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Evolution: Zufall oder "Intelligent Design"

Robin schrieb:
Hallo!

.... warum sich Gott denn so etwas Kompliziertes ausgedacht haben soll, wie eine gefakte Evolution?
Damit meine ich, da ja Evolution Variation und Selektion bedeutet, dass er quasi Variaitionen vorgetäuscht hat (um wen zu täuschen?), da die Selektion ja schon feststand, laut Plan?! Eine Evolution laut Plan ist einfach ein Widerspruch in sich. Evolution selbst ist ja ein Dualismus (Variation/Selektion), da kann man dann nicht noch einen göttlichen Plan hinzunehmen und sagen, das sei auch noch Dualismus, so ne Art Doppeldualismus.................................................................
......................................................................................
Bei mir bleibt folgendes hängen:
Immer wieder diese enorme Anmaßung von Kirchenvertretern, wissen zu können, was sich Gott wie gedacht hat (früher war es eben die Schöpfung in 7 Tagen, nun die Evolution nach Plan usw.).
Der hier nur angedeutete Vorteil der Evolutionstheorie, dass sie sich nicht nur auf die biologische Evolution anwenden lässt, sondern als allgemeines Konstitutionsprinzip auch auf die Entwicklung von Gesellschaft, die Entwicklung von Ideen (Ideenevolution), die Enwicklung von politischen Systemen usw. Ich finde, nur auf die Biologie angewendet, wird die Evolutionstheorie unterbewertet........

Hallo Robin,

dein Beitrag gefällt mir sehr gut, und ich hoffe, dass du mir die Zerstückelung deines Textes nicht übel nimms.
Ich wollte auf dieser Weise nur die für mich (also subjektiv) wichtigsten Gedanken stehen lassen.

Das raffinierte Vortäuschen der Variationen ist einer dieser sehr logischen Gedanken in deinen Text. Schon darin ist die ganze unlogische Aussage des Kardinals diesbezüglich resumiert.
Manchmal erinnert mich das ganze an das köstliche Buch von Leszek Kolakowski, "Der Himmelsschlüssel", dessen erstes Kapitel "Gott- oder der Widerspruch zwischen den Motiven und Folgen menschlicher Handlung" heisst. Kennst du das Buch? Dies ist das Werk eines bedeutenden Philosophen, der sich auch gerne mit religiösen Fragen, besser gesagt Positionen, auseinander gesetzt hatt, und uns auf witziger (aber tiefsinniger) Weise erklärt, was Gott sich alles so gedacht hat.

Ja, der Doppeldualismus: wer hätte das gedacht? Aber der Gedanke ist auf dieser Weise logisch zu Ende geführt.

Nun, die Evolutionstheorie, so wie von Darwin gedacht und in der Folge weiterentwickelt, ist m.E. in toto nur auf biologische Systeme anwendbar, nicht auch auf gesellschaftliche Strukturen oder Entwicklungen.
Vergessen wir doch nicht, dass bei all diesen Entwiklungsprozessen der Gesellschaft, der Mensch mit seiner Ratio auch beteiligt ist. Dass dies nicht immer von Vorteil ist, das wissen wir mitlerweile. Aber das ist, denke ich so spontan, der grosse Unterschied: das Leben auf unseren Planeten, dass sich zwischen Variation und Selektion entwickelt, die gesellschaftlichen Prozesse, in denen der Mensch auch bewusst eingreift.

Auch wenn wir uns diese Unterschiede vergegenwärtigen, verstehen wir nochmals, etwas anders, warum die vom Kardinal Schönborn vertretene Position so irreführend ist. Denn in seiner Auffassung, bekommt ja die Evolution schon gesellschaftliche Züge, jemand greift da mit einem Plan ein.

Ich glaube aber nicht, dass dies seine "Antrittsrede" für einen höheren Posten ist. Dies wäre noch sehr harmlos. Ich denke eher, dass es die Tendenz wiederspiegelt, die von manchen Kreisen aus den USA zu uns hinübergreift, durch die die Kirche mehr Einfluß nehmen möchte in unterschiedlichen Bereichen, die wirklich nichts mit Theologie zu tun haben.

MfG

Miriam
 
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@Robin

.

Bei einer Zusammenführung von göttlichem Plan und Evolution muss man nicht unbedingt
die Schlussfolgerung einer "faked evolution" ziehen.

Geht man beispielsweise davon aus, dass es auch im Lager der Kreationisten verschiedene Strömungen
gibt, dann könnten sich etwa moderate Kreationisten damit begnügen, dass von einem Schöpfer die
Anfangsbedingungen und die wirksamen Naturgesetze festgelegt wurden, die weitere Entwicklung
dann aber in groben Zügen so "gelaufen" ist, wie das vom Darwinismus dargestellt wird.

Moderate Kreationisten müssten also nicht unbedingt einen "Ablauf der Evolution nach Plan"
postulieren, sie könnten auch eine "Evolution mit geplanter Initialzündung" meinen.

Eine solche Kombination von Evolution und göttlichem Plan könnte etwa spinnwebwald mit dem
"sowohl als auch" angesprochen haben.

Der eigentliche Gegenpol zur Evolutionstheorie wäre dann der Extrem-Kreationismus.


Für die Extrem-Kreationisten hat anscheinend ein Schöpfer vor etwa drei Milliarden Jahren
einen Haufen Atome in einer Schüssel verrührt,
ihnen Leben eingehaucht,
und sie dann in die grosse weite Welt hinausgeschickt, mit dem Auftrag:
"So meine lieben Kinder, jetzt tut euch mal schön vermehren und weiterentwickeln,
auf dass ihr dereinst als Homo sapiens sapiens mein Ebenbild sein könnt !"


Etliche dieser Atome haben es auch tatsächlich geschafft, diese höchste Entwicklungsstufe zu erklimmen.
Die sind jetzt stolze Bausteine eines Homo sapiens sapiens.

Obwohl die absolute Anzahl an Atomen, die diesen Aufstieg geschafft haben, ja durchaus bemerkenswert ist,
wird der relative Anteil einen angewandten Fundamentalisten und Maschinenbauer wohl nicht beeindrucken.
Über gängige Bewertungskriterien für Konstruktionen, wie Wirkungsgrad oder Schöpfungseffizienz, sollte man
deshalb mit Extrem-Kreationisten lieber nicht reden.


Zwischen den moderaten Kreationisten und den Extrem-Kreationisten müssten sich die Geister an der Frage
scheiden, ob vom Schöpfer von Anbeginn an eine Entwicklung hin zum Homo sapiens als Endziel vorgegeben
wurde, oder der Homo sapiens halt eines der vielen Zwischenergebnisse oder Nebenprodukte einer ständig
fortschreitenden Entwicklung ist
(wobei ebensogut auch Viren, Bakterien, Ameisen, Ratten, Wale, oder auch nur egoistische Gene,
das Entwicklungsziel sein könnten, so denn überhaupt ein Ziel vorgegeben ist).


Wozu eine Teil-Mitwirkung eines Schöpfers an der Evolution gut sein soll,
das wissen allerdings auch nur die Götter,
bzw. jene Kirchenmänner, die in ständigem telephonischen Kontakt mit einem der vielen Götter stehen.


Das musste auch einmal mit aller Klarheit gesagt werden.
 
@Miriam

[....]
Nun, die Evolutionstheorie, so wie von Darwin gedacht und in der Folge weiterentwickelt,
ist m.E. in toto nur auf biologische Systeme anwendbar,
nicht auch auf gesellschaftliche Strukturen oder Entwicklungen.

Vergessen wir doch nicht, dass bei all diesen Entwiklungsprozessen der Gesellschaft,
der Mensch mit seiner Ratio auch beteiligt ist.
Dass dies nicht immer von Vorteil ist, das wissen wir mitlerweile.
Aber das ist, denke ich so spontan, der grosse Unterschied:
das Leben auf unseren Planeten, dass sich zwischen Variation und Selektion entwickelt,
die gesellschaftlichen Prozesse, in denen der Mensch auch bewusst eingreift.
Ich verstehe nicht, warum der Mechanismus der Evolution (Variation gefolgt von Selektion)
nicht auch bei gesellschaftlichen Entwicklungen wirksam sein soll.

Dass bei Entwicklungen der menschlichen Gesellschaft der Mensch sowohl als Initiator der Variation
fungiert - schliesslich ist er ja auch der "Schöpfer" der gesellschaftlichen Strukturen - als auch aktiv
die Selektion betreibt, ändert meinem Verständnis nach nichts am Wirkungsprinzip.

Ich sehe da den grundsätzlichen Unterschied nicht.


Das musste auch einmal gesagt werden.
 
scilla schrieb:
na dann erklär mal

wie kommt Variation zustande?
wie kommt Selektion zustande?

aber bitte nicht abschreiben,
was ich geschrieben haben,
sonst wär Dein Beitrag sinnlos

Scilla, es wäre vielleicht besser, wenn du auch sagen würdest, von wem du nun eine Antwort erwartest. Meinst du Neugier oder mich? Der Satz steht so wie von dir wiedergegeben bei Neugier - es ist aber sehr umständlich, wenn man in den von vor einigen Tagen geschriebenen Texten suchen muss.

Hallo Neugier,

mea culpa, habe erst heute in dieses Thema wieder hineingeschaut, deswegen eine etwas verspätete Antwort zu:

"Ich verstehe nicht, warum der Mechanismus der Evolution (Variation gefolgt von Selektion)
nicht auch bei gesellschaftlichen Entwicklungen wirksam sein soll." (dein Text).

So wollte ich dies nicht verstanden wissen - natürlich findet auch in der menschlichen Gesellschaft eine Variation (der Terminus gefällt mir aber hier nicht, lass uns mal sagen ein variationsähnlicher Prozess) und eine Selektion statt.
Aber in der Natur, so wie von Darwin in seiner Evolutionstheorie beschrieben, findet nicht noch zusätzlich ein rationales Eingreifen statt. Mit anderen Worten: für beide Systeme sind vergleichbare Mechanismen erkennbar (Variation, Selektion, daraus resultierende Evolution), aber die gesellschaftlichen Entwicklungen darauf zu reduzieren ist genau so falsch, wie das Hinzufügen einer höheren Instanz die nach Plan arbeitet, im Evolutionsprozess.
 
Neugier schrieb:
.

Bei einer Zusammenführung von göttlichem Plan und Evolution muss man nicht unbedingt
die Schlussfolgerung einer "faked evolution" ziehen.

Geht man beispielsweise davon aus, dass es auch im Lager der Kreationisten verschiedene Strömungen
gibt, dann könnten sich etwa moderate Kreationisten damit begnügen, dass von einem Schöpfer die
Anfangsbedingungen und die wirksamen Naturgesetze festgelegt wurden, die weitere Entwicklung
dann aber in groben Zügen so "gelaufen" ist, wie das vom Darwinismus dargestellt wird.

Moderate Kreationisten müssten also nicht unbedingt einen "Ablauf der Evolution nach Plan"
postulieren, sie könnten auch eine "Evolution mit geplanter Initialzündung" meinen.

Das verstehe ich. Aber in einem solchen Modell wäre alles andere, was Religion ausmacht, nicht vertreten. Denn die (abendländische) Religion lebt doch wohl von ihrem Sünde/Buße-Modell, vom in-den-Himmel-kommen und gottgefällig leben.
Wenn Gott nur ein paar Atome in den Topf schmiss und darin herumrührte, ist für denganzen anderen Kladderadatsch keine Berechtigung mehr da.

Und das würde ja wohl kaum im Sinne Herrn Schönborns sein...

@Miriam

(du kannst meine Texte zerlegen, wie du willst, meinetwegen sogar "dekonstruieren ;) )

Ich verstehe nicht, was du mit "darauf reduzieren" meinst. Evolution ist ja nicht das, was passiert, sondern ein Beschreibungsmodell, eine Theorie. Und eine Theorie ist immer eine Kompelxitätsreduktion.
Was dagegen passiert - ist das, was passiert.

Was gesellschaftliche Entwicklungen betrifft, könnte ich mir nun gar nicht anders vorstellen, als sie mit Evolution zu beschreiben. IN diese Theorie fließt dann die Vorstellung eines sein Handeln begründeden Menschen mit ein (so wie in die biologische Evolution dns-Modelle und chemische Attraktoren mit einfließen).
Wenn man etwas durch die Beschreibung persönlicher Entscheidungen, rartionalen Handelns erfassen kann, dann nur individuelle Entwicklungen - also die Entwicklung einzelner Menschen.
Dies ist in meinem Weltbild strickt getrennt von gesellschaftlichen Entwicklungen, dabei aber verwoben. ;)
Mehr dazu in meinen diversen Äußerungen zur Systemtheorie Niklas Luhmanns, zum Beispiel im Thread "Systemtheorie"
 
@Robin

Wenn Gott nur ein paar Atome in den Topf schmiss und darin herumrührte,
ist für den ganzen anderen Kladderadatsch keine Berechtigung mehr da.

Und das würde ja wohl kaum im Sinne Herrn Schönborns sein...
Ich habe mit "Gläubigen" nicht ausschliesslich katholische Dogmengläubige
(die Erde ist eine Scheibe und die Sonne dreht sich um die Erde, etc.) gemeint,
sondern auch Menschen, die vielleicht sogar auf Kriegsfuss mit diversen Amtskirchen stehen,
sich aber die Entwicklung dessen, was wir die Natur und die Naturgesetze nennen,
ohne einen Schöpfer nicht vorstellen können.

Solchen Menschen kann ich nicht grundsätzlich meinen Respekt verweigern,
weil ja auch die rein rationalen und materialistischen Erkärungen und Begründungen
derzeit noch zu kurz greifen.

Gäbe es dafür bereits heute zwingend logische Erklärungen,
dann sähe diese Sache für mich anders aus.
Dass ich solche Erklärungen in der Zukunft für möglich halte, habe ich ja bereits angedeutet.


Das musste auch einmal gesagt werden.
 
weil ja auch die rein rationalen und materialistischen Erkärungen und Begründungen derzeit noch zu kurz greifen.

das tun sie auch weiterhin!

den Versuchsaufbau, der ein lebendiges Wesen erzeugt,
kennt bisher nur Frankenstein
 
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Evolution als Prinzip mit „göttlichem“ Ursprung

<!-- -->finde ich überaus genial geschöpft und brauche nicht mehr. Wenn aber Kardinal Schönborn sich nach Predigt in Wien, Beitrag in der NY Times nun auch noch auf dem Weltjugendtreffen zur Evolution äussert, auf den Zufall (und Neodarwinisten?) einschlägt und genau falsch trifft, so muss es einem schon fast leid tun. Weh tut es allemal. Aber er hält sich dann ja gottseidank noch ein Hintertürchen auf; das der Seele.

Nun ja, auch ich habe vor langer Zeit meinen damaligen Prof. gefragt: wohin zielt Evolution? Ich hab dann schnell verstanden, dass es ein Wirkprinzip ist mit evtl. bestmöglicher Anpassung an die Umgebungsbedingungen. Nun darf ich eure wirklich gute Diskussion hier loben. Es freut mich, M. Eigen zitiert zu finden, der nachwies, dass Materie sich unter entsprechenden Bedingungen selbst zu Leben organisieren kann.

Gesellschaftliche Entwicklungen lassen sich evolutionär interpretieren aber nicht vorhersagen oder berechnen. Falsch verstandener Sozial-Darwinismus hatte leider schrecklichste Folgen im Nationalsozialismus.

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F. Engels verglich beim Begräbnis von K. Marx: So wie Ch. Darwin die Entstehung der Arten, so hat K. Marx die Entwicklung der Gesellschaft erforscht. (Er hat sich dann aber leider noch auf Prognosen mit ähnlicher Fehlerquote wie heutige Aktienanalysten eingelassen.)
 
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