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Wahlsystem

MartinL

Well-Known Member
Registriert
4. Juli 2022
Beiträge
2.643
Ich kenne mich nicht wirklich mit dem österreichischen Wahlsystem aus.

Im deutschen gibt es seit Jahren Diskussionen, weil das Bundesverfassungsgericht das System als nicht verfassungsgemäß beurteilte und eine zügige Anpassung anmahnte.

Formal ist es so, dass der Deutsche Bundestag 598 Abgeordnete haben dürfte. In der Praxis hat er derzeit aber 736.

Dies hängt mit zahlreichen sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten zusammen.

Eigentlich ist die Vorgabe des Wahlrechts nicht einzuhalten. Es ist in gewissem Sinne ein mathematisches Problem.

Es sollten 299 Direktmandate und 299 Listenmandate sein.
Gleichzeitig sollen die Verhältnisse bei den Listenmandaten die prozentuale Aufteilung sicherstellen. Das funktioniert aber schon lange nicht mehr.

Das funktionierte einigermaßen bei einem Bundestag mit nur 3 Fraktionen.

Derzeit arbeitet die neue Regierung an einer Änderung.

Das Grundproblem ist typischerweise durch die Verhältnisse in Bayern vorhanden.

Nehmen wir der Einfachheit halber an, Bayern hätte 50+50 Mandate Anspruch.
Nun bekommt in Bayern die CSU oft alle oder fast alle Direktmandate.
Nehmen wir an, 45 der 50 Direktmandate wären bei der CSU.
Aber die CSU habe bei den Zweitstimmen nur 35%.
Dann stünden der CSU eigentlich nur 35 Mandate zu = 35% von 100.
Man müsste der CSU also 10 seiner 45 Direktmandate wieder abnehmen.

So in etwa sieht natürlich auch der aktuelle Entwurf von Rotgelbgrün aus.

Wie denkt Ihr darüber?
 
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Bei der Erststimme entscheidet zwar formal ein regionales Parteigremium, wer für die eigene Partei zur Wahl antritt, aber der Wähler direkt, wer konkret das Abgeordnetenmandat bekommt. Da es sich um Personen des eigenen Wahlkreises handelt, kennt der interessierte Wähler auch die Kandidaten, die zur Wahl stehen, nicht selten sogar persönlich.
 
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Vor einiger Zeit starb etwas verfrüht der langjährige Direktabgeordnete des Wahlkreises, in dem ich aufgewachsen bin. Er gehörte immer zu den Abgeordneten Deutschlands mit den besten Erststimmenergebnissen, weil er auch von den grünen und roten Wählern gewählt wurde, obwohl er für die CSU antrat. Er gehörte zu den Abgeordneten, die bei Abstimmungen im Bundestag häufiger gegen die Linie der eigenen Parteiführung stimmten als andere, wobei trotzdem seine konservative Grundhaltung erkennbar war. Die Gemeinde, aus der er kommt, ist längst die reichste des Landkreises. Er hat viel für seine Heimat getan, viele Wirtschaftsbetriebe angezogen usw. Ich hatte mich mal mit ihm unterhalten und ihn ausgefragt, ob er bei seinem Abstimmungsverhalten keinen Ärger mit der CSU Führung bekomme. Er meinte, natürlich würde Druck ausgeübt. Man kenne aber seine Beliebtheit im Landkreis, wo man gerade seinen eigenen Kopf mag, was ha nicht bedeute, dass er illoyal sei. Hätte man ihn deshalb ausgetauscht und einen anderen Parteigenossen auf den Listenplatz gesetzt, dann wäre das Risiko groß gewesen, dass der Kandidat der Freien Wähler das Direktmandat bekommen hätte.



Kandidaten der Listenplätze können sich zu viel Eigenart gar nicht erlauben, weil sie dann bei der nächsten Wahl einen schlechten Listenplatz bekommen würden. So hat das Gerhard Schröder mit Listenkandidaten gemacht, die gegen seine Agenda 2010 waren.
 
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