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Können die Verbraucher die heimische Wirtschaft stärken?

Eule58

Moderator
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Registriert
10. Dezember 2005
Beiträge
8.457
Diese Frage beschäftigt mich schon länger. Und als ich unlängst im FS einen Bericht über TEMU sah, in dem auch Produkte getestet wurden fragte ich mich, warum kaufen die Leute solchen Schrott. Denn mich prägte der Satz meines Vaters "wer billig kauft, zahlt doppelt."
Abgesehen davon, schadet es nicht auch der heimischen Wirtschaft, wenn wir alles im Ausland kaufen, nur weil es um ein paar Euro billiger ist?
Meine Devise war immer, Ort, Bezirk, Land, Europa, und ganz zum Schluss restl. Welt und jetzt ist das Schlusslicht Internet.
Vielleicht liege ich mit meiner Ansicht total falsch.
Aber ich glaube, dass wir mit unserem Kaufverhalten sehr wohl beeinflussen können, ob heimische Geschäfte, Firmen, Erzeuger usw. überleben oder nicht.
Was meint ihr?
 
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'Wer billig kauft läuft Gefahr, Schrott zu kaufen' beschreibt die Realität besser. Wäre Billiges immer Schrott, würde es niemand mehr kaufen. So ist es eine Risikoabwägung. Da gibt es die Anekdote des Astronauten, der vor dem Start gefragt wurde, wie es sich denn anfühlte, mit der Rakete, dem technischen Überdrüber, ins All zu reisen. Er soll so etwas gesagt haben wie 'Nun, wie würden sie sich fühlen, in einem Ding zu reisen, bei dem jedes einzelne Bauteil vom jeweiligen Billigstanbieter kommt?'
Und doch gab und gibt es erfolgreiche Raumfahrtsmissionen.

Aber ja, der Verbraucher hat durchaus maßgeblichen Einfluss auf die Wirtschaft -und nicht nur die heimische. Nur ist es bei Wirtschaftstreibenden so, dass sie hauptsächlich zum EIGENEN Vorteil handeln, Verbraucher wie Hersteller. Dass der eigene Vorteil nicht immer auch ein Vorteil für seine unmittelbare Umgebung ist oder sein muss, liegt in der Natur der Sache.
So verhält es sich auch mit der Stärkung der heimischen Wirtschaft. Hier wirtschaftet man nur in einem größeren Zeithorizont mit dem Gedanken, dass man mit derlei Billigkäufen zwar kurzfristig Geld spart, aber langfristig beispielsweise durch einen eventuellen Verlust des Arbeitsplatzes mehr Verlust haben könne. Also auch hier eine Risikoabwägung.
Gemeinschaften haben Maßnahmen entwickelt um die Menschen dazu zu drängen, mit ihrem Kaufverhalten die heimische Wirtschaft möglichst zu stärken bzw die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich der Vorteil des einzelnen Verbrauchers möglichst mit dem Vorteil der jeweiligen Gemeinschaft deckt. Die bekannteste Maßnahme sind die Zölle. Die sind wirksam, haben aber auch ihre nachteiligen Nebenwirkungen. Andere Maßnahmen sind Bewerbungen, Appelle an den Patriotismus, Postulierung einer besonders hohen Qualität, die sachlich in der Regel nicht einmal begründet ist und auch Utilisierung der Xenophobie ('der heimische Hersteller ist vertrauenswürdiger als der fremde') sind 'weicher'.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Frage beschäftigt mich schon länger. Und als ich unlängst im FS einen Bericht über TEMU sah, in dem auch Produkte getestet wurden fragte ich mich, warum kaufen die Leute solchen Schrott. Denn mich prägte der Satz meines Vaters "wer billig kauft, zahlt doppelt."
Abgesehen davon, schadet es nicht auch der heimischen Wirtschaft, wenn wir alles im Ausland kaufen, nur weil es um ein paar Euro billiger ist?
Meine Devise war immer, Ort, Bezirk, Land, Europa, und ganz zum Schluss restl. Welt und jetzt ist das Schlusslicht Internet.
Vielleicht liege ich mit meiner Ansicht total falsch.
Aber ich glaube, dass wir mit unserem Kaufverhalten sehr wohl beeinflussen können, ob heimische Geschäfte, Firmen, Erzeuger usw. überleben oder nicht.
Was meint ihr?

Ich zumindest habe in meinem fast 40 jährigen Arbeitsleben keine Sekunde daran gedacht, mit meiner Arbeit die heimische Wirtschaft zu stärken, oder meinen Arbeitgebern zu hohen Gewinnen zu verhelfen.
Auch käme mir nicht in den Sinn, mich damit zu rühmen, nach dem Krieg „am Aufbau des Landes“ mitgeholfen zu haben.

Nein, ein „gesunder Egoismus“ trieb mich an, um solo wie auch in Teamarbeit Erfolgserlebnisse, Anerkennung und Lohn zu erlangen, damit es mir und meinen Lieben gut ging, ohne sonderlich hohe Ansprüche zu haben.

In einer aufgabenteiligen Gesellschaft war es nicht meine Aufgabe, mir als Konstrukteur Gedanken über fachfremde Volks-, Betriebswirtschaft oder Soziologie zu machen, sondern in meinem Fach gute Arbeit abzuliefern.

Ich habe mit meiner Arbeit u.a. daran mitgewirkt, dass z.B. Volkswirte, Betriebswirte, Soziologen, Pädagogen, Mediziner oder Politiker möglichst sicher mit dem Flugzeug fliegen konnten.
Im Gegenzug haben die genannten Experten in ihren Jobs dafür gesorgt, dass mein Nettolohn meiner Familie einen bescheidenen Wohlstand ermöglicht und der Nettogewinn meines Arbeitgebers ihm ermöglicht, in die Firma zu investieren, was letztlich Arbeitsplätze u. sozialen Frieden sichert.

Bezüglich Kauf von Billigst-Produkten sollten die nicht verboten werden, dafür aber Eltern und Pädagogen junge Menschen dafür sensibilisieren, Produktwerbung kritisch zu hinterfragen, um zu erkennen dass an Billigst-Produkten etwas „faul“, aber auch ein vermeintlich angemessener Preis völlig überhöht sein könnte.

Wenn ich im Supermarkt drei verschiedenfarbige Brillen („Lesehilfen“) im Set für 6,- Euro mit meiner 400,-Euro Markenbrille vergleiche und sehe, dass bei dem Set die dreifache Anzahl Einzelteile (Bügel, Scharniere, bewegliche Nasenpads, Schrauben) hergestellt und montiert werden müssen, kommt mir die einzelne Optikerbrille extrem überteuert vor. Dabei hat die noch nicht mal die eingebauten Rastungen der Billigbrillen, damit die aufgeklappten Bügel in der Endstellung verbleiben.

Meine besagte 400,- Euro „Marken“-Brille, die mir obigen Vergleich ermöglichte, habe ich schon mindestens 10 Jahre. Die hat mich damals aber nur 2,- Euro gekostet, nachdem ich auf Flohmärkten solange nach einer Brille suchte, bis ich diese für mich passende fand.

Die Frage, ob ich als notorisches „Sparschwein“, das Optikern Umsatz vorenthält, die deutsche Wirtschaft schädige, stelle ich mir nicht.

Auch nicht des Umstandes wegen, dass ich als Foto-, Hifi- und Musikfan mein Equipment über einige Jahre hinweg mit dem Fahrrad an den regelmäßigen Sperrmülltagen und der städtischen Sammelstelle für Elektronikschrott zusammenstellte (mit Erlaubnis des dortigen städtischen Mitarbeiters).
Für interessierte Kenner eine kleine Kostprobe der meist funktionierenden oder nur mit kleinen von mir behobenen Mängeln behafteten „Sahnestücke“ (man fragt sich, wer schmeißt so was weg..):

Synthesizer-Workstation Korg i3 von 1993 (Kaufpreis damals ca. 5.500 DM);

Roland D 5 und weitere diverse Synthesizer und Sampler;

Yamaha Stratocaster Nachbau (20 Jahre nach Verkauf meiner 1972 gekauften echten Stratocaster..ein großer Fehler ..die wäre heute wohl ein Vermögen wert..);

Gitarren-Verstärker Marshall, Fender, Park, Ross, diverse Gitarren-Effektgeräte;

Tonbandgeräte Revox A77, Uher-Royal-Deluxe, Akai, Philips, diverse Mikrophone, Kopfhörer;

Plattenspieler Technics 1200 MK2, Dual CS 741 Q und weitere Modelle;

CD-Player Marantz CD 67se und weitere Spitzenplayer oder MD-Recorder von Sony, Onkyo, Denon, Philips;

Digitalkameras Canon EOS 60D, Nikon D700, Fuji Finepix S3 pro und zig weitere z.T. wasserdichte Digital-Kompakt-Kameras;

Diverse Digital- PCs, Laptops, Tabletts, Monitore, Zubehör, alles kein alter Kram.


Technische Geräte und Musikinstrumente waren für mich schon immer eine Art Kuscheltiere.

Es mag sein, das Leute wie ich durch den Verzicht, Neugeräte zu kaufen, auch weil sie die einstige hohe mechanische Qualität älterer Geräte nicht mehr bieten, Konjukturbremsen sind.
Aber noch ist dies nicht verboten, darüber frei zu entscheiden. Ebenso ist nicht verboten, Tiefpreisgeräte aus China zu kaufen.

Diesen Text hier schreibe ich mittels einer Tastatur und einem Monitor aus dem Sperrmüll (alles „Made in China“ denn „Made in Germany “ gibt es bei solchen Produkten wohl nicht, oder sind unbezahlbar).

Ein gewisser Ausgleich ist ja gegeben, alte Geräte weiterverwenden ist ein Beitrag zum Umweltschutz und die Wegschmeißer der alten Geräte leisten durch den Kauf neuer Geräte einen Konjunkturbeitrag.
Aber das alles ist nicht mein Fachgebiet, sollen die Experten sich arbeitsteilig drum kümmern. Krisenbewältigung haben sie doch bisher meist gut hingekriegt. Aber bestimmt nicht durch Gängelung von Billigkäufern oder Konsummuffeln.
 
Ich zumindest habe in meinem fast 40 jährigen Arbeitsleben keine Sekunde daran gedacht, mit meiner Arbeit die heimische Wirtschaft zu stärken, oder meinen Arbeitgebern zu hohen Gewinnen zu verhelfen.
Auch käme mir nicht in den Sinn, mich damit zu rühmen, nach dem Krieg „am Aufbau des Landes“ mitgeholfen zu haben.

Nein, ein „gesunder Egoismus“ trieb mich an, um solo wie auch in Teamarbeit Erfolgserlebnisse, Anerkennung und Lohn zu erlangen, damit es mir und meinen Lieben gut ging, ohne sonderlich hohe Ansprüche zu haben.

In einer aufgabenteiligen Gesellschaft war es nicht meine Aufgabe, mir als Konstrukteur Gedanken über fachfremde Volks-, Betriebswirtschaft oder Soziologie zu machen, sondern in meinem Fach gute Arbeit abzuliefern.

Ich habe mit meiner Arbeit u.a. daran mitgewirkt, dass z.B. Volkswirte, Betriebswirte, Soziologen, Pädagogen, Mediziner oder Politiker möglichst sicher mit dem Flugzeug fliegen konnten.
Im Gegenzug haben die genannten Experten in ihren Jobs dafür gesorgt, dass mein Nettolohn meiner Familie einen bescheidenen Wohlstand ermöglicht und der Nettogewinn meines Arbeitgebers ihm ermöglicht, in die Firma zu investieren, was letztlich Arbeitsplätze u. sozialen Frieden sichert.
Richtig. Eine freie Wohlstandsgesellschaft erschafft und erhält man indem man sie so aufbaut, dass der "gesunde Egoismus" des Einzelnen auch dem Wohle der Gemeinschaft dient. Manche haben das Gefühl (bzw es wird ihnen durch geeignete Propaganda eingepflanzt bzw es verstärkt), dass sie von diesem System nicht ausreichend profitieren und wollen es durch ein anderes ersetzen, von dem sie erhoffen, mehr zu profitieren. Sie suchen nach einer Alternative für ihr Land.
Sie nehmen die Vorzüge, die ihnen die Gesellschaft bietet als selbstverständlich und sind empört darüber, wenn sie etwas zur Gesellschaft beitragen sollen. Auch hier im Forum haben wir solche.
 
Postulierung einer besonders hohen Qualität, die sachlich in der Regel nicht einmal begründet ist

Es kommt natürlich auf die Produktgruppe an, aber diese Meinung kann ich nicht teilen. Für meine Messer und Werkzeuge für meinen Beruf kaufe ich nur deutsche Stahlwaren, vorzugsweise aus Solingen. Sie haben ihren Preis, sind aber ihr Geld auch wert und haben eine entsprechend lange Lebensdauer.
Da kauft man in so einem Billigshop mal so etwas wie einen Sparschäler und denkt sich: Was soll da schon sein? Um dann festzustellen: Das Dingens funktioniert nicht einmal im Neuzustand. Das ist dann überhaupt keine Frage mehr von "besser" oder "schlechter" oder "Profi" oder "Amateur": Da hätte man mir auch ein Modell aus Pappe in die Verpackung legen können.

Bin kein großer Handwerker, aber bei mir hatte sich mit der Zeit etwas Werkzeug angesammelt, also brauchte ich mal einen Werkzeugkasten. So ein Modell aus Kunststoff wollte ich nicht haben, ich wollte den blauen Klassiker aus Blech. Online fand ich einen aus China für 20€ und einen aus Deutschland für 40€.
Jedoch bereits auf den Abbildungen ließ sich erkennen, dass es auch Unterschiede gab. Wo das deutsche Modell sorgfältig abgerundete Kanten aufwies, war das chinesische gerade, die Klappmechanik sah windig aus usw. usf. Also kaufte ich das teurere, deutsche Modell und habe das nicht bereut. An so etwas will ich nicht mehr sparen, schon gar nicht lächerliche 20€.

Das ist dann im Grunde auch nicht einmal eine Frage einer "besonders hohen" Qualität, sondern mehr die Frage von überhaupt einer. Ein deutscher Hersteller produziert ein Produkt, wie es sein soll, mit den Eigenschaften, die man sich von diesem erwartet. Ein chinesischer Hersteller stellt ein Produkt her, das gerade eben noch so durchgeht - und das ist dann meistens Schrott. Wobei sich mir die Frage stellt, wieso man so einen Müll überhaupt noch von China nach Deutschland transportiert.
 
Es kommt natürlich auf die Produktgruppe an, aber diese Meinung kann ich nicht teilen.
Ich meinte da weniger den Vergleich von Deutschen Produkten versus jene aus anderen Ländern und schon gar nicht hochpreisige inländische versus ausländische Billigware, sondern beispielsweise Heimatort versus Nachbarort bei ungefährer Preisparität.
Da wird bei der Werbung lediglich der Lokalpatriotismus adressiert.
 
Ich versuche regionale Produkte zu finden - bei Lebensmitteln gelingt das meistens. :blume1::blume2:
 
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