Ich freue mich auch schon am Ziel anzukommen, das Ziel ist das natürliche Ende des Lebens, das Sterben ist der Prozess, der dem vorausgeht.
Das kann man im Laufe des Lebens öfter üben z.B. beim Loslassen von etwas.
Ich weiß nicht, ob das Ende das Ziel ist; ich befürchte das Ende kommt auch ohne eine solche Zielstellung.
Dass du dich schon freust, finde ich beachtlich, denn ich habe (bis dahin) noch Einiges zu erledigen.
Als in die Form manifestierter Teil der Welt, sehe ich meine Lernaufgabe darin, mich zu Lebzeiten von allen Anhaftungen weitestgehend zu befreien.
Alles, was ich glaube zu haben, versuche ich immer mehr von dem Begriff
Besitz zu lösen. In Wirklichkeit kann ich gar nichts besitzen, nicht nur weil ich ohnehin nichts „mitnehmen“ kann, sondern weil meine körperliche Existenz sowieso nur eine Gastrolle ist und meine „Habe“ ist nur Kostüm und Kulisse.
Es ist wie im Theater, ich spiele eine Rolle und werde (abhängig davon, ob meine Rolle bei Hofe oder in der Gosse spielt) adäquat gekleidet und geschminkt und plappere den Text, den der Autor vorgesehen hat.
Wenn ich zu denen gehöre, die entdeckt haben, dass das Theaterleben doch auch einige Freiheiten zulässt, kann ich meiner Rolle - nach und nach - auch einen eigenen Zuschnitt verpassen.
Ich gewinne Einfluss auf die Kleidung, löse meine Texte vom Manuskript und verändere auch schon mal die Handlung. Wenn ich noch mutiger werde, und bereit bin Risiken einzugehen, kann ich das Theater auch verlassen. Nur dann bin ich auf mich allein gestellt und das kann allerlei Ängste auslösen.
Im schlimmsten Falle kann ich alles verlieren.
Nur wenn mit meinem Mut auch mein Bewusstsein gewachsen ist und ich erkannt habe, dass diese (wie auch manch andere) Angst – in Wirklichkeit – eine Illusion ist und ich gar nichts verlieren kann, weil mir nichts gehört, bin ich tatsächlich weitergekommen.
Wenn ich an nichts mehr anhafte, kann ein angstfreier und würdevoller „Abgang“ (ganz ohne Trauermarsch und Salutschüsse) gut gelingen, weil nichts mehr hakt, wenn ich wieder zu dem werde, was ich vorher schon war, ein spirituelles Wesen, das nichts weiter mitnimmt als ein gereiftes Bewusstsein und dem anstatt dem Gefühl von Verlust reine Liebe entgegenströmt.
Wenn diese Aussichten auch nicht schlecht sind, heben sie aber die Aufgabenstellung für dieses Leben nicht auf.
Es geht immer darum, Liebe für dieses Leben zu entwickeln und Liebe zu mir selbst. Eigenliebe ist deshalb sehr wichtig, weil ich etwas aufbaue, was ich an Andere und Anderes weitergeben kann. Wenn ich für mich (und in mir) keine Liebe habe, kann ich keine Liebe ausstrahlen, beschränke meine Lebensfreude immens und verfalle der Versuchung, Sinn irgendwo da draußen zu suchen. Das bringt vermutlich selten Erfolg, denn ohne Liebe ist alles sinnlos.
LG * Helmfried