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Jargon der Eigentlichkeit

PhilippP

Well-Known Member
Registriert
8. April 2003
Beiträge
927
Hallo zusammen,

im Zuge meiner Auseinandersetzung mit Heideggers Denken habe ich mich verstärkt darum bemüht, fundierte Kritik zum Thema zu finden. Leider musste ich feststellen, dass wirklich ernstzunehmende Kritik eher spärlich ist, also solche, die nicht der eigenen Voreingenommenheit primär schon zum Opfer fällt und also eine sehr beschränkte Glaubwürdigkeit bzw. Fundiertheit aufweist.

Leider ist auch Adornos "Jargon der Eigentlichkeit" durchtränkt von der persönlichen Aversion, die Adorno Heidegger gegenüber unzweifelhaft hegte. Das führt zu einem immer gleichen, anklagenden Tonfall, der mit der Zeit noch den tapfersten Leser zu Gähnanfällen zwingt. Eine Folge davon ist, dass die Jargonkritik Adornos selbst in einem Jargonstil daherkommt, wenn auch Adornos (bisweilen metaphorisch überbetonte) Aussagen im Vergleich zu Heideggers (für mich oftmals sinnleeren) Sätzen gehaltvoll bleibt.

Wenn man sich jedoch müht - und eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Jargon des "Jargon der Eigentlichkeit" bedeutet eben dies -, so kann man etliche Stellen finden, die eine sehr durchdachte und fundierte Kritik bezüglich Heideggers Denken und der Institution, die jenes hegt wie pflegt, darstellen.

Abschließend bleibt noch anzumerken, dass es gewiss leicht ist, Heidegger oberflächlich zu kritisieren, aber eine fundierte Kritik, die sich aus der scheinbaren Tiefe des heideggerschen Denkens - resp. Schreibens - emporentfaltet und so die im Denken Heideggers verbauten Kritikvernichter geschickt aushebelt, habe ich erst bei Adorno - wenigstens ansatzweise - vorfinden können.

Beste Grüße,

Philipp
 
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AW: Jargon der Eigentlichkeit

Hallo Philipp!

Du hast mir sicherlich eine ausführliche Heidegger-Lektüre voraus; ich sehe mich außerstande, mir das Zeug reinzutun, das Adorno da kritisiert hat.

Ich bleibe also an der Oberfläche meiner Aversion (gegen die Grundbehauptung einer auf deutsche Wörter reduzierbaren allgemeinen Metaphysik, wie Heidegger sie mit den Topoi "Sein" und "Wesen" fassen wollte).

Allerdings bietet Adorno, jenseits aller Heidegger-Kritik, doch darüberhinaus eine alternative Sicht der Welt an - was ihn von späteren Heidegger-Exegeten - und Bewunderern - wie Derrida unterscheidet.

Gruß, Thorsten
 
AW: Jargon der Eigentlichkeit

Hallo Thorsten,

hätte ich nicht in einem Moment der totalen Seinsverwirrung mich dafür entschieden, ein Seminar über Heideggers Sprachphilosophie zu blegen, so wäre ich vermutlich selbst nicht allzuweit in "das Zeug" vorgedrungen, was Heidegger (für mich das 8. Weltwunder) zum berühmten Philosophen des vergangenen Jahrhunderts hochleben ließ.

Obgleich ich mich ernsthaft mühte, dem Heideggerschen Geschreibe etwas an Gehalt abzuringen, blieb jener Versuch bislang vergebens - vielleicht von einigen wenigen Textpassagen abgesehen.

Ich habe den starken Eindruck, dass Heideggers Denken nicht viel tiefer als zu eben den "Topoi" reicht, die er fortwährend wiederholt und die er - anstatt hinter die Begriffe zu greifen - mit ständig neuen und ebenso unklaren Folgebegriffen zu umschreiben sucht; ein Reigen an Verweisungen, ohne dabei etwas aufzuzeigen, was man als Gehalt der eigenen Vorstellung schlüssig aufnehmen könnte.

Sofern man nicht zu den Auserwählten gehört und allein schon durch den bloßen Wortklang erleuchtet wird, muss man sich - gerade als Seminarteilnehmer - wirklich überlegen, was man in einer Seminararbeit guten Gewissens schreiben kann/möchte, ohne dabei dem heideggerbegeisterten Dozenten auf den großen Zeh zu treten. :rolleyes:

ps. ich lese gerade "Metaphysik. Begriff und Probleme" von Adorno, sehr empfehlenswert.

Es grüßt,

Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Jargon der Eigentlichkeit

Ich zitiere mal Sloterdijk, der Heidegger wohl verstanden hat :)

Doch die Position, auf die Heidegger es abgesehen hat, ist keine bstimmte. Er belauscht das "Subjekt" in der Banalität in seiner alltäglichen Seinsweise. Die Existentialontologie, die vom Man und seinem Dasein in der Alltäglichkeit handelt, versucht etwas, was früherer Philosophie nicht im Traum eingefallen wäre: Trivialität zum Gegenstand "hoher" Theorie zu machen. Schon dies ist eine Geste, die unweigerlich den Kynismus-Verdacht auf Heidegger lenkt.

Was Kritiker der Heideggerschen Existentialontologie als einen "Fehler" vorgeworden haben, ist vielleicht ihr besonderer Witz. Sie treibt die Kunst der Platitüde in die Höhen des expliziten Begriffs. Man könnte sie lesen wie eine umgekehrte Satire, die nicht das Hohe heruntersetzt, sondern das Niedere hinauf. Sie versucht, das Selbstverständliche so ausdrücklich und ausführlich zu sagen, dass sogar Intellektuelle es "eigentlich" verstehen müssten. In gewisser Hinsicht verbirgt sich im Heideggerschen Diskurs mit seinen skurrilen Verfeinerungen der Begriffsabschattungen eine logische Eulenspiegelei großen Stils - der Versuch, mystisch einfaches Wissen vom einfache Leben, "wie es ist", in die fortgeschrittenste europäische Denktradition zu übersetzen.

Peter Sloterdijk, "Kritik der zynischen Vernunft", suhrkamp Verlag, 5. Das Man oder: Das realste Subjekt des modernen diffusen Zynismus, Seite 370.



lg, xcrypto
 
AW: Jargon der Eigentlichkeit

Hallo xcrypto,

danke für den Auszug, ich denke, P. Sloterdijk hat einen passablen Weg gefunden, mit Heidegger umzugehen. :)

Philipp
 
AW: Jargon der Eigentlichkeit

Hallo Philipp, im Ernst - die Klärung jener "Topoi". um die unsere philosophische Unsicherheit kreist, ist meines Erachtens von Adorno in der "Einführung in die philosophische Terminologie" geleistet worden.

Danach kann man noch über den luxuriösen Versuch der Wiedereinführung der Dialektik ins öffentliche Bewußtsein durch Gesine Schwan streiten.
 
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AW: Jargon der Eigentlichkeit

....

Danach kann man noch über den luxuriösen Versuch der Wiedereinführung der Dialektik ins öffentliche Bewußtsein durch Gesine Schwan streiten.

Ist mit letzterer etwa der schon fast gestorbene Schwan aus der SelbstProduziertenDummheit gemeint :dontknow:
Und wenn JA: Was hat(te) diese Frau mit dialektischem Denken zu tun...:dontknow:
Was mit HEGEL's "Phänomenologie des Geistes":dontknow:
Was mit MARX' Kritik der HEGEL'schen Dialektik :dontknow:
Was mit der "Dialektik der Aufklärung" (ADORNO/HORKHEIMER) :dontknow:
Was mit ADORNO's "Negativer Dialektik":dontknow:

Wahrscheinlich handelt es sich in der Tat um einen sehr "luxuriösen Versuch"...:lachen::lachen::lachen:
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Jargon der Eigentlichkeit

Zitat:
"Abschließend bleibt noch anzumerken, dass es gewiss leicht ist, Heidegger oberflächlich zu kritisieren, aber eine fundierte Kritik, die sich aus der scheinbaren Tiefe des heideggerschen Denkens - resp. Schreibens - emporentfaltet und so die im Denken Heideggers verbauten Kritikvernichter geschickt aushebelt, habe ich erst bei Adorno - wenigstens ansatzweise - vorfinden können."

Eine Kritik als perspektivisches anders denken, lässt sich vielleicht am ehesten bei Levinas finden.
 
AW: Jargon der Eigentlichkeit

Ist mit letzterer etwa der schon fast gestorbene Schwan aus der SelbstProduziertenDummheit gemeint :dontknow:
1. Und wenn JA: Was hat(te) diese Frau mit dialektischem Denken zu tun...:dontknow:
2. Was mit HEGEL's "Phänomenologie des Geistes":dontknow:
3. Was mit MARX' Kritik der HEGEL'schen Dialektik :dontknow:
4. Was mit der "Dialektik der Aufklärung" (ADORNO/HORKHEIMER) :dontknow:
5. Was mit ADORNO's "Negativer Dialektik":dontknow:

.....

:ironie:
1. Denkdialekt Berlinerisch
2. Schall und Rauch
3. Moritz Engels Sache
4. Njet
5. Am Sächsischen gescheitert. Endstation Bahnhof Zoo
:mad:
 
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AW: Jargon der Eigentlichkeit

....

1. im Zuge meiner Auseinandersetzung mit Heideggers Denken habe ich mich verstärkt darum bemüht, fundierte Kritik zum Thema zu finden. Leider musste ich feststellen, dass wirklich ernstzunehmende Kritik eher spärlich ist, also solche, die nicht der eigenen Voreingenommenheit primär schon zum Opfer fällt und also eine sehr beschränkte Glaubwürdigkeit bzw. Fundiertheit aufweist.

2. Leider ist auch Adornos "Jargon der Eigentlichkeit" durchtränkt von der persönlichen Aversion, die Adorno Heidegger gegenüber unzweifelhaft hegte. Das führt zu einem immer gleichen, anklagenden Tonfall, der mit der Zeit noch den tapfersten Leser zu Gähnanfällen zwingt. Eine Folge davon ist, dass die Jargonkritik Adornos selbst in einem Jargonstil daherkommt, wenn auch Adornos (bisweilen metaphorisch überbetonte) Aussagen im Vergleich zu Heideggers (für mich oftmals sinnleeren) Sätzen gehaltvoll bleibt.

3. Wenn man sich jedoch müht - und eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Jargon des "Jargon der Eigentlichkeit" bedeutet eben dies -, so kann man etliche Stellen finden, die eine sehr durchdachte und fundierte Kritik bezüglich Heideggers Denken und der Institution, die jenes hegt wie pflegt, darstellen.

4. Abschließend bleibt noch anzumerken, dass es gewiss leicht ist, Heidegger oberflächlich zu kritisieren, aber eine fundierte Kritik, die sich aus der scheinbaren Tiefe des heideggerschen Denkens - resp. Schreibens - emporentfaltet und so die im Denken Heideggers verbauten Kritikvernichter geschickt aushebelt, habe ich erst bei Adorno - wenigstens ansatzweise - vorfinden können.

Beste Grüße,

Philipp
Zu 1.:
Ja, wobei das Scheitern der Fundamentalontologie in gewisser Hinsicht für sich selbst spricht ...

Zu 2.:
Ja, auch ADORNO war nicht frei von der Jargon-Gefahr ...., wobei er im Jargon der Eigentlichkeit aber vor allem die sülzenden HEIDEGGER-Epigonen in Theologie und Pädagogik kritisiert hatte ...

Zu 3.:
Ja, das denke ich auch ....

Zu 4.:
Ja, ADORNO hatte die Schwachstellen des faschistoiden Möchte-gern-Führer's und ehemaligen katholischen Theologie-Studenten "auf den philosophischen Punkt" gebracht ...

Gruß, moebius
 
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