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loben oder nicht loben?

Waldboden

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17. März 2022
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Bei meiner morgendlichen Nietzschelektüre entdeckte ich ein berührendes Zitat:

"Ich habe mich nie in einem Buch so zu Hause und in meinem Hause gefühlt als - ich darf es nicht loben, es steht mir zu nahe." Das Zitat bezog sich auf Emerson.

Diese Haltung weckte viele Gedanken und Fragen in mir.
Klar ist, dass Lob ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung ist, aber ist es unbedingt notwendig dieses auszusprechen? Wirkt häufiges Loben nicht floskelhaft, einfallsarm und verliert es sich nicht irgendwann in Bedeutungslosigkeit, sobald man es der Gewohnheit und Erwartung halber ausspricht?
Vor allem wenn einem wirklich etwas sehr viel bedeutet, dann denke ich mir, lässt sich dafür nichtmal eine passende Sprache finden, aus der heraus dieses Lob unser besonderes Verhältnis für etwas oder jemanden so wirklichkeitsnah wie möglich darstellt -- wer weiß, vielleicht würde es sogar durch den Sprachausdruck die Besonderheit schmälern oder gar zwischenmenschlich zu einem ungünstigen Abhängigkeitsverhältnis führen, aus dem heraus man dann immer wieder gelobt werden will?
Bei Nietzsche fand ich es nun sehr bedeutsam, dass er sein Lob der Sprachlosigkeit überlies und somit mehr Raum für die Entstehung von etwas Würdevollen offen ließ.
Wäre es nicht ratsam mit dem Loben sparsamer umzugehen, oder es überhaupt ganz auszusparen, damit man sich gegenseitig zu mehr Selbstständigkeit und Besonderheit erzieht? Und könnte man durch das Aussparen des Lobes nicht eine viel stärkere Bindung zu einander schaffen? Ich denke jeder hat schon einmal die Erfahrung des Zaubers der Sprachlosigkeit gemacht, aus der heraus man weiß, alles, wie es jetzt ist, ist vollkommen und richtig --.
 
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Wirkt häufiges Loben nicht floskelhaft, einfallsarm und verliert es sich nicht irgendwann in Bedeutungslosigkeit, sobald man es der Gewohnheit und Erwartung halber ausspricht?
Ja, das Lob muss vor allem passen, angemessen sein.
Ich freue mich über Lob, aber dieses gehypte Lob, kann ich nicht annehmen, wenn ich merke, dass es leer und inauthentisch ist.
Vor allem wenn einem wirklich etwas sehr viel bedeutet, dann denke ich mir, lässt sich dafür nichtmal eine passende Sprache finden, aus der heraus dieses Lob unser besonderes Verhältnis für etwas oder jemanden so wirklichkeitsnah wie möglich darstellt -- wer weiß, vielleicht würde es sogar durch den Sprachausdruck die Besonderheit schmälern oder gar zwischenmenschlich zu einem ungünstigen Abhängigkeitsverhältnis führen, aus dem heraus man dann immer wieder gelobt werden will?
Da bin ich weniger skeptisch, auch wenn ich gegen die Funktionalisierung zwischenmenschlicher Aspekte ziemlich allergisch bin.
Wäre es nicht ratsam mit dem Loben sparsamer umzugehen, oder es überhaupt ganz auszusparen, damit man sich gegenseitig zu mehr Selbstständigkeit und Besonderheit erzieht? Und könnte man durch das Aussparen des Lobes nicht eine viel stärkere Bindung zu einander schaffen?
Selten, aber ehrlich gemeint, das scheint mir passend zu sein. Dann ist Lob eine durchaus angenehme Rückmeldung, die zeigen kann, dass das, was man gemacht hat, wahrgenommen wurde. Irgendwie ist ja alles Beziehung.
Ich denke jeder hat schon einmal die Erfahrung des Zaubers der Sprachlosigkeit gemacht, aus der heraus man weiß, alles, wie es jetzt ist, ist vollkommen und richtig --.
Ja, es gibt Momente, wo einem die Worte fehlen und da ist es dann auch besser zu schweigen. Aber die sind sehr selten und routinemäßigie Andacht kommt mir dann wieder ein wenig zu gewollt vor.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist Anerkennung, die etwas ganz anderes
-für mich- bedeutet als ein (irgendein) Lob.
Was ganz anderes würde ich jetzt nicht sagen, ich finde, dass das fließend ineinander übergeht. Wobei Lob vielleicht etwas asymmetrischer ist, weil man ja als vermeintlich Besserer lobt, Anerkennung ist vielleicht mehr auf Augenhöhe.

Wobei Nietzsche ein gewisses narzisstisches Element des Lobs angesprochen hat, zumindest könnte man ihn so interpretieren: Wenn es löblich ist, weil ich es genau so gemacht/gesagt/gedacht haben könnte, muss man vorsichtig sein.

Allerdings kann auch die Zurückweisung des Lobs narzisstisch motiviert sein und ist sogar typisch für Narzissmus. Lob vom anderen anzunehmen heißt anzuerkennen, dass er meine Leistung adäquat beurteilen kann. Für Narzissten ist dieser Gedanke nicht zu ertragen.
 
Was ganz anderes würde ich jetzt nicht sagen, ich finde, dass das fließend ineinander übergeht. Wobei Lob vielleicht etwas asymmetrischer ist, weil man ja als vermeintlich Besserer lobt, Anerkennung ist vielleicht mehr auf Augenhöhe.

Vielleicht habe ich einen Fehler begangen, indem ich versucht habe Lob und Anerkennung als etwas gleichwertiges darzustellen -- mittlerweile bin ich mir gar nicht mehr sicher ob das so ist. Man könnte Lob als eine aktive Anteilnahme ansehen, und Anerkennung als eine stillschweigende Passivität.

Wobei Nietzsche ein gewisses narzisstisches Element des Lobs angesprochen hat, zumindest könnte man ihn so interpretieren: Wenn es löblich ist, weil ich es genau so gemacht/gesagt/gedacht haben könnte, muss man vorsichtig sein.
Warum narzisstisch? Eine Vorbildfunktion die einer höheren geistigen Ebene dient, ist eigentlich nicht narzisstisch angelehnt. Wie kommst du auf so einen Gedanken?
 
„Nicht meckern, ist allemal Lob genug“ (schwäbisches Sprichwort)

Nach der Maslow´schen Bedürfnispyramide (auch als Bedürfnishierarchie bekannt) strebt jeder Mensch, nach höherer Wertschätzung, Anerkennung, Lob, sowie nach privaten und beruflichen Erfolgen, sobald dessen elementaren Defizitbedürfnisse (Nahrung, Wohnraum, Recht, fester Arbeitsplatz, die sozialen Beziehungen, etc.) als gesichert erscheinen.
 
Nach der Maslow´schen Bedürfnispyramide (auch als Bedürfnishierarchie bekannt) strebt jeder Mensch, nach höherer Wertschätzung, Anerkennung, Lob, sowie nach privaten und beruflichen Erfolgen, sobald dessen elementaren Defizitbedürfnisse (Nahrung, Wohnraum, Recht, fester Arbeitsplatz, die sozialen Beziehungen, etc.) als gesichert erscheinen.
Nach Nietzsche trifft das eher auf die "letzten Menschen" zu, aber nicht auf den Über-Mensch. Wenn man gesellschaftlich noch immer bei den letzten Menschen verharren möchte, so kann man sich gewiss sein, dass dies nichts zur menschlichen Entwicklung im höheren Sinn beiträgt -- von der Deckung der Grundbedürfnissen mal abgesehen, denn diese sollten sowieso längst abgesichert sein - und das dem immer noch nicht weltweit der Fall ist - ist auch ein ganz anderes Thema.
 
Man könnte Lob als eine aktive Anteilnahme ansehen, und Anerkennung als eine stillschweigende Passivität.
Ich sehe es eher vertikal und da ist mit als drittes noch die Bewunderung eingefallen, bei der man eher aufschaut. Aber auch das geht glaube ich fließend ineinander über.
Warum narzisstisch? Eine Vorbildfunktion die einer höheren geistigen Ebene dient, ist eigentlich nicht narzisstisch angelehnt.
Das würde ich dann als Ideal ansehen. Etwas, was vorbildhaft dasteht und an dem man sich orientieren kann.
Auf die Verbindung komme ich vielleicht deshalb, weil ich ein Buch von Bonetti über männlichen Narzissmus gelesen habe, gerade fällt mir ein, dass er darin sogar Nietzsche erwähnt (eher negativ, aber das Buch ist auch nicht uneingeschränkt zu empfehlen), und darin ist von der Verbindung Lob und Narzissmus die Rede. Das sogar halbwegs nachvollziehbar.
 
Auf die Verbindung komme ich vielleicht deshalb, weil ich ein Buch von Bonetti über männlichen Narzissmus gelesen habe, gerade fällt mir ein, dass er darin sogar Nietzsche erwähnt (eher negativ, aber das Buch ist auch nicht uneingeschränkt zu empfehlen), und darin ist von der Verbindung Lob und Narzissmus die Rede. Das sogar halbwegs nachvollziehbar.
Ich würde bei jemanden der unbedingt und in jedem Fall auf Lob hinaus ist, auch narzisstische Hintergründe vermuten. Warum und wobei der Herr aber konkret Nietzsche herbeizitierte - dazu müsste ich schon das Zitat und die Erklärung dazu lesen (…) Wäre interessant.

Und wer ist überhaupt Bonetti?
 
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Nach Nietzsche trifft das eher auf die "letzten Menschen" zu, aber nicht auf den Über-Mensch. Wenn man gesellschaftlich noch immer bei den letzten Menschen verharren möchte, so kann man sich gewiss sein, dass dies nichts zur menschlichen Entwicklung im höheren Sinn beiträgt -- von der Deckung der Grundbedürfnissen mal abgesehen, denn diese sollten sowieso längst abgesichert sein - und das dem immer noch nicht weltweit der Fall ist - ist auch ein ganz anderes Thema.

Zu meinem Bedauern kann ich dieses Nietzsche Postulat, und zudem noch in dieser Ausschließlichkeit, nirgendwo finden. Dort, wo ich herkomme, nämlich aus der Sozialwissenschaft, und damit jener Wissenschaft, welche sich mit der Empirie menschlichen Sozialverhaltens beschäftigt, dort kommt Nietzsches Philosophie realitätshalber eben nur eine untergeordnete Bedeutung bei. -Und ja, die meisten Menschen sehen ihre Grundbedürfnisse in der Tat als bereits gesichert an, wenn man unsere Gesellschaft nur durch ein Schlüsselloch betrachtet.
 
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