Volks-Deutsche, Volks-Türken, Volks-Russen.
Irana hat in einem anderen Themenstrang auf eine Diskussion verlinkt,
aus der ich folgende Passage herausgreife:
antigone schrieb:...
Jürgen Müller liefert mit
Nationalsozialismus in Lateinamerika: die Auslandsorganisation der NSDAP
in Argentinien, Brasilien, Chile und Mexiko: 1931-1945
eine umfassende Studie zur "AO" (Auslandsorganisation der NSDAP,
nicht zu verwechseln mit der NSDAP/OA, die heute in den USA besteht).
Argentinien wird in diesem Buch am ausführlichsten behandelt,
da dort die größte lateinamerikanische Landesgruppe der AO bestand.
Müller widerlegt mit vielen Fakten die Überschätzung der AO
durch die Alliierten als "fünfte Kolonne"
(d.h. als feindliche Kolonne im eigenen Land).
Die AO hat sich in internen Querelen und in Kämpfen
mit den parallelen Machtstrukturen des NS-Staates (Auswärtiges Amt u.a.)
zerrieben und keine ins Gewicht fallende politische Wirkung erzielt.
Die NSDAP verstand sich als Organisation aller Deutschen in der Welt.
Deshalb hat sie den einzelnen Gauen einen überregionalen Gau, eben die AO,
angegliedert, der für "Volksdeutsche" (Menschen deutscher Abstammung)
und "Reichsdeutsche" (deutsche Staatsbürger im Ausland) zuständig war.
Auch im Ausland wollte die NSDAP alle Vereine mit der Partei "gleichschalten"
und übte Druck auf deutsche Kultur- und Sportvereine aus.
Die deutschen evangelischen Gemeinden in Lateinamerika
bekannten sich in ihrer Mehrheit zum Nationalsozialismus.
Die Katholiken waren zurückhaltender. Insgesamt kam der Nationalsozialismus
bei den in Lateinamerika lebenden Deutschen gut an.
Dennoch hatte die AO Mühe, dieses Potential zu organisieren.
In ganz Lateinamerika hatte die AO weniger als 6.000 Mitglieder,
von denen viele nicht aktiv waren.
In Chile waren es weniger als 1.000.
Die jeweiligen Staaten betrachteten das Wirken der AO
als Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten.
Mit der Vorstellung einer alldeutschen "Volksgemeinschaft",
für die die AO zuständig sei, gaben sie sich nicht zufrieden.
...
Mich beschleicht immer ein sehr ungutes Gefühl, wenn sich hochrangige Politiker
als Schirmherren ihrer "Volks-Genossen" oder "Blutsbrüder" darstellen,
die in anderen Staaten leben.
Schließlich hat das NS-Regime einen beträchtlichen Teil seiner
militärischen Gewaltakte unter dem Vorwand eines notwendigen Schutzes
für die deutschen "Volks-Genossen" vollzogen (Tschechoslowakei, Frankreich, etc.).
Dieses ungute Gefühl stellte sich beispielsweise bei den Wahlkampf-Auftritten
des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in Deutschland und Österreich ein.
Dass Erdogan seinen türkischen Landsleuten in Deutschland und Österreich
ausdrücklich nahelegt, sich nicht zu assimilieren, ist zweifellos
ein höchst fragwürdiger Beitrag zur Integration der Migranten aus der Türkei.
Als völlig durchgeknallt muss jedoch erscheinen, wenn dieser Hirni obendrein
bei dieser Gelegenheit die Türkenbelagerung Wiens in seine Rede einflicht.
Eine sehr ähnliche Empfindungslage stellt sich bei mir ein,
wenn sich Vladimir Putin als der Schirmherr der russisch-stämmigen Bewohner
der Ukraine geriert.
Dass sich die derzeit in Kiew an der Macht befindliche Politiker-Clique
mit höchst undemokratischen, kriminell-skrupellosen Methoden an die Macht
geputscht hat, das ist die eine Sache.
Daraus leiten sich aber keine legitimen Ansprüche des russischen Staates ab,
die internen Angelegenheiten der Ukraine mitzubestimmen;
und zwar ausdrücklich auch dann nicht, wenn diese besoffene Clique in Kiew
in einem Anfall von Machtrausch versucht hat, die russische Sprache zu verbieten
(ein Verbot, das inzwischen ohnehin schon wieder zurückgenommen wurde).
> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <