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Grauen

M

Marianne

Guest
Grauen
Schwer rundet sich Ruhe
Sternenstaub explodiert
in grauen Räumen
umrundet der Wolf das Helle
seiner Augen sie
glühen ahnungsvoll
verstecke mich -
verstecke dich
im bunten Blättertraum
welken im Herbst
Sommer und Winter
prima vera - nicht sichtbar mehr...



Stoffvorlage: die zu beobachtende Fremdenfeindlichkeit, die Ängst, die der Menschen, die sich durch Hass ihrer Ignoranz entledigen wollen

Das ist ein sozialkritischer Text - ich und du sind Methaphern für die " unbefangne vorurteilsfreie Liebe ( Lessing) die immer weniger zwischen den Menschen sichtbar wird.
 
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AW: Grauen

Grauen
Schwer rundet sich Ruhe
Sternenstaub explodiert
in grauen Räumen
umrundet der Wolf das Helle
seiner Augen sie
glühen ahnungsvoll
verstecke mich -
verstecke dich
im bunten Blättertraum
welken im Herbst
Sommer und Winter
prima vera - nicht sichtbar mehr...



Stoffvorlage: die zu beobachtende Fremdenfeindlichkeit, die Ängst, die der Menschen, die sich durch Hass ihrer Ignoranz entledigen wollen

Das ist ein sozialkritischer Text - ich und du sind Methaphern für die " unbefangne vorurteilsfreie Liebe ( Lessing) die immer weniger zwischen den Menschen sichtbar wird.

Nachdem Du Dich über meine Gedichte geäußert hast, werde ich mir auch gestatten über dieses Gedicht einige Worte zu verlieren.

Es klingt wie eine rhythmische Melodie, doch ein Gedicht ist in erster Linie Sprache und sollte dadurch auch verständlich sein. Manche meinen sogar, dass ein Gedicht eindeutig sein sollte.

Du erklärst Dein Gedicht, was aber nicht die Aufgabe des Dichters ist. Die Interpretation ist für den Leser oder Zuhörer. Dieser aber soll die Möglichkeit haben, das Gedicht richtig zu deuten, es zu verstehen.

Das aber, was Du damit ausdrücken willst, kann ich durchaus nicht herauslesen. Das ist schade.

suche
 
AW: Grauen

Na ja, Marianne, ich werde mal mit einem Zitat von Paul Celan beginnen:

"Jedem das Wort, das ihm sang "

Mir singt halt dein Gedicht - man muss auch gewillt sein und auch fähig, sich darauf einzulassen. Für mich eines der besten deiner Gedichte - und diesmal antworte ich darauf mit dem ganzen Gedicht von Paul Celan, weil es ja auch ein Grauen widergibt.

ARGUMENTUM E SILENTIO

Paul Celan

Für René Char

An die Kette gelegt
zwischen Gold und Vergessen:
die Nacht.
Beide griffen nach ihr.
Beide ließ sie gewähren.

Lege,
lege auch du jetzt dorthin, was herauf-
dämmern will neben den Tagen:
das sternüberflogene Wort,
das meerübergossne.

Jedem das Wort.
Jedem das Wort, das ihm sang,
als die Meute ihn hinterrücks anfiel -
Jedem das Wort, das ihm sang und erstarrte.

Ihr, der Nacht,das sternüberflogne, das meerübergossne,
ihr das erschwiegne,
dem das Blut nicht gerann, als der Giftzahn
die Silben durchstieß

Ihr das erschwiegene Wort.

Wider die andern, die bald,
die umhurt von den Schinderohren,
auch Zeit und Zeiten erklimmen,
zeugt es zuletzt,
zuletzt, wenn nur Ketten erklingen,
zeugt es von ihr, die dort liegt
zwischen Gold und Vergessen,
beiden verschwistert von je -

Denn wo
dämmerts denn, sag, als bei ihr,
die im Stromgebiet ihrer Träne
tauchenden Sonnen die Saat zeigt

.....aber und abermals?
 
AW: Grauen

Liebe Miri

Es ist nicht von ungefähr, dass Dir Celan beim Lesen meines Gedichtes einfällt. Er ist auch für mich der Künder des Grauens an sich. Und ich bin nur eine äußerst bescheidene Epigonin - in meinen besten Texten. Die anderen wage ich nicht in einem Atemzug mit Celan zu nennen.

"Sprachgitter " von ihm sind das Mir- am- meisten- ins Gesicht- Schlagende seiner Texte überhaupt.

Grauen zur absoluten Chiffre verkürzt ..

Und deshalb kann wohl nach ihm kaum jemand mehr Grauen gestalten ... schon gar nicht so eine Ersatzpoetin wie ich.

Und gerade deshalb muss jeder, der das heutige Grauen auch spürt, dieses aussprechen. Es ist der Mut zum Epigonentum in Zeiten, wie diesen.

Mahner gibt es heute nur noch wenige ---.

Danke für Deine Worte.


Suche, es ist eben so, wie Miriam es sagt: Jeder liest aus fiktionalen Texten das heraus, was er hört/ liest. Und es ist in Gesprächen unter Literaten durchaus üblich und legitim, die Beweggründe des eigenen Schreibens zu erklären, wenn sie dem Autor, der Autorin bewusst sind.
 
AW: Grauen

Liebe Marianne, jetzt erlaube ich mir doch noch hier ein Gedicht anzuschließen - auch eines des Grauens.

Darfur

Zum Anlass der Aktionswoche "Darfur: Verbrechen gegen die Menschlichkeit" im Jüdischen Museum in Berlin.

Mitten im Grauen
Wir uns nicht trauen
Es zu benennen -
Wir aber, die es noch kennen,
Und uns erinnern
An dunkle Stunden,
Wir tragen in uns jene Wunden
Die für viele nicht sichtbar.
Er bleibt unverzichtbar
Der laute Aufschrei,
Der stumme Schrei,
Wenn andere wieder dort drüben
Den Völkermord tausendfach üben.

Rassistisch ist unser Schweigen,
Denn Schwarze sind nun die Opfer
Im tödlichen Reigen….



 
Das gefällt mir, liebe Miriam,

dass wir uns auch literarisch austauschen können.
Mir fällt auf, dass es noch viel schwerer ist,Grauen als indefinite Emotion fiktional zu gestalten als andere Emotionen.
Wahrscheinlich wegen der Angst, in Kitsch abzugleiten.

Da Walter es untersagt hat, fremde Texte hier einzustellen, will ich einen Link zu einem Anette von Droste- Hülshoffgedicht einstellen. Es hat bereits in meiner Jugend meine Affinität zum Erlebnis des Grauens vorbereitet.

http://www.wortblume.de/dichterinnen/hirtfeur.htm


Mich berührt Dein Text sehr -- sicher auch im Wissen um die Motive bei der Erstellung.
 
AW: Grauen

unter Umgehung des Grauens
seines Erweckens
erstrecht vor (mir) unsagbarem Versteinern,



Das Grauen
weicht der Dämmerung
im Morgen und im Abend.

Erstarrtem Sinn
die tiefste Nacht
der hellste Tag
wird Grauen



..............
 
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AW: Grauen

unter Umgehung des Grauens
seines Erweckens
erstrecht vor (mir) unsagbarem Versteinern,



Das Grauen
weicht der Dämmerung
im Morgen und im Abend.

Erstarrtem Sinn
die tiefste Nacht
der hellste Tag
wird Grauen



..............

Liebe, liebe Qanape, meine Freundin !
Und wieder schaffst Du es, mich zu beschämen. Die Kraft der Worte, mit denen Du die Farblosigkeit des "Grauens " als alltägliches Phänomen aus Dir quellen lässt. kann ich nur erahnen - nie so wie Du in Worte fassen.

Bis bald!
 
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AW: Grauen

o, liebste Marianne, das stimmt ja nicht, Du bist es, die die Worte hervorruft :reden:

und wenn auch nur für kurze Zeit die Frühlingsgöttin Primavera am Ruder ist,
ist sie nicht auch Mars, Wolf, malmende Ausmärzerin der Winterruhe,
und quält die Wachen mit dem Rausch der frischen Süße,
auch wenn für kurze Zeit, die die das gesunde Leid verdienen?


oje ganz of topic :blume1:
 
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