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Intoleranz und Vorurteile

Sunnyboy

New Member
Registriert
10. März 2005
Beiträge
542
Vielleicht werde ich diesen Beitrag später lächerlich oder peinlich finden.
Aber im Moment bin ich der Ansicht, dass das, was ich denke durchaus auch mal öffentlich gesagt werden sollte.

Ich habe die Schnauze gestrichen voll.

Ich trage aus ästhetischen Gründen kurze Haare, da ich, wenn ich sie mir länger wachsen lasse, riesige Geheimratsecken habe (bei der entsprechenden Haarlänge sehe ich aus wie Willy Brandt :haare:)- mich persönlich stört das. Deswegen- Haare ab.

Ich finde so etwas normal. Es gibt viele Leute, die Glatze tragen oder, so wie ich, kurz-geschorene Haare, und die nichts mit der rechten Szene zu tun haben (von unpolitischen oder linken Skinheads, zu denen ich aber auch nicht gehöre) mal ganz zu schweigen. Oder Menschen, die krankheitsbedingt (nicht nur bei Krebs) eine Glatze haben.

Gerade eben, bin ich mal wieder (zum wiederholten Male) als "Nazi" angepöbelt worden. Da ich die Person weder kannte, es auch nicht an meinem grauen Jogging-Anzug oder meinen Nike-Turnschuhen liegen kann, gehe ich davon aus, dass es mal wieder meine Frisur war.

Das mir so etwas auf Anti-Nazi-Demos passiert, ist vielleicht noch ansatzweise nachvollziehbar.
Das es aber im Alltag, ohne irgendeinen politischen Rahmen passiert, finde ich nicht mehr in Ordnung.

Es ist ja nicht nur so, dass so etwas lästig ist. Es ist auch beängstigend.

Vor einiger Zeit wurde in Berlin ein Mann wegen seiner Bomberjacke von mehreren Männern auf S-Bahngleise gestoßen. Der Mann hatte nichts mit der rechten Szene zu tun, wie die Täter vermuteten.

Was passiert als nächstes? Heute werde ich angepöbelt, morgen auf dem Campus verprügelt? Oder in der Innenstadt niedergestochen?

Und selbst wenn nicht- für mich sind solche Pöbeleien demütigend.
Ich habe einige "ausländische" Freunde. Wer mir vorwirft, ich sei ein Nazi, der wirft mir vor, einer Gemeinschaft anzugehören, die eben diese Leute gefährdet. Eine gute Freundin ist jüdischer Abstammung. Wer mich einen Nazi nennt, der beschuldigt mich doch indirekt, sie in eine Gaskammer stecken zu wollen, oder nicht?

Man kann ja Vorurteile haben, wenn man einen Menschen auf den ersten Blick sieht. Das haben wir alle.

Ich zum Beispiel habe immer ein Kribbeln im Bauch, wenn in die S-Bahn ein Mann oder eine Frau in traditionell muslimischer Kleidung steigt und einen Koffer bei sich hat.

Der Unterschied ist nur- ich bin mir darüber im Klaren, dass dieses Gefühl zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein Vorurteil ist, dass unter anderem durch ein gewisses Maß unreflektierten Medienkonsums zu Stande gekommen ist. Ich stehe nicht auf und Pöbel die Frau oder den mann an.

Wer andere Menschen wegen einer Eigenschaft die sie haben- sei es die sexuelle Ausrichtung, sei es die Hautfarbe, das Geschlecht, die Religion, die FRISUR, die Kleidung, etc. belästigt, anpöbelt, beleidigt oder diffamiert, der muss sich fragen, ob nicht SIE oder ER der Nazi ist.

Ich jedenfalls werde mir mein Recht auf freie Selbstentfaltung nicht nehmen lassen.

MfG,
Sunnyboy
 
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AW: Intoleranz und Vorurteile

ja.
anpöbeln hat was von faschismus.
das finde ich auch.

und sogar dann, wenn es nur subtil gemacht wird.
wie es auch in form von sarkasmus der fall ist.

da wird der/die andere in die ecke gedrängt.




nicht, dass ich sage, das darf nicht sein.
ich sag´s nur, damit es auch als das gesehen werden kann, was es ist: INTOLERANZ.

nicht dass intoleranz nicht sein dürfte...nicht einmal das sage ich.
denn sie fragt ja nicht, ob sie wer haben will oder nicht...sie ist einfach DA. und basta.

aber ich sag´s nur, damit jeder einzelne, der schon so weit ist, sich prüfen kann, wann und wo seine eigene intoleranz beginnt...und in der folge, WIE er damit umgehen möchte.


und dennoch, eins ist für mich klar:
so tolerant ich selbst auch sein mag: ich hab auf jeden fall zu tolerieren, dass so und so viele andere menschen weiterhin intolerant bleiben werden.
manche davon sogar mir gegenüber.

...und WIE will ich dann damit umgehen?

ein toller lernprozess.

:schaukel:

hallo sunnyboy:
ich mag dich so wie du bist....mitsamt allen deinen geheimratsecken!
:sekt: kathi
 
AW: Intoleranz und Vorurteile

Sunny-Sonnenjunge, du bist ein Schatz.

Warum ich das sage: seit heute morgen hänge ich hier vor meiner persönlichen Glotze herum - und möchte unbedingt etwas schreibe.
Es ist ein Thema, das mich seit einigen Tagen sehr beschäftigt - das Thema der Clichés. Mir scheint aber dieses Thema so umfangreich und auch weitgreifend, dass ich es nicht gut auf die Reihe kriege - denn ich betrachte es ja auch nicht als irgendein Thema.
Es greift ganz stark in unser Leben ein - ob wir diejenigen sind die nicht frei von dieser Art von bildhaften Vorurteilen sind (und wir sind es alle nicht), oder aber ob wir als Leidtragende mit Clichés konfrontiert oder beurteilt werden.

Nun, was du da schreibst, deine Erfahrungen und das was daraus sich noch entwickeln könnte, betrachte ich auch als Folge oder als Ursache von Clichés.

Und so werde ich mir erlauben, in deinem Thread manches dazu zu sagen, ohne in diesem Zustand der Faulheit , ein eigenes Thema zu eröffnen.

Bis später - lieben Gruß

Miriam
 
AW: Intoleranz und Vorurteile

folgendes interessante gespräch konnte ich gerade eben miterleben:

schauplatz: niederösterreich

der freund meines 12-jährigen sohnes erzählte, dass er gestern den film "die fälscher" im fernsehen gesehen hätte.
wir sprachen dann über die unglaublichen sachen des hitler-regimes und anderer diktatorischer systeme wie guantanamo.
ich freute mich gerade noch über die sensibilität der beiden burschen hinsichtlich menschenrechte, folter und gewalt.

danach aber meinten beide, dass sie und die meisten jugendlichen an der schule genau deswegen die DEUTSCHEN ablehen.....weil sie in verbindung gebracht werden mit den greueltaten nazi-deutschlands.
und da war die aggression ganz schön herauszuspüren.

nun, es handelt sich um 12-jährige.
und natürlich habe ich relativierend bei diesem gespräch gewirkt und hoffe, dass sie diese sichtweisen auch aufnehmen konnten.

aber hier zeigte sich doch recht klar, wie schnell vorurteile und feindbilder entstehen.

die "gerechten" schlagen sich auf die seite der opfer...und "zack", werden sie zu den tätern an den nachfahren der damaligen "täter".

das erinnert grausig an die unsägliche geschichte vom mord der juden am armen jesulein! :haare:

wie sich die dummheiten gleichen...
 
AW: Intoleranz und Vorurteile

nur mal kurz als Info:

der Adolf war kein Deutscher, sondern Österreicher.

Weiterhin waren es die Österreicher, die gegen Preußen agierten und damit der 1. Weltkrieg auslösten (indirekt).

Leider sind heute die Österreicher mehr Deutsche, als mir das lieb ich - aber das nur nebenbei und meine Meinung....

axl
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Intoleranz und Vorurteile

nur mal kurz als Info:

der Adolf war kein Deutscher, sondern Österreicher.

Weiterhin waren es die Österreicher, die gegen Preußen agierten und damit der 1. Weltkrieg auslösten (indirekt).

Leider sind heute die Österreicher mehr Deutsche, als mir das lieb ich - aber das nur nebenbei und meine Meinung....

axl

Danke für die Info! Was würden wir nur ohne dich machen!

Entspringt dein Beitrag jetzt eher der Intoleranz oder einem Vorurteil? *grübel* Oder hat er am Ende mit dem Thema dieses Threads gar nichts zu tun?

Wieviele Österreicher kennst du denn persönlich, dass du so allgemeine Aussagen über uns machen kannst?

Ich hab vor ein paar Tagen irgendwo geschrieben, dass mir deine Beiträge immer besser gefallen. Ich nehme es wieder zurück!

:blume1:
 
Intoleranz und Vorurteile...auch bei dir, axl?

nur mal kurz als Info:

der Adolf war kein Deutscher, sondern Österreicher.

Weiterhin waren es die Österreicher, die gegen Preußen agierten und damit der 1. Weltkrieg auslösten (indirekt).

Leider sind heute die Österreicher mehr Deutsche, als mir das lieb ich - aber das nur nebenbei und meine Meinung....

axl
aber axl.....glaub mir, das weiß natürlich bei uns österreichern schon jedes kind, dass nämlich der adi in wahrheit kein "echter" deutscher war....und er war ja auch kein "echter" arier....das werden die kinder vielleicht auch noch mal lernen (meins natürlich sowieso, eh klar!) - samt den psychologischen hintergründen, so hoffe ich.

aber deine meinung von den aktuellen österreichern, die mehr deutsch sind, und den deutschen, die was anderes sind, müsstest du mal näher erläutern.
tät mich schon interessieren....hab augenblicklich keine ahnung, was das bedeuten kann. (weiß aber nicht, ob´s in diesen thread hier passt....vielleicht in "sind die österreicher deutsche?")

wahrscheinlich ist ja da schon was dran....:D

lg kathi
 
AW: Intoleranz und Vorurteile

Zitat von Miriam:
Nun, was du da schreibst, deine Erfahrungen und das was daraus sich noch entwickeln könnte, betrachte ich auch als Folge oder als Ursache von Clichés.

Es ist auch eine Folge der Berichterstattung in den Medien und der Politik.

Beispiel "Pro Köln". Eigentlich war ich schon fast so etwas wie dankbar für die Existenz dieser "Bürgerinitiative", zeigt sie doch, dass rechtes Gedankengut eben nicht NUR von Glatzköpfen auf NPD-Demos und Pseudo- Sonnenwendfeiern etc. durch die Gegend getragen wird, sondern das diese Leute auch bürgernah, im Anzug auf Stimmenfang gehen.

Aber, was sehe ich auf youtube:


Hast du mal darauf geachtet, wie oft in diesem Video Glatzköpfe zu sehen sind? Dabei ist das Klientel von den "Pros" eben eher nicht das "typische" (Cliché!!!) rechte Skinhead-Klientel sondern eher unverdächtig-"bürgerlich". Man hat sich einfach die Bilder herausgepickt, die auf das gängige Nazi-Cliché zutreffen.
Aber Herr Schlegel und seine Redaktion müssen dem deutschen Fernsehpublikum ja Glatzen zeigen, sonst begreift der doofe Deutsche nicht, dass es um Rechte geht.

Denn: Jeder Rechte hat eine Glatze und jede Glatze ist ein Rechter. Logisch.

Nicht umsonst spricht man, wenn man von den rechten spricht ja auch von "den Glatzen".

Und so läuft das auf vielen Sendern.

Zitat von kathi:
und dennoch, eins ist für mich klar:
so tolerant ich selbst auch sein mag: ich hab auf jeden fall zu tolerieren, dass so und so viele andere menschen weiterhin intolerant bleiben werden.
manche davon sogar mir gegenüber.

...und WIE will ich dann damit umgehen?

ein toller lernprozess.

Solange es einen selber betrifft und solange es Einzelvorfälle sind.

Das Problem ist nur, irgendwann wird das Vorurteil von Einzelpersonen zur Hexenjäger-Mentalität der Masse.

Ich habe das in der Schule miterlebt. Einer hat ein Problem mit einem Mitschüler, er hetzt die anderen auf, und schon hat die Gemeinschaft ein neues Opfer. Und sich aus so einer Opferrolle rauszuarbeiten ist verdammt schwer.

Und Extremismus (rechts, links, religiös) funktioniert genau so. Am Hass auf die anderen kann sich die Gemeinschaft hochziehen.
Insofern lernt man in der Schule wirklich für's Leben. Auf DIESE Welt wird man bestens vorbereitet.

Was die Sache mit deinem Sohn betrifft-das wird sich ändern. Mit wie vielen Deutschen hat er regelmäßig Umgang oder wie oft ist er in Deutschland?

Ich war früher, als Kind, ein großer Irland-Fan (warum auch immer) und habe die Engländer gehasst, weil ich aus Büchern und Filmen wusste, was sie für Gräueltaten an den Iren verübt hatten. Dann wurde ich 14, fuhr nach Eastbourne in Südengland und verknallte mich in die Tochter unserer Gasteltern und war fortan ein England-Liebhaber (leider ohne englische Liebhaberin..).

Seither weiß ich eins:
Wenn man Clichés widerlegen will (ist die Frage, ob man das muss), so gibt es ein gutes Heilmittel- dieBegegnung mit der Realität.

Deswegen halte ich Schüleraustausche, Urlaubsreisen, Auslandsaufenthalte in Ausbildung, Studium und Beruf nicht für einen Luxus sondern für wichtige Bestandteile und Grundlagen einer friedlichen, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft, die vielen Menschen ermöglicht werden sollte.

MfG,
Sunnyboy

Zitat von kathi:
hallo sunnyboy:
ich mag dich so wie du bist....mitsamt allen deinen geheimratsecken!
kathi

Dankeschön- da stoße ich doch mal glatt mit an :sekt:.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Intoleranz und Vorurteile

Einige Gedanken über das Clichée


Eines sollte man vielleicht vorweg sagen: wir alle mögen Bilder die wir wieder erkennen, wir brauchen diese sogar um Fakten oder Geschehnisse richtig einordnen zu können.
Dies sind Muster die wir auch als Koordinate betrachten können – aber sie anzuwenden oder auch nicht, das sollte unserer Entscheidung unterliegen, schließlich kann man eine spontane Assoziation auch wieder verwerfen.

Keine Angst, ich begebe mich nicht wieder in mein Steckenpferd-Thema, die Neurobiologie – aber soviel möchte ich doch noch erwähnen: unser Gehirn arbeitet sehr oft mit den Mustern die es wieder erkennt – und das ist wahrscheinlich auch die Grundlage auf die Clichées oft funktionieren.

Was bezeichnen wir eigentlich mit dem Begriff Clichée?
Es ist das Projizieren eines schon bestehenden Bildes auf eine neuen Begebenheit, einem neuen Ereignis, etc…
Dies kann auch manchmal durch eine gewisse Absicht von außen stattfinden – das Neue wird dadurch mit dem bereits Existierenden, Bekannten gleichgesetzt oder sogar herabgesetzt, es wird zum Stereotypen gemacht und dies ist eine der Methoden der sich Manipulationen gerne bedienen.

Dies wäre ein absichtiges Einsetzen von Clichées – viel häufiger aber sind wir selber diejenigen die unseren eigenen Clichées unterliegen, also Bildern die in jedem persönlich stellvertretend für etwas bestehen.

Besonders fragwürdig oder sogar gefährlich erscheint mir das Anwenden bestimmter Clichées die sich auf reine Äußerlichkeiten beziehen, um daraus zur Schlussfolgerung zu gelangen, dass auch der Inhalt einem schon von früher bekannten Bild entsprechen muss.
Man schließt also von irrelevanten äußerlichen Merkmalen auf Inhalte, die gar nicht bestehen, der eigentlich ganz andere Inhalt wird auf dieser Weise verdreht und auch kompromittiert.

Sunny hat ein solches typisches Beispiel in seinem Eingangsbeitrag geschildert. Da er sehr kurze Haare trägt, wird er oft als Neonazi betrachtet. Durch eine unwesentliche Äußerlichkeit, wird auf dem Inhalt geschlossen, und dieser wird – durch die Äußerlichkeit - abgestempelt. Das Clichée hat - mit oder ohne einer Absicht - funktioniert.

Gute Nacht

Miriam
 
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AW: Intoleranz und Vorurteile

Wer andere Menschen wegen einer Eigenschaft die sie haben- sei es die sexuelle Ausrichtung, sei es die Hautfarbe, das Geschlecht, die Religion, die FRISUR, die Kleidung, etc. belästigt, anpöbelt, beleidigt oder diffamiert, der muss sich fragen, ob nicht SIE oder ER der Nazi ist.
Hallo !

Auch die Herkunft eines Menschen hat keine absolute Aussagekraft.

Für Deinen konkreten Fall, Sunnyboy: Die sympathischen Glatzköpfe Yul Brunner, Telly Savalas und Alexander Goebel strafen alle Spontan-Verurteiler Lügen.

Wer hat überhaupt ein Recht, einen Menschen zu verurteilen ? Gott und die von den Politikern akzeptierten Richter. Basta.

Liebe Grüße

Zeili
 
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