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Rezensionen

M

Marianne

Guest
Ich dachte mir, viele von uns informieren sich ja - sehr oft im I-net, bevor sie sich wieder neues Lesefutter suchen.

Ich schlage vor, dass wir uns hier einen eigenen Thread mit Rezensionen aufmachen, die uns irgendwie anregten - entweder zum Widerspruch oder zur Zustimmung - und, in the best case - zum Kauf.


Dieter E. Zimmer:
Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit
Hoffmann und Campe, Hamburg, 2005, ISBN 3455094953, 368 Seiten, EUR 23,70

Rezension:

(...)

Wesentlich skeptischer in Bezug auf die Verbesserlichkeit der Sprache zeigt sich der 71-jährige Dieter E. Zimmer. Auch er zählt zu den Doyens der deutschen Sprachkritik und liefert mit seinem Buch so etwas wie die linguistische Metaebene zu Schneiders Handbuch: Zimmer zeigt nur selten, wie man es besser machen könnte, er analysiert kritisch den Zustand unserer Sprachverwendung heute.
Besonders niederschmetternd sind seine Beobachtungen im Internet, also bei eBay und in diversen Diskussionsforen: Hier regiert die „Private Spontane Alltagsschriftsprache“ (PSA) – „miserable Orthographie, semantisch ungeschickte Wortwahl, verbaute Sätze, falsche logische Bezüge – schlecht gedacht, ungeschickt formuliert, falsch geschrieben“. Die heutige Sprachbarriere verlaufe nicht mehr zwischen den Klassen, sondern zwischen den wenigen schriftlich Beschlagenen und dem Gros der Unbeholfenen. Man könnte böser formulieren: zwischen denen, die sich noch Mühe geben, und den vielen, denen das treffende Wort, grammatikalische Regeln oder gar die neue deutsche Rechtschreibung längst schnuppe sind. Sie sind schon zu faul, offensichtliche Tippfehler zu korrigieren.

Diese Wurschtigkeit erbittert Zimmer. Noch mehr erbittert ihn die Gleichgültigkeit vieler Linguisten gegenüber solchen Anzeichen eines Sprachverfalls. Für Sprachwissenschaftler gebe es keine „gute“ oder „schlechte“ Sprache, für sie sei alles gleich gut, wenn es nur der Kommunikation dient. Auf Sprachkritiker wie Schneider und Zimmer sähen sie mit Verachtung herab: Die seien unwissenschaftlich, undemokratisch, kulturpessimistisch, schulmeisterlich.
Stimmt, sagt Zimmer, denn Sprachkritik bewertet. Er versucht zwischen beiden Lagern zu vermitteln. Deshalb ist sein Buch über weite Strecken eine kluge, aber etwas weitschweifige Einführung in die Linguistik geworden. Der neuen deutschen Rechtschreibung widmet er fünfzig kluge Seiten inklusive einer Chronik der Ereignisse seit 1855 (!). Aber will man das wirklich noch wissen?
Beide Autoren im Pensionsalter blicken nicht indigniert herab auf die Jüngeren. Im Gegenteil: Sie loben den kreativen Umgang mit Sprache – abseits der PSA im Internet, in der Presse und auch in der Werbung. Anglizismen sind für sie nicht per se des Teufels, sondern bereichern in ihrer Prägnanz und Kürze oft das Deutsche. Es besteht also Hoffnung.

Rezensent: Thomas Askan Vierich Falter 42/2005
 
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McBride, James "Das Wunder von St. Anna"

Diesen Roman habe ich heute Nacht in einem Zug durchgelesen.

Ich wollte sogar selbst eine Rezension schreiben - aber: im Internet schon vorhanden ---- und sogar so eine, an der ich nix zu " meckern" habe.






McBride, James
Dtsch. v. Silvia Morawetz u. Werner Schmitz
Das Wunder von St. Anna
Roman
sofort lieferbar 2004. 334 S.
BERLIN VERLAG; BLOOMSBURY, BERLIN
Einband: Buchleinen
Best.-Nr. 12932427
ISBN 3827004829
EUR 19,90

Süddeutsche Zeitung, 20.06.2005
Kampfmoral und Katzenknochen
James McBrides GI-Roman „Das Wunder von St. Anna“
Sie sind zu viert. Train ist ein Riese von beschränktem Geist, sanftmütig und stark, Bishop ein halbseidener Prediger, der bei der donnernden Verkündigung von Gottes Wort vor allem seinen eigenen Vorteil im Auge hat, Hector, der Puertoricaner, friert und hat Angst. Stamps, der einzige Offizier, versucht verzweifelt, die Übersicht zu behalten. Und dann ist da noch der schwer verletzte italienische Waisenjunge. Beim Versuch, ihn zu retten, sind die amerikanischen Soldaten weit hinter die deutschen Linien geraten.
„Das Wunder von St. Anna“ spielt 1944 in der Toskana. In der Literatur über die beiden Weltkriege sind die schwarzen GIs lange kaum berücksichtigt worden. Der Roman versteht sich daher zunächst als Hommage an die 15 000 überwiegend afroamerikanischen „Buffalo Soldiers“, aus denen die 92. Division der amerikanischen Armee bestand. Allerdings ist James McBride kein Propagandist: Er präsentiert seine Soldaten nicht als furchtlose Krieger, sondern als schwache, fehlbare Menschen, die in einer lebensbedrohlichen Situation über sich hinauswachsen. Seine besondere Zuneigung gilt den schlichten, kindlichen Gemütern; in der Fähigkeit, sich in sie hineinzuversetzen, liegt McBrides größte schriftstellerische Stärke. Die Passagen, in denen Train und der italienische Junge die Schrecken des Kriegs zu verarbeiten suchen, sind die besten des Romans.
McBride räumt mit der traditionellen weißen Wahrnehmung der Schwarzen als homogener Einheit auf und zeigt, dass die Gemeinsamkeit der Hautfarbe im wahrsten Sinne des Wortes nur oberflächlich ist. Stamps, der emanzipierte Hochschulabsolvent aus dem Norden, verachtet zunächst Train, den analphabetischen Landarbeitersohn, der ihm repräsentativ für die Schwarzen aus dem Süden erscheint: „Die hatten keinen Stolz, ließen sich alles bieten, nahmen jede Strafe hin, die die Weißen austeilten, machten keinen Schritt zu viel. Im Kampf erwiesen sie sich jedoch oft als zuverlässige, kluge, zähe Soldaten, die auch unter Druck noch ruhig und besonnen reagierten. Warum hoben sie sich nicht etwas von dieser Kampfmoral für die Weißen zu Hause auf? Stattdessen führten sie sich auf wie Idioten, fürchteten sich vor jeder Kleinigkeit, schleppten Katzenknochen und Bibeln mit sich herum und hatten kleine schwarze Beutel mit Pülverchen um den Hals hängen, hießen Jeepers und Pig und Bobo und katzbuckelten auf Schritt und Tritt vor den Weißen.“


Wer die Rezension weiterlesen will...
Hier:
http://www.buecher.de/verteiler.asp?site=artikel_sz.asp&wea=1100485&artikelnummer=000001435686



Trotz der eher negativen Rezension gefiel mir dieser Roman, weil ich einmal relativ ungeschminkt “das schwarze Gesicht” des US - Gis zu sehen bekam.



Marianne, zum nächsten Buch eilend
 
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