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Kennt sich jemand von Euch mit Sekten aus?

wirrlicht

New Member
Registriert
26. Juni 2003
Beiträge
968
...ich meine, abgesehen von den christlichen?

Speziell handelt es sich um "www.overeatersanonymous.de " - m.W. sind die angelehnt an die Anonymen Alkoholiker - die haben ja auch ziemlich merkwürdige christliche Ansätze.

Die Freundin eines Bekannten ist z.Zt. wg. Suizid-Versuchs in einer Klinik und wird von der dortigen Ärztin in diese Gruppe gedrängt - er macht sich Sorgen, ob das nicht eine Sekte ist.

Falls jemand von Euch dazu was weiß (oder weiterführende Links): wäre klasse :)

LG, wirrlicht
 
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Hallo Wirrlicht,

selbst habe ich zwar bislang keine konkreten Erfahrungen mit Sekten sammeln können, jedoch habe ich mich in der Vergangenheit etwas mit dem Sektenbegriff beschäftigt.

Ich habe mir die Homepage jener Selbsthilfegruppe "Overeatersanonymous" angesehen und denke nicht, dass es sich hierbei um eine Sekte oder sektenähnliche Vereinigung handelt. Es scheint - zumindest wenn man den Angaben auf der Homepage glauben schenkt - keine straffe Hierarchie zu existieren und keine hinterschwelligen finanziellen Absichten involviert zu sein, was bei Sekten üblicherweise der Fall ist. Auch ist keine als Absolutum gepriesene Lehre offensichtlich.

Der einzig auffallende Punkt, welcher mich allerdings stutzig gemacht hat, wäre, dass zwar einerseits keine Glaubenszugehörigkeit verlangt wird und überdies ausdrücklich erwähnt wird, dass auch Agnostiker und Atheisten in der Gruppe willkommen seien, andererseits aber die sog. "zwölf Schritte" und "Werkzeuge der Genesung" eindeutig einen Gottesglauben und transzendente Vorstellungen voraussetzen, denn diese Regeln fußen auf der Akzeptanz eines ungreifbaren Überichs, das - wie allgemein üblich - als "Gott" bezeichnung findet. Ein überzeugter Atheist dürfte also hiermit in Diskrepanz geraten.

Alles in allem scheint es sich hierbei um eine Selbsthilfevereinigung zu handeln, die auf eine mögliche Weise versucht, einer als gemeinsam empfundenen Problematik, dem zwanghaften Essverhalten, beizukommen. Ein Versuch wäre es also sicherlich wert, auch wenn ich denke, dass ein selbstmordgefährdeter Mensch vor allem eine Theraphie in Angriff nehmen sollte und solch eine Gruppe womöglich bereits nicht mehr ausreicht, um eine adäquate Hilfe in einer solch problematischen Lebenssituation zu finden. Dies kann aber natürlich nur individuell beurteilt werden.

Viele Grüße,

Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:
Original geschrieben von PhilippP
Selbsthilfegruppe "Overeatersanonymous"
Scheint wohl sowas wie die "Wissenschaftlichen Christen" zu sein. Die bieten auch so eine alternative Medizin an, die auf das Gotteswort beruht. Ich hatte mir mal spaßeshalber ein paar Broschüren von denen zukommen lassen. Weil ich mich für alle religiösen Strömungen interessiere. Aber in der Öffentlichkeit sind sie de facto nicht bemerkbar. Man weiß gar nicht, was die machen...

Gysi
 
Hi - danke für's Antworten. Die Bekannte hat sich dank der Unterstützung ihres Freundes gegen die OA entschieden.

Hab mir das Ganze nochmal angesehen, diese Gruppen scheinen nach dem Modell der Anonymen Alkoholiker zu funktionieren oder zumindest daran angelehnt.

Was mir wirklich aufstößt sind solche Passagen:

"Die Botschaft der Genesung an Esssüchtige weiterzugeben, die noch leiden, ist die Hauptaufgabe der Gemeinschaft und deshalb die wichtigste Form von Dienst."

Klingt für mich nach Missionierung Hilfsbedürftiger.


"Sponsoren sind OA-Mitglieder, die nach bestem Wissen und Gewissen nach den Zwölf Schritten und Zwölf Traditionen leben." ...-... "Wir bitten unseren Sponsor, uns im Genesungsprogramm auf allen drei Ebenen zu helfen: auf körperlicher, emotionaler und spiritueller Ebene."

"Wir studieren und lesen OA-Literatur, vor allem unsere Faltblätter, die Bücher Die Zwölf Schritte und Zwölf Traditionen von Overeaters Anonymous, Für Heute und Genesung von der Ess-Sucht – Lifeline Sampler."

Also die Scientologen klingen auch nicht viel anders...


"Jede OA-Gruppe sollte sich selbst erhalten und von außen kommende Unterstützung ablehnen."

"Eine OA-Gruppe sollte niemals ein außenstehendes Unternehmen unterstützen, finanzieren oder mit dem OA-Namen decken, damit uns nicht Geld-, Besitz- oder Prestigeprobleme von unserer Hauptaufgabe ablenken."



Wenn man die Suchmaschinen bemüht, wird man unter "Selbsthilfegruppen" fast überall auf die OA stoßen. Mir wird mulmig, wenn ich deren Programm lese - mir scheint es einfach nicht sicher zu sein, daß Menschen gerade in einer Situation, in der sie Hilfe suchen, an irgendwelche Sektierer geraten. Kritisches zu diesen Gruppen habe ich noch nirgendwo gefunden. Aber wenn solche religiös motivierten Hilfsangebote selbst von behandelnden Ärzten schon "angeboten" werden - da werde ich einfach mißtrauisch.

LG, wirrlicht
 
Habe auch ein wenig gestöbert.

Die OAs lesen sich wie die anonymen Alkoholiker.
Ein Bekannter mit großen Alkoholproblemen (inzwischen seit fast 10 Jahren trocken) war bei den AAs.


"Da wird zwar gebetet, aber sonst ist es dort in Ordnung" war sein Kommentar.

Ihm konnten die AAs helfen und einen Weg ohne Alkohol zeigen, ohne daß er jetzt "christlich" werden mußte.
Mehr kann ich dazu nicht sagen, von den OAs habe ich vorher noch nie gehört - kann man eigentlich zu viel essen? :D :p


Betrachtet man sich als Nichtchrist die entsprechenden Seiten (auch die der AAs), kann einem schon mulmig werden.

Es hört sich wohl schlimmer an, als es ist - "Da wird zwar gebetet, aber sonst ist es dort in Ordnung" ;)
 
Original geschrieben von Alzii
Mehr kann ich dazu nicht sagen, von den OAs habe ich vorher noch nie gehört - kann man eigentlich zu viel essen? :D :p

Kommt auf die Betrachtungsweise an... die Betreffende ist der Meinung, daß sie keine Eßstörung habe, ihre Ärztin sieht das aufgrund ihres Übergewichts anders und drängt sie deshalb zur Teilnahme an einer solchen Gruppe.

Ich kenne die junge Frau flüchtig - sie wiegt weniger als ich. Tja... also ich gehe lieber Eisessen als beten :D


Es hört sich wohl schlimmer an, als es ist - "Da wird zwar gebetet, aber sonst ist es dort in Ordnung" ;)

Na ja dann... Amen :rolleyes: :D


LG, wirrlicht
 
Original geschrieben von wirrlicht
Kommt auf die Betrachtungsweise an... die Betreffende ist der Meinung, daß sie keine Eßstörung habe, ihre Ärztin sieht das aufgrund ihres Übergewichts anders und drängt sie deshalb zur Teilnahme an einer solchen Gruppe.

So eine Fettschicht kann ein gutes Schutzschild gegen alles mögliche sein.

Das Problem ist dann nicht das Übergewicht, sondern der Schutzechanismus, der dahinter steckt.

Vielleicht gehen die OAs die Ursachen an?
Dies wäre zu begrüßen und ein paar "Vaterunser" gehen sehr schnell vorbei.
 
Original geschrieben von Alzii
So eine Fettschicht kann ein gutes Schutzschild gegen alles mögliche sein.

Das Problem ist dann nicht das Übergewicht, sondern der Schutzechanismus, der dahinter steckt.

Vielleicht gehen die OAs die Ursachen an?
Dies wäre zu begrüßen und ein paar "Vaterunser" gehen sehr schnell vorbei.


Na ja, das sehe ich etwas anders. Die Frau, um die es geht, nimmt wegen verschiedener Allergien und zur Schmerzbehandlung seit Jahren etliche Medikamente ein - u.a. auch Cortison. In diesem Zusammenhang eine Eßstörung behandeln zu wollen bei einer Person, die unter schweren Depressionen leidet, halte ich für eher schädlich.

Fettschicht als "Schutzschild" - klar gibt's das. Wenn ich schlanker bin fühle ich mich "zu wenig" und mir ist klar, daß das natürlich auch was mit "Schutz" zu tun hat. Im Gegensatz zu der Bekannten leide ich nicht darunter. Aber WENN ich darunter litte, würde ich es sicher nicht sinnvoll finden, mich mit Gebeten und irgendwelchen religiösen Dingen "therapieren" zu lassen. Ich denke mal, das hängt auch von der individuellen Biografie des Einzelnen ab. Ich meine: es gibt Leute, die sind nicht von klein auf so sehr mit angstbesetzter Religiosität erzogen worden, da kann man so'n büschen Gebetskram sicher leicht wegstecken. Für mich wäre das sicher nicht ungefährlich gewesen. Wenn ich so zurückgucke, was ich alles versucht habe, um mich davon frei zu machen - da kann ich eigentlich nur froh für meinen sturen Schädel sein, sonst hätten mich Scientology und Moonies noch heute in ihn ihren Klauen.

Ich meine schon, daß zu leichtfertig mit solchen religiösen Strömungen umgegangen ist - gerade eine Fachärztin der Psychiatrie sollte da eigentlich vorsichtiger sein.

LG, wirrlicht
 
Original geschrieben von wirrlicht
Na ja, das sehe ich etwas anders. Die Frau, um die es geht, nimmt wegen verschiedener Allergien und zur Schmerzbehandlung seit Jahren etliche Medikamente ein - u.a. auch Cortison. In diesem Zusammenhang eine Eßstörung behandeln zu wollen bei einer Person, die unter schweren Depressionen leidet, halte ich für eher schädlich.

Wenn der Fall so gelagert ist, dann kann eine "Esstörung" (bei Cortison ist "Fettleibigkeit" meist eh medikamentenbedingt) die Spitze eines Eisbergs sein.

Ist Deine Bekannte denn auch so empfindlich gegen Gebete?

Das sieht aus therapeutischer Sicht nach einiger "Arbeit" aus.
 
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Original geschrieben von Alzii
Wenn der Fall so gelagert ist, dann kann eine "Esstörung" (bei Cortison ist "Fettleibigkeit" meist eh medikamentenbedingt) die Spitze eines Eisbergs sein.

Natürlich wäre das - vorausgesetzt, sie wäre eßgestört - lediglich Symptom, nicht Problem.

Original geschrieben von Alzii
Ist Deine Bekannte denn auch so empfindlich gegen Gebete?

Keine Ahnung, so gut kenne ich sie nicht. Sie (genauer ihr Freund) schreibt, daß sie sich nicht zu so'ner "sektenähnlichen Gemeinschaft" drängen lassen will. Kann ich nachvollziehen. Spielt vielleicht auch keine große Rolle, denn: sie fühlt sich nicht ernst genommen in ihren subjektiv empfundenen Problemen. Sie hat tierische Schmerzen, bekommt Medikamente und leidet unter Depressionen. Da würde ich mich auch nicht in erster Linie auf "Eßstörung" behandeln lassen wollen.

Original geschrieben von Alzii
Das sieht aus therapeutischer Sicht nach einiger "Arbeit" aus.

Nu mach mich bitte nicht schwach indem Dich als echter Doktor outest, Alzii! (welche Fachrichtung? Bittebitte sei kein Psychiater... :D)

Ok - Arbeit hat die Gutste ganz sicher vor sich, sie ist zwar der Meinung daß ALLES praktisch aus ihren Allergien und den damit verbundenen Medikamenten resultiert - aber nu ja. Solange sie auf dem Trichter schwimmt wird keine Therapie Erfolg haben.

Das war aber nicht Thema meiner Frage, nicht? Für mich war der Teil, der mir wichtig ist, die Frage a) ob die OA nun sektenähnliche Strukturen haben oder nicht (darauf scheint es tatsächlich keine Antwort zu geben - hab mich an verschiedenen Stellen danach erkundigt) und b) inwieweit Mediziner es vertreten können, Patienten ernsthaft zu einer Selbsthilfegruppe zu raten, die religiöse Inhalte transportiert (ok, der Teil war mir eher im Hinterkopf herumgeschwirrt).

LG, wirrlicht
 
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