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Afrika

G

Gaius

Guest
So, jetzt kommt mal etwas in Zeiten der Karnevals der Kulturen politisch total Unkorrektes. Georg Wilhelm Friedrich Hegel über die *****:

Die ***** sind als eine aus ihrer uninteressierten und interesselosen Unbefangenheit nicht heraustretende Kindernation zu fassen. Sie werden verkauft und lassen sich verkaufen, ohne alle Reflexion darüber, ob dies recht ist oder nicht. Ihre Religion hat etwas Kinderhaftes. Das Höhere, welches sie empfinden, halten sie nicht fest; dasselbe geht ihnen nur flüchtig durch den Kopf. Sie übertragen dies Höhere auf den ersten besten Stein, machen diesen dadurch zu ihrem Fetisch und verwerfen diesen Fetisch, wenn er ihnen nicht geholfen hat. In ruhigem Zustande ganz gutmütig und harmlos, begehen sie in der plötzlich entstehenden Aufregung die fürchterlichsten Grausamkeiten. Die Fähigkeit zur Bildung ist ihnen nicht abzusprechen; sie haben nicht nur hier und da das Christentum mit der größten Dankbarkeit angenommen und mit Rührung von ihrer durch dasselbe nach langer Geistesknechtschaft erlangten Freiheit gesprochen, sondern auch in Haiti einen Staat nach christlichen Prinzipien gebildet. Aber einen inneren Trieb zur Kultur zeigen sie nicht. In ihrer Heimat herrscht der entsetzlichste Despotismus; da kommen sie nicht zum Gefühl der Persönlichkeit des Menschen, - da ist ihr Geist ganz schlummernd, bleibt in sich versunken, macht keinen Fortschritt und entspricht so der kompakten, unterschiedslosen Masse des afrikanischen Landes.

(Enzyklopädie der Wissenschaften III, aus dem Zusatz zu §393)

Diese Bemerkungen stammen aus dem Jahre 1830, wurden also ziemlich zu Beginn des Kolonialismus formuliert. Inzwischen sind die afrikanischen Staaten im Schnitt seit etwa 45 Jahren unabhängig, von erfolgreichen Staaten kann jedoch, bei allen Unterschieden, kaum die Rede sein. Wie klingen Hegels Worte heute in euren Ohren? Was sind die Ursachen für das Scheitern der afrikanischen Staaten?
 
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Hegel, 1830.
Das kommt dabei raus, wenn die Maßstäbe, die in einem bestimmten Umfeld als richtig definiert sind, auf ein gänzlich unbekanntes Umfeld angelegt werden. Ganz ohne Anhaltspunkt wird irgend etwas aus den Fingern Gesogenes hineininterpretiert.

Ein anschauliches neueres Beispiel, wie das funktioniert ist:

Das Fest des Huhns (v. Walter Wippersberg, 1992)
Afrikanische Forscher dringen in die Berge und Täler Oberösterreichs vor, um die lokalen Sitten und Gebräuche der dort lebenden Einheimischen zu studieren. Als Ergebnis des auf Film dokumentierten Forscherdranges werden geradezu sensationelle, in der ethnologischen Literatur bisher völlig unbekannte Phänomene entdeckt und analysiert.

Diese Inhaltsbeschreibung des köstlichen Films "Das Fest des Huhnes" trasportiert nur unzureichend die staunenden Fragen der afrikanischen Wissenschafter angesichts eines Dorffestes und den Grillhühner, die dort verzehrt werden. "Das Fest des Huhnes" von Universitätsprofessor Walter Wippersberg transportiert in einer ungemein witzigen und zugleich ernsthaften Weise das "Fremdsein" in seinem Film aus dem Jahr 1992, der zahllose und internationale Preise gewonnen hat.

Da ist es umgekehrt. Noch dazu bei so "primitiven Eingeborenen" :ironie: wie die Oberösterreicher 1992 ja sicherlich noch waren.

Wie klingen Hegels Worte heute in euren Ohren?
Hegels Betrachtung besticht nicht nur durch seine Unfähigkeit, über seine eigene Erfahrungswelt hinaus auf eine fremde Kultur zu sehen, ohne sie zu beurteilen, sondern auch durch die starke Verallgemeinerung. Die "*****" und ihre Fremdheit werden als unterschiedslose Masse wahrgenommen, wie ja der ganze Kontinent "Afrika".

Da wird die damalige Sichtweise der Europäer deutlich. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass dieses Primitive, ganz andere als ihre eigene Kultur, auch den Namen Kultur verdient. Das "Andere" konnte nur mit negativen Eigenschaften belegt werden.

Alle Erklärungen der Welt beziehen sich offensichtlich nur auf den bekannten Rahmen. Sobald etwas Unbekanntes auftritt, kommt der klügste Denker ins Schleudern. :zunge 5:
Was sind die Ursachen für das Scheitern der afrikanischen Staaten?
Dazu folgt meine Anwort noch.

herzlich
lilith
 
Ich habe bei der Lektüre des Hegel-Textes vor allem herzlich lachen müssen :D

Klar, Lilith, unser Kulturbegriff hat sich seit 1830 grundlegend gewandelt, und man sieht heute nicht mehr alles durch die eurozentrische Brille. Dafür scheint mir so manche magische Praktik aus Afrika nach Europa eingedrungen zu sein, wenn man sich mal so Esoterik- oder Voodoo-Shops anguckt :rolleyes:

Nun etwas fürs Auge: zwei alte Karten von Afrika.

Paris 1692:
http://www.asommer.de/Fotos/AF0136_500.jpg
London 1714:
http://www.asommer.de/Fotos/AF0137_500.jpg
 
Gaius schrieb:
Ich habe bei der Lektüre des Hegel-Textes vor allem herzlich lachen müssen :D

Ich auch ;-)

Gaius schrieb:
Dafür scheint mir so manche magische Praktik aus Afrika nach Europa eingedrungen zu sein, wenn man sich mal so Esoterik- oder Voodoo-Shops anguckt :rolleyes:

Nicht nur das, auch "Kulturtechniken" wie Tätowieren, Branding, Piercing, und Splicing haben ihren Ursprung u.a. bei Hegels "Negern".

Zur Ausgangsfrage: Darüber werden und wurden in der Politikwissenschaft hitzige Debatten geführt. Von Imperialismus- und Dependenztheorien, die die Unterentwicklung auf die ehemaligen Kolonialmächte zurückführen über Modernisierungstheorien, die davon ausgehen, ein wirtschaftliches Wachstum allein führt zur Entwicklung und und und.
Genausowenig ist man sich über die Strategien zur Beseitigung von Unterentwicklung einig. Abkopplung vom Weltmarkt, Integration in den Weltmarkt bei Beseitigung von Schutzzöllen, Grundbedürfnistragegie, Elitenförderung, Demokratisierung, wirtschaftliche Entwicklung unter "stabilen", auch diktatorischen Verhältnissen etc.pp

Oder ist der "*****" an sich, wie Hegel meint, einfach nur zu blöd?!
 
Gaius schrieb:
Was sind die Ursachen für das Scheitern der afrikanischen Staaten?

Nun, diese Frage ist fast so allgemein wie Hegels Text und daher kaum zu beantworten. Ich weiß noch nicht mal, was Scheitern ihn dem Zusammenhang bedeuten soll; soll man denn einen eurozentrischen Scheiternsbegriff verwenden?
 
Robin schrieb:
soll man denn einen eurozentrischen Scheiternsbegriff verwenden?
Aber klar! Hegels ***** waren doch sicherlich zu blöd, um einen zu entwickeln ;) .

Oder ist es ein Zeichen vom fortschreitenden Gelingen des Selbstverständnisses der afrikanischen Kulturen, wenn die postkolonialen Strukturen allmählich wieder auseinanderbrechen, die weißen Farmer rausgeschmissen werden wie in Simbabwe und Stammeskriege den halben Kontinent durchziehen?
 
Gaius schrieb:
Oder ist es ein Zeichen vom fortschreitenden Gelingen des Selbstverständnisses der afrikanischen Kulturen, wenn die postkolonialen Strukturen allmählich wieder auseinanderbrechen, die weißen Farmer rausgeschmissen werden wie in Simbabwe und Stammeskriege den halben Kontinent durchziehen?

Über so etwas "lache" ich in etwa wie du über Hegel. Es ist kein vergnügliches Lachen... Rhonas "Antisemitismus" lässt grüssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jacques, bitte verzeih mir, wenn mir bei diesem traurigen Thema auch mal eine bitter zynische Bemerkung herausrutscht.

Ich zitiere im Folgenden den ehemaligen Greenpeace-Chef Thilo Bode aus der ZEIT:

In den ärmsten Ländern hat die Entwicklungshilfe größere Bedeutung. In Afrika südlich der Sahara erreicht ihr Anteil an den inländischen Bruttoinvestitionen etwa 20 Prozent und pro Kopf 21 Dollar im Jahr. Dennoch hat sich die Lage in dieser Region drastisch verschlechtert. Die Zahl der Armen ist gestiegen, der Hunger hat zugenommen, Bürgerkriege wüten, viele Staaten zerfallen. Die Entwicklungshilfe steht vor einem Scherbenhaufen. Oder hätte sie einfach nur höher sein müssen?
(...)
Nach Ende des Kalten Krieges bestehen gewichtige strukturelle Defizite der Entwicklungshilfe fort. Besonders negativ wirkt sich aus, dass die staatliche Entwicklungshilfe von den Geberländern als Dauersubvention der in den Empfängerländern an der Macht befindlichen Elite und Bürokratie konzipiert ist. In undemokratischen Systemen, vor allem in den tribalistisch organisierten Staaten Afrikas, bevorzugt das von Regierung zu Regierung fließende Geld auf der Seite der Nehmerländer einseitig die jeweils herrschenden Stämme und Clans. Das hat fatale Auswirkungen.

Die ungleiche Verteilung trug zu vielen schrecklichen Bürgerkriegen bei. Etwa in Somalia, wo sich der Clan des ehemaligen Präsidenten Siad Barre so lange bereicherte, bis die anderen Clans zurückschlugen. Oder in Burundi, wo die Gelder der Entwicklungshilfe bei den herrschenden Tutsis hängen blieben, während die unterdrückte Landbevölkerung, vornehmlich Hutus, nicht davon profitieren konnte. Die dadurch verursachte soziale Schieflage ist mitschuldig an dem entsetzlichen Gemetzel zwischen den beiden Volksgruppen. Diese Liste ist beliebig verlängerbar.

Der Charakter der Hilfe als eine von den Gebern diktierte zwischenstaatliche Dauersubvention erzeugt nicht nur eine schlimme "Nehmermentalität", sondern entmündigt die Empfängerländer auch. Die für den Erfolg der Projekte so entscheidende Eigeninitiative kann sich nicht entfalten. Zudem wird die Hilfe in den Empfängerländern von einer absurd aufgeblähten Entwicklungshilfebürokratie abgewickelt. Manchmal suchen gleichzeitig 40 bis 50 Geber nach "guten" Projekten - die wollen umworben sein. Die in dieser Bürokratie beschäftigten Heerscharen von Beamten fehlen den unterentwickelten Volkswirtschaften an anderer Stelle.
(...)
http://zeus.zeit.de/text/2002/17/200217_entwicklungshilf_xml

Vielleicht würde es ja zu besseren Konsequenzen führen, den Kontinent sich selbst zu überlassen, die Märkte für afrikanische Produkte zu öffnen, günstige Zollbedingungen zu schaffen und - auf Entwicklungshilfe ganz zu verzichten?
 
@lilith

Das "Fest des Huhnes" war einer der köstlichsten Fernsehfilme, die ich je gesehen habe.

Ich habe ihn als eine Parodie auf die Völkerkundler verstanden, die sich berufen fühlen,
alles Mögliche und Unmögliche in die Rituale anderer Kulturen hineinzu-interpretieren.
Da wurde einmal der Spiess umgedreht, und unsere Anbetung des Huhnes (zweifelsfrei abzulesen
an den Wetterhähnen auf unseren Kirchtürmen) so richtig durch den Kakao gezogen.


Dass wir Hegel nicht als Vorkämpfer für Toleranz missverstehen dürfen, das sollte sich inzwischen
ja schon einigermassen herumgesprochen haben.
Als borniert, engstirnig, und irgendwie nicht ganz zimmerrein, galt der ja auch schon zu seiner Zeit.


Aber abgesehen von Hegel & Co war im deutschen Sprachraum das Wort "*****" bis weit in die 70-er Jahre
des 20. Jahrhunderts hinein eine völlig wertfreie Bezeichnung für *****.

Erst später haben die politischen Korrektnässer dann begonnen, uns und den Negern einzureden, dass "*****"
ein Schimpfwort ist.

Und das alles nur, weil es in den USA so viele Rassisten gibt,
die mit der Doppeldeutigkeit des Wortes "nigger" ihre schäbigen Spielchen treiben.

Nur wird im deutschen Sprachraum das Wort "nigger" ja überhaupt nicht verwendet !

Wenn man den Rassisten in den USA entgegenwirken will, so sollte man denen kräftig die Ohren lang ziehen,

aber deswegen müssen doch nicht wir die deutsche Sprache verkorrektnässen.


Das musste auch einmal gesagt werden.
 
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Fröhliche Kolonisierung und Verantwortung

Ein ziemlich bedenklicher Artikel von Herrn Bode. Zeigt auf, dass er sich wohl nur schwer von seiner ethnozentrischen Brille trennen kann. Natürlich hat er recht, wenn er behauptet, dass die Politik der westlichen Staaten gegenüber Afrika negative Folgen hat, nur leider ist viel zu wenig ausgeführt, dass diese Politik nicht nur aus der Vergabe von „Dauersubventionen“ besteht. Es gibt andere Facetten einer Politik, die vielen Staaten auf diesem Kontinent gegenüber eingenommen wurde und wird (die Geschichte dieser „Staaten“ ist auch beleuchtenswert) und diese dünken mich von weitaus grösserer Relevanz für das Verstehen bestehender Verhältnisse.
Und dabei spiele ich nicht auf die „Öffnung der Märkte“ für afrikanische Produkte an (die Elastizität dieser Produkte – in verschiedener Hinsicht – dürfte z.Z. wohl kaum besonders hoch sein) oder auf die Schaffung „günstiger Zollbedingungen“. Das ist mir – ökonomisch - doch zu kurz gegriffen.

Besonders bedenklich finde ich auch die Psychologisierung und Vereinheitlichung von Verhaltensmustern, die in einen kausalen Zusammenhang mit gerade mal einem Aspekt der Politik, die zwischen westlichen Staaten und Staaten des afrikanischen Kontinents ablaufen könnte, gesetzt werden („Nehmermentalität“) oder gar die Ethnisierung der Konflikte (‚Tribalismus’ etc.) – eine sehr bequeme (ethnozentrische) Art, Geschichte zu konstruieren und politische – wenn ich von Politik spreche, meine ich ‚Ökonomie’ stets auch mit - Prozesse zu erklären. Man kann sich dann mit gefalteten Händen, gen Himmel erhobener Nase und andächtig geschlossenen Augen aus der eigentlichen Verantwortung stehlen, dabei aber eine verantwortliche Miene machen und anfangen von Demokratie, Einsicht, Vernunft und anderen abstrakten und netten Begriffen (aus dem Fundus unserer göttliches Licht spendenden Epoche, auf die wir alle stolz sind) zu sprechen, von denen auch in Europa keiner richtig weiss, um was es sich dabei eigentlich genau handeln soll. Dem Leiden grosser Teile der afrikanischen Bevölkerung ist damit aber leider nicht geholfen (auch in tausend Jahren nicht).

Hier ein alternativer Lektürevorschlag (enthält wohl kaum die Lösung sämtlicher Probleme, skizziert jedoch einen Teil der Probleme grosser Teile Afrikas bestimmt kompetenter als der 'Zeit'artikel - etwa auch die Probleme der 'afrikanischen' Stimmen von uns überhaupt wahrgenommen zu werden): http://www.unifr.ch/withe/PDF-Dateien/Withe_Artikel_Keynes & Stiglitz_16_03_2005.pdf
 
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