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NineEleven und eine Folge

fuel.

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23. Mai 2005
Beiträge
85
Und die eine Folge betrifft mich persönlich, denn ein halbes Jahr zuvor begann ich eine Kurzgeschichte mit dem Thema eines Flugzeugabsturzes. Geschildert in einer Art, welche selbst heute noch irritierende Assoziationen zum 11.9. weckt. Seitdem ruht dieser Text.

Es ist mir fast unmöglich diese einstige Idee einer Geschichte zu verwerfen, denn sie birgt viel Potential. Zu viel. Ich versuchte es und kam immer wieder auf diese Aspekte zurück. Ich bin nicht falsch geprägt und doch,.. wie kann ich einen Flugzeugabsturz in Schönheit beschreiben, ohne als Entarteter dazustehen?
Nun, wenn sich das Gemüt gekühlt hat, frage man sich: Es war vor NY leichter, eine solche Geschichte zu schreiben. Darf sich Literatur von Zeitgeschichte diktieren lassen? Ich bin tatsächlich nicht sicher.

Ich kann schlechten Geschmack in meinen Geschichten locker zersetzen, bizarren Inhalt erträglich verpacken und all das... aber wie wehre ich mich gegen den vorwurf des niveaulosen mitreitens?

Nun, ohne die Geschichte gelesen zu habe, kann wohl keiner wirkliche Tipps geben. Aber vielleicht eine antwort auf diese Frage: Sollte eine (freierfundende) aber (sehr bizarre) Kurzgeschichte zu einem Flugzeugabsturz überhaupt geschrieben werden?
Es wird keine Geschichte, welche mahnmalmässig auf Mitleid, Anteilnahme oder Heuchelei macht. Sie hat im eigentlichen keinerlei Bezug zum 11.9. Nur daß ein Flugzeug zum Absturz gebracht wird. Und selbst das ist nur Nebenhandlung.
Ich will ich mich nicht von Moral diktieren lassen. Schreiben ist Konflikt.

Je mehr bizarre Geschichten ich schreibe, desto schwieriger wird die Gradwanderung. Immer schwerer, den Absturz ins Geschmacklose zu vermeiden. Und dabei habe ich schon die nächste Inspiration zu einem Text, welcher die Problematik zum hier genannten Thema lächerlich anmuten lässt.

Ich fanatisiere niemals in meinen Texten, noch beschönige ich das Entsetzen. Wenn Entsetzen als gewöhnlich oder gar schön entstellt wird, dann lasse ich den Leser damit in Konflikt geraten. Dieser Moment entscheidet über guten und schlechten Geschmack oder über Niveau und Abartigkeit.

Ich frage mich mittlerweile, ob Schreiben überhaupt einen Leser benötigt, wenn alles durch semantische Filter, Moral, Zeitgeist und Zensur gesiebt wird. Was bleibt von Inspiration, Konflikt und Kunst im geschriebenen Wort letztendlich?
Reduktion auf Beurteilung, Bestätigung und Anpassung ist der kümmerliche Rest?
Wie kann der Geist frei sein, wenn sein Ausdruck einer Zensur unterliegt?
Ich will das nicht und schreibe deshalb. Aber habe ich alle Freiheiten dabei?

fuel.
 
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Hallo fuel!

Ich frage mich mittlerweile, ob Schreiben überhaupt einen Leser benötigt, wenn alles durch semantische Filter, Moral, Zeitgeist und Zensur gesiebt wird. Was bleibt von Inspiration, Konflikt und Kunst im geschriebenen Wort letztendlich?

Eine Frage, die hier im Forum schon mehrmals - im Zusammenhang mit Kommunikation bzw. Kunst - diskutiert wurde.

Es ist deine Entscheidung, ob du deine Texte durch die genannten Filter siebst. Denn du filterst ja nicht durch die Filter der anderen, sondern NUR durch deine Vorstellung dieser Filter.

Willst du Anerkennung, gar Bewunderung ernten, dann denk drüber nach, was die anderen wollen könnten. Ansonsten schere dich nicht darum. Aber tust du das sonst nicht eh?

Also, her mit deinem Flugzeugabsturz. Ich will lesen, was du geschrieben hast.
Übrigens, als "Aufmacher" eigenet sich dieses Post hervorragend, ich bin seeehr neugierig geworden.

herzlich
lilith
 
Also absurd wurde es, als Radiosender den Hit "die perfekte Welle" von Juli oder einer anderer dieser Mädchen-Deutsch-Popgruppen nicht mehr spielten.
Glaubte man wirklich, irgendwer würde sich durch dieses metaphorische Lied in seinen Gefühlen bzgl. Tsunami verletzt sehen?
Deine Zurückhaltung, fuel, kommt mir fast 4 Jahre nach 9/11 ein wenig übertrieben vor; sogar auf RTL2 laufen längst wieder die Filme wie "Drama über den Wolken" Teil 1-4.
Es gäbe eine Menge zu diskutieren, was sich seit 9/11 verändert hat - aber sich dadurch in der künstlerischen Freiheit eingeschränkt zu sehen, kann ich nicht nachvollziehen.
Es sei denn, dein Text hätte doch mehr Ähnlichkeiten, als du zugibst...?!
 
In diesem Zusammenhang verweise ich immer wieder gerne auf die damalige Ausstellung "Here is New York", die anschliessend in vielen europäischen Städten gastierte (gibt es auch in Buchform). Habe die Ausstellung besucht und danach mir und vielen anderen die Frage gestellt: "Bin ich pervers, wenn ich die Bilder schön finde?"

Hab ein wenig Polemik dazu im Net gefunden. Vielleicht hilft dir das, deine Antwort zu finden.

http://www.freitag.de/2002/31/02311201.php
 
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Diese geschichte wird sobald nicht fertig werden. Meine Gedanken zu einer Grenze im schriftlichen Wort bezogen sich, (natürlich :) ) auch auf künftige Geschichten...

In der 'Grenzfrage' liegt ein Text in seiner Aussage viel näher beim Autor, als ein Bild, dessen Interpretation näher beim Betrachter liegt. Bei letzterem ist die individuelle Interpretation auch weiter gefasst.
Beim Schreiben ist es nützlich, als Autor Teil seiner Geschichte zu werden. Es bringt Authentizität und Kraft in Texte aber verschiebt die 'Grenze' immer näher an ihn.

Es ist irritierend, wie weit eine Gleichsetzung zwischen realem Autor, seinem Weltbild und der Fiktion in seinen Texten gehen kann. Diese Gleichsetzung erfolgt durch den Leser vorwiegend, aber auch und leider viel zu oft durch den Autor selbst. Und es stellt sich die Frage ob ein Autor eine Verantwortung für seine Texte trägt. Je mehr Konfrontation sie enthalten, umso lauter wird der Ruf nach Zensur. Ich fühle mich beim Schreiben dadurch eingeschränkt, aber ich bin nicht taub.

Danke für die Antworten.
fuel.
 
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