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Wider den „Hannoverismus“ - ein sprachliches und zugleich ein politisches Thema

Munro

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5.456
Wider den „Hannoverismus“ - ein sprachliches und zugleich ein politisches Thema

Dass es den Trend zur Vereinheitlichung gibt, dass im öffentlichen Raum der Druck zur Standardsprache norddeutschen Ursprungs zunimmt, legt der Tübinger Sprachwissenschaftler Hubert Klausmann mit Nachdruck dar. Wenn Rundfunksprecher „Ratt-Tour“ statt Radtour sagten, wenn selbst Schulbücher regional gebräuchliche Wörter wie „Semmel“ als unkorrekt brandmarkten, sei das „Hannoverismus“. Mehr aufklären, empfiehlt der Forscher und rät, regionalsprachliche Wendungen einfach öfter zu benutzen. Und ein Gesetz zu erlassen, „wonach es verboten ist, ein Kind wegen seiner gesprochenen Muttersprache zu tadeln“. So wie in Norwegen.

https://www.stuttgarter-nachrichten...ekt.ed2b393d-03e7-4414-884f-a377825906ff.html

Jener Hubert Klausmann spricht mir aus der Seele!
 
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Diese Eintopferei oder auch Vereinheitlichung betrifft nicht nur die WORTE sondern auch die INHALTE der Art und Weise. Die Ahnungslosen bestimmen heute, wo es lang zu gehen hat....

Ein Brötchen: Wenn ich heute ein Brötchen essen würde, dann hätte ich jedesmal Mundbluten.
Da ich im oberen Bereich nunmal keine Zähne mehr habe, sind Brötchen für mich sehr gefährlich und auch enorm schmerzhaft.

Eine Semmel: Wenn ich was essen möchte, dann muss ich auf die Semmel ausweichen, denn sie ist so beschaffen, dass ich sie essen kann, ohne dass mir sofort der Mund blutet.
 
Mit "Hannoveranismus" hat jener Hubert Klausmann ein gutes Fachwort geprägt.

Nun muss ich nicht immer umständlich erklären:

a) ich hab nix dagegen, wenn Norddeutsche in Norddeutschland norddeutsch reden
b) ich hab auch nix dagegen, wenn Norddeutsche in Süddeutschland norddeutsch reden
c) ich hab nur was dagegen, wenn Süddeutsche in Süddeutschland norddeutsch reden, weil sie meinen, das wäre die einzig richtige Art, deutsch zu reden.


Nun kann ich einfach sagen: Das ist ein Fall von Hannoverismus - und alles ist klar.
 
Die Norddeutschen fahren mit dem Ratt ins Batt. - OK.
Süddeutsche fahren mit dem Raaaad ins Baaaad. - Auch OK.

Wenn aber Süddeutsche mit dem Ratt ins Batt fahren, weil sie denken, das sei die einzig richtige Art, deutsch zu reden, dann gilt: nicht mehr wirklich OK.
 
Kennt ihr auch solche Fälle von Hannoveranismus?

Ich erwähne mal noch diesen Fall:
Wenn Süddeutsche verzweifelt versuchen, ein stimmhaftes s zu sprechen.
Aber leider dann oft an den falschen Stellen ....
 
Diese Eintopferei oder auch Vereinheitlichung betrifft nicht nur die WORTE sondern auch die INHALTE der Art und Weise. Die Ahnungslosen bestimmen heute, wo es lang zu gehen hat....

Ein Brötchen: Wenn ich heute ein Brötchen essen würde, dann hätte ich jedesmal Mundbluten.
Da ich im oberen Bereich nunmal keine Zähne mehr habe, sind Brötchen für mich sehr gefährlich und auch enorm schmerzhaft.

Eine Semmel: Wenn ich was essen möchte, dann muss ich auf die Semmel ausweichen, denn sie ist so beschaffen, dass ich sie essen kann, ohne dass mir sofort der Mund blutet.

Na, da hast Du aber Glück, dass Du keine Schrippe essen musst.

Das Wort Semmel ist inhaltlich schon falsch.
Es wurde abgeleitet aus lateinisch simila - was die Bedeutung feinstes Weizenmehl hat. Das bezeichnete Backerzeugnis mag zwar aus diesem hergestellt worden sein, es handelt sich aber nicht um Mehl. Sondern vielmehr um ein kleines (Weiß-)Brot - und genau das wird durch das Wort Brötchen ausgedrückt.

Selbst Ostwestfale (OWL), lebe ich nunmehr seit mehr als 25 Jahren in München, der bayerischen Landeshauptstadt. Trotzdem in München als Großstadt weniger Dialekt gesprochen wird und der Tatsache, das ich die meisten bayerischen Dialekte verstehen kann ... kommt es gelegentlich mal vor, dass ich jemandem begegne, bei dem ich Untertitel benötige.
Erfahrungsgemäß handelt es sich um Menschen, die selbst von anderen Bayern nicht verstanden werden.

Natürlich kann ein jeder so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Will er aber von anderen, von vielen verstanden werden, dann wird er leider so sprechen müssen, dass man ihn versteht. Versteht man ihn nur in seinem Heimatdorf, dann muss er leider in diesem bleiben - oder damit leben, dass er von anderen als Landpomeranze eingestuft wird.

Dabei ist man im Süden sogar eher großzügiger, was unter einem "zu pflegenden Dialekt" zu verstehen ist - und was als zu korrigierende Unbildung. In OWL wurde es in meiner Schulzeit korrigiert, wenn wir lokaltypische - aber grammatikalisch falsche - Redewendungen verwendeten (Falsch: "Klaus ist größer wie Peter", "Ich gehe nach Aldi". Richtig: "Klaus ist größer als Peter", "Ich gehe zu Aldi.").
Höre ich hier dagegen "Des hob I mi denkt." (falsch, es muss gedacht heißen) - dann könnte ich, z.B. in der Straßenbahn brüllend hochfahren und schreien: "Gee - dacht! Es muss heißen gee - dacht!"
Aber nein: Das gilt hier ja als "Dialekt" - und der ist hier sakrosankt.

Übrigens finde ich das Beharren auf Dialekten provinziell.
 
Selbst Ostwestfale (OWL), lebe ich nunmehr seit mehr als 25 Jahren in München,
:D Ostwestfale gegen Südwestfale?. Da hast du ja Glück, dass du 25 Jahre in München wohnst und ich nur 2 Jahre dort war.

Jaja, deine Korrekturverblödung hab ich nicht nur in der Schule, auch zu "Hause" durchmachen müssen. Und das Gezeter mit "Nicht verstanden werden", gibt es nur durch das Internet.

In Bayern hat mich JEDER verstanden und ich auch jeden....weil sie nicht so "engstirnig" waren. Da gabs nur: "Ein Preis is nie ein Bayer nich".... (doppelte Verneinung -> auch falsch):p
 
Ich nenne mal das Wort "Soße" als Beispiel.

Standarddeutsch wird in diesem Wort das erste s stimmhaft gesprochen, das zweite s stimmlos.

Wir Süddeutschen sprechen nirgends ein stimmhaftes s - unsere s sind alle stimmlos.

Wenn nun ein Süddeutscher "hochdeutsch" sprechen will - oder das, was er dafür hält - so spricht er manchmal alle s stimmhaft, was natürlich eine übertriebene Über-Anpassung ist.


Auch ein Fall von "Hannoverismus!" :)
 
:D Ostwestfale gegen Südwestfale?. Da hast du ja Glück, dass du 25 Jahre in München wohnst und ich nur 2 Jahre dort war.
Ostwestfalen gibt es wirklich und ist nicht einmal sonderlich klein, verglichen mit anderen Landkreisen Deutschlands.

Jaja, deine Korrekturverblödung hab ich nicht nur in der Schule, auch zu "Hause" durchmachen müssen. Und das Gezeter mit "Nicht verstanden werden", gibt es nur durch das Internet.

In Bayern hat mich JEDER verstanden und ich auch jeden....weil sie nicht so "engstirnig" waren. Da gabs nur: "Ein Preis is nie ein Bayer nich".... (doppelte Verneinung -> auch falsch):p

Sehe ich anders, es kommt darauf an, mit wem man zu tun hat. Münchner kann man i.A. verstehen, wie gesagt: Großstädter. Bei den Oberpfälzern geht die Sprache schrittweise ins Bellen über. Aber es gibt Orte wie Garmisch o.ä., da verstehe ich nur etwas, wenn ich mich sehr darauf konzentriere.

Aber es gibt auch andere. Thüringer können zuweilen derartig nuscheln, das man sich schon wundern muss, wenn da außer Zischlauten überhaupt etwas aus dem Mund kommt.
 
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Das Thema ist, dass Norddeutsche regionales süddeutsches Hochdeutsch fälschlicherweise gleich für "Dialekt" halten, und viele Süddeutsche selber darauf reinfallen und diesen Unsinn nachbeten - mangels sprachlichem Selbstbewusstseins.

Die Bayern allerdings haben dieses Selbstbewusstsein. In Baden-Württemberg fehlt es oft, leider.
 
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