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Wojtyla kommt in den Himmel ...

AlexKonrad

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1. Oktober 2005
Beiträge
59
Kapitel 82 aus "Tod des Osterhasen"

Die Nacht darauf wurde ich plötzlich wach und konnte lange nicht wieder einschlafen. Ich musste an diese Sammelaktion für die Hungernden ... denken, von der ich in meinem Brief an Lolo gesprochen hatte. Und mit einmal sah ich eine Sammelbüchse, groß wie ein Ozeandampfer, wie sie unaufhaltsam in einem Meer von Spermien versank.
Ein Witz, dachte ich, es ist ein Witz, nichts als ein furchtbarer Witz, und dieser Himmelskomiker spielt die Hauptrolle darin. Und ich malte mir diesen Witz aus, ich stellte mir vor, wie Wojtyla eines Tages in den Himmel käme und wie ich Sandra davon erzählen würde:
Jetzt hör mir mal zu, damit ich dir den Witz erzählen kann. Also, es geht um Wojtyla. Der kommt eines Tages in den Himmel ... Ob es der Wojtyla ist? Genau, den meine ich. Also noch einmal, Wojtyla kommt in den Himmel ...
Du meinst er gehörte in die Hölle? Nun, da ist vielleicht etwas dran; aber jetzt kommt er erst einmal in den Himmel, sonst funktioniert der Witz nämlich nicht. Er kommt in den Himmel und wird von Petrus empfangen:
„Ach schau an, der Wojtyla ...“
„Dass du den Weg zu uns herauf gefunden hast ...“
Wojtyla schluckt und schickt sich an, dem Petrus eine Rede zu seiner Entlastung zu halten, von wegen, er hätte doch alles getan, um die Menschheit auf den rechten Weg zu bringen und so weiter und so fort, worauf Petrus ihn mit einem freundlichen Schulterklopfen unterbricht.
„Nimm es nicht zu ernst, lieber Freund, wir waren alle mal Sünder. Komm, ich möchte dich der heiligen Familie vorstellen.“
Petrus hakt sich bei Wojtyla ein und führt ihn in einen großen, festlich geschmückten Saal, in dem eine Festtafel reichlich gedeckt ist, an der alle Heiligen versammelt sind – an der Stirnseite Gottvater.
„Lass dich an unserer Tafel nieder, mein Sohn, dort neben Maria scheint mir der rechte Platz für dich“, fordert Gottvater höchstpersönlich Wojtyla auf. Der aber ist fassungslos ob der Ehre, die ihm zuteil wird. Auch glaubt er eine Spur von Ironie in Gottvaters Stimme bemerkt zu haben. Etwas verwirrt und mit einem schüchternen Lächeln nimmt er an Marias Seite Platz.
Nachdem er einige kräftige Schlucke von dem köstlichen, rubinroten Wein zu sich genommen hat, den ein blonder Engel ihm einschenkte, kehrt auch sein Mut zurück, und wenig später befindet er sich mit Maria in einer lebhaften Unterhaltung. Er bemerkt ihre außergewöhnliche Schönheit, der auch die Jahrhunderte nichts anhaben konnten. Kurzum, er verliebt sich heftig in sie, und in der folgenden Zeit werden sie häufig miteinander gesehen. Auch Maria scheint ihm sehr zugeneigt. Sie lachen und scherzen miteinander.
Eines Tages nun hält Wojtyla es nicht länger aus. Er will mehr von ihr. Er will sie ganz, und er sagt es ihr auch. Und zu seiner Überraschung willigt sie sehr bald ein, woraufhin sie sich in eins der Gemächer des Himmels zurückziehen. Sie machen es sich auf einem prächtigen Himmelbett bequem, und unter leidenschaftlichen Küssen beginnen sie einander zu entkleiden. Er bedeckt ihren gesamten Körper mit Küssen, von den seidenweichen Haaren angefangen bis zu ihren zierlichen Zehen. Schließlich hat er sich in solch einen Rausch gesteigert, dass er in sie eindringen will.
„Halt ein, Liebster!“ hört er ihre Stimme wie aus weiter Ferne, „halt ein! Bitte, zieh dir ein Gummi über!“
Wojtyla denkt, er hat sich verhört, und er versucht erneut in sie einzudringen.
„Nein, Wojtyla! Nein!“ ruft sie energischer jetzt, wobei sie ihn von sich schiebt.
Noch halb benommen vom Liebesrausch, richtet unser Wojtyla sich jetzt auf. Er ist mächtig verstimmt.
„Aber Maria, wie kannst du von mir verlangen, dass ich so etwas benutze, wo ich doch mein Leben lang ...“
„Sei still, Dummkopf! Ich weiß sehr wohl, was du da unten für einen Unsinn gepredigt hast; aber mich bekommst du nicht ohne; das lass dir gesagt sein! Glaubst du, mit einer Horde Bälger am Rockzipfel hätte ich meinem Sohn eine Karriere bauen können, wie er sie gemacht hat?!“

© Alexander Konrad
 
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