Besonders schwierig ist es nicht, mit dem Tod konfrontiert zu werden. Er begegnet uns ohnehin beinahe täglich. Man braucht nur die Zeitung aufzuschlagen oder das Radio anzumachen. Leute, die so gut im Verdrängen sind, dass der Tod ins Unterbewusste zurücktritt und sie nur gelegentlich behelligt, werden kaum einen Gedanken mehr als nötig daran verschwenden. Aber für unsereinen, der doch zu gerne mal über allen möglichen Sinn und Unsinn nachdenkt (grübelt?), tun sich da wahre Abgründe auf.
Vielleicht sollte ich erwähnen, dass der Geselle mit der Sense vor vielen Jahren schon einmal neben mir stand?
Okay, das habe ich hiermit getan.
Früher...früher machte ich mir nie Gedanken darum, aber als ich irgendwann feststellte, dass mir dieser schwarzgewandete Kerl gar nicht so unsymphatisch war, wie er es sein sollte, beschäftigte sich erst nur mein Unterbewusstsein mit den diversen Möglichkeiten des Dahinscheidens, später dann zu meinem Übel auch mein Bewusstsein.
Ich warf mich dem alten Sack quasi wissent- und willentlich in seine weitgeöffneten Arme. Offensichtlich war ihm diese Ausführung seines Jobs zu einfach oder er ist verdammt wählerisch, jedenfalls wollte er mich nicht haben, was ich ihm damals SEHR übel nahm.
Der Vorteil ist, dass ich dem Typen nun ohne Angst und Schlottern folgen werde, wenn er glaubt, er hat endlich genug um meine Seele gekämpft.
Ein tragisches Ende gibt es bei der ganzen Sache nicht, auch wenn das so manch einer vielleicht gern so hätte. Nur könnte ich dann schwerlich diesen Eintrag verfassen, es sein denn, ich würde an ein Leben nach dem Tod und an Heimsuchung glauben, was ich nicht tue.
Welche Gewohnheiten jeder für sich nun entwickelt hat, um alltäglich den Gedanken an sein Ableben zu entfliehen, hängt sicher auch davon ab, wie ängstlich er dem Gevatter gedanklich gegenübersteht. Bitten und beten wird da wohl kaum der richtige Ansatz sein. Bestechlich ist der Knabe auch eher nicht. Vielleicht könnte man ja auch einige Neurosen entwickeln. Die sollen in bestimmten Lebenssituationen ja durchaus auch mal hilfreich sein.
Wenn es früher oder später bei mir soweit sein sollte, dass ich Besuch von diesem Herrn bekomme, wird mir sicher niemand ein gigantisches Grabmal bauen. Auch wird mein Todestag kein nationaler Gedenktag werden. Was also bleibt eigentlich zurück, wenn ich gehe? Nichts...absolut NICHTS! Zumindest nach Abschluss der Autolyse nicht mehr.
Heute geistert die dunkle Gestalt hin und wieder noch in meinem Kopf herum, obwohl ich ihn schon längst in irgendwelche unweltlichen Tiefen verdammt zu haben glaubte.