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Streik - Streikrecht - Streikpflicht ?

M

majanna

Guest
Streik

war gestern in Wien (Öffis) und in vielen Bundesländern angesagt.
In einer abendlichen Diskussion (Verzetnich/ Gewerkschaft,-- Leitl/Arbeitgebervertreter, ---
hochrangigen Parteienvertretern (Gusenbauer/SPÖ/ , Bartenstein/ÖVP, Van der Bellen /Grüne und eine wortgewaltige Dame der FPÖ) ging es auch um das Thema.
Regierung und Opposition hielten einander Unglaubwürdigkeit vor, Rechenbeispiele aus dem Ärmel gezaubert, die beweisen sollten, dass die neue Pensionsreform überfallsartig den in den nächsten Jahren in Pension Gehenden das Geld nur aus der Tasche raubt. Diese würden flugs von der Regierungsseite mit Gegenbeispielen „belegt“.

Schlussendlich blieb der Zuschauer wieder ratlos: Die SPÖ mit ihrem Reformmodell verringert die Pensionen in einem nicht näher bezeichneten (oder von mir überhörten) Zeitraum um „NUR“ 10 Prozent, von dem ÖVP/FPÖ modell bekam man von dieser Seite gar keine genauen Angaben. Usw usw usw ....................................

Die eigentliche Frage: Hat der Streik etwas bewirkt, geriet mEs. Ganz außer Schusslinie (und mit Worten wurde wahrlich scharf geschossen).

Einzig und allein warf die Regierungsseite dem Gewerkschaftsbund vor, die Straße für einen politischen Streik genutzt zu haben, die Gewerkschaft gab nicht so direkt zu, dass es ein solcher sei, da ja wegen Angelegenheiten, die unmittelbar mit dem Berufsleben der Arbeitnehmer zusammen hängen, gestreikt wurde.

Frage an Euch:
Wie denkt Ihr über diesen Streik ( für Österreicher ab bis zu 40 Jahren eine „Pflichtbeantwortung“ -;))?

Was ist Eure Meinung zum Streikrecht an sich?
 
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Man kann nicht sagen, dass der Streik nichts bewirkt hat, schon die abendliche Diskussion ist eine direkte Folge des Streiks. Ausserdem gehen die Streiks ja nächste Woche weiter.

Jeder Streik der nicht nur eine einzige Firma zum Ziel hat ist "politisch". Wenn man das Wort in seiner eigentlichen Bedeutung sieht.

Grundsätzlich bin ich für den Streik.
Für betroffene Firmen nicht lustig, darum ist natürlich auch die Wirtschaft gegen den Streik obwohl die Wirtschaft genauso gegen diese Form der Pensionsreform ist!

Ein Argument ist allerdings dass es die falschen trifft, dem kann ich teilweise schon etwas abgewinnen. Meiner Meinung nach wären Maßnahmen sinnvoll die direkt Auswirkungen auf die Regierung haben, hier ist ein Beamtenstreik wesentlich effektiver als ein Streik von z.B. Bauarbeitern. Das Bestreiken der Zeitungen finde ich kontraproduktiv.
 
Ich glaube, es ist der erste politische Streit in Österreich seit 40 Jahren.

Ich kenne zwar die Reformvorschläge bei Euch nicht so im Detail wie die in D diskutierten, aber sie sind ja ähnlich, wie Du schon anderswo geschrieben hast.

Es wird versucht, durch späteres Renteneintrittsalter, längere Lebensarbeitszeiten, demographische Faktoren usw. das derzeitige System beizubehalten, obwohl man genau weiß, daß in einigen Jahren wieder die Rentenbeiträge nicht reichen werden, um den Rentner ihre Renten im Umlageverfahren zwischen den Generationen zu finanzieren.

Die Gewerkschaften sind für mich die
größten Verfechter einer Besitzstandswahrung um jeden Preis,
egal, ob es sich da um Fragen der Lockerung des Kündigungsschutzes,
der Flächentarifverträge oder hier der
Höhe der Anfangsrente handelt. Und hier spielt es inzwischen auch keine Rolle mehr, welche Partei Reformen durchziehen will. Die Gewerkschaften kämpfen heute für den Erhalt von "Rechten" der "Rechteinhaber", aber nicht dafür, daß andere diese "Rechte" (wieder) erlangen.

Der auf öffentliche Betriebe begrenzte politische Streik ist eigentlich auch verfassungswidrig, da die Gegenseite
nicht das Mittel der Aussperrung hat.

Ich bin gespannt, ob auch in D die Gewerkschaften streiken, wenn die Rentenreformvorschläge politisch umgesetzt werden sollen.
 
Walter,

dürfen Beamte bei Euch wirklich streiken?

Streiks im öffentlichen Dienst können übrigens leicht nach hinten losgehen, wie Du richtig feststellst, daß sie die Falschen treffen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Österreich ist ohnehin was die Anzahl der Streiktage pro Arbeitnehmer angeht auf dem vorletzten Platz, auf dem letzten sind die Japaner. Man kann den Gewerkschaften also nicht nachsagen sie seien besonders streiklustig.

Und gestreikt wird nicht weil reformiert wird sondern wegen dem wie. Vor allem weil es nicht (wie vorher üblich) Verhandlungen mit allen Beteiligten gab sondern die aktuelle Regierung ihr Vorhaben einfach durchpeitschen will. Und nach Berechnungen von seriösen Zeitungen geht es um Verluste (natürlich nicht im Schnitt) von 30 bis 40%.
 
Warum läuft die öffentliche Diskussion nicht darum wer verdient was an der Pensionsreform? Wenn Millionen von Menschen private Pensionsvorsorge treffen müssen?
Der Generationsvertrag auf dem unser Pensionssystem aufgebaut ist, wird schon von Anfang an als unfinanzierbar verteufelt. „Der so genannte Pensionsklau geht um.“

Irgendwie ist es mir unklar, dass dasselbe Prinzip bei einer privaten Versicherungsanstalt funktionieren soll während es aber bei der Pflichtversicherung nicht funktioniert. Mir ist zumindest keine Versicherungsgesellschaft als wohltätige selbstlose Organisation bekannt. Wer Verdient wie viel daran?

Die Regierung hat mit der Privatisierung das Familiensilber verscherbelt um das Budget aufzupolieren. Jetzt drückt sie sich vor ihrer sozialen Verantwortung.

Streiken ist ein demokratisches Grundrecht und hat als das zu Kenntnis genommen zu werden was es ist. Eine Unmutsäußerung gegenüber einen Missstand.

Ich persönlich arbeite seit meinem 15. Lebensjahr. Das sind 30 Jahre. Meine Pensionsbeiträge waren Bestandteile meines Lohnes.
 
Streikrecht

Ich habe ja das Thema eröffnet, weil es mich wie alle politisch Interessierten mächtig interessiert. Es ist auch aus den Beiträgen bis jetzt klar hervorgegangen, dass es auch in
unseren Reihen zwei Meinungen gibt.
Heute hörte ich im ORF/Morgenjournal 7Uhr ff. eine interessante Informationssendung zu diesem Thema. Ich will Euch nun an meinen neu erworbenen Einsichten teilhaben lassen.


Es gibt in der Tat zwei juristische Lehrmeinungen.
Professor Marhold ( Namen nur nach dem Gehör zitiert) von der Uni Graz hält die augenblicklichen Streiks , sogar alle politischen Streiks für unrechtmäßig, da das Streikrecht nichtgesetzlich verankert ist.
In Deutschland ist es das, allerdings mit strengen inhaltlichen Auflagen. Es darf nur um Anliegen, die Arbeitsbedingungen und Kollektivverträge betreffen, gestreikt werden.

In Ö ist das Streikrecht zwar nicht so geregelt, es ist aber ein Art ungeschriebenes Gesetz, dass solche Streiks nicht als verfassungswidrig gelten.
FORMALJURISTISCH sind sie es.


Der Arbeitsrechtjurist Hans Schneller (Arbeiterkammer) ist entgegen gesetzter Meinung. Er hält Streiks für verfassungskonform.

Er begründet das mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit, das sehr wohl verfassungsrechtlich verankert ist.
Dieses Versammlungsrecht unterliegt allerdings keinen inhaltlichen Beschränkungen, so wie es im deutschen Streikrecht der Fall ist.

INHALTSBEZOGEN sind sie verfassungskonform.


Professor Walter Frey (Fey?) von der Uni Salzburg hat folgende Überlegungen zu beiden Lehrmeinungen.
Wenn die Grenzen des Streikrechts inhaltlich festgelegt wären (Arbeitskampf!) , wäre der Spielraum für den ÖGB geringer .Ohne inhaltliche Festlegung, eben mit Berufung auf die Versammlungsfreiheit ist das Streikrecht freier handbar.

Er meint, eine Kompromisslösung könnte darin liegen, dass ähnlich wie in Deutschland alle rechtlichen Entscheidungen (Einzelstreik zulässig oder nicht)gesammelt würden.
Und aus diesen Einzelentscheidungen sich eine Richtung der „erlaubten“ Streiklinie ergibt.

Ich habe nur referiert, neige aber der Auffassung Schnellers zu, da die augenblicklichen „politischen“ Streiks ja nicht direkt arbeitskampfmäßige Gründe haben, aber Pensionsreform ein Thema der Lebensentwürfe zum Inhalt hat, das sehr wohl mit Lohnarbeit zusammenhängt.
 
Ich setze Streikrecht mit dem Recht zu demonstrieren gleich. Es ist mein persönliches empfinden. Österreich ist kein Streikland. Es gibt keinen Missbrauch des Streikrechts


Wer hat Interesse daran das Streikrecht zu ändern? Was soll damit verhindert werden? Reglemente schränken immer die Freiheit ein. Ist es ein willkommener Anlass die Liberalisierung weiter voranzutreiben?
 
@Akelei
da sind wir ja einer Meinung, lieber Akelei.
Und beide sind wir der Meinung des AK- Vertreters: das Streikrecht ist im Demonstrations (Versammlung)srecht rechtmäßig abgedeckt.

Ich glaube nicht, dass die von mir oben angeführten Juristen primär ein persönliches Interesse mit ihren Meldungen verfolgen.
Die Juristen sind eben ein besonderes Völkchen. Aber wem welche Auslegung nützt, kann man sich ja an den fünf Fingern abzählen.

Die weite Fassung (Verankerung im Versammlungsrecht) kann jederzeit als Mittel der direktren Demokratie genützt werden. Die engere Fassung (Streik nur als Mittel es Arbeitskampfes) nutzt letzlich einer Regierung, die per Gesetz in Lebensbereiche eingreifen, die sehr wohl mit uns als Lohnabhängige zu tun haben.
Allein aus der Tatsache, dass auch Leitl um den gewohnten sozialpartnerschaftlichen Konsens bemüht ist, zeigt, dass er sehr wohl begriffen hat, wie sehr die vielbeschworenen italienischen Verhältnisse die Wirtschaft treffen. Also, die Wirtschaft muss daran interessiert sein, dass hier bei uns alles beim Alten bleibt.


Denn ich kann Dir nur Recht geben: Österreich ist auch für die Wirtschaft eine Insel der Seligen in Bezug auf Streks.



majanna
 
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