R
Robin
Guest
Vorweg möchte ich schicken, dass ich bisher kein großer Fan von Helge Schneider-Werken war; Ich erinnere mich an ein Filmwerk jenes „Multitalents“ (wie oft Leute genannt werden, die im Endeffekt nicht viel mehr als sie selbst sein können), das mich schier in den Schlaf trieb.
Gestern zappte ich jedoch aus Versehen in einen Ausschnitt seiner Solo-Bühnenshow und war mehr als beeindruckt. Wir sehen Helge, wie er einen tadellosen Blues auf der Gitarre intoniert; der verquere Text mit einigen verqueren Bassläufen kontrapunktiert. Der Blues, der zum Schluss einen Sack unbrauchbarer Kartoffeln thematisiert, hat keinen richtigen Schluss. Wie in der Folge alle Stücke dieses seltsamen Abends. Schneider setzt sich ans Klavier und stimmt einen merkwürdigen Scat-Gesang an, der alsbald in die rechte Klavierhand wandert und schließlich mit der linken zum einer halsbrecherischen Hard-Bop-Improvisation verquickt wird. Gerade so zickig gespielt, dass es lustig sein könnte, genauso aber auch ehrfurchtgebietend in der beiläufigen Virtuosität. Während er weiter scatted, zieht es ihn zum Drum Set hinüber, und während er mit seiner Quäkenden Stimme erkennbar in den Akkorden bleibt, legt er dazu nun ein „formbewusstes“ Schlagzeugsolo hin, bewusst die Form zerstörend, aber an den richtigen Stellen.
Helge Schneider singt auch Texte, die manchmal als „Blödeleien“ bezeichnet werden, aber durchaus auch als hervorragendes Material für seine dekonstruktivistische Formsprache genommen werden kann; manchmal sind sie richtig gut, wenn er zum Beispiel in Koksnasen-Bardenmanier einen Song vorträgt, der an der Pommes Bude spielt. Der Protagonist bestellt sich eine Bulette mit Pommes (im Konstantin-Wecker-Ton). Dann beginnt es zu regnen. Schneider untermalt dies mit plötzlich einsetzendem pseudo-impressionistischen Klavierspiel. Das Stück endet damit, dass der Bulettenbesteller fragt, ob man auch einen Fön habe, weil die Bulette nass geworden ist.
Schneider stellt sich ans Vibraphon. Mit zwei Schlegeln liefert er Harmonie und Melodie gleichzeitig, mit steifen Handgelenken, so dass mancher Ton verstockt herauskommt, sehr viele aber auch sehr schön. Dazu singt er „Katzenklo“, einen seiner Hits. So vorgetragen, ergibt das Stück aber erst richtig Sinn. Das muss man gesehen und gehört haben, wie das Klo die Katze froh macht. Und ihre Schwester.
Klavier, Gitarre, Drums, Vibraphon, was fehlt noch? Saxophon wird er jedenfalls nicht spielen, obwohl man weiß, dass er das auch hervorragend kann. Ach ja, die Orgel. Die steht einem bizarren Einfall gemäß so am Rand der Bühne, dass er sich gerade so zwischen Instrument und Wand hineinquetschen kann. Er erzeugt jammernde Klänge und musikalische Scherze. Verkauft Improvisation als Komposition und umgekehrt. Lacht oft als einziger über einen Scherz, aber nicht weil er gut ist, sondern weil er sich selbst überrascht hat.
Das Publikum ignoriert er meistens, aber einmal beschimpft er es recht hübsch: „Jaja. Nachher steigt ihr wieder in eure silbernen und schwarzen Autos – wegen dem Wiederverkaufswert!“
Auch Beethoven wird zerlegt. Er spielt den ersten Satz der Mondscheinsonate. Mit einem Haufen Klangplättchen eines Kinderxylophons auf den Saiten verteil. Größtenteils im Liegen. Aber alle Töne kommen, mehr oder weniger. Cage goes Comedy.
Mit einem letzten Schlagzeugsolo endet der Abend, indem er buchstäblich vom Teufel geholt wird. Nichts was wir gehört haben, ist von Interesse und Bestand – aber so formvollendet in Unform gebracht, dass es ein Vergnügen war, beizuwohnen und eine Demonstration von Eigensinn und Talent.
Gestern zappte ich jedoch aus Versehen in einen Ausschnitt seiner Solo-Bühnenshow und war mehr als beeindruckt. Wir sehen Helge, wie er einen tadellosen Blues auf der Gitarre intoniert; der verquere Text mit einigen verqueren Bassläufen kontrapunktiert. Der Blues, der zum Schluss einen Sack unbrauchbarer Kartoffeln thematisiert, hat keinen richtigen Schluss. Wie in der Folge alle Stücke dieses seltsamen Abends. Schneider setzt sich ans Klavier und stimmt einen merkwürdigen Scat-Gesang an, der alsbald in die rechte Klavierhand wandert und schließlich mit der linken zum einer halsbrecherischen Hard-Bop-Improvisation verquickt wird. Gerade so zickig gespielt, dass es lustig sein könnte, genauso aber auch ehrfurchtgebietend in der beiläufigen Virtuosität. Während er weiter scatted, zieht es ihn zum Drum Set hinüber, und während er mit seiner Quäkenden Stimme erkennbar in den Akkorden bleibt, legt er dazu nun ein „formbewusstes“ Schlagzeugsolo hin, bewusst die Form zerstörend, aber an den richtigen Stellen.
Helge Schneider singt auch Texte, die manchmal als „Blödeleien“ bezeichnet werden, aber durchaus auch als hervorragendes Material für seine dekonstruktivistische Formsprache genommen werden kann; manchmal sind sie richtig gut, wenn er zum Beispiel in Koksnasen-Bardenmanier einen Song vorträgt, der an der Pommes Bude spielt. Der Protagonist bestellt sich eine Bulette mit Pommes (im Konstantin-Wecker-Ton). Dann beginnt es zu regnen. Schneider untermalt dies mit plötzlich einsetzendem pseudo-impressionistischen Klavierspiel. Das Stück endet damit, dass der Bulettenbesteller fragt, ob man auch einen Fön habe, weil die Bulette nass geworden ist.
Schneider stellt sich ans Vibraphon. Mit zwei Schlegeln liefert er Harmonie und Melodie gleichzeitig, mit steifen Handgelenken, so dass mancher Ton verstockt herauskommt, sehr viele aber auch sehr schön. Dazu singt er „Katzenklo“, einen seiner Hits. So vorgetragen, ergibt das Stück aber erst richtig Sinn. Das muss man gesehen und gehört haben, wie das Klo die Katze froh macht. Und ihre Schwester.
Klavier, Gitarre, Drums, Vibraphon, was fehlt noch? Saxophon wird er jedenfalls nicht spielen, obwohl man weiß, dass er das auch hervorragend kann. Ach ja, die Orgel. Die steht einem bizarren Einfall gemäß so am Rand der Bühne, dass er sich gerade so zwischen Instrument und Wand hineinquetschen kann. Er erzeugt jammernde Klänge und musikalische Scherze. Verkauft Improvisation als Komposition und umgekehrt. Lacht oft als einziger über einen Scherz, aber nicht weil er gut ist, sondern weil er sich selbst überrascht hat.
Das Publikum ignoriert er meistens, aber einmal beschimpft er es recht hübsch: „Jaja. Nachher steigt ihr wieder in eure silbernen und schwarzen Autos – wegen dem Wiederverkaufswert!“
Auch Beethoven wird zerlegt. Er spielt den ersten Satz der Mondscheinsonate. Mit einem Haufen Klangplättchen eines Kinderxylophons auf den Saiten verteil. Größtenteils im Liegen. Aber alle Töne kommen, mehr oder weniger. Cage goes Comedy.
Mit einem letzten Schlagzeugsolo endet der Abend, indem er buchstäblich vom Teufel geholt wird. Nichts was wir gehört haben, ist von Interesse und Bestand – aber so formvollendet in Unform gebracht, dass es ein Vergnügen war, beizuwohnen und eine Demonstration von Eigensinn und Talent.