftsland (wie es zum Beispiel mit türkischen Einwandern in Deutschland oft der Fall ist.)

Ob das jetzt stimmt, was ich sage :confused: Aber es bleibt eine These: Man kann Selbstbewusstsein nur von innen her aufbauen.

P.S. Das alles widerspricht natürlich eklatant meiner Aussage, dass alles habe wenig mit dem Islam zu tun - ich schreibe halt trotzdem weiter, obwohl ich im Trüben fische...Thesen, Anregungen...
 
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Robin schrieb:
P.S. Das alles widerspricht natürlich eklatant meiner Aussage, dass alles habe wenig mit dem Islam zu tun - ich schreibe halt trotzdem weiter, obwohl ich im Trüben fische...Thesen, Anregungen...

Nach meiner Meinung können wir über dieses komplexe und vielschichtige Problem nur diskutieren, indem wir uns bewusst sind, dass wir im Trüben fischen, Mutmassungen äussern, Thesen aufstellen und sie verwerfen. Und tatsächlich sind das dann letztendlich Anregungen, Denkanstösse.

Robin schrieb:
Der Kern islamischer Kultur könnte eher in einer Schwäche liegen, die darin liegt, vom Westen, dem man sich Jahrhunderte lang überlegen geglaubt hatte, überholt worden zu sein - und dies nicht wahrhaben zu wollen. Daher muss man dann umso mehr auf die Aufrechterhaltung interner, repressiver Strukturen beharren. Und daher ist man dann als Einwanderer im fremden Land noch konservativer als im Herkunftsland (wie es zum Beispiel mit türkischen Einwandern in Deutschland oft der Fall ist.)

Wir können ja nicht von einer allgemein gültigen Werteskala sprechen. Wenn es eine solche gäbe, dann könnte man auch die These einer westlichen Gesellschaft aufstellen die überlegen der islamischen Welt wäre. Aber es geht doch hier um die Art wie sich diese Kulturen selbst wahrnehmen - und ich wüsste nicht welche Werte, aus der islamischen Perspektive gesehn, (gefällt mir nicht der Ausdruck!), den Westen als überlegen erscheinen liessen. Ich denke eher, dass es diese enorme Diskrepanz ist (ohne einer Wertung), nur als unterschiedlich zu verstehn, die eigentlich ein Miteinander so schwierig macht.

Es kommt noch eines dazu, was man immerwieder übersieht: die jüngere Generation, zu der auch die Unruhestifter gehören, wächst tatsächlich in einer Schizophrenie auf: mitten (auch wenn eher am Rande!) in einer Gesellschaft, die nicht im geringsten den Wertevorstellungen ihrer Eltern und Großeltern entspricht, aber noch dicht bei ihren Familien, meist sogar noch mitten in ihren Familien, die nichts von der Kultur ihrer Ursprungsländer abgelegt haben. Welche Spannungen dies erzeugt, erfahren wir eigentlich nur wenn dramatische Ereignisse stattfinden, wie Morde an jungen Musliminen, die sich aus der alten Tradition losreissen wollten. Aber die Konfliktsituation, die diese Generation Tag für Tag wahrscheinlich erlebt, die bekommen wir ja gar nicht mit.

Robin schrieb:
Aber es bleibt eine These: Man kann Selbstbewusstsein nur von innen her aufbauen.

Erfordert das nicht sehr viel Kraft und auch die Fähigkeit zur Reflexion? Wie viele der deutschen Jugendlichen gehen einen solchen Weg?
 
hallo robin,

ja. mit deiner these hast du recht: selbstbewußtsein kann man nur von innen her aufbauen.

das problem hierbei sind jedoch die äußeren einflüsse. selbst wenn ein jugendlicher alle "anlagen" hat um selbstbewußtsein aufzubauen, wenn er im elternhaus gefördert wurde und sein wesen gestärkt wurde, selbst dann kann es zue einem unterentwickelten selbstbeußtsein oder zu einem massiven einbruch bei bestehendem selbstbewußtsein kommen, wenn die äußeren umstände es nicht zulassen.

und miriam, ich gebe dir absolut recht, daß auch - und gerade - viele deutsche jugendliche nicht den weg gehen der zu einem eigenen, starken selbstbewußtsein führt. selbstbewußtsein läßt sich nicht aus konsum begründen sondern aus eigener tat, aus mißerfolg - reflexion - erfolg, im idealfall unterstützt von eltern und sozialer umgebung. aber vieviel eifacher ist es den erfolg und das selbstbewußtsein anderer (z.b. im tv) zu konsumieren, vor allem wenn von der elternseite her das fordern (fördern kommt von fordern ...) fehlt. wenn die kraft zum fördern und fordern fehlt. wenn das eigene selbstbewusstsein fehlt. vielleicht spielt da auch mit hinein, daß generationen von deutschen schülern ein schuldgefühl, eine scham, ... für taten von vorgenerationen anerzogen, ja fast eingeprügelt wurde. eine möglichkeit der äußeren stütze von selbstwertgefühl, von stolz und daraus resultierend - von selbstbewusstsein - wurde genommen.
wäre es nicht viel sinnvoller gewesen stolz auch von außen her zu fördern? hätte dann nicht die geschichte des "dritten reiches" von ganz anderem - moralisch überlegenem - standpunkt aus betrachtet werden können? hier wäre doch jegliche identifikation über den weg des "tätervolkes" mit der damiligen politik ausgeschlossen gewesen. aktionen wie "du bist deutschland",um mit blosen worten die karre aus dem dreck zu ziehen, sind überflüssig wenn selbstbewusstsein im kleinen wie im großen vorhanden sind.
und selbstbewusstsein hat gewalt nicht nötig!

bei den ausländischen - hier speziell moslemischen, männlichen - jugendlichen sehe ich das genaue gegenteil. diese erfahren in der familie eine erziehung zu stolz und selbstbewusstsein (stolz auf die islamische religion, ihre familie, ihre herkunft, ihre männlichkeit). entsprechend treten sie auch in unserer gesellschaft auf, müssen aber bald erkennen daß diese werte bein uns nichts zählen. daß sie mit diesen werten und grundlagen ihres stolzes in unserer gesellschaft nichts sind. hier zählt: "mein auto, mein haus, mein boot (,meine bildung?)". daß durch diese erfahrungen und die (meist) mißerfolge auf den siegeszug aufzuspringen eine schnell zerstörung des früh erworbenen selbstbewusstseins erfolgt, das ist offensichtlich. wenn hier kein ventil vorhanden ist, dann ist gewalt die folge.

ich kann nicht erkennen warum deutschland auf anderem wege sein soll ald frankreich. alles eine frage der zeit ...

befürchtenderweise
dex
 
Robin schrieb:
Sicher, sie wollen Teilhabe. Aber wollen sie auch Integration? Dass ein Teilhabenwollen am Wohlstand und eine gleichzeitige Ablehnung der Werte kein Widerspruch sind, ist doch nun wirklich oft genug bewiesen worden.
Einge wollen nur den Wohlstand, das ist sicher, die meisten haben aber die Parallelkultur entwickelt, bzw. leben sie mit, nachdem ihnen der Zutritt zu der vorherrschenden Kultur der Franzosen verwehrt wurde.
Das sich Islam und Christentum verinbaren lassen dürfte auch in dieser Weltgeschichte schon bewiesen sein, das sich innerhalb der einzelnen Religionen sogar schon gegeneinander verfeindete Abspaltungen gebildet haben, könnte dies sogar noch bestärken.
Ob sie heute Integration wollen ist fraglich, sie haben eines gelernt: die Franzosen wollen uns nicht.
Das sie zu dieser Gesellschaft, mi ihrem Wohlstand, gehören wollten, das kann man aber nur den wenigsten absprechen.
Jugendliche die unbedingt in eine Clique wollen kaufen sich auch die entsprechenden Kleidungsstücke oder tuen entsprechende Dinge "um dazu zu gehören".

In dem Problem wird von einer falschen Hierarchie ausgegangen: Nämlich auf der einen Seite sei die große Gesellschaft Frankreich, die allein über Inklusion/Exklusion zu entscheiden habe. Und darunter die kleine Gesellschaft der EInwanderer, die sich der Entscheidung, ob sie ausgegrenzt wird oder nicht, ausgeliefert sieht.
Dem ist so.
Integration ist niemals einseitig.
Aber wenn eine Seite nicht hundertprozentig will, dann ist sie auch schon gescheitert.

Du sprichst völlig korrekt von Anerkennung. Ich will noch einmal das Beispiel Asiaten/USA anbringen, nicht wegen einer historischen Vergleichbarkeit, sondern weil man dort sieht, dass Anerkennung und Integration nichts miteinander zu tun haben müssen. Die Asiaten dort haben sich auf ihre ureigensten Stärken besonnen. Sie finden Anerkennung dadurch, dass sie sich selbst helfen, keine Belastung darstellen und werden geschätzt für bestimmte Dienstleistungen und Produkte. Nur ein recht geringer Prozentsatz geht wirklich im american way of life auf.
Für mich bedeutet Integration nicht dass man sich dann so verhält wie es das Gros der Gesellschaft in die man Integriert wurde tut (hier ist übrigens wieder der Punkt auf "Individualisierung"...)
Integration, besonders in einer Gesellschaft die Individualisiert sein will, bedeutet Hauptsächlich anerkannt zu werden, als Teil der Gesellschaft akzeptiert zu werden, nicht als Teil der Gesellschaft der Bankiers oder Handwerker, sondern einer alle Menschengruppen übergreifenden Gesellschaft, deren gemeinsame Punkte nicht überwiegen in der Quantität, aber in der Qualität, eine Gesellschaft in der die Menschen akzeptiert werden wie sie sind, als Person, als Individuum.
In den USA werden die Asiaten aufgrund der Leistungen die sie für die US-Gesellschaft bringen anerkannt und akzeptiert.
Auch in Frankreich werden solche Menschen akzeptiert, man schaue sich die Fußballstars an.
Und dann den Blick bitte auf die Franzosen werfen, auch in ihren Reihen finden wir dann Menschen die nicht voll und ganz akzeptiert werden, z.b. Arbeitslose (das Phänomen können wir bei uns auch erkennen, sie werden aber zumindest derzeit noch nicht so ausgeschlossen wie die Einwanderer)
Vielen der Einwanderer hat man nie die Chance gegeben sich so zu Positionieren, dass sie aus der Masse wieder herausstechen und als Nicht-Franzosen trotzdem anerkannt werden.

Und daher ist man dann als Einwanderer im fremden Land noch konservativer als im Herkunftsland
Ja, die eigene Kultur will um jeden Preis geschützt werden, ist das nicht bei allen so?

Aber es bleibt eine These: Man kann Selbstbewusstsein nur von innen her aufbauen.
Man kann aber von außen her nachhelfen.
Eine Person die ganze Zeit klein zu halten, zu demütigen, ihr zu zeigen, sie ist nichts im Gegensatz zu einem selbst, ein nicht vorhandenes Selbsbewusstsein wird dann erst recht nicht gebildet.
Einer Person aber zu zeigen was in ihr steckt, sie dazu zu bringen selbst zu erkennen wer sie ist, das stärkt das Selbstbewusstsein. Natürlich kommt die Stärkung weiterhin von innen, sie kann aber auch von außen her beeinflusst werden, Positiv wie Negativ.



dextra schrieb:
bei den ausländischen - hier speziell moslemischen, männlichen - jugendlichen sehe ich das genaue gegenteil. diese erfahren in der familie eine erziehung zu stolz und selbstbewusstsein (stolz auf die islamische religion, ihre familie, ihre herkunft, ihre männlichkeit). entsprechend treten sie auch in unserer gesellschaft auf, müssen aber bald erkennen daß diese werte bein uns nichts zählen. daß sie mit diesen werten und grundlagen ihres stolzes in unserer gesellschaft nichts sind. hier zählt: "mein auto, mein haus, mein boot (,meine bildung?)". daß durch diese erfahrungen und die (meist) mißerfolge auf den siegeszug aufzuspringen eine schnell zerstörung des früh erworbenen selbstbewusstseins erfolgt, das ist offensichtlich. wenn hier kein ventil vorhanden ist, dann ist gewalt die folge.
Und daran wird sich diese Gesellschaft aufhängen, ganz ohne das wirkliche zutun z.B. der Muslime.
Die Arbeitslosen, welches Auto können sie vorweisen, welches Haus, welches Geld, welche Statussymbole, welche Erkennungsmerkmale ihrer Selbst in dieser Gesellschaft?
Sie können demnächst immer mehr Bildung und ehemaliges vorweisen, einige können sicher auch eine Menge an Statussymbolen vorweisen, sie bilden aber eine klare Minderheit.
Diese Gesellschaft mit ihrem Materialismus achtet nicht auf die so groß geschriebende Individualisierung die genau solche Prozesse verhindern könnten, in dieser Gesellschaft zählt nur "Mein Haus, mein Auto, mein Boot".
Deinem letzten Satz kann ich nur zögernd zustimmen: gerade das Selbstbewusstsein, gerade der Stolz verhindern doch das man in Gewalt die Lösung sucht: aus Stolz sich damit ein ein materielles Niveau der jenigen gegen die sich der Hass richtet zu lassen, also durch das Hengen des Mörders selbst zum Mörder wird.
Dazu gehört natürlich eine gewisse Ideologie, diese würde ich aber bei entsprechendem Stolz und Selbstbewusstsein als vorhanden ansehen; die Familienfehden mit Ehrverletzungen usw. zeigen für mich einen nicht voll und ganz ausgebildeten Stolz: durch den Stolz sollte man über den dingen stehen, auch weil man sich besser sieht als andere.
Ich glaube ich setze da zusehr eine pazifistische Ideologie vorraus...



Miriam schrieb:
Wir können ja nicht von einer allgemein gültigen Werteskala sprechen. Wenn es eine solche gäbe, dann könnte man auch die These einer westlichen Gesellschaft aufstellen die überlegen der islamischen Welt wäre. Aber es geht doch hier um die Art wie sich diese Kulturen selbst wahrnehmen - und ich wüsste nicht welche Werte, aus der islamischen Perspektive gesehn, (gefällt mir nicht der Ausdruck!), den Westen als überlegen erscheinen liessen. Ich denke eher, dass es diese enorme Diskrepanz ist (ohne einer Wertung), nur als unterschiedlich zu verstehn, die eigentlich ein Miteinander so schwierig macht.
Meines erachtens nach hat die westliche Kultur nur einen entscheidenen Schritt zuerst getan: den weg Richtung Materilaismus als Maß für die Menschen und das was sie sind.
Gewisse Abhängigkeiten, z.B. erstellt durch Kriege und Sklaverei, oder auch nur dem Handel den es immer schon gab, auch zum überleben wichtig war und ist, diese Dinge haben dann dazu geführt das auch die anderen Gesellschaften nachziehen mussten, das materialistische Denken sich durchsetzte, die Kulturen verschommen und wir nun da stehen wo wir heute sind: eine Gesellschaft gespalten zwischen mehreren Lagern, deren Vereinigung der Materialismus ist, in Ablehnung wie auch Anerkennung, die aber zum überleben dringend auch auf die gegnerische Partei angewiesen sind.
Deswegen mag der Westen überlegen scheinen, gemessen an den Gütern die er hat und die Vergangenheit auf die man mit gemischten Gefühlen blicken kann.
Ob er überlegen ist lässt sich nur anhand der von dir angesprochenen Werteskala festlegen: was ist für wen wichtiger?

In einem Artikel über Atolle stand das Zitat eines Königs über eine Vielzahl solcher Inseln:
"Gott schuf die Welt in sechs Tagen und gab all den Völkern was sie brauchten, am siebten Tag aber war er so müde, dass er den Amerikanern nur noch das Materielle geben konnte"
(so oder so ähnlich)

ciao
 
Miriam schrieb:
Wir können ja nicht von einer allgemein gültigen Werteskala sprechen. Wenn es eine solche gäbe, dann könnte man auch die These einer westlichen Gesellschaft aufstellen die überlegen der islamischen Welt wäre. Aber es geht doch hier um die Art wie sich diese Kulturen selbst wahrnehmen - und ich wüsste nicht welche Werte, aus der islamischen Perspektive gesehn, (gefällt mir nicht der Ausdruck!), den Westen als überlegen erscheinen liessen.

Ich dachte hier nicht unbedingt an Werte (die Werte der Christen unterscheiden sich kaum von denen des Islam), sondern an tatsächliche Überlegenheit.
Louis de Bernieres schildert in seinem historischen Roman die Situation im osmanischen Reich, zu der Zeit, als Atatürk die Bühne betritt. Damals lebten Christenund Muslime mehr oder weniger friedlich zusammen. Es gab aber eine klare Arbeitsteilung: Die Muslime waren praktisch nur Bauern, bzw. Grundbesitzer und einfache Handwerker. Die CHristen hatten das höhere Handwerk inne, sie waren Händler, Ärzte und FInanziers.
IN den Schulen lernten Muslime nichts außer den Koran auswendig.
Die Christen lernten Lesen und Schreiben. Als es zum Exodus der Christen kommt (Vertreibung und Völkermord) wird das Reich in technologischer Hinsicht um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Eine historische Analyse des Dialogs zwischen Islam und Christentum zeigt eine starke Asymmetrie. Während die Europäer seit dem Mittelalter oft mit Bewunderung von den Erungenschaften des Islams sprechen, herrscht von anderer Seite (mit ein paar positiven Ausnahmen) Ignoranz und Arroganz. Das geht so lange, bis das Christentum vom Islam gelernt hat und ihn schließlich überholt. Der Islam, mit dem Dogma, alle anderen seien Ungläubige und damit nichts wert, saß in der Falle.
Wenn jetzt Leute nach Bildung für die Muslime rufen, okay - aber man bedenke, dass die islamische Erziehung, das islamische Ideal jahrhundertelang selbst das Lesen für die breite Bevölkerung für unsinnig hielt. Bitte bedenkt das doch mal, wenn ihr hier von den hohen Werten des Islam redet!

Ich finde die Deutung unsinnig, dass technologischer Fortschritt mit Misstrauen beäugt wird oder zumindest immer mit dem Makel Konsumgeilheit belegt wird.
Wir profitieren hier von den herausragenden Erzeugnissen asiatischer, europäischer oder amerikanischer Hersteller, indem wir auf unsere Tastaturen hauen.
Eure Reflexe, Miriam, dextra und tosto, nur weil der Islam technologisch und wissenschaftlich hinterherhinkt, müsse er daher irgendwie moralisch ("Stolz" "Herkunft" "Männlichkeit") überlegen sein, ist unbegründet.
Vielmehr ist der Islam jetzt verstärkt gezwungen die offensichtliche Differenz Überlegenheit/Unterlegenheit durch die Differenz moralisch/verderbt vertuschen. Weil er sich vor den Männern, die genauso geil auf schöne Autos und Computer sind, den Frauen, die auf soziale und medizinische Fortschritte aus sind, rechtfertigen muss.

Ich vertrete hier eine These, die sich von der unterscheidet wie sie Gysi vertritt: Der Grund der Gewalt und der Destruktivität dieser Kultur liegt nicht in den SUren des Islam oder darin, dass der "Kameltreiber" Mohamed ein Kriegsherr war; sondern dass die bornierte und erstaunlich primitive Religion die Kultur zu Erstarrung und Stillstand gebracht hat. Das erzeugt Spannungen, die so repressiv untrerdrückt werden, dass sie sich nur noch gegen das Fremde richten können. Es ist eine Gewalt mangelnder Souveränität und Selbstbewusstseins.
Die mohamedanische Religion hat die orientalische Kultur (die natürlich nicht primtiv war - und auch nicht lustfeindlich "gegen den Konsum eingestellt") in Ketten gelegt. Der Orient, uns vor allem in Astronmie, Mathematik u.a. überlegen, fiel in Erstarrung.

Selbst jene islamischen Länder, die durch die Fügung der Ölfunde steinreich geworden sind, haben es nicht geschafft, konkurrenzfähige Strukturen aufzubauen. Sie müssen alles importieren - selbst die Wissenschaftler. Und wen sie nicht aufpassen, ist das Öl alle, bevor sie interne Reformen zu einem sinnvollen Ende bringen können.

Und, so meine These: Vieles dieser Erstarrung, der Unfähigkeit zu lernen (auch: sich anzupassen, was lernen auch heißen kann) lebt in der Kultur muslimischer Einwanderer weiter - nicht immer als Dogma oder als Ideal, vielmehr als unbewusste Strukturen, Mentalität, Phlegma.
 
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aber man bedenke, dass die islamische Erziehung, das islamische Ideal jahrhundertelang selbst das Lesen für die breite Bevölkerung für unsinnig hielt. Bitte bedenkt das doch mal, wenn ihr hier von den hohen Werten des Islam redet!
Aus diesem Grund gab es einen Martin Luther der sich dafür einsetzte die Bibel aus dem nur wenigen Menschen geläufigen Lateinischen ins Deutsche bzw. die Muttersprache zu übersetzen.
Auch im Islam gab es immer wieder einzelne die so handelten, das lesen des Korans ist, soweit ich weiß, nicht all zu jung, auch nicht für die breite Masse.

Der Islam, bzw die arbaischen Länder waren im Mittelalter den christlichen Ländern weit aus überlegen, wie du ja auch schon festgestellt hast.
Sie waren ihnen auch überlegen in diversen Weltanschauungen: die Christen eroberten Jerusalem und veranstallteten ein Blutbad, die Muslime eroberten es zurück und ließen Gnade walten vor den gefangen Christen. Allerdings auch nicht immer...

Die Überlegenheit der christlich geprägten Länder setzte erst viel später ein, sehr spät.
Zurückzuführen ist dies auf arbeiten wie derer Martin Luthers: Bildung und Wissen sowie Freiheit für die breite Masse. Vieles hat sehr lange gedauert, aber es gab z.B. die Industrialisierung, hervorgerufen dadurch das Bildung und Wissen einer priveligierten Gesellschaft offen standen, die nun nicht mehr Kirche hieß.
Dem Islam fehlte dies zu dem Zeitpunkt, er hatte es aber auch schon davor gehabt, als die Christen es nicht hatten, die Mathematik wurde angesprochen, oder auch simple Dinge wie das Waschen um sich auch vor Krankheiten zu schützen, kannten die Christen nicht wirklich.

Die versuchte Beherrschung des Islams durch die Christen hat auch entscheidend dazu beigetragen das der Islam in vielen Dingen sich nicht so entwickeln konnte wie das Christentum: in schwierigen Zeiten suchen die Menschen immer Schutz in der Religion, die in beiden Fällen einschränkend wirkt, auch um aus der Angst der Menschen am Leben zu bleiben, das können wir ja gerade zur Zeit beobachten.
Ein gewisses zurückziehen auf den Islam und daran festhalten bzw. festhalten an dem was die Geistlichen sagen, ist wirklich nicht unverkennbar und kann aufgrund der Geschichte den Muslimen sogar nur schwer verübelt werden, wer anders denkt solle bitte schauen was Christen in Zeiten der Angst getan haben, die Langezeit Bindung ist sicher nicht so stark man war aber sicher auch nie so lange in Angszuständen durch andere gehalten wurden, durch vollkommen Fremde.

Dies ist allerdings keine Rechtdertigung für Mord und Totschlag oder das Unterdürcken von Menschen, für keine Religion kann ich das rechtfertigen!

ciao
 
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